Handwörterbuch der
Astronomie
Karl Wilhelm Friedrich
Johannes Valentiner, Wilhelm Valentiner
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ENCYKLOP^DIE
DER
NATURWISSENSCHAFTEN
HERAUSGEGEBEN
VON
Prof. Dr. W. FÖRSTER, Prof. Dr. A. KENN GOTT,
Prof. Dr. A. LADENBURG, Kustos P. MATSCHIE, Prof.
DR. A. SCHENK, Geh. Schulrath Dr. O. SCHLÖMILCH,
Prof. Dr. W. VALENTINER, Prof. Dr. A. WINKELMANN,
Prof. Dr. G. C. WITTSTEIN.
IIL ABTHEILUNG
H. THEIL:
HANDWÖRTERBUCH DER ASTRONOMIE
HERAUSGEGEBEN
VON
Professor Dr. W. VALENTINER.
BRESLAU
VERLAG VON EDUARD TREWENDT
1898.
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HANDWÖRTERBUCH
DER
ASTRONOMIE
UNTER MITWIRKUNO
VON
Prof. Dr. E. BECKER -Strassburg, Prof. Dr. E. GERLAND- Klausthal, Prof.
Dr.M.HAID-Karlsruhe, Dr. N. HERZ- Heidelberg, Dr. H. KOBOLD-Strassburg,
Dr. N. v. KONKOLY-Budapest, Prof. Dr. C. W. PETERS (f), Dr. E. v. REBEUR-
PASCH WITZ (f), Dr. Fr. RISTENPART -Heidelberg, Prof. Dr. W. SCHUR-
Göttingen, Prof. Dr. H. SEELIGER -München, Dr. C. STECHERT-Hamburg,
Prof. Dr. W. WISLICENUS Strassburg, Dr. K. ZELBR-Brünn
HERAUSGEGEBEN
VON
Dr. W. VALENTINER
Ordentl. Professor der Astronomie an der Universität und Direktor der Astrometrischen Abtheilung
der Grossbertoghchen Sternwarte zu Heidelberg
ZWEITER BAND
MIT 30 ABBILDUNGEN IM TEXTE UND 4 TAFELN
BRESLAU
VERLAG VON EDUARD TREWENDT
1898.
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HARVARD «SU?« LI9RARY
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ASTROf: alc;:i-:vatow
R.W. V IL. K.IUCTIÖ*
JULY 12. l.»3
Das Recht der Uebersetzung bleibt vorbehalten.
- - — d by GU* -
Inhaltsverzeichniss.
Saite
Gnomon. N. Herz 1
Regula parallactica 2
Qundratum geometricum 3
Heliometer. W. Schur 4
Kr^tc Vorschlafe zur Herstellung von Heliometern 4
Beobachtungen von Tkiksnkckkr an einem Heliometer 5
Die kleinen Fraunhofer sehen Heliometer e,
Verringerung der Helligkeit des Heliometerbildc» 6
L>as Konigsberger Heliometer 6
Beobachtungsweise am Heliometer 8
Distanzmessungen. Bestimmung des Schraubenwertes im Bogenmaass IO
Einfluss der Ocularstellung auf die Distanzinessungen Ii
Messung der Positionswinkel 14
Verschiedene Heliometer alterer Zeit 1$
Repsoi d's neues Heliometer der Gottinger Sternwarte 17
Berücksichtigung der Instrumentalfehler bei den Messungen von Positionswinkeln ■ 24
Belgisches Heliometer 25
Bemerkungen über die tuktinftige Bedeutung des Heliometers 26
Heliotrop. Vai.entINKr 27
Horizontalpendel. Valentinkr 27
Das Pendel von Henoler , , , , , , , , , . . . . . . . . . . 28
Das Pendel von Zöllner 30
Das Pendel von v. Rebeur-Paschwitz 32
Ablenkung des Pendels durch Sonne und Mond 36
Das Pendel als Seismometer 39
Interpolation. Vai.knti.ner 41
NMViON'sche Interpolationsformel 4^
Interpolationsformel für die Mitte 43
Berechnung der numerischen Wcrthe der Differentialr|tioticntcn einer nach gleichen
Intervallen fortschreitenden Function 45
Jacobstab. N. Herz 48
Davisquadrant 48
Kometen und Meteore. N. Herz 49
Einleitung 49
A. Kometen S 1
Zahl der beobachteten Kometen 52
Acussere Erscheinung der Kometen 53
VI Inhaltsverzeichnis«.
Koma, Kern, getrennte Kerne . ' S4
Schweife, anomale Formen 55
Lichtausstrftmungen 56
Beobachtete Kcrntheilungen 59
Doppelkometen 60
Bahnen der Kometen 66
Langperiodische Kometen 68
Komet Hallky 68
Komet PONS-BlOOm . . , s __ ! §9.
Komet OLBKRS , , , , , , , , , , , , . s . . . . . : 63
Andere Kometen dieser Klasse 7°
Kurzperiodische Kometen 70
Komet la Hire-dk Vico; Komet Grischow; Komet Helfen zrikdrr . . 7»
Komet Lkxki.i 72
Komet Biela; Komet Picott 73
Komet Enckk; Komet Turm 74
Komet Winnecke; Komet Blanvain 75
Komet Faye; Komet Brorsen; Komet Petsrs 75
Komet d'ARRKST; Te.mpei.'s Kometen und Andere dieser Klasse ■ 76
Helligkeiten und Periheldistanren der Kometen 77
Vergleichung der Bahnen der periodischen Kometen mit denen der kleinen Pla-
neten 97
Ursprung der Kometen 83
Physische Beschaffenheit der Kometen und ihrer Schweife 85
Einfluss der Planeten auf die Kometen 90
TtSfERAND's Criterium für die Identität tweier Kometen 94
Kometensysteme 97
B. Meteore 103
Allgemeine Bemerkungen über die meteorischen Erscheinungen 103
Beobachtete Meteorstcinfälle 104
Eintheilung der Meteormassen 109
Erste Bestimmungen der Höhe der Sternschnuppen 110
Sternschnuppcnfällc 1 13
Acussere Erscheinung der Meteore, Grösse, Farbe, Schweife 120
Anomale Bewegungserscheinungen 126
Apex und Antiapex 128
Berechnung der Höhe der Meteore 132
Geschwindigkeit der Meteore, Einfluss der Erdanziehung und der Luft . . . 147
Die scheinbare Vcrtheilung der Meteore nach Zeit und Raum 158
Sternschnuppenschwarme 177
Bestimmung der Meteorbahnen 190
Stellare Schwarme 200
C. Beziehungen zwischen Kometen und Meteoren 208
Bahnen der Lyraiden, Perseiden, Leoniden, Andromediden an
Vergleichung der Kometen und Meteore nach den Radianten 212
Art des Zusammenhangs »wischen Kometen und Meteoren 221
Kosmogonie. E, Gf.ri.and 228
Einleitung 228
Das Weyen des l'rstofl's 230
Die Nebelmassen und Fivsternsysteme 231
Die Fixsterne 233
Unser Sonnensystem 237
Neigungen und Excentricitäten der Planetenbahnen 241
Neigung der Axen der Planeten 242
Entstehung der Satelliten , 242
I
1
InhalUverceichniss. VII
Der Ring des Saturn 843
Die Kometen »44
Die Meteore 244
Das Zodiacallicht 244
Die Quellen der Soniienwännc 245
Längenbestimmung, Valkntinkr 247
Telegraphische Längenbestimmung . 249
Durch gleichreitigcs Rcgistriren der Stcrndurchgängc auf den Apparaten
beider Stationen 249
Die Coincidemmethode 3$ 2
Die Signalmethode 255
Die Stromtcit 257
Langcnbestimmung aus Chronomcterllbertragung 259
„ ,j durch Beobachtung von Mondculminationcn 269
„ ,j durch Beobachtung von Mondatimuthen 272
„ „ durch Beobachtung von Mondhöhen 373
u jj durch Beobachtung von Monddistanzen 273
Mechanik de» Himmel». N. Hekz 278
1. Allgemeine Begriffe 278
2. Orthogonale Transformation 280
I. Abschnitt. Die Translationsbcwegungcn 284
8. Kräftcfunction 284
4. Bewegung des Schwerpunktes .... a86
5- Princip der Flächen 286
6. Erhaltung der lebendigen Kraft 288
8. HAMiLTON'schcs Princip 289
8. Lagrangk's Form der Bewcgungsgleichungen »90
9. Differentialgleichungen der Bewegung in rechtwinkligen Coordinatcn . ■ . 29 1
10. Differentialgleichungen der Bewegung in polaren Coordinatcn 292
11. Differentialgleichungen für die Variation der Elemente 296
12. Erste Näherung. Bewegung in Kegehchnittslinien 299
13- Die Bewegung in der Parabel 304
14- Bewegung in der Ellipse und Hyperbel 306
15. Elliptische Bahnen. EntWickelungen nach der mittleren Anomalie .... 307
16. Nahe parabolische Bahnen 3» 2
17. Berechnung der Coordinaten und Geschwindigkeiten 3*4
18. Transformation der Differentialgleichungen für die Variation der Elemente . 317
19. Variation der Elemente. Einführung der störenden Kräfte 319
2Q. Variation der Elemente ftlr grosse Excentricitätcn (nahe parabolische Bahnen)
und für sehr kleine Excentricitaten und Neigungen 3*4
21. Die Störung der Periheheit in der parabolischen Bewegung 327
22. Störungsrechnung 329
a) Berechnung der speciellen Störungen 33°
23. Spccielle Störungen in rechtwinkligen Coordinaten. BOND-ENCKKschc Me-
thode 3.30
24. Beispiel 336
25. Störungen in rechtwinkligen Coordinaten. L'ebergang auf osculirende Elemente 342
26. Störungen in polaren Coordinaten. HANSKN-TfKTfEN'sche Methode ■ ■ . 343
27. Beispiel 351
28. Störungen in polaren Coordinaten; l'ebergang auf osculirende Elemente . . 356
29. Vcrgleichung der Störungen in rechtwinkligen und polaren Coordinatcn.
Uebcrgang auf ein anderes Intervall 357
30. Variation der Elemente 360
31. Beispiel 363
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VIII Inhaltsverzeichnis«.
b) Berechnung der allgemeinen Störungen 366
32. Vorbemerkungen 366
33. Entwickelung der störenden Kräfte 367
3t. Kleine Neigungen tun] K\centr:eiuten 370
35. Kr.twiekclung der negativen ungeraden l'otcnren von /•' 372
36. Differentialquotienten der K und P 377
37. Kntwickehing der St< 'rungslune tion für l'lanctenbewegnng 379
38. Variation der Elemente 383
39. Secularglieder der Storung-hmetion 3S7
40. Secularstorungen in c , i, r. 390
41. Stabilität der Bewegungen 393
42- Secularstörcng der mittleren Länge 396
43. Periodische Störungen. Glieder langet Periode 398
44. Beispiel 401
4.'. Argumente langer Periode in den I'lanetenbewegungen 402
■lfi. Bemerkungen filier die Stimmgen rweiter Potenz der M.i'-ai 404
47. Störungen in polaren Coordinaten 40S
48. Beispiel 409
49. Die canonische Differentialgleichung 41g
50. Ideale Coordinaten, Han.-i:n's Methode der Störungsrechnung 415
51. Differentialgleichungen für Länge und Radiusvector 4»8
52. Kntwickelung der Störungen in Breite 4 2 3
53. Entwickelung der Störungsfunction für grosse Excentricitätcn und Neigungen 426
54. Osculirende Elemente: mittlere Kiemente 4 2 9
5"). rroportionalcoordinnten. Ürroi./i'KVche Meüuule 43'
5fi. Theorie der Bewegung der Satelliten, Kntwickelung der Slorungsfunction . 436
57. Integration der Differentialgleichung für die Länge und den Radiusvector ■ 440
58. Integration der Differentialgleichung für die Breite 444
59, Elementüre Glieder, Secularbewegungcn von Knoten und I'erigeum 446
60, SceiilnratceK ration 449
Gl. Andere Formen der Entwickelung 45 1
C2. Die Secularaccderation de' Mondes 454
(>3. Bestimmung der Ungleichheiten aus Beobachtungen; parallaclische Ungleichheit;
die Wirkung der Abplattung des Centraikörpers 45^
fit. Die Coordinaten der Satelliten in Bcrug auf die Hauptplanetcn 4^0
65. Anomale Bewegung des Pericentrums: die Bewegung des siebenten Saturns-
satelliten 464
Hfi. Die Bewegung der Jupitersatelliten
07. Die Störungen in der Bewegung der Kometen , 47^
G8. Bewegung der Kometen bei grosser Annäherung an einen Planeten . . . 479
(">!<■ Anomale Bewcgung--ersd)cinungcn bei Kometen 4$4
70. Bewegungswiderstände 487
71 Absolute Bahnen; intermediäre Hahnen, C. vLDKN'.-ehc Methode 493
7'j. Aufteilung der Differentialgleichungen 495
73. Zerfallung der Bewcgutigsgh-ichungen m Differentialgleichungen für die inter-
mediäre Bahn und die Storungsglcichungcn 499
74. Die Differentialgleichungen für die intermediäre Bahn des Mondes .... 501
75. Die intermediäre Bahn des Mondes. Integration der Differentialgleichungen . 505
7>i. Entwickelung der störenden Kräfte 5 12
77. Die Störungen 5*4
78. Convcrgeni der Entwickelungen 5*9
II. Abschnitt. Die Rotationsbewegung S a 3
79. Das Potential S 2 3
80- Das Potential einer Kugel S 2 ^
osie
Inhaltsverzeichnis». IX
81. Das Potential eines Ellipsoides auf einen inneren Punkt 528
82. Das Potential eines Ellipsoldes auf einen äusseren Punkt $35
83. Das Potential eines Massencomplexes auf einen sehr entfernten Punkt . . . 539
84. Die LAPLACE-PoissoN'sche Gleichung 541
85- Attraction von Sphäroidcn 544
86- Figur einer flüssigen rotirenden Masse 547
87. Gleichgewicht von spharnidisch geschichteten Körpern unter Berücksichtigung
äusserer Kräfte ; die Oberflächenform 533
88- Gleichgewicht von sphäroidisch geschichteten Korperu. Innere Lagerung . 555
89- Figur der Satelliten 561
90. Die Differentialgleichungen der Rotationsbewegung 563
91. Die Bewegung des Körpers im Räume q66
92. Die Bewegung der Rotationsaxe im Räume 569
98. Integration der Differentialgleichungen für den Fall, dass keine äusseren
Kräfte wirken 570
94. Die störenden Kräfte 573
95. Die Bewegung des Erdkörpers $77
96. Die Bewegungen der Rotationsaxe der Erde g8l
97- Präcession und Nutation 5S4
98. Numerische Werthe 588
99. Aenderungen der Hauptträghcitsaxcn 593
100. Einfluss auf die Rotationsaxe . . . . . . . . . . , , , , , , fiflQ
101. Die Libration des Mondes 604
102. Die Libration in Länge 606
103. Die Lil>raticn in Knoten und Neigung 609
104- Numerische Werthe 613
105. Berechnung der geocentrischen Coordinaten eines Mondkraters 615
Mechanische Quadratur. N. llnaz 618
Berichtigungen 643
Gnomon bis Mechanische Quadratur.
Gnomon ist das älteste und einfachste astronomische Instrument, welches
bei allen alten Völkern zur Bestimmung der geographischen Breite (Polhöhe),
der Schiefe der Ekliptik, der Richtung des Meridians und der Zeit verwendet
wurde, und welches noch heute in einer etwas veränderten Aufstellung zur Be-
stimmung der Zeit bei
den Sonnenuhren dient
(Fig. 242). Es besteht
aus einem auf einer ebe-
nen horizontalen Fläche
senkrecht befestigten
Stabe von entsprechen-
der Höhe. Die Anwen-
dung ist sehr einfach.
Der Schatten, den der
Stab SP wirft, wird
sich im Laufe eines
Tages drehen und da-
bei seine Länge ändern,
der kürzeste Schatten
fällt natüilich zur Zeit
des wahren Mittags,
zur Zeit des Durch-
ganges der Sonne durch
den Meridian (wenig-
stens sehr nahe, da auf
die Mittagsverbesserung
hierbei keine Rücksicht
genommen zu werden
braucht). Sei also der
kürzeste Schatten PQ, so ist PQ die Richtung des Meridians, S Q P die Mittags-
höhe der Sonne, und die Zeit, zu welcher der kürzeste Schatten beobachtet wurde,
der wahre Mittag. Für einen gegebenen Gnomon wird natürlich jeder Schatten-
länge eine gewisse Sonnenhöhe entsprechen und man kann leicht eine Tafel
anlegen, aus welcher mittels der gemessenen Schattenlänge die Sonnenhöhe ent-
nommen werden kann.
Zu gleichen Zeiten Vor- und Nachmittag wird die Schattenlänge dieselbe
sein, und man kann daher zur Bestimmung des Meridians und des wahren
(A.242.)
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Gnomon.
Mittags gleiche vor- und nachmittägige Schatten beobachten, was mittels einer
Reihe concentrischer Kreise wesentlich erleichtert wird. Sind PR und PR'
zwei gleich lange an demselben Tage beobachtete Schatten, so wird die Richtung
des Meridians den Winkel RPR' halbiren und die Zeit des wahren Mittags wird
ebenfalls die Zwischenzeit, welche zwischen den beiden Beobachtungen liegt,
halbiren (s. a. Zeitbestimmung aus correspondirenden Höhen). Zur Erhöhung
der Genauigkeit kann man eine Reihe von gleichen Vor- und Nachmittags-
schatten R X P, R X 'P u. s. w. beobachten.
In Folge des den Schatten umgebenden Halbschattens entsteht eine gewisse
Ungenauigkejt der Beobachtung, welche dadurch verkleinert werden kann, dass
der Stab an dem oberen Ende mit einem Loche versehen wird. Höhe des
Gnomon und Länge der Schatten werden dann vom Fusspunkte desselben bis
zur Mitte des Loches bezw. bis zur Mitte des in dem Schatten entstehenden
lichten Fleckes gemessen.
Die mittäglichen Schatten werden natürlich je nach dem Stande der Sonne
verschieden sein; im Sommer sind dieselben kürzer, im Winter länger, der
längste mittägliche Schatten findet zur Zeit des Wintereolstitiums statt, der kürzeste
zur Zeit des Sommersolstitiums. Man kann demnach hieraus die kleinste und
grösste Meridianhöhe der Sonne ermitteln und aus derselben die geographische
Breite des Beobachtungsortes und die Schiefe der Ekliptik; es ist nämlich die geo-
graphische Breite ? = 90° — \{h x h % ) und die Schiefe der Ekliptik t = ^{A i — h x ),
wo mit h x und h % die beiden betreffenden Meridianhöhen bezeichnet werden.
Die Höhe des Gnomon war sehr verschieden; man findet Berichte von
Obelisken, welche als Gnomone verwendet wurden, von 700 und mehr Fuss
Höhe; noch 1467
wurde in Florenz
ein Gnomon von
270 Fuss Höhe er-
richtet. Nach der
Meinung einiger
Egyptologen waren
die grossen Pyra-
miden, wenn auch
gerade nicht zu
dem Zwecke er-
richtet, so doch
als Gnomon ver-
wendet.
Zur Messung
von Höhen ande-
rer Gestirne als der
Sonne ist der Gno-
mon nichtverwend-
bar, da sich sein
Gebrauch auf die
Messung der Schat-
tenlänge stützt.
Schon für den Mond bediente sich Ptolemäus eines anderen Instrumentes, welches
er Regula parallactica nannte, da er es zur Bestimmung der Mondparallaxe (aus
den gemessenen Höhen in verschiedenen Deklinationen desselben) verwendete.
(A. 248 )
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Später wurde dasselbe auch Regula Ftolcmoica oder auch Triqvetrum genannt
(Fig. 243). Ein nach Ptolemäus »mindestens vier Ellen langer« Stab AB, welcher
mit Hilfe eines Bleilotes vertical aufgestellt werden kann, ist in 60 Theile, und
jeder derselben »in so viele Untertheile als möglich« getheilt An dem oberen
Ende B dreht sich ein anderer ebenso langer, unbiegsamer Stab B C, dessen
zweites Ende C längs eines dritten, bei A ebenfalls drehbaren Stabes AC geführt
wird. Da die Drehung von BC, sowohl in der Verticalebene, als auch um den
Stab AB herum (in verschiedenen Verticalebenen) erfolgen kann, so kann man
längs BC hinweg auf einen beliebigen Ort des Himmels visiren, und erhält
dann in dem zur Sehne A C gehörigen Cen tri winke 1 CBA die Zenithdistanz des
Gestirnes. Es ist nämlich
AC= chord CBA
oder in unserer Schreibweise
AC—%$i*\CBA t
Die Länge von AC kann dann an der Theilung von AB ermittelt werden,
indem man den Stab AC durch Drehung um A längs AB anlegt. Da Ptolemäus
eine Sehnentafel construirt hatte,
in welcher die Länge der Sehnen
in Theilen ausgedrückt ist, von
denen 60 auf den Halbmesser
gehen, so erklärt sich daraus die
Theilung von AB in 60 Theilen
und deren Untertheile. Coper-
nicus vereinfachte die Ablesung
dadurch, dass er die Theilung
direkt auf dem Stabe ^Cauftrug.
Bei dem Gnomon und der
Regula parallactica wurden
die zu bestimmenden Zenith-
distanzen aus einer trigonome-
trischen Linie derselben (bei
dem ersten aus der Tangente,
bei dem zweiten aus der Sehne)
ermittelt. Nebst diesen hatte
aber Ptolemäus auch an Instru-
menten beobachtet, welche direkt die Zenithdistanzen abzulesen gestatteten. Eins
— das einfachste — bestand aus einem behauenen prismatischen Steine (Fig. 244),
dessen eine Seite AB VC in die Ebene des Meridians gebracht und dessen eine
Kante AB durch ein Bleiloth vertical gestellt wurde. Um den Punkt A, in welchem
ein Stift senkrecht zur Fläche ABDC befestigt war, als Mittelpunkt, war eine
Kreistheilung B C angebracht. Zur Beobachtung des mittäglichen Schattens wurde
ein zweiter Stift längs der Theilung BC so lange verschoben, bis der Schatten
des Stiftes A auf denselben fiel; der abgelesene Theilstrich gab, wenn die
Theilung von B ausging, sofort die Zenithdistanz der Sonne. Peurbach, welcher
dieses Instrument Gnomon geometrüus oder Quadratum gtometricum nannte, ersetzte
jedoch die Kreistheilung wieder durch die viel leichter herzustellende TbeWung
der Seiten BD, CD, sodass die Zenithdistanz bezw. Höhe der Sonne durch
ihre Tangente gegeben wird. Peurbach gab auch eine Tafel, welche aus der
Ablesung (jede der beiden Seiten ist bei ihm in 1200 Thle. getheilf) die Wxnkel
gab (Tafel von Antitangenten). N - Herz.
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4 Heliometer.
Heliometer. Erste Vorschläge zur Herstellung von Helio-
metern. Ehe das mit dem Namen Heliometer bezeichnete Instrument sich
Eingang in die astronomische Beobachtungskunst verschafft hatte, war man bei
der Bestimmung des gegenseitigen Abstandes zweier Gestirne hauptsächlich auf
das Fadenmikrometer angewiesen. Bei diesem Apparat wurden die festen Fäden
senkrecht zur täglichen Bewegung der Gestirne gestellt und daran zur Bestimmung
des Rectascensions- Unterschiedes die Durchgangszeiten wahrgenommen, ferner
wurden die Deklinations-Unterschiede dadurch bestimmt, dass man den voran-
gehenden Stern auf einem festen Faden entlang laufen Hess und dann auf den
nachfolgenden durch eine Mikrometerschraube einen beweglichen Faden einstellte,
so dass man aus der Ablesung der Schraubentrommel in Verbindung mit einer
zweiten Ablesung, die der Coincidenz des beweglichen und des festen Fadens
entsprach, den Deklinations-Unterschied in Einheiten der Schraubenumdrehung
ausgedrückt bestimmen konnte. Nach demselben Verfahren war auch der Durch-
messer eines Himmelskörpers, z. B. der Sonne, in zwei auf einander folgenden
Richtungen, nämlich parallel und senkrecht zum Himmelsäquator zu bestimmen.
Dagegen versagte die Anwendung des Fadenmikrometers bei der Bestimmung
des Durchmessers in einer beliebigen Richtung gegen die tägliche Bewegung so
lange man die zu Anfang dieses Jahrhunderts durch Fraunhofer eingeführte Uhr-
bewegung der Aequatoreale noch nicht kannte.
Aus dem BedUrfniss, den Durchmesser eines Himmelskörpers in jeder '
beliebigen Richtung zu bestimmen, entstand bei dem französischen Astronomen
und Geodäten Bouguer in Paris der Gedanke, durch Anwendung zweier in dem-
selben Rohre befindlicher Objective von demselben Himmelskörper ein Doppel-
bild herzustellen, welches durch eine messbare Verschiebung eines der Objective
so angeordnet werden konnte, dass sich die Ränder der beiden Scheiben be-
rührten. War diese Berührung einmal hergestellt, so musste sie auch erhalten
bleiben, wenn durch die tägliche Bewegung das Gestirn über das Gesichtsfeld
des Fernrohres vorüberzog. Die erste Nachricht über diesen Vorschlag von
Bouguer findet sich in der >Histoire de l'academie royale des sciences«, Annee
1748, pag. 87, und in den »Mdmoires de l'academiec, pag. 11, und nach der
hier gegebenen Beschreibung bestand die vorgeschlagene Einrichtung darin, zwei
volle Objective anzuwenden, die so standen, dass die Ränder der neben einander
sichtbaren Sonnenbilder sich berührten. Bei der scheinbaren Vergrösserung der
Sonnenscheibe im Winter mussten die Bilder dann übereinander treten, im
Sommer dagegen einen freien Raum zwischen sich lassen und diese kleinen
Segmente oder Zwischenräume sollten mit einem Fadenmikrometer gemessen
werden, um additiv oder subtractiv zu dem festen Abstände der beiden
Objectivmittelpunkte hinzugefügt, auf diese Weise den veränderlichen Sonnendurch-
messer zu geben. Würde man die Objective noch weiter gegen einander ver-
schiebbar machen, so könnte man auf diese Weise Abstände von 3 — 4° messen.
Einige Jahre später machte Short in den >Philosophical Transactions« der
Royal Society in London, Vol. 48, pag. 165, darauf aufmerksam, dass eine solche
Erfindung von Savery in Exeter schon im Jahre 1743 angezeigt worden sei und
zwar hat Savery in einem hier wörtlich mitgetheilten Vortrage den Vorschlag
gemacht, ein Objectiv durch drei einander parallele Schnitte in vier Segmente
zu zerlegen und entweder die beiden äusseren oder die beiden inneren Segmente
in der Weise aneinander zu befestigen, dass die von ihnen entworfenen Sonnen-
bilder sich mit ihren Rändern nahezu berühren.
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Heliometer.
In den >Phil. Tr. for 1753c Vol. 48, part. I, pag. 178, wird ferner von John
Dollond der Vorschlag gemacht, ein zur Messung beliebiger Abstände verwend-
bares Heliometer dadurch herzustellen, dass übereinstimmend mit der jetzt ge-
bräuchlichen Form dieses Instrumentes ein Objectiv durch einen Schnitt durch
den Mittelpunkt und in der optischen Axe in zwei Hälften von der Form einer
halben Kreisfläche zerlegt und den einzelnen Theilen eine messbare Bewegung
in der Richtung des gemeinschaftlichen Halbmessers gegeben wird. Danach
könnte man Dollond als den Erfinder der gegenwärtigen Form des Heliometers
ansehen (man vergl. noch seine nähere Auseinandersetzung »Phil. Tr. for 1753«.
Vol. 48 part. II. pag. 551), wenn nicht La Gournerie in den >Comptes rendusc
der Pariser Akademie, Band 88, pag. 215, darauf aufmerksam gemacht hätte,
dass auch diese endgültige Form des Instrumentes schon von Boucuer im Jahre
1748 in der »Bibliotheque impartialec Vol. m, pag. 214, in Vorschlag gebracht
worden sei.
In diesen Schriften ist auch mehrfach die Rede von der Verbindung eines
Heliometerobjectivs mit einem Spiegelteleskop, jedoch hat, soweit bekannt, eine
solche Einrichtung keine praktische Bedeutung erlangt
Die Beobachtungen von Triesnecker an einem Heliometer. Wenn
auch Bouguer als der eigentliche Erfinder des Heliometers in seiner jetzigen
Gestalt anzusehen ist und er dem Instrument mit Rücksicht auf die Anwendung
auf die Sonne diesen Namen gegeben hat, so wird doch Dollond als derjenige
zu bezeichnen sein, der ein solches Instrument zum ersten Male zum Gebrauch
für die Astronomen hergestellt hat, und fernerhin muss man das Verdienst, zum
ersten Male eine grössere Reihe von werthvollen Beobachtungen mit solchem
Instrumente angestellt zu haben, unzweifelhaft dem Wiener Astronomen Franz
von Paula Triesnecker zuschreiben. Das von ihm angewandte DoLLOND'sche
Objectivmikrometer ist in den »Wiener Ephemeriden« für 1796, pag. 314, näher
beschrieben. Dasselbe war an einem Fernrohr von 3^ Fuss Länge und 2^ Zoll
Oeffnüng angebracht, und die Scala zur Messung der Stellung der Objectivhälften
war in englische Zoll und deren Unterabtheilungen eingetheilt. Die beiden
Objectivhällten bewegten sich von der optischen Axe aus gleichzeitig nach ent-
gegengesetzten Seiten, und während einer der Objectivschieber eine Scala trug,
war an dem anderen Schieber ein Index angebracht, der auf den Nullpunkt der
Scala zeigte, wenn die optischen Axen der beiden Objectivhälften zusammen-
fielen und das Fernrohr nur ein einfaches Bild des Gestirnes gab. Eine Zeichnung
eines Instrumentes dieser Construction findet sich in Pearson's »Practical Astro-
nomyt und auch Lalande's »Astronomie« Vol. II enthält Beschreibungen und
Zeichnungen älterer Heliometer. Die von Triesnecker an diesem Instrument
angestellten Beobachtungen, namentlich über die Stellung des Jupiterstrabanten
gegen den Planeten würden ihres Alters wegen einen hohen Werth besitzen,
wenn zuverlässige Daten zur Verwandlung der Scalenablesungen in Bogenmaass
vorhanden wären; aber es lässt sich nachträglich Nichts darüber ermitteln, da
wohl der DoLLOND'sche Rcfractor, aber nicht mehr der Mikrometer-Apparat auf
der Wiener Sternwarte vorhanden ist.
Die kleineren Fraunhofer' sch en Heliometer. Der nach-te ScV.r.tt
auf diesem Wege war die Herstellung einer Anzahl von kleineren HeV.orr.e:«:-
durch Fraunhofer in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts für d e >.rrr
warten in Berlin, Breslau, Göttingen, Gotha und anderen Orten, ab<?x aV:^"f*
von einigen Beobachtungen an den Instrumenten in BreV.Au ur.d Be:
Brandes und Winnecke in den Zwanziger und FttnrV-ger Jihrer. ;r^«-v- r K; ' r "
6
Heliometer.
beobachtungen in Gotha von Hansen haben diese Instrumente erst später Bedeutung
erhalten als sie von Repsold in Hamburg mit neuen Einrichtungen versehen
auf den Venusdurchgangs-Expeditionen in den Jahren 1874 und 188a verwandt
wurden. Die kleineren FRAUNHOFEa'schen Heliometer haben eine Brennweite
von 1 * 15 m und eine Objecüvöffnung von 76 mm. Die beiden Objectivhälften
lassen sich mit Hilfe von Stangen bewegen, die neben dem Rohre hin zum
Ocular gehen, und durch Uebertragung ihrer Drehung werden feine Mikro-
meterschrauben in Thätigkeit gesetzt, die einerseits die Bewegung der
Objectivschlitten in einer zur optischen Axe senkrechten Ebene ausfuhren und
andererseits durch die Zahl ihrer Umdrehungen und der an einer Trommel ab-
gelesenen Unterabtheilungen ein Maass für die Grösse der Bewegung geben.
Um den Spalt zwischen den beiden Objectivhälften in die Richtung der beiden
gegen einander zu bestimmenden Gestirne zu bringen, ist der ganze Objectivkopf
um die optische Axe mit Hüte einer ebenfalls am Rohre entlang führenden
Stange drehbar und die Grösse der Drehung wird mit Hilfe zweier Nonien an
einem Kreise abgelesen, der sich nahe dem Objectiv am Umfange des Fernrohres
befindet. Das Material der Rohre war, wie überhaupt bei den meisten Fern-
röh ren aus älterer Zeit, Holz und erst in Veranlassung der Expeditionen wurde
dafür Eisenblech gewählt. Schon diese älteren Instrumente hatten parallactische
Aufstellungen, und mit den später eingeführten Verbesserungen haben sie in
Bezug auf Abstandsmessungen Resultate geliefert, welche denen der voll-
kommensten und besten Apparate der Neuzeit durchaus nicht sehr nachstehen,
und nur die Kleinheit der Objective legte eine Beschränkung in der Wahl der
zu beobachtenden Gegenstände auf.
Es wird hier die Bemerkung am Platze sein, dass bei dem Gebrauche eines
Heliometers unter allen Umständen ein Verzicht auf die Helligkeit geleistet werden
muss, denn so wie das Heliometer als solches in Thätigkeit tritt und die beiden
Hälften des Objectivs gegen einander verschoben werden, muss die Helligkeit
des von einer einzelnen entworfenen Bildes auf ein Halb reducirt werden;
beispielsweise wirkt die einzelne Hälfte eines sechszölligen Heliometers nur noch
wie ein Fernrohr mit der Ocffnung j/ 6 ^ 6 = 4*24 Zoll, also etwa wie ein vier-
zölliges Objectiv, von Deformationen der Bilder abgesehen, von denen später
die Rede sein wird.
Das Königsberger Heliometer. Das grösste Ereigniss auf dem Gebiete
der Anwendung des Heliometers in der astronomischen Beobachtungskunst war
die Lieferung des Heliometers von 6 Zoll Oeffnung für die Königsberger Stern-
warte durch Fraunhofer im Jahre 1829, von wann ab es dann in den Händen
Bessel's in den folgenden Jahrzehnten zu einer Reihe der wichtigsten Unter-
suchungen gedient hat. Die Beschreibung desselben findet sich theils in den
> Astronomischen Nachrichtenc, theils in den > Astronomischen Beobachtungen
der Königsberger Sternwarte« , zu einer Besprechung wird es sich jedoch
empfehlen, die Stellen nach dem Werke anzugeben: > Abhandlungen von Fried-
rich Wilhelm Bessel«, herausgegeben von Rudolf Engelmann. 3 Bde. Leipzig
1875. Abbildungen des Königsberger Heliometers findet man u. A. in den
»Astronomischen Nachrichten« Bd. 8 und in Bd. 2 der soeben genannten Ab-
handlungen.
Im 2. Bde. des Werkes, pag. 95, findet sich zunächst ein Aufsatz von Bessel
betitelt: »Vorläufige Nachricht von einem auf der Königsberger Sternwarte be-
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Heliometer.
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findlichen grossen Heliometer«. Hiernach begann Fraunhofer mit der Her-
stellung des Instrumentes im Jahre 1824 und von ihm rührt das Objectiv und die
Einrichtung des Heliometer-Apparates her; da sein Tod aber schon 1826 erfolgte,
so war das Durchschneiden des Objectivs und die Vollendung der parallactischen
Aufstellung seinem Nachfolger Utzschneider vorbehalten.
Es mag an dieser Stelle erwähnt werden, auf welche Weise ein Heliometer-
objectiv hergestellt wird. Der erste Schritt besteht natürlich darin, ein gewöhn-
liches achromatisches Objectiv, welches aus einer Crown- und einer Flintglaslinse
besteht, herzustellen und es dann durch einen Schnitt in zwei halbe Objective
zu zerlegen. So lange man noch mit kleineren Linsen zu thun hatte, mag wohl
der meistens eingeschlagene Weg derjenige gewesen sein, jede der beiden Linsen
rund hernm mit einem Diamant zu ritzen und durch einen Schlag mit einem
hölzernen Hammer die beiden Hälften von einander zu trennen. Bei den in
den letzten Jahrzeh nten hergestellten grösseren Heliometerobjectiven, deren Werth
mehr als 2000 Mark beträgt, dürfte diese Trennungsweise aber wohl mit Gefahren
für die Linsen verbunden sein, und es ist daher das nachfolgend beschriebene
Veriahren an die Stelle getreten. In eine eiserne Kapsel von demselben Durch-
messer wie der des Objectivs wird zunächst eine gewöhnliche Glasplatte gelegt,
deren untere Fläche eben und deren obere entsprechend der Krümmung einer
der äusseren Flächen des darüber zu legenden Objectivs ausgehöhlt ist, und den
Abschluss nach oben bildet eine zweite planconcave Glasplatte. Durch den
Mantel des eisernen Cylinders gehen nun senkrecht zur Grundfläche zwei
schmale, diametral gegenüber stehende Schlitze hindurch, und durch diese wird
die Schneide einer feinen mit Fett und Diamantstaub behafteten Stahlsäge hin
und her geführt, bis beide Linsen des Objectivs und die werthlosen, zur Be-
festigung dienenden, darüber und darunter liegenden Glasscheiben durch einen
feinen Schnitt zerlegt sind. Werden nun die einzelnen Objectivhälften in halb-
kreisförmige Fassungen gebracht und diese mit den Objectivschiebern verbunden,
so ist noch die Einrichtung zu treffen, dass durch kleine, zur Schnittlinie senk-
recht wirkende Schrauben die optischen Mittelpunkte der beiden Hälften genau
mit einander zum Zusammenfallen gebracht werden können. Es mag hier ferner
noch die allgemein gültige Bemerkung hinzugefügt werden, dass eine etwa mit
der Zeit oder bei verschiedener Neigung des Fernrohres und Richtung des
Spaltes wieder auftretende seitliche Entfernung der Objectivmittelpunkte bei
grossen Sternabstünden einen nahezu verschwindenden Einfluss hat, bei sehr
kleinen Abständen, wie z. B. Doppelsternen einen Fehler von erheblichem Betrage
gegenüber der zu messenden Grösse selbst hervorbringen kann, dass aber durch
Messung von Positionswinkeln engerer Doppelsterne in zwei symmetrischen
Stellungen der Objectivhälften, oder wie der übliche Ausdruck lautet, vor und
nach dem Durchschrauben aus dem halben Unterschiede der gemessenen
Richtungen in Verbindung mit den Distanzmessungen der Abstand der beiden
Sterne berechnet werden kann.
Nunmehr wieder zu dem augenblicklichen Gegenstande, nämlich der Ein-
richtung des Königsberger Heliometers zurückkehrend, ist zu bemerken, dass
das Instrument im October 1829 aufgestellt werden konnte. Das Fernrohr hat
8 Par. Fuss oder 2*6 m Brennweite und 70 Linien oder 158 mm Oeffnung. Die
beiden Objectivhälften können jede für sich durch Schrauben bewegt werden,
die zugleich auch zur Messung der Grösse der Bewegung dienen, indem sie am
Ende mit Zähltrommeln versehen sind, an denen Hundertel-Umdrehungen direkt
abgelesen und Tausendtel geschätzt werden, so dass die Ablesungen bis auf
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s
Heliometer.
^ Secunde in Bogenmaass gehen. Eine andere Vorrichtung, mit welcher man
die Verschiebung der Objectivschlitten durch Scalen und Mikroskope messen
kann, ist bei den Beobachtungen nicht zur Verwendung gekommen. Die Ver-
schiebung der Objectivhälften geht in einer vollkommenen, auf der Axe des
Rohres senkrecht stehenden Ebene vor sich und erstreckt sich auf 56 Bogen-
minuten nach jeder Seite, so dass man einen Raum von 1 0 52' übersehen kann.
Bessel hat schon damals Fraunhofer den Vorschlag gemacht, die Objectiv-
hälften auf einer Cylinderfläche beweglich zu machen, deren Axe durch den
Brennpunkt des Objectivs geht, wodurch die später zu erwähnenden Unter-
suchungen über optische Ungleichheit unnöthig geworden wären, und bei den
neuen Heliometern ist diese damals mit construetiven Schwierigkeiten verbundene
Einrichtung überall eingeführt worden. Das Ocular des Fernrohres kann ebenso wie
eine Objectivhälfte senkrecht zur optischen Axe verschoben werden und die
Richtung der Verschiebung wird durch einen eingetheilten Kreis angegeben.
Die 5 Oculare haben die Vergrößerungen 45, 91, 115, 179 und 290. Gegen-
über den ausserordentlichen Vortheilen, welche die Einrichtungen der neueren
Heliometer gewähren, die Ablesung der Objectivstellung und des Positionskreises
vom Oculare aus besorgen zu können, musste das Königsberger Heliometer
für jede Ablesung um die Deklinationsaxe gedreht werden, bis das Objectivende
dem Auge des Beobachters nahe war. Dadurch entstand nicht nur eine grosse
Unbequemlichkeit, sondern noch das Bedenken, dass durch die Veränderung der
Schwerewirkung auch eine Veränderung der Stellung der Objectivschlitten eintrat.
Bei dem ähnlich construirten Bonner Heliometer ist eine Einrichtung an-
gebracht, die Ablesung mit Hilfe eines kleinen Fernrohres vom Ocular aus zu
besorgen.
Die von einem halben Objectiv entworfenen Bilder eines Sterns sind be-
kanntlich nicht kreisförmig, sondern haben eine etwas birnförmige Gestalt, deren
Längsrichtung zur Richtung de& Spaltes senkrecht steht. Diese Eigenschaft muss
sich besonders stark bei hellen Sternen zeigen und bei dem neuen Göttinger
Heliometer verschwindet dieser Eindruck erst bei Sternen von der siebenten
Grösse ab, aber Bessel hat gezeigt, dass die dadurch entstehenden kleinen
Verschiebungen in der Lage der Sternbilder bei symmetrischer Anordnung der
Beobachtungen vor und nach dem Durchschrauben eliminirt werden.
Die Art und Weise, wie an einem Heliometer Distanzen und Positionswinkel
gemessen werden, ist von der Beschaffenheit des zu beobachtenden Gegenstandes
abhängig. Bei engen Doppelsternen, die nur einen kleinen Theil des Gesichts-
feldes einnehmen, biingt man die vier von beiden Objectivhälften gebildeten
Lichtpunkte durch Drehung in Distanz und Positionswinkel zu gleichen Abständen
in eine gerade Linie, '.iesl beide Coordinaten ab und wiederholt dann die
Messung in umgekehrter Richtung, um die jedem erfahrenen Beobachter bekannten
systematischen Unterschiede in den Einstellungen zu vermeiden; darauf werden
die beiden Objectivhälften, wie in Zukunft immer kurz gesagt werden wird,
durchgeschraubt und nun diese beiden Beobachtungen wiederholt, so dass man in
jeder Coordinate vier Ablesungen erhält und bei der Einrichtung der Ablese-
vorrichtungen am Königsberger Heliometer maass Bessel auf diese Weise den
vierfachen Abstand.
Handelt es sich dagegen um die Messung des Durchmessers eines Planeten,
so bringt man die Bilder der Scheiben mit abwechselnder Drehungsrichtung in
Berührung mit einander und erhält daher für eine Messung ebenfalls vier Ab-
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Heliometer.
lcsungen. Soll die Lage des Trabanten eines Planeten gegen den letzteren
bestimmt werden, so würde es am einfachsten sein, das Bild des Trabanten
nach dem Augenmaass in die Mitte des von der anderen Hälfte herrührenden
Bildes des Planeten zu stellen, jedoch ist man dabei zu sehr auf das Augenmaass
angewiesen und man wird daher in den meisten Fällen besser thun, mit Besskl
d^n Trabanten nach einander auf zwei einander gegenüber stehende Punkte
des Randes zu bringen, indem man ihn vorher nach dem Augenmaass in die
Mitte des Planeten einstellt und ihn dann durch Drehung in Position oder
in Distanz je nach dem Zweck der Messung auf den Rand bringt. Ist das
Licht des Planeten zu hell gegenüber dem des Trabanten, so dass letzterer
überstrahlt wird, so kann man die den Planeten abbildende Objertivhälfte mit
einem feinen Drahtgitter tiberdecken. Bei der Bestimmung der gegenseitigen
Lage zweier, weit entfernter Sterne kann das tür Doppelsterne beschriebene Ver-
fahren nicht mehr zur Anwendung kommen, da man nicht mehr alle vier Licht-
punkte im Gesichtsfelde übersieht, sondern nur zwei, nämlich bei einem Stern-
paare a b etwa das vom Objectiv I entworfene Bild von a und das von II
entworfene Bild von b. Das einfachste Verfahren wäre nun offenbar, diese beiden
Bilder unmittelbar mit einander zusammenfallen zu lassen und bei verschiedener
Richtung der Schraubendrehung und mit Durchschrauben zusammen vier Ein-
stellungen zu machen. In Wirklichkeit ist dieses Verfahren aber nicht zulässig,
denn bringt man etwa eine kleinere Sternscheibe auf eine grössere, so fehlt
jedes Unheil darüber, ob die Bedeckung der Bilder eine centrale ist. Es tritt
deshalb nachfolgendes Beobachtungsverfahren an die Stelle. Man nähert die
beiden Sternbilder einander und führt bei Distanzmessungen mit der Positions-
schraube kleine Schwankungen aus, so dass die Sternbilder bald nach der einen,
bald nach der anderen Seite ein wenig von einander abweichen, und wird dann
bemerken, dass der Weg, den ein Lichtpunkt gegen den anderen beschreibt,
als gerade Linie erscheint, wenn die Punkte in der Ruhelage sich genau bedecken
würden. Nach Vollendung einer Messung bringt man die Bilder zuerst absicht-
lich nach der entgegengeselzten Seite etwas aus einander, und bei der Messung
der Positionswinkel verfahrt man ganz ähnlich, indem man dann die Einstellungen
durch Schwingungen mit der Distanzschraube prüft.
Dieses Beobachtungsverfahren führt bei Messungen entfernter Sternpaarc
erfahrungsgemäss zu sehr genauen Resultaten, dagegen um erliegt es einer Be-
schränkung bei kleineren Sternabständen. Sieht man nämlich beide von einer
Hälfte entworfenen Sternbilder im Gesichtsfelde , so ist es vorzuziehen, die
Sternbilder in der Ruhelage des Instrumentes mit einander zu vergleichen, indem
man z. B. das Bild des Sternes a der Hälfte II so neben das Bild des Sternes b
in der Hälfte I setzt, dass ein rechtwinkliges Dreieck mit einer so kurzen
Cathete entsteht, dass man gerade im Stande ist, ihre re:htwinklige Stellung zur
längeren Cathete ab beurtheilen zu können und zwar so, dass man etwa bei der
ersten Messung a über b und bei der zweiten a unter b setzt. Mit Hilfe der am
Positionskreise abgelesenen Amplituden kann man dann die kleine Reduction, die
aus der Ausweichung im Positionsvvinkel entsteht, berechnen (siehe darüber
Schur, »Astronomische Nachrichtenc, Bd. 94). Etwas anders hat J. Franz bei
seinen Messungen weiterer Doppelsterne am Königsberger Heliometer verfahren,
indem er die vier Sternbilder zu einem Trapez mit einer sehr kurzen Diagonale
vereinigt, und es lässt sich zeigen, dass in diesem Falle eine Reduction wegen
der Grösse der Amplitude in Positionswinkel nicht erforderlich ist (»Astronom.
Nachr. c, Bd. in).
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Heliometer.
Das wichtigste Erforderniss bei der Anwendung eines Heliometers ist die
Verwandlung der in Schraubenumdrehungen oder in Scalentheilen abgelesenen
Distanzmessungen in Bogenmaass, und es stehen dazu mehrere Wege offen.
Eines dieser Verfahren besteht darin, sowohl die Höhe eines .Schraubenganges
oder eines Scalentheiles als auch die Brennweite des Objectivs in derselben
Maasseinheit auszudrücken. Die Kenntniss der Brennweite gewinnt man durch
die bekannte Methode der Bestimmung der vierfachen Brennweite. Diese
Methode wandte Bessel auf das Königsberger Heliometer an und fand nach
wiederholten Versuchen für die Brennweite des Objectivs 1134 134 Par. Linien
bei -+- 12 0, 8 C. mit einem wahrscheinlichen Fehler von :£ 0^*015 oder einem
75000tel der ganzen Brennweite. Ferner bestimmte er die Höhe eines Schrauben-
ganges durch Vergleichung mit einem auf dem Objectivschieber II befestigten
Stahlblatt, worauf eine Länge von 24 P. L. verzeichnet war, für verschiedene
Stellen der Schraube und fand danach 82 52 12 Windungen eines Schraubenganges
= 24 00006 P. L. und aus beiden Zahlen für die Normaltemperatur von
16°'25 C. den Winkelwerth einer Umdrehung R = 52"89329.
Die Kenntniss dieser wichtigen Constanten verschaffte sich Bessel ferner
noch auf folgende Weise:
1. Beobachtung der Stellung eines Fadens im Brennpunkte durch das
Objectiv hindurch. Zu diesem Zwecke wurde das Heliometerfernrohr mit dem
Objectiv nach unten vertical gestellt und darunter ein REicHENBACH'scher Theo-
dolit mit Höhenkreis gebracht. Die Objectivhälfte I wurde in die Axe des Helio-
meters gebracht und die Hälfte II der Reihe nach um — 5 und +5, — 10 und
-f- 10 u. s. w. bis — 60 und + 60 Schraubenwindungen verschoben und mit
dem Theodoliten die entsprechende Entfernung der beiden Bilder des Fadens
gemessen Das Resultat war R = 52"90299 m. F. =t 0"00275.
2. Bessel hatte hauptsächlich in den Jahren 1838—40 in der Plejadengruppe die
Abstände einer grossen Zahl von Sternen gegen Alcyone gemessen und hiervon
wurden zehn besonders häufig beobachtete Sterne ausgewählt, deren Oerter
durch Durchgangsbeobachtungen am Meridiankreise festgelegt waren. Die Ver-
gleichung ergab für den Schraubenwerth R = 52"-88127 ±. 0" 00880.
3. Es wurden sechs Sterne gewählt, die nahezu in einem durch die Plejaden
hindurchgehenden grössten Kreise liegen und mit a, b, c, ä t e, f bezeichnet.
Von diesen sind die Sterne a, c, / von Busch zu wiederholten Malen in den
Jahren 1839 un( * 1840 am Meridiankreise bestimmt, und Schlüter hatte zwischen
je zwei auf einander folgenden Sternen Abstände und Positionswinkcl ebenfalls
in den Jahren 1839 un< ^ 1840 am Heliometer gemessen. Die Vergleichung der
Bogenlängen ac, cf und af, nach den Beobachtungen an beiden Instrumenten
berechnet, ergab das Resultat: R = 52"-89036 ± 0"'00314.
Das Resultat der Bestimmung eines Schraubenwerthes nach verschiedenen
Methoden ist also das folgende:
1. Beobachtungen mit dem Theodolithen 52"90299 m. F. ±0" 00275
2. Beobachtungen von Plejadensternen 52 -88127 ±0 00880
3. Beobachtungen von 6 Sternen im grössten Kreise 52-89036 ±0 00314
4. Messung der Brennweite und einer Schraubenwindung 52 '89329.
Die Uebereinstimmung ist eine befriedigende. Bessel entschied sich aber
doch dafür, das E rgebniss der Messung der Brennweite und der Schraubenhöhe
allein anzunehmen, nämlich R = 52' -89329 in der Wärme 50° F. Die Reduction
der bei einer anderen Temperatur t gemessenen Abstände wird mit einem
Coefficienten bestimmt, der sich aus der Beobachtung von zehn Plejadensternen
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Heliometer.
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gegen Alcyone zwischen den Temperaturen — 1 °'5 und 74° F. oder — 18° und
H- 23° C. ergeben hat. Demnach ist der Ausdruck für die Verwandlung der
e L v J , „ . . 52"89329
Schraubenumdrehungen in Kreisbogen — + ^ _ ^ 0 . 0()()00 3 7765 •
Indessen drückt schon Bessel Uber die Richtigkeit des hier angewandten
Temperatur- Coefncienten einen Zweifel aus, indem er Über das bei sehr
niedrigen Temperaturen entstehende Zittern der Sternbilder klagt und das Ver-
härten des Oeles an den Schrauben befürchtet. Beobachtungen von Schlüter
allein, bei denen die sehr tiefen Temperaturen vermieden sind, ergeben für die
Temperaturcoeföcienten anstatt des von Bessel angewandten, nämlich rund
378 Einheiten der achten Decimale, einen solchen von 1243 Einheiten und spätere
Untersuchungen von Auwers haben dafür 854 ergeben, welche Zahl wohl die zu-
verlässigste und auch rückwärts für die Beobachtungen zu Bessel's Zeit an-
zuwenden ist. Mit diesem Temperatur-Coefncienten berechnet ist der berichtigte
Schraubenwerth nach der Brennweiten-Bestimmung R = 52"89456. Es ist bei
der Vergleichung neuerer Resultate aus Heliometer-Beobachtungen mit den
BESSEL'schen mehrfach die Rede davon gewesen, ob es nicht zweckmässiger sei,
anstatt des nur einmal aus physikalischen Experimenten hervorgehenden Schrauben-
werthes den auf Sternbeobachtungen in der Nähe der Plejaden beruhenden
Werth anzunehmen, (verg). Schur, »Bestimmung der Masse des Planeten
Jupiter«, 1882, und Elkin, »Triangulation der Plejaden«. New Häven 1887),
jedoch bat sich keine Veranlassung ergeben, davon abzuweichen. In den letzten
Jahren hat J. Franz den Winkelwerth aus Beobachtungen der für die Venus-
durchgangs-Expeditionen und auch an den neueren Heliometern für diesen Zweck
verwandten Sterne im grössten Kreise im Cygnus und in der Hydra beobachtet,
und es hat sich der Werth R = 52"'87567 ergeben, der von der BESSEL'schen
Annahme nicht unerheblich abweicht, dagegen wieder ziemlich nahe einer Neu-
berechnung älterer Bestimmungen kommt, nämlich
aus Schlüter'« Plejadcnbeobachtungen 52"* 88469
Schlüter's Taurusbogen 52 87584.
Diese Unterschiede zwischen den verschiedenen Bestimmungen des Schrauben -
werthes des Königsberger Heliometers sind von grossem Interesse für diejenigen
Astronomen, die sich mit der Vergleichung dieser älteren Beobachtungen mit solchen
an neueren Heliometern beschäftigen, aber man wird wohl bei dem von Bessel selbst
angenommenen und von Auwers verbesserten Werthe, nämlich 52"'89456 stehen
bleiben müssen, weil man nicht wissen kann, ob die Brennweite eines Objectivs
auf so lange Zeit constant bleibt und sich nicht durch allmählich eintretende
kleine Veränderungen des Druckes, mit welchem das Objectiv in seiner Fassung
gehalten wird, um Grössen, wie sie hier in Frage kommen, verändern kann. Da die
gTösste am Königsberger Heliometer messbare Distanz etwa 60 Umdrehungen
beträgt, so bringt der Unterschied der Annahmen 52" 89456 nach Auwers und
52" 87567 nach Franz oder 0"01889 im äussersten Falle den Unterschied von
etwa 1" hervor. Man wird daher bei Beobachtungen aus der älteren Zeit den
BESSEL'schen Werth mit der Verbesserung von Auwers anwenden und bei der
gegenwärtigen und ferneren Benutzung den Schraubenwerth mit Franz aus Stern-
beobachtungen bestimmen.
Es erübrigt noch einige Worte über den Einfluss der Ocularstellung auf die
Distanzmessungen zu sagen. Bessel hat das Ocular so gestellt, dass er von den
zu beobachtenden Gegenständen deutliche Bilder erhielt und die bei verschiedenen
Temperaturen beobachteten Distanzmessungen mit Hilfe eines später von Auwers
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Heliometer.
verbesserten Temperatur-Coefficienten auf eineNormaltempeiatur von 50°F.reducirt.
Späterhin ist dann am Ocular eine Scala angebracht, und dasselbe ist bei den auf den
Venus-Expeditionen benutzten FRAL'NHOFER'schen und bei allen später construirten
grösseren REPSOLD'schen Heliometern geschehen. Es wird jetzt von jedem
einzelnen Beobachter bei möglichst verschiedenen Temperaturen das Ocular mit
einem an dem Rohre angebrachten Triebwerke so eingestellt, dass man von
einem Gestirn, am Besten einem engen Doppelstern ein deutliches Bild erhält
und dabei die Temperatur des Instrumentes an den Thermometern abgelesen;
aus der Ausgleichung dieser Beobachtungen erhält man dann die dem Beobachter
zukommende Ablesung für 0° und die Veränderung mit der Temperatur, und
bei dem Gebrauche des Instrumentes hat man dann dem Ocularrohre die der
Temperatur entsprechende Stellung zu geben und darüber eine Bemerkung im
Beobachtungsbuch zu machen. Ist das Ocular für sich allein noch gegen das
Ocularrohr beweglich, was bei einem Heliometer eigentlich überflüssig ist, soweit
man nicht etwa Fäden im Ocularkopf genau sehen will, so hat man es bei
diesen Untersuchungen und bei den Beobachtungen selbst, natürlich fest in seine
Fassung hineinzudrücken. Da man die richtige Ocularstellung schon in Folge
der allmählichen Temperaturabnahme während eines Abends nicht völlig
genau treffen wird, so wird immer ein kleiner Unterschied zwischen der be-
rechneten und der abgelesenen Einstellung übrig bleiben und die gemessene
Distanz dafür verbessert werden müssen. Der nächstliegende Gedanke ist nun der,
die Abweichung der Ocularstellung durch die Brennweite zu dividiren und die
gemessene Distanz mit diesem Quotienten zu multipliciren, um die Reduction
der Distanzmessung auf die normale Ocularstellung zu erhalten.
Auf Veranlassung von Auwers sind jedoch an den Expeditions-Heliometern
und ausserdem auch an einigen der neueren REPSOLD'schen Heliometer, an
denen Beobachtungen zum Zwecke ihrer Verwertliung für die Reduction der
Expeditions-Beobachtungen, z. B. Beobachtungen der Sterne im Cygnus- und
Hydrakreise ausgeführt worden waren, besondere Untersuchungen darüber an-
gestellt und grössere Sternabstände gemessen worden, wobei die Stellung des
Oculars um kleine Quantitäten, z. B. 1 mm nach der einen und der anderen
Seite von der der Temperatur und dem Beobachter entsprechenden Normal-
stellung abwichen. Dabei hat sich nun herausgestellt, dass die Reductionen
meistens ein wenig kleiner als nach der Rechnung sind. Einen Ueberblick
darüber gewährt eine Zusammenstellung in dem grossen Werke: »Die Venus-
durchgänge 1874 und 1882. Bericht über die deutschen Beobachtungen. Im
Auftrage der Commission für die Beobachtung des Venusdurchganges, heraus-
gegeben von Auwers, Vorsitzender der Commissiom, 5. Bd., pag. 172. Danach
ist der Mittelwerth für die Expeditions-Heliometer, sowie für die älteren Instrumente
in Königsberg und Bonn nnd das neue Göttinger Heliometer etwa 0 95 des
berechneten Werthes. Die Ursache dieser Abweichung ist noch nicht aufgeklärt,
aber wenn man sich bemüht, dem Ocular möglichst genau die dem Auge und
der Temperatur entsprechende Stellung zu geben, so wird eine kleine in dem
Coefficietiten für einen Beobachter steckende Unsicherheit nahezu verschwinden.
Nimmt man ein Heliometer in Gebrauch, so wird man jedoch in erster Linie
bemüht sein müssen, seine Normal-Ocularstellung und die Veränderlichkeit mit der
Temperatur zu bestimmen, und so lange man diese noch nicht kennt, womöglich
an jedem Abende auf Doppelsterne zu focussiren.
Im Früheren ist schon kurz von der optischen Verbesserung die Rede ge-
wesen, die die Distanzmessungen au den Heliometern mit ebener Objectivführung
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Hclicmettr.
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betrifft. Zur genauen Verfolgung dieser Frage dient die BESSFx'sche Original-
abhandlung in den Astronom. Untersuchungen, Bd. I, pag. 104, oder nach Engel-
mann's Ausgabe Bd. 2, pag. 148, ferner in seiner Anwendung auf das Bonner
Heliometer durch Winnecke ist auf die »Ast.onom. Mittheilungen von der Kgl.
Sternwarte zu Göttingent. 4.' Thl., pag. 198, enthaltend die Abhandlung von
Schur Uber die Triangulation der Praesepe, hinzuweisen, und in B^zug auf die
Expeditions-Heliometer auf A. Auwers > Venusdurchgänge 1874 und 1882c 5. Bd.,
pag. 204. An dieser Stelle soll eine kurze Erläuterung dieser Angelegenheit ge-
geben werden.
Stehen eine Objectivhälfte und das bei den älteren Heliometern seitlich
verschiebbare Ocular in der Axe des Fernrohres und richtet man das Letztere
auf einen Stern, so werden die davon herkommenden Lichtstrahlen in axialer
Richtung durch die beiden Linsen hindurchgehen, wenn der Stern in der Mitte
des Gesichtsfeldes erscheint. Bringt man dagegen das von der anderen Objectiv-
hälfte entworfene Bild eines zweiten Sternes dahin, dass es mit dem Bilde des
ersten Sternes zusammenfällt, so gehen die von ihm kommenden Lichtstrahlen
in einer schiefen Richtung durch das übjectiv entsprechend dem Winkel zwischen
den beiden Sternen.
Bessel hat nun auf Grund seiner Kenntniss der Krümmungsradien und der
Brechungsverhältnisse der beiden Linsen berechnet, dass bei einer Neigung des
Strahlencylinders zur Fernrohraxe von 24' das von einem Punkte ausgehende
Licht sich über einen Raum von J"-7 und bei einer Neigung von 48' sich über
5''*1 ausbreitet. In Folge dieser Eischcinung ist an die an der Messvorrichtung
abgelesene Distanz zweier Sterne eine Verbesserung anzubringen, die im Ver-
hältniss des Cubus der Distanz wächst und wobei eine Constante <x zu ermitteln
ist, welche man dadurch erhält, dass man eine Reihe von Abstandsmessungen
zwischen zwei weit entfernten Sternen ausführt und dabei dem Ocular mit Hilfe
der an den älteren Heliometern angebrachten Bewegungsvorrichtung senkrecht zur
optischen Axe eine Verschiebung in der Richtung der Verbindungslinie der beiden
Sterne ertheilt. Diese Messungen werden dann unter sich Unterschiede zeigen,
welche von dem schiefen Durchgange der Lichtstrahlen durch die Objectivhälften
henühren, und dazu benutzt werden, um durch Rechnung die an die Distanz-
messungen anzubringende Verbesserung zu ermitteln. Bei dem Königsberger
Heliometer, bei dem die Melsungen in der Weise angestellt werden, dass eine
Objectivhälfte immer in der Axe des Rohres stehen bleibt und die andere Hälfte
sich bald auf der rinen, bald auf der anderen Seite der Axe befindet, ist
der grösste Werth der optischen Verbesserung nahe 1" und bei dem Bonner
Heliometer etwas weniger. Bei den auf den deutschen Venusexpeditionen
angewandten kleineren FRAUNHOFER'schen Heliometern, bei denen nach der neuen
Einrichtung das Ocular beständig in der Mitte stehen bleibt und die beiden
Objectivhälften sich gleichzeitig nach entgegengesetzten Seiten bewegen, wo also
die Bewegung jeder von ihnen auf die Hälfte reducirt wird, ist bei einer Distanz-
messung von 3500" die optische Verbesserung nach den Untersuchungen von
Auwers auf höchstens 0"-l zu veranschlagen.
Die Frage, wie bei den älteren Heliometern auch ohne Untersuchung über
die Gestalt der Sternbilder auf diesen Umstand Rücksicht zu nehmen ist, hat
Ambronn an dem kleinen, auf den Auckland-Inseln und in Punta Arenas benutzten
Heliometer der Göttinger Sternwarte dadurch behandelt, dass er eine Reihe von
13 Sternpaaren zwischen 377" und 3100" Abstand, deren Oerter nach Meridian
kreis-Beobachtungen bekannt sind, gemessen hat. Der daraus folgende Ausdruck
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Heliometer.
für die Berechnung einer Distanz von r Scalentheilen hat die Form A = 17"9I129 r
— 0"-0OO0OOO53 /-». (»Mittheilungen von der Kgl. Sternwarte zu Göttingen.
3. Thl. Triangulation der Plejadengruppe.t) Nach diesem Ausdruck ist an die
mit einem constanten Scalenwerth berechnete Messung des Sonnendurchmessers
noch eine Verbesserung von ü" 06 und an die an der äusserten Grenze der Mess-
barkeit liegenden Abstände von einem Grade etwa 0"*4 anzubringen. Wenn
aber, wie es jetzt durchweg geschieht, die Verwandlung der Distanzmessungen
in Bogenmaass auf Messungen anderweitig bekannter Sternabstände beruht, Jso
fällt eine etwaige Unsicherheit in der Bestimmung des Coöfficienten zum grössten
Theil wieder weg.
Nach eingehender Besprechung der Abstandmessungen ist jetzt noch eines
Umstandes zu erwähnen, der die Messung der Positionswinkel betrifft. Dabei
wird nämlich vorausgesetzt, dass der Positionskreis richtig am Instrument ange-
bracht ist, so dass sich für zwei in einem Stundenkreise liegende Sterne die
Ablesung 0 oder 180 Grad ergeben würde; andernfalls sind die Messungen noch
um den Indexfehler des Positionskreises zu verbessern. Zur Ermittelung dieser
Ccrrection brachte Bessel bald nördlich, bald südlich vom Heliometer im Spalt
der Drehkuppel in der Höhe des in die Meridianebene und nahe horizontal
gestellten Fernrohres ein Collimatorfernrohr an, dessen Objectiv gegen das des
Heliometers gerichtet war und in dessen Brennpunkt sich ein Fadenkreuz befand.
Bringt man nämlich die beiden Objectivhälften auseinander, so wird man vom
Fadenkreuz des Collimators zwei getrennte Bilder erhalten, und stellt man den
Spalt des Heliometerobjectivs vertical, so kann man es nach einer Reihe von
feinen Drehungen mit dem Positionswinkel und der Rectascensionsschraube
dahin bringen, dass bei dem Auf- und Abbewegen des Heliometerfernrohres sein
Fadenkreuz bald mit dem einen, bald mit dem anderen Bilde des Fadenkreuzes
des Collimators zusammenfällt, und bei dieser Stellung des Spalts müsste die
Ablesung am Positionskreise entweder 0 oder 180 Grad sein und die Ab-
weichung davon ist der Indexfehler des Positionskreises. In gleicher Weise kann
man den Indexfehler auch bestimmen, wenn man den Spalt horizontal stellt
und das Heliometer im Stundenwinkel hin- und hersch.vingt, nur ist in letzterem
Falle noch auf die Aufstellungsfehler des Heliometers als Aequatoreal Rück
sieht zu nehmen, die bei der vorausgehenden Methode nicht in Betracht
kommen. Im Jahre 1833 machten C. A. F. Peters und Selander, die sich
damals in Königsberg aufhielten, die Bemerkung, dass sich für den Indexfehler
verschiedene Werthe ergaben, je nachdem sich bei der Einstellung des Fernrohres
auf den Collimator die Deklinationsaxe, an deren Ende das Fernrohr befestigt ist,
zur Linken oder zur Rechten befand, oder wenn der Collimator im Süden war,
die Axe dem Fernrohr bei der täglichen Bewegung folgte oder voranging. Der
Grund dieser Erscheinung liegt darin, dass das am Ende der Axe befestigte Fernrohr
durch die Wirkung der Schwere eine kleine Torsion erleidet, in Folge derer bei
horizontal oder vertical gestelltem Objectivspalt die Ablesung des Positionskreises
in der einen Lage etwas zu gross und in der anderen Lage ebenso viel zu klein
ausfällt. Es ergiebt sich dann, wenn diese Drehungsconstante ermittelt ist, der
Einfluss bei der Richtung des Fernrohres auf einen bestimmten Punkt des
Himmels durch Multiplikation des horizontalen Maximalwertes mit einem vom
Stundenwinkel und der Deklination abhängenden Coefficienten.
Nachdem die Besprechung der Einrichtung des Königsberger Heliometers
und der im Wesentlichen von Bessel aufgestellten Beobachtungsmethoden der
Hauptsache nach erledigt ist, sind jetzt noch einige Worte den anderen Helio-
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Heliometer.
'5
metern aus älterer Zeit zu widmen. Ein Heliometer, welches dem Königsberger
in seinen wesentlichsten Theilen gleicht und mit dem von Winnecke und Krüger
eine Reihe von wichtigen Untersuchungen ausgeführt sind, ist das im Jahre 1840
von Merz in München hergestellte Heliometer der Bonner Sternwarte,
woran Winnecke Ende der fünfziger Jahre eine Vermessung der Präsepe ausführte,
die mit einer ähnlichen Untersuchung von Schur am Göttinger Heliometer im
Jahre 1895 nachträglich herausgegeben ist. Nahezu gleichzeitig mit dem Bonner
Heliometer wurde ein anderes für die Sternwarte in Pulkowa gebaut Eine
Beschreibung davon nebst Zeichnung findet sich in W. Struve, »Description de
l'observatoire astronomique central de Poulkovac, St. Petersburg 1845. Das Objectiv
hat 7-4 Pariser Zoll Oeffnung und 123 Zoll Brennweite und übertrifft daher die
Heliometer in Königsberg und Bonn, welche G Zoll Oeffnung und 95 Zoll, also
nicht ganz 8 Fuss Brennweite haben. Bei der Beschreibung dieses wohl haupt-
sächlich der starken Winterkälte wegen wenig benutzten Instrumentes stellte
W. Struve einige Forderungen auf, die bei den neueren Instrumenten von
Repsold zur Ausführung gekommen sind, nämlich die unveränderliche Stellung
des Oculars in der Axe des Rohres, die Bewegung der beiden Objectivhälften
symmetrisch nach entgegengesetzten Richtungen, Herstellung des Rohres aus
Metall anstatt Holz, feste Verbindung des Objectivträgers mit dem Rohre, so dass
sich nicht wie bisher der Objectivkopf allein gegen das feste Rohr dreht, sondern
das ganze Fernrohr mit allem Zubehör, wodurch sich auch eine bequemere
Ablesung des Positionskreises ermöglichen lässt, der sich dann nicht mehr am
Objectivende des Fernrohres zu befinden braucht, sondern dem Ocularende näher
gebracht werden kann, und ausserdem wünschte Struve noch ein Metallthermo-
meter im Innern des Rohres, welches vom Ocularende abgelesen werden kann.
Ein Heliometer, bei dessen Herstellung schon mehrere der von B Essel und
Struve aufgestellten Forderungen berücksichtigt worden sind, befindet sich auf
dem Radcliffe Observatory in Oxford und eine Beschreibung und
Zeichnung dieses von A. Repsold in Hamburg hergestellten Instrumentes ist
in >Astronomical observations made at the Radcliffe Observatory, Oxford, in
the year 1850«, Vol. XI, Oxford 1852. Das Objectiv von Merz & Söhne in
München hat 75 inches = 7*2 Pariser Zoll Oeffnung und 10^ engl. = lO'O Pariser
Fuss Brennweite und die Objectivhälften bewegen sich auf Kreisflächen, deren
Mittelpunkte mit dem Brennpunkte des Objectivs zusammenfallen. Jede Objectiv-
hälfte hat eine Bewegung von 1| Grad nach jeder Seite, so dass sie um 2^ Grad
von einander entfernt werden können. Die Bewegung der Objectivhälften kann
auf zweierlei Weise gemessen werden, nämlich entweder durch die Umdrehungen
der Mikrometerschrauben, wie am Königsberger Heliometer oder an Scalen an
der inneren Seite der Objectivschieber, die durch glühend gemachte Platin-
drähte beleuchtet und durch ein bis zum Ocularende gehendes Mikroskop ab-
gelesen werden. Bei den Messungen wurde die letztere Einrichtung benutzt und
der Winkelwerth eines Scalentheiles dadurch bestimmt, dass man das Heliometer
mit vertical gestelltem Spalt auf einen Collimator richtete und den Deklinations-
kreis ablas, dann eine Objectivhälftc bis zu 260 Theilen der Scala verschob,
das Fadenkreuz des Heliometers auf das des Collimators einstellte und wieder
den Deklinationskreis ablas. Auf diese Weise erhielt man einen Theil der auf
Theilungstehler untersuchten Scala zu 29"-4. An den auf diese Weise gefundenen
Scalenwerth wurde später noch eine kleine Verbesserung angebracht, die sich
aus der Vergleichung der Heliometerbeobachtungen zwischen Plejadensternen und
Sternen in der Nachbarschaft von 1830 Groombridge mit Meridianbeobachtungen
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Heliometer.
und Beobachtungen am Königsberger Heliometer ergab. Der Indexfehler des
Positionskreises wurde durch Messungen von Sternpaaren bestimmt, deren gegen-
seitige Lage aus Beobachtungen am Königsberger Heliometer bekannt waren;
dabei ergab sich die Drehungs-Constante zu 17 Minuten, also viel grösser als in
Königsberg, wo sie nur etwa 2 Minuten betrug. Die Einstellungsweise der
Sterne am Oxforder Heliometer war bei Johnson verschieden von derjenigen, der
sich Bessel und alle übrigen Heliometerbeobachter bedient haben; es wurden
dort nämlich die Bilder der Sterne in symmetrischen Stellungen nebeneinander-
gebracht und die Scalen und der Positionskreis abgelesen, und wenn die Sterne
ungleich hell waren, so blendete Johnson den helleren nicht durch ein Gitter,
sondern in der Wei^e ab, dass nur ein kreisförmiger Ausschnitt der Objectivhälfte
zur Geltung kam. Bei den Messungen blieb eine Objectivhälfte unveränderlich
stehen und die andere wurde bald nach der einen und bald nach der anderen
Seite bewegt. Johnson beobachtete vorzugsweise Sternparallaxen und Doppelsterne
und Planetendurchmesser, und nach seinem Tode war Main 1861 bis 1879 mit
Messungen von Doppelsternen beschäftigt, aber unter Stone wurde das Helio-
meter nur bis 1881 als solches benutzt
In Deutschland begann sich zu Anfang der siebziger Jahre wieder eine neue
Epoche der Beschäftigung mit dem Heliometer anzubahnen, indem die für die
Beobachtung der Venusdurchgänge von 1874 und 1882 eingesetzte Reichs-
commission den Beschluss fasste, dazu Heliometer zu verwenden, und zu diesem
Zwecke wurden die schon erwähnten FRAUNHOFER'schen Heliometer der Stern-
warten in Berlin, Breslau, Gotha und Göttingen durch A. Repsold & Söhne in
Hamburg mit verschiedenen neuen Einrichtungen versehen. Die älteren Holz-
rohre wurden durch eiserne ersetzt, die Stellung der Objectivschieber wurden
nicht mehr an den Schraubentrommeln, sondern an zwei silbernen Scalen mit Hilfe
eines Mikroskops vom Objectivende abgelesen, und die Objectivschieber wurden
so eingerichtet, dass sie sich gleichzeitig in entgegengesetzten Richtungen be-
wegten. Die Oculare, wenn auch die ältere Einrichtung zur seitlichen Ver-
schiebung zum Zwecke von Beobachtungen für die optische Verbesserung noch
beibehalten war, wurden für die Beobachtungen selbst stets in die Axe des Fern-
rohres gebracht, am Ocularrohr wurden ferner Scalen angebracht, und die kurzen
für die Aufstellung auf einen Tisch eingerichteten Säulen mit Dreifuss wurden
durch lange eiserne Säulen und starkem Dreifuss zur Aufstellung in Fussboden-
höhe ersetzt. Auch mit diesen Instrumenten wurden vor den Expeditionen in
Strassburg Beobachtungen zur Bestimmung der Brennweite nach der Bessel' sehen
Methode angestellt, aber zur Reduction der Distanzmessungen wurden ausschliess-
lich die Resultate der Messungen von Sternen im Bogen grössten Kreises benutzt,
deren Oerter durch Meridianbeobachtungen auf einer grossen Zahl von Stern-
warten festgelegt waren. Die Resultate aller Beobachtungen an diesen Instru-
menten von einer grossen Anzahl von Astronomen, sowohl auf den Venusdurch-
gangs-Stationen selbst als auch zur Vorbereitung auf diese Erscheinungen und
zur nachträglichen Untersuchung, sind in dem schon erwähnten fünf bändigen
Werke enthalten, welches Auwers im Namen der Reichscommission verfasst hat,
und welches als eine der bedeutendsten literarischen Erscheinungen auf dem
Gebiete der Astronomie zu betrachten ist. Die in diesem Werke niedergelegten
Vorschriften und Methoden haben auch vielfach zur Richtschnur bei der An-
wendung der neueren grösseren Heliometer gedient.
Während also die deutschen Expeditionen sich älterer Instrumente bedienten,
wurden für andere Nationen durch Repsold's Reiseinstrumente dieser Art von
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Tafel I.
Valentiner, Handwörterbuch der Astronomie.
Band II, pag. 17.
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Heliometer,
17
neuerer Einrichtung hergestellt, darunter zwei Heliometer auf Bestellung der
russischen Regierung, von denen jetzt eins in Dorpat und eins in Kasan auf-
gestellt ist, von deren Leistungen für die Expeditionen aber bis jetzt noch nichts
bekannt geworden ist, abgesehen davon, dass später Backlund und nach ihm
Hartwig das Heliometer in Dorpat fleissig benutzt haben.
Ein von Oudemans zur Beobachtung des Venusdurchganges 1874 benutztes
Instrument dieser Art befindet sich auf der Sternwarte in Leiden, und ein Helio-
meter von 107 mm Oeffnung und 163 m Focallänge ist im Jahre 1873 für Lord
Lindsay hergestellt worden, welches von Gill auf Mauritius zur Beobachtung des
Venusdurchganges, zur Bestimmung der Sonnenparallaxe aus Beobachtungen der
Juno und später zu demselben Zwecke zu Beobachtungen des Planeten Mars auf
der Insel Ascension benutzt worden ist, und schliesslich durch Gill und Eijcin
in der Capstadt zur Bestimmung von Fixsternparallaxen Verwendung gefunden
hat. Eine Beschreibung dieses früher dem Lord Lindsay gehörenden Heliometers
findet man in »Dun Echt Observationsc, Vol. 2.
Der nächste Schritt war dann die Lieferung eines Heliometers neuester Con-
struetion durch Repsolds an die Sternwarte der Yale University in Newhaven in
Nordamerika, welches von Elkin in den »Transactionsc dieser Sternwarte Bd. 1
beschrieben und zunächst auf eine Triangulation der Plejaden angewandt worden
ist. Das Objectiv hat 151 mm Oeffnung und 2*5 m Brennweite. Noch etwas
grössere Instrumente dieser Art sind Ende der achtziger Jahre für die Sternwarten
in Leipzig, Capstadt, Göttingen, Bamberg und neuerdings für die von KuFFNER'sche
Sternwarte in Wien von Repsolds hergestellt worden. Da von dem Göttinger
Heliometer eine grössere Untersuchung vorliegt (»Astronomische Mittheilungen
von der Kgl. Sternwarte zu Göttingenc, vierter Theil), so soll als Beispiel für die
Art und Weise, wie Instrumente dieser Art jetzt benutzt werden, und welche
Resultate sie liefern, eine nähere Beschreibung dieses Instrumentes im Vergleich
zu den älteren Einrichtungen hier gegeben werden.
Das neue REPSOLD'sche Heliometer der Göttinger Sternwarte hat ein
Objectiv von 6 Pariser Zoll oder 162 mm Oeffnung und 2'6 m Brennweite von
Reinfelder & Hertel in München. Eine Abbildung des ganzen Instrumentes und
einzelner Theile (S. die hier beigefügten Copien), sowie eine ausführliche Beschrei-
bung und Darstellung aller Untersuchungen findet sich an soeben genannter Stelle,
wo sich zugleich eine Abhandlung über die Oerter der Präsepesterne von Schur
befindet. Die Bewegung der Objectivschlitten geht wie bei allen neuen Heliometern
auf einer Cylinderfläche mit der Brennweite als Radius vor sich, und die auf der
Rückseite der Schieber befindlichen Scalen werden durch ein neben dem Ocular
endigendes Fernrohr abgelesen. Jede der beiden Objectivscalen ist in 200 Thle. ge-
theilt, und um Verwechselungen zu vermeiden, geht auf Scala I die Bezeichnung von
0 bis 200 und auf Scala II von 200 bis 400; die Ablesung der Stellung der Scalen
geschieht in Göttingen derart, dass zuerst durch Verschiebung des ganzen Ablese-
mikrometers mit Hilfe einer Schraube ohne Trommel ein Fadenpaar auf einen
Theilstrich der Scala I und darauf mit Hilfe einer mit Trommel versehenen
Mikrometerschraube ein anderes Fadenpaar auf einen benachbarten Strich der
Scala H gebracht wird. Die Stellung der Trommel kann wohl abgelesen werden,
aber dies geschieht nicht, sondern es sind die Unterabtheilungen und die Be-
zifferung der einzelnen Hundertel erhaben aufgetragen, und daneben befindet
sich eine bewegliche Bezifferung der ganzen Umdrehungen, und mit Hilfe einer
Druckvorrichtung werden die ganzen und die hundertel Umdrehungen in einen
vorüber gezogenen Papierstreifen abgedrückt, und nachträglich, z. B. am folgen-
Vaiät»«, AMroBom*. iL 2
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18
Heliometer.
den Tage, werden dann nach dem Augenmaass noch die tausendtel Umdrehungen
abgelesen. Da bei einer Distanzmessung vier einzelne Einstellungen gemacht
werden, nämlich je zwei vor und nach dem Durchschrauben der Objectivhälften,
so wird bei der vierten Einstellung der Abdruck noch zweimal wiederholt, um
mit Leichtigkeit die Einstellungen filr die folgende Distanzmessung unterscheiden
zu können. Die Bestimmung der periodischen Fehler einer Mikrometerschraube
nach den BESsEL'schen Vorschriften ist bekanntlich insofern etwas umständlich,
als man bei jedem Eingriff in den Mechanismus des Mikrometers auf eine Aen-
derung gefasst sein muss; es ist deshalb dem Mikrometer die bekannte Einrichtung
gegeben, dass zwei Fadenpaare zur Ablesung der Scala II verwandt werden,
deren gegenseitiger Abstand ein ungrades Vielfache einer halben Schrauben-
umdrehung beträgt, so dass bei abwechselnder Benutzung der beiden Paare die
Hauptglieder des Ausdruckes für die periodischen Fehler sofort eliminirt werden.
Die Ablesung des Positionskreises, der bei den neuen Heliometern nicht mehr
am Objectivende, sondern mitten auf dem Fernrohr, nahezu in der Verlängerung
der Deklinationsaxe angebracht ist, geschieht mit Hilfe zweier um 180° abstehen-
der Mikroskope, die an einem das bewegliche Fernrohr umschliessenden und an
der Deklinationsaxe befestigten eisernen Cylinder angebracht sind, und deren
Trommeln den Raum von 10 Minuten in 60 Theile theilen, so dass man 10 Se-
cunden direkt ablesen und einzelne Secunden schätzen kann.
Zur Ablesung des Positionskreises wird nur eine Hälfte des Gesichtsfeldes
der beiden Mikroskope verwandt, und in der anderen Hälfte erblickt man durch
ein die Hälfte des Rohres einnehmendes Prisma hindurch ein Bild des Dekli-
nationskreises, der ebenso wie der Positionskreis eingerichtet ist, und um Ver-
wechselungen zu vermeiden, sind beide Kreise durch verschiedenartige Dia-
phragmen im Brennpunkt des Ablesefernrohres bezeichnet. Zur Drehung des
ganzen Rohres in Positionswinkel dienen drei verschiedene Triebe, mit welchen
man den Uebergnng von sehr schneller Bewegung bis zur feinsten Mikrometer-
bewegung machen kann. Um Sterne von verschiedener Helligkeit neben einander
einstellen zu können, ist vor dem Objectiv senkrecht zur Axe ein in sieben Sec-
toren eingetheiltes Blendrad angebracht und drei dieser Sectoren sind mit Draht-
gittern von verschiedener Dichte ausgefüllt, so dass man nach Bedürfniss eine der
Objectivhälften damit bedecken und einen Stern um T4, 2*2 oder 2 5 Grössen-
klassen abblenden kann, und mit Hilfe von zwei dichten Zusatzgittern kann man
einen Stern erster Grösse als von achter Grösse erscheinen lassen, ohne den
Eindruck des Bildes zu stören, und wenn bei sehr hellen Objecten, z. B. dem
Planeten Jupiter, Beugungserscheinungen auftreten, so befinden sie sich in solcher
Entfernung, dass bei der Messung keine Störung entsteht.
Die Temperatur des Heliometers wird durch zwei Thermometer bestimmt,
von denen sich eines im Objectivkasten und das andere am Ocularende in einer
Kapsel befindet, so dass die Erwärmung durch die Nähe des Beobachters stark
abgeschwächt wird. Ein Metallthermometer neben dem Objectivende sollte im
Ablesefernrohr für die Objectivscalen sichtbar sein, aber durch die Erschütterungen
auf der Reise von Hamburg nach Göttingen war diese Einrichtung in Unordnung
gerathen und es gelang auch nicht, es ohne Störung für die Objectivscalen sicht-
bar zu machen, als die Messungen am Instrument schon im vollen Gange waren.
Es ist deshalb auf den Gebrauch verzichtet worden, da man durch die beiden
Quecksilberthermometer die Temperatur des Instrumentes genügend kennen lernt.
Bei den Messungen mit einem Heliometer wird vorausgesetzt, dass bei zu-
sammengeschraubtem Objectiv die beiden Bilder eines Sternes sich völlig decken,
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Heliometer. 19
dass also keine seitliche Verschiebung der Objectivbälften senkrecht zum Spalt
vorhanden ist, weil man sonst keine engen Doppelsterne messen kann und auch
bei grösseren Abständen nur eine Projection davon zu Stande kommt. Um die
Mittelpunkte möglichst nahe zusammenzubringen, lässt sich eine der Objectiv-
hälften durch Correctionsschrauben parallel mit der Spaltrichtung verschieben,
aber auch nach erfolgter Correction kann sich im Laufe der Zeit wieder ein
kleiner Abstand einstellen und dieser kann sogar sofort auftreten, wenn man in
Positionswinkel bewegt. Bei Messungen von Doppelsternen geben die Ablesungen
des Positionskreises vor und nach dem Durchschrauben immer ein Mittel, die
Abstandsmessungen für diesen Fehler zu verbessern, misst man dagegen Durch-
messer von Planetenscheiben, und sucht die Abweichung der Objectivbälften
durch Messungen an einem vielleicht weiter abstehenden Doppelstern mit wesent-
lich anderem Positionswinkel zu bestimmen, so sind die daraus erhaltenen Resul-
tate auf die Messung der Planetenscheibe nicht anwendbar. Bedient man sich
dagegen eines doppeltbrechenden Ocularprismas , welches einen einfachen Stern
in einen Doppelstern verwandelt, und am Heliometer vier Bilder von einem
Stern hervorbringt, so kann man die Abweichung der beiden Objectivmittelpunkte
mit Hilfe eines am Ocularende angebrachten Positionskreises ermitteln, und in
Göttingen wird dazu der kleine, eigentlich für die Oculareinstellung bestimmte
Kreis benutzt
Zur Untersuchung der Theilungsfehler der Objectivscalen dient ein Mikroskop
in der Nähe der Scalen und parallel dazu, und ein an seinem Objectivende an-
gebrachtes reflektirendes Prisma lenkt das Bild der Scalen um 90° ab, so dass
sie im Ocular des Mikroskops sichtbar werden. Mit Hilfe eines groben Trieb-
werkes lässt sich dem Mikroskop eine Bewegung in einer Längsrichtung geben,
so dass es über die verschiedenen Theilstriche geführt werden kann.
Die Beleuchtung der Scalen, Kreise und Mikrometertrommeln geschieht
durch acht Glühlampen, die ihr Licht von vier Accumulatoren erhalten.
Sowohl für die Bestimmung des Indexfehlers des Positionskreises, als auch
zur Prüfung der Abhängigkeit der Brennweite des Heliometers von der Tempe-
ratur und zur Herstellung von künstlichen Doppelsternen und Planetenscheiben,
befindet sich in einem Aufbau des neben dem Heliometerthurme stehenden
Treppenhauses ein horizontales Collimatorfernrohr von 1*3 m Focallänge. Diese
Einrichtung ist in den ersten Jahren benutzt, aber aus nachfolgenden Gründen
später aufgegeben worden:
1) Der Indexfehler des Positionskreises wird mit Hilfe eines Collimators nur
in einer Lage des Fernrohres, nämlich ausschliesslich im Horizont bestimmt; da
nun die Ableitung des Scalenwerthes für die Objectivscalen schon auf Stembeob-
achtungen beruht, die an Meridiankreisen gemacht sind, so ist es consequenter,
dasselbe auch in Bezug auf die Positionswinkel zu thun. 2) Die Prüfung der
Abhängigkeit der Brennweite des Objectivs von der Temperatur geschieht viel
genauer durch Einstellungen auf einen Doppelstern und nach den Erfahrungen
in Göttingen am Tage durch Einstellung auf das Bild des stets sichtbaren Polar-
sternes, als durch einen Collimator, der wohl meistens eine kürzere Brennweite
als das Heliometer haben wird und dessen Focallänge, wenn auch bei geschützter
Aufstellung in geringerem Maasse, von der Temperatur abhängig ist. 3) Unter-
suchungen über den Einfluss des Positionswinkels auf Messungen von Doppel-
sternen und Planetendurchmesscr lassen sich viel einfacher mit Anwendung des
Ocularprisma ausführen, und Untersuchungen über die absoluten Fehler von
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20
Heliometer.
Durchmesserbestimmungen erhält man mit einem solchen Collimator auch nur in
ungenügender Weise.
Die vorhin schon erwähnte Untersuchung der Theilungsfehler der Objectiv-
scalen hat in folgender Weise stattgefunden. Die Beweglichkeit des Unter-
suchungsmikroskops geht nicht so weit, dass man die ganzen Längen beider
Scalen unmittelbar mit einander vergleichen kann, auch ist nicht die ganze Länge
von 200 Theilen auf jeder Scala zu untersuchen, sondern nur eine Länge von
180 Theilen kommt bei den grössten Ausweichungen der Objectivhälften zur
Geltung, und ferner bildeten, so lange noch die Ablesung des Metallthermometers
in Frage kam, nicht die Striche 100 und 300 die sichtbaren Mitten der beiden
Scalen bei zusammengeschraubten Hälften, sondern 104 und 304, weshalb sich
die Untersuchung auf den Raum 14 bis 194 auf Scala I und 214 bis 394 auf
Scala II zu erstrecken hat Es wurden nun zunächst die beiden Hälften einer
Scala mit Hilfe einer Hälfte der anderen Scala miteinander verglichen, wodurch
die Fehler des Striches 104 gegen die Mitte von 14 und 194, und 304 gegen die
Mitte von 214 und 394 bekannt wurde. Nachdem auf diese Weise beide Scalen
halbirt waren, wurden in verschiedener Weise Räume von 30 Theilen einer Scala
mit den aufeinanderfolgenden Räumen der anderen Scala verglichen, wodurch
die Theilungsfehler der Striche 44, 74, 104 ... . 134, 164 auf Scala I und 244,
274 . . . 334, 364 auf Scala II bekannt wurden, indem man die Fehler der vier
Endstriche 14, 194, 214, 394 als Null annehmen konnte. Durch eine zweite
Dreitheilung, nämlich durch Abtragen des Raumes zwischen 10 Theilstrichen,
wurden dann die Fehler von 24, 34, 54, 64 u. s. w. bekannt, dann durch eine
Reihe von Fünftheilungen die Fehler aller mit graden Zahlen bezeichneten
Striche, und schliesslich durch Halbirung dieser Räume ergaben sich die
Theilungsfehler auch für alle einzelnen Striche. Diese Untersuchung wurde in
den Sommermonaten von 1889 und 1890 von Schur und Ambronn ausgeführt,
und jeder von ihnen hat darauf an 90 Tagen je eine Stunde verwandt, im
Ganzen hat also die Untersuchung von der Berechnung abgesehen, 180 Stunden
in Anspruch genommen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen , hat die Rechnung
gezeigt, dass durch Vernachlässigung der Theilungsfehler eine Distanzmessung
um 0" 3 unrichtig werden kann, während die Unsicherheit der Messung des Ab-
standes zweier um 4000 Secunden von einander entfernter Sterne etwa 0"17
beträgt und durch Wiederholung natürlich erheblich geringer wird.
Am Positionskreise sind Untersuchungen über Theilungsfehler nicht angestellt,
da nur zwei nicht verschiebbare Mikroskope vorhanden sind. Da aber dieser
Kreis von Repsold auf derselben Theilmaschine getheilt ist, wie der Kreis am
Meridianintrument der Strassburger Sternwarte, bei dem nach den Untersuchungen
von Schur der Fehler eines Durchmessers nur ausnahmsweise eine Secunde be-
trägt, so werden wohl auch bei dem Göttinger Heliometer nur ausnahmsweise
Fehler entstehen können, die bei Messungen zwischen um 2° voneinander ent-
fernten Sternen den Betrag von 0" 03 im Bogen grössten Kreises erreichen; auch
zeigt es sich bei den Messungen, dass die zufälligen Beobachtungsfehler den
möglichen Betrag der Theilungsfehler bei Weitem überragen.
Die Abhängigkeit der Ocularstellung von der Temperatur des Instrumentes
ist durch häufiges Einstellen auf Doppelsterne bei Nacht und auf den Polarstern
vor Beginn von Sonnenbeobachtungen bestimmt worden. Aus Gründen, welche
hier nicht näher auseinandergesetzt werden können, wird die Temperatur des
Instrumentes aus den berichtigten Angaben des Objectivthermometers O und des
Ocularthermometers 0 durch den Ausdruck / = O + \ (o — O) berechnet, und
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Heliometer.
21
für die jetzigen beiden Beobachter haben die Ablesungen der in Millimeter
getheilten Ocularscala bei verschiedenen Temperaturen ergeben:
Schur N= 21-18 -H 0 019 t° Celsius
Ambronn 21-40 -h 0 025,
also nicht nur für den Eispunkt zwei um £ mm verschiedene Zahlen, entsprechend
der ungleichen deutlichen Sehweite, sondern auch etwas verschiedene Werthe
der Temperatur-Coefficienten aus Untersuchungen zwischen -+- 23 und — 12°
Celsius.
Von der Reduction der Distanzmessungen auf die normale Stellung des
Auges ist schon früher die Rede gewesen; dieselbe beträgt für Schur 0-96 und
für Ambronn 0*90 des aus der Rechnung folgenden Werthes. Zur Bestimmung
der Abhängigkeit der Distanzmessungen von der Temperatur des Instrumentes
sind vorzugsweise die Abstände zwischen zwei unweit des Pols gelegenen Sternen
im Winter und Sommer gemessen worden. Der Ort des Mittelpunktes zwischen
den beiden Sternen, der Positionswinkel und die Länge der Verbindungslinie
sind für 1900
o = 12* 1" 8 = + 86° 18' p = 82° 54' und s = 6780",
der Abstand ist also nur um einige Minuten kleiner als die grösste am Helio-
meter messbare Distanz von 2°.
Aus zahlreichen Messungen zwischen -h 27 und — 17° C. hat sich ergeben,
dass eine Distanz von 100 Scalentheilen oder 4000 Secunden bei einer Tempe-
raturänderung von einem Grad Celsius verschieden gemessen wird,
von Schur um 0 00079 Skalentheile oder 0"-032
„ Ambronn „ 0-00091 „ ,, 0"036.
Auch hier zeigt sich wieder eine durch die Einzelwerthe viel zu sehr be-
gründete Verschiedenheit, um mit einem Mittelwerthe rechnen zu dürfen.
Vereinigt man die Einwirkung der Ocularstellung und der Temperatur auf
die Grösse der Distanzmessungen mit ihrem richtigen Zeichen, so zeigt sich, dass
sie sich , wenn auch einzeln nicht unbedeutend, in der Gesammtwirkung nahezu
compensiren. Bei der augenblicklichen Kenntnis der Zahlenwerthe stellt sich
heraus, dass bei den grössten am Heliometer messbaren Distanzen und Tempe-
raturextremen von 40° C. nur folgende Aenderungen hervorgebracht werden, bei
Schur — 0"-25, bei Ambronn — 0"14, so dass die vollständig reducirten
Messungen eigentlich von der Temperatur so gut wie unabhängig sind, umsomehr
als auch die Bestimmung der Scalenwerthe auf Messungen bei verschiedenen
Temperaturen beruhen.
Zur Bestimmung des Scalenwerthes sind in Göttingen keine Experimente wie
früher in Königsberg vorgenommen worden, deren durchaus nothwendige Wieder-
holung bei verschiedenen Temperaturen die sehr störende Abnahme des schweren
Fernrohres erfordert haben würde, sondern wie schon bemerkt, beruht der
Scalenwerth wie bei den Heliometern der Venusexpeditionen auf Beobachtungen
einer Reihe aufeinanderfolgender Sterne, deren Oerter durch zahlreiche Meridian-
beobachtungen auf Veranlassung von Auwers festgelegt sind. Diese Beobach-
tungen haben folgende Resultate für den Scalenwerth bei 0° C. ergeben.
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Schur Ambkohn
Cygnuskreis 40"01601 40"01915
Hydrakreis 01506 01610
Polbogen 01486 01599
Gill's Standard stars für Victoria . . 01750 01710
und die einfachen Mittelwerthe sind . 40"01586 40" 01710.
Der zwischen beiden Beobachtern auch hier bestehende Unterschied hat aut
die grössten am Heliometer messbaren Abstände von 2° einen Einfluss von nur
0"-2l. Da sich schon bei den anderen Constantenbestimmungen zwischen beiden
Beobachtern Unterschiede von offenbar individueller Natur gezeigt haben , so
rechnet auch jeder mit dem von ihm bestimmten, durch spätere Beobachtunger.
noch weiter zu bestätigenden Scalenwerth, und nur die Tabelle für die Theilungs-
fehler der Objectivscalen ist bis jetzt gemeinschaftlich benutzt worden.
Wie für die Distanzen, so sind auch für die Positionswinkel Untersuchungen
über die innere Uebereinstimmung angestellt und werden die Ergebnisse für
letztere auf den grössten Kreis reducirt, so hat man zur Vergleichung für einen
Bogen von 4000 Secunden
den wahrscheinlichen Fehler einer Distanzmessung ±l 0"'176
„ „ „ eines Positionswinkels ± 0"'359.
Die Fehler verhalten sich nahe wie 1 zu 2 und das Gewicht einer Distanz-
messung ist daher viermal so gross als das einer Positionswinkel-Messung. Wenn
man also eine grössere Zahl von Sternen miteinander durch Messungen verbinden
will, so ist es für die Bestimmung der gegenseitigen Lage am zweckmässigsten,
ein Dreiecksnetz über die Gruppe zu legen und darin die Seitenlinien zu messen
und ausserdem die Orientirung der Gruppe durch Messung einiger möglichst
langen Linien am Positionskreise auszuführen.
Nachdem nun hei den neuen Heliometern, gegenüber der früheren geradlinigen
Bewegung, den Objectivhälften eine Kreisbewegung mit der Brennweite als
Radius gegeben ist, hätte man erwarten sollen, dass die an diesen Instrumenten
erhaltenen Distanzmessungen zwischen zwei Sternen vollständig einwandsfrei
seien, dass also der Abstand zwischen zwei Sternen einfach durch Multiplikation
der an den Scalen bestimmten Objectivbewegungen und eines constanten Scalen-
werthes erhalten werde, und zwar ist man zu dieser Annahme deshalb berechtigt,
weil Focussirungen auf enge Doppelsterne bei zusammengeschraubten sowohl
wie bei möglichst weit von einander getrennten Objectivhälften in der Ocular-
stellung keinerlei Unterschiede zeigten, die Bewegung der Schieber also als voll-
kommen kreisförmig zu betrachten ist.
Nichts desto weniger zeigte sich bei der Ausgleichung der am Göttinger
Heliometer angestellten Distanzmessungen in der Praesepe (siehe »Astronom.
Mitthlg., vierter Theil«), dass die aus den Messungen einer grossen Zahl von
kleinen Dreiecksseiten hervorgehenden Entfernungen zwischen vier an den
Grenzen der Gruppe liegenden Sternen weder mit den Meridianbeobachtungen
noch mit den darauf angestellten Heliometermessungen zwischen denselben Uber-
einstimmten. Nahezu gleichzeitig machte auch Gill (Astr. Nachr., Bd. 130,
pag. 163 und 188) darauf aufmerksam, dass sich bei Gelegenheit der Bestimmung
der Sonnenparallaxe aus Beobachtungen des Planeten Victoria im Jahre 1889 bei
der Vergleichung der an den Heliometern in Capstadt, Newhaven und Göttingen
erhaltenen Distanzmessungen im Vergleich mit den Resultaten von Beobachtungen
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Heliometer.
*3
an zahlreichen Meridiankreisen Unterschiede herausgestellt haben, über die er
folgende Uebersicht giebt:
Mittlerer
Capstadt
NeuhaTen
Göttingen
Abstand
Gill
FlNLAY
Jacob y
Chase
SCHUJt
Ambronn
* Ann t §
1000
tt
+ 0*03
+ 0-07
ii
+ 0-18
tt
+ 0-14
+ 0 V 20
+ 0-14
2000
+ 0-01
000
+ 013
+ 008
+ 0-03
+ 0-02
3000
+ 0-01
— 0-01
+ 013
+ 0-08
+ 009
— 011
4000
H- 0 01
000
000
— 001
— 0O8
— Oll
5000
— 0O6
— 005
- 015
— 010
— 001
— 015
6000
— 004
— 013
— 0-21
— 018
— 012
-0-22
7000
000
-012
-0-12
-0-08
-007
-021
Auf noch grössere Correctionen dieser Art ist Elkin bei der Triangulation
zwischen Polsternen gekommen, wo sie bei 634 Secunden Abstand ein Maximum
von + 0"-50 erreichen.
Gill glaubte diese Eigentümlichkeiten, die besonders die Distanzen von etwa
1000 Secunden betreffen, dadurch erklären zu können, dass man sich bei den
neueren Heliometern bei der Beurtheilung des Durcheinanderschwingens der
Sternbilder nach einem im Gesichtsfelde des Fernrohres befindlichen Quadrat
aus Metallfäden richte; da aber diese Art der Messung am Göttinger Heliometer
gänzlich ungebräuchlich ist, indem man sich dort des Quadrats nur vorüber-
gehend bedient, um bei sehr genauen Positionswinkelmessungen die Mitte des
Gesichtsfeldes zu bezeichnen und es dann wieder bei Seite schiebt, bei den
Distanzmessungen aber in der Weise verfahren wird, dass mit Hilfe des Prismas
am Ocular das Durchschwingen der Sternbilder nach dem Augenmaass in genau
verticaler Richtung vor sich geht, so ist die Gux'sche Erklärungsweise auf die
Göttinger Beobachtungen nicht anwendbar. (Siehe Schur, Astr. Nachr., Bd. 131,
pag. 381). In Göttingen ist deshalb eine grössere Reihe von Versuchen an-
gestellt, die auch in Zukunft noch weiter fortgesetzt werden, zwischen einer Reihe
von Sternen in der Praesepe und in der Vulpecula, die nahezu in einer geraden
Linie erscheinen und deren Abstände durch Rechnung mit den aus Meridian-
beobachtungen folgenden Oertern auf den die beiden äussersten Sterne ver-
bindenden grössten Kreis reducirt werden können, alle möglichen Abstände zu
messen, um auf empirischem Wege die Gestalt einer Curve zu bestimmen, welche
die an die Distanzmessungen anzubringenden Verbesserungen ergiebt. (Siehe
Astr. Nachr., Bd. 134, pag. 65 und Astr. Mitthlg. Göttingen. Vierter Theil,
pag. 153.) Danach wachsen diese Correctionen für Distanzen von 0 bis 1500 Se-
cunden schnell bis zu einem Maximum von + 0" - 27 an und verschwinden dann
wieder für grössere Distanzen. Es wird dort ferner gezeigt, dass diese Correctionen
viel zu gross sind, um durch Constructionsfehler des Heliometers erklärt zu
werden. Diese Correctionen sind also in ihrem Verhalten einigermaassen be-
kannt, aber die Ursache liegt noch nicht klar vor Augen, jedoch ist zu hoffen,
dass die Fortsetzung der darauf gerichteten Untersuchungen Uber diesen höchst
wichtigen Umstand noch die nöthigen Aufklärungen geben wird, so dass man
den Betrag nicht nur auf empirischem Wege ermitteln kann, sondern der Grund,
sei es in der Constructionsweise des Instrumentes, sei es durch Einwirkungen
physiologischer Natur, klar vor Augen liegt.
Bei der Behandlung der Präsepebeobachtungen ist auf Grund des empirisch
bestimmten Verlaufs der Correctionen eine Uebereinstimmung mit den Heliometer-
messungen des erwähnten grossen Vierecks erzielt worden, die durch fortgesetzte
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24
Heliometer.
Untersuchungen über diesen Gegenstand vermuthlich nicht erheblich abgeändert
werden wird.
Es ertibrigt nun noch, in Kürze darzustellen, wie die Messungen von Positions-
winkeln am Heliometer von den Instrumentalfehlern zu befreien sind und zu
diesem Zwecke soll der Gang angedeutet werden, wie nach den Vorschriften
von Bessel zu verfahren ist. Ausser Bessel's Schriften sind übrigens für die
Theorie des Heliometers noch zu erwähnen:
P. A. Hansen, Ausführliche Methode mit dem Fraunhofer sehen Heliometer
Beobachtungen anzustellen u. s. w. Gotha 1827.
H. Seeliger, Theorie des Heliometers. Leipzig 1877.
H. Battermann. Untersuchungen über die Gestalt der Bilder u. s. w. Astr.
Nachr. Bd. 120.
Es seien
/ und 8 berechnete Werthe des Stundenwinkels und der Deklination eines
Sternes mit Einschluss der Refraction,
T und D die an den Kreisen abgelesenen Werthe von Stundenwinkel und
Deklination,
x und y die Abweichung des Pols des Instrumentes (der Richtung ('er Stunden-
de) vom Himmelspole und zwar x in der Richtung des Meridians gezählt,
7 Indexfehler des Stundenkreises,
C Collimationsfchler des Fernrohres bezogen auf das Ende derDeklinationsaxe,
* die Neigung der Deklinationsaxe gegen die Stundenaxe bezogen auf
das Ende der Deklinationsaxe,
ß die horizontale Biegung des Fernrohres,
a die Biegung der Deklinationsaxe,
k Indexlehler des Positionskreises,
(jt Drehungs-Constante bei demselben,
9 die geographische Breite des Beobachtungsortes,
dann hat man aus den Beobachtungen von Sternen verschiedener Deklination
zur Bestimmung von x und y die Gleichungen
8 — D + xeos t -i-ysint — ß sin (9 — 8) = 0
/ _ \5 T— 15f -+- (x sin t — y cos /) tang 8 = 0
und wenn 7/ und T v die auf das Mittel der Uhrzeiten bezogenen Ablesungen des
Stundenkreises bei Axe folgend und Axe vorangehend sind und man die Ausdrücke
hT = £(7> — T v ) bildet, so erhält man Gleichungen für C, i i und et von der Form
15 bTcosd = C— /, sin 8 — a cos 9 cos t cos 8.
Die beste Bestimmung von C, /, und a ergiebt sich aus Durchgangsbeob-
achtungen im Meridian und in zt 6* Stundenwinkel, und nachdem /, gefunden
ist, folgt die Neigung der Axen / = *, — et sin 9.
Zur Reduction der Positionswinkel-Messungen ist dann zu rechnen
X = (x sin t — y cos f) sec 8 H- ß cos 9 tang 8 sin t
J = i x sec 8 — C tang 6 -f- |x (sin ycosö — cos <p sin 8 cos t),
oder wenn man setzt
sin tsech = X
— cos t sec 8 = Y
cos <p tang 8 sin t = B
sin fcosi — cos y sin icost = M,
so hat man
x= X X+yY+ $B
J — <, sec 8 — Ctang 8 -h y.M.
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Heliometer.
*5
Der Positionswinkel p zwischen zwei Sternen gezählt am Mittelpunkt zwischen
denselben ergiebt sich aus der Ablesung P des Positionskreises nach den
Ausdrücken
Axe folgend p — P-\-k-\-\->t- /
„ vorangehend = P -h k + \ — J.
Um eine Abweichung des Fadenkreuzes von der optischen Axe des Fern«
rohres zu eliminiren, werden die Beobachtungen an derselben Seite der Säule
nacheinander immer in zwei verschiedenen Lagen angestellt, zwischen denen
das Fernrohr um seine Axe um 180 Grad gedreht ist, und um alle in obigen
Ausdrücken enthaltenen Instrumental-Constanten zu bestimmen sind sowohl
Beobachtungen im Meridian an Sternen in der Nähe des Pols und nach Süden
hin als auch zu beiden Seiten des Meridians in 6 Uhr Stundenwinkel anzustellen.
Auf die Bestimmung des Index-Fehlers des Positionskreises mit Anwendung
des Colli mators ist, wie schon bemerkt, im Laufe der Zeit verzichtet worden
und es sind später Beobachtungen weit entfernter Sterne, deren Oerter aus
Meridianbeobachtungen bekannt sind, an die Stelle getreten. Um sich ein Ur-
theil über die dabei erreichbare Genauigkeit zu bilden, soll hier eine Uebersicht
Uber die Resultate gegeben werden.
a) Collimatorbeobachtungen.
1889 Juni
13
Index-Fehler
-t- 0'-27
Drehungs-ConsUni
Aug.
16
-r- 0-92
- 0' 25
Sept.
3°
-t- 0-60
— 018
1890 Febr.
12
-+- 013
— 0 14
Nov.
12
■+■ 0 17
■+• 0 09
1891 Apr.
16, 22
-0-22
- 0 32
Oct.
23
-+- 0-37
-0-60
1892 Apr.
14, 16
-t- 0 f>4
- 0 -58
Mittel
■+- 0 36
— 0 -28
b) Sternbeobachtungen.
Abstand
1892 Hydrakreis Sternpaar cf h- 0 30 -t- 0*192 118'*3
ad -»-0-89 -t- 0-179 111*3
1889, 90 Stand, stars. Vi ctoria -t- 112 — 53 8
Mittel mit Gewichten + 069 4- 0- 18
und die abgerundete Annahme ist
* = + 0'-6 u. = -+- 0'*18.
Die Besprechung des Heliometers kann nicht abgeschlossen werden, ohne
noch einer ganz besonderen Form zu erwähnen, welche von belgischen Astronomen
bei der Beobachtung des Venusdurchganges im Jahre 1882 benutzt worden ist,
und wovon man eine Beschreibung in den >Annales de l'observatoire royal de
Bruxelles, Tome V 1884« mit Abbildungen findet. Man hat nämlich auf Veran-
lassung von Houzeau eine achromatische Linse von 4 34 m Brennweite und
0-22 m Oeffnung, wie bei den Heliometerobjectiven in zwei halbe Objective zer-
legt und jede der beiden Hälften an den Enden zweier verschiedener Fernröhre
angebracht und an jedem Fernrohr die Hälfte eines anderen, viel kürzeren
Objectivs so eingeführt, dass die Brennpunkte der ungleichen Linsen mit ein-
ander zusammenfielen und zwar wählte man die Brennweite des kleinen Objectivs
so, dass sie sich zu der Brennweite des grossen Objectivs nahe so verhielt, wie
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Heliometer.
der Durchmesser der Venus zum Durchmesser der Sonne, so dass, wenn man
die Sonne durch das kleine und die Venus durch das grosse Objectiv durch ein
gemeinschaftliches Ocular beobachtete, bei geeigneter Einstellung des Abstandes
der beiden optischen Axen in Positionswinkel und Distanz das Bild der Sonne
dasjenige der Venus mit einem schmalen Ringe umgab. Auf die allmähliche
Veränderung der Lage der Mittelpunkte der beiden Himmelskörper wurde da-
durch Rücksicht genommen, dass das kleine Objectiv mit Hilfe einer Mikrometer-
schraube verschoben und das ganze Fernrohr im Positionswinkel gedreht werden
konnte. Die centrische Einstellung des Venusbildes auf das wie bemerkt etwas
grössere Sonnenbild wurde nicht direkt durch das Ocular, sondern durch Pro-
jection auf einen davor angebrachten Schirm beobachtet und da bei einem
solchen Instrument die Objective natürlich nicht durchgeschraubt werden, so
waren noch besondere, hier nicht näher zu erörternde Untersuchungen nothwendig,
um aus den jedesmaligen Ablesungen der Mikrometerschraube den Abstand der
Mittelpunkte von Sonne und Venus zu bestimmen. Diese beiden gleichgestalteten
Heliometer wurden bei dem Venusdurchgang 1882 in Amerika unter — 33£ und
-t- 29| Grad Breite benutzt.
Zum Schluss dürften wohl noch einige Betrachtungen darüber anzustellen
sein, welche Stellung das Heliometer in Zukunft gegenüber der sich immer
weiter ausbildenden Anwendung der Photographie auf die Astronomie ein-
nehmen wird.
Unter den astronomischen Instrumenten nimmt in Bezug auf die Genauig-
keit das Heliometer entschieden die erste Stelle ein; während man aber den
gewöhnlichen Refractoren, wie der Erfolg lehrt, immer grössere Dimensionen
geben und dadurch immer schwächere Sterne beobachten und auch photo-
graphiren kann, sofern bei genügend langer Exposition die an sich schwache
Lichtwirkung sich immer mehr steigert, was bei Beobachtungen mit dem Auge
natürlich nicht stattfindet, so ist diese Aussicht dem Heliometer mit seiner
complicirten mechanischen Construction wohl nicht beschieden und selbst bei
den grössten erreichbaren Dimensionen fällt immer der Nachtheil ins Gewicht,
dass man bei dem Gebrauche des Heliometers zuerst damit beginnt, die beiden
Hälften auseinander zu schrauben und dadurch die Lichtstärke des Apparates
sofort auf die Hälfte zu reduciren.
Nachdem man bei den Venusdurchgängen in diesem Jahrhundert neben den
Heliometern auch photographische Apparate angewandt hatte, zeigte es sich bei
der Bearbeitung, dass die aus den Heliometerbeobachtungen der deutschen Ex-
peditionen erhaltenen Resultate, wenn auch die Erwartungen wohl etwas weiter
gegangen waren, doch vollkommen auf der Höhe der Zeit standen und dass die
photographischen Aufnahmen der Nordamerikaner Dank der ausserordentlichen
sorgsamen Vorkehrungen damit nahezu gleichwerthig waren, dass dagegen die
photographischen Aufnahmen auf den deutschen Expeditionen schon viel zu
wünschen übrig Hessen, weshalb sie bei dem zweiten Venusdurchgang im
Jahre 1882 nicht wiederholt wurden, während anderweitige Versuche, soweit
darüber etwas in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, als vollständig verunglückt
anzusehen sind.
Im folgenden Jahrzehnt hat die Anwendung der Photographie auf die
Astronomie freilich sehr bedeutende Fortschritte gemacht und bei der Schnellig-
keit, mit der man heutigen Tages einen Sternhaufen photographisch auf-
nehmen kann, dessen Bestandteile an Helligkeit weit jenseits der mit dem
Heliometer zu erreichenden Grenzen liegen, hat die photographische Methode
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Heliotrop.
*7
auch mit Rücksicht auf den Zeitaufwand gegenüber den mühsamen heliometrischen
Vermessungen einen sehr grossen Vorsprung gewonnen, natürlich unter der
Voraussetzung, dass die Genauigkeit der aus photographischen Aufnahmen ab-
geleiteten Sternpositionen an die der heliometrischen Vermessungen heranreicht.
In letzterer Hinsicht würde man schon viel früher sich eine Vorstellung haben
verscharTen können, wenn nicht die RuTHERFURD'schen photographischen Auf-
nahmen von Sternhaufen aus den sechziger Jahren so lange Zeit so gut wie
vollständig unbeachtet und unbearbeitet liegen geblieben wären. Nach dem,
was darüber aber aus den letzten Jahren von der Sternwarte in New-York be-
kannt geworden ist, in deren Besitz, diese älteren Photographien Ubergegangen
sind und wo sie von Harold Jacoby vermessen werden, hat man schon vor
zwanzig Jahren eine recht befriedigende Genauigkeit erreicht. In noch höherem
Maasse wird dies wohl bei den neueren Aufnahmen der Fall sein, wie man sie
in Potsdam, Paris und an anderen Orten anstellt, und eine sehr günstige Gelegen-
heit zu Vergleichungen wird das Erscheinen der auf der Göttinger Sternwarte
in den letzten Jahren vorgenommenen Triangulation der Praesepe liefern. Es ist
zu vermuthen, dass auch dem Heliometer in Zukunft immer noch eine sehr be-
deutende Rolle vorbehalten bleibt, wenn es sich in Händen von Astronomen
befindet, die der mühsamen und schwierigen Behandlung eines Pracisions-
instiumentes gewachsen sind, aber in Bezug auf die Schnelligkeit der Auf-
nahmen und der raumdurchdringenden Kraft wird es hinter den photographischen
Refractoren zurückbleiben. Man wird sich in Zukunft wohl nicht mehr
darauf einlassen, am Heliometer Oerter von Sternen bestimmen, die nahe an
der Grenze der Sichtbarkeit liegen, aber ohne Zweifel wird es auch in Zukunft
bei der Aufnahme von Sternhaufen durch die Photographie von unschätzbarem
Werthe sein, die Abstände der helleren und von einander entfernteren Sterne
eines photographisch aufgenommenen Sternhaufens durch heliometrische Beob-
achtungen festzulegen, um die Dimensionen der Gruppe durch ein sicher be-
stimmtes Winkelmaas ausdrücken zu können. Wenn die Heliometerbeobachter
durch den Vorsprung der Photographie entmuthigt, die Hände in den Schooss
legen und Alles der Photographie überlassen wollten, zu deren Ausführung am
Femrohre selbst vielleicht nicht einmal wissenschaftlich ausgebildete Astronomen
erforderlich sind, so könnte vielleicht eines Tages ein ganz unheilvoller Rück-
schlag erfolgen. Auch kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass man die
Bestimmung der Grösse des Sonnendurchmessers und dessen von einigen
Astronomen vermuthete, aber keineswegs erwiesene Veränderlichkeit mit der
Sonnenfleckenthätigkeit wohl noch auf lange Zeit und vielleicht mit Ausschliessung
der Photographie für immer dem Heliometer überlassen muss. Dieses Instrument
wird also, ausser seiner grossen Leistungsfähigkeit auf anderen Gebieten, eine
Rolle spielen und einen Namen verdienen, der ihm mit Rücksicht auf seine
erste Anwendung von seinem Erfinder zuertheilt worden ist. Schreiber dieser
Zeilen erfüllt es mit einer gewissen Befriedigung, dass die Göttinger Sternwarte
die Verfolgung solcher Untersuchungen zu einer ihrer Hauptaufgaben ge
macht hat Schur.
Heliotrop ist ein ursprünglich von Gauss angegebener kleiner Apparat,
welcher bei geodätischen Messungen dazu dient, einen anvisirten Punkt durch
reflektirtes Sonnenlicht als sternartiges Object erscheinen zu lassen. Es besteht
aus einem kleinen, um zwei Axen (horizontal und vertical) drehbaren Spiegel, der
in der Mitte eine kleine, kreisförmige Oefinung hat, und einer etwa £ Meter
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Horizontalpendel.
davon entfernten Röhre mit einem Fadenkreuz. Spiegel und Röhre sind auf einem
Brett befestigt, welches auf einem Pfeiler genau über dem anvisirten Fixpunkt
aufgestellt wird. Durch die OefTnung des Spiegels und das Fadenkreuz visirt
man nach der Beobachtungsstation, dreht hierauf am Spiegel so lange, bis das
Sonnenlicht das Fadenkreuz erhellt. Dann geht das Sonnenlicht nach dem
Stationspunkt hin und erscheint dort als sternartiger Punkt je nach der Entfernung
von grösserer oder geringerer Helligkeit. Um die Einstellung des Spiegels gut
kenntlich zu machen, ist die Röhre am vorderen Ende durch einen Deckel ver-
schliessbar, es erscheint dann bei richtiger Einstellung ein kreisrunder, von der
OefTnung im Spiegel herrührender dunkler Fleck in der Mitte des Fadenkreuzes.
Man hat natürlich den Spiegel dem Lauf der Sonne entsprechend nachzudrehen
um das Centrum des dunklen Flecks stets in Coincidenz mit der Mitte des
Fadenkreuzes zu erhalten. Mit einem kleinen Spiegel kann man in dieser Weise
sehr entfernte, sonst nicht mehr mit einem Theodolitfernrohre erkennbare Punkte
zur scharfen Einstellung sichtbar machen. Valentiner.
Horizontalpendel, ein Instrument von äusserster Empfindlichkeit, welches
ursprünglich bestimmt war, die Massen und Entfernungen von Sonne und Mond
durch die von letzteren geübten anziehenden Wirkungen zu ermitteln. Es beruht
auf der Idee, ein Pendel um eine nahezu verticale Axe schwingen zu lassen.
Schon Gruithuisen sprach in seinen >Analecten für Erd- und Himmelskunde,
München 1828c den Gedanken aus, dass es möglich sein müsse, die anziehenden
Wirkungen der genannten Körper direkt zu bestimmen. Er wollte dazu lange
und feine Bleilothe verwenden, die er tief im Erdinnern aufzustellen vorschlug.
Bei Vorversuchen, die er mit einem solchen Instrument machte, das er Elkysmo-
meter nannte, glaubte er deutlich die »Wirkungen der Schwere und Bewegung
der Erde und die der zunehmenden Nähe anderer grosser Weltkörper< zu er-
kennen. Wenngleich es keinem Zweifel unterliegt, dass Gruithuisen in seinen
Resultaten irregeleitet wurde und diese nur durch äussere zufällige Störungen
veranlasst sind, da die kleinen Grössen, um die es sich hier handelt, durch so
rohe Hilfsmittel, wie er sie beschreibt, nicht zu erkennen sind, so verdient sein
Name hier doch Erwähnung, weil ein Schüler von ihm, L. Hengler, in der
That bald nachher das später von Fr. Zöllner und E. v. Rebeur-Paschwitz
construirte Horizontaipendel im Princip angegeben hat.
L. Hengler, damals Student der Astronomie in München, später katholischer
Geistlicher in Württemberg und astronomisch nicht mehr thätig, schreibt in
Dingler's Polytechn.-Journal 1832, Bd. 32 folgendes:
(Da in seiner Abhandlung, die lange in Vergessenheit gekommen war,
und erst viele Jahre nachher, als Zöllner ganz unabhängig die Idee des
Horizontalpendels erfasst und das Instrument zur Ausführung gebracht hatte,
wieder bekannt wurde, das Princip deutlich ausgesprochen ist, mögen hier die
betretenden Stellen wiedergegeben werden.)
»Das so verschiedentlich angewandte und für so viele Zwecke wichtige
Pendel ist nach einer Richtung hin noch nicht gehörig benutzt, nämlich als In-
strument, diejenigen bewegenden Kräfte zu messen, welche nicht in paralleler
Richtung mit der Schwere wirken. Es ist nämlich bekannt, dass das Pendel,
wenn es von der Schwere allein afficirt wird, nur in verticaler Lage ruht, und
dass eine gewisse Kraft, die aber nicht parallel mit der Schwere wirken darf,
erfordert wird, dasselbe aus der senkrechten Lage zu bringen, welche Kraft dem
Sinus des Elevationswinkels proportional ist; daher liesse sich durch das Pendel
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Horiiontalpendel.
jede solche einwirkende Kraft genau bestimmen. Allein, da es viele Kräfte
giebt, die im Verhältniss zur Schwere so gering sind, dass wir den Sinus des
durch sie erzeugten Elevationswinkels bei einem Pendel von der Länge, die wir
ihm zu geben im Stande sind, unmöglich wahrnehmen können, so sind wir auch
nicht im Stande, solche Kräfte durch ein gewöhnliches Pendel zu messen. So
wissen wir wohl, dass z. B. jeder Körper auf der Oberfläche der Erde gegen
den Mond, gegen die Sonne u. s. w. zu einer Zeit stärker gravitiren müsse, als
zu einer anderen, je nachdem er auf der diesem Körper zu- oder abgewandten
Seite sich befindet, und das Pendel müsste diese Diflerenz seiner Natur nach
genau anzeigen; allein hierzu wäre schon ein Pendel von mehreren tausend Fuss
I,änge nöthig, um nur eine Spur von dieser Differenz wahrnehmen zu können.
Ebenso verhält es sich mit vielen anderen Kräften, welche alle ganz genau durch
das Pendel bestimmt werden könnten, wenn wir im Stande wären, ihm jede be-
liebige Länge zu geben. Diese Schwierigkeit nun glaube ich durch eine Vor-
richtung überwunden zu haben, sodass man im Stande ist, ein Pendel, oder
eigentlich eine Pendelwage zu verfertigen, die an Empfindlichkeit einem gewöhn-
lichen Pendel von jeder, selbst von unendlicher Länge gleichkommt, und man
daher ein Instrument hat, jede auch noch so geringe Kraft, welche nicht in
paralleler Richtung mit der Schwere wirkt, zu messen. Diese Pendelwage beruht
auf dem Princip, dass man ein Pendel in einer gegen den Horizont geneigten
Ebene schwingen lässt, anstatt in einer senkrechten, wie es bei gewöhnlichen
Pendeln der Fall ist, und hier gilt folgender Lehrsatz: Bei einem in schiefer
Ebene schwingenden Pendel verhält sich die Elevationskraft zur Schwere, wie
das Product aus dem Sinus des in dieser Ebene beschriebenen Elevationswinkels
in den Sinus des Neigungswinkels der schiefen Ebene zu dem Produkte aus der
Länge des Pendels in die Länge der schiefen Ebene. Oder wenn y die genannte
Kraft, G die Schwere, a
der Sinus des Elevations" ^
winkels, L die Länge der
schiefen Ebene, / die
Länge des Pendels, und
a der Sinus des Neigungs-
winkels ist, so ist
7 : G = a a : IL
oder
T = TL G -
Nach Beweis dieses
Satzes beschreibt Heng-
lf.r sein Instrument wie
folgt:
»Um einen Körper in einer gegen den Horizont geneigten Ebene schwingen
zu lassen, wobei die Reibung fast gänzlich aufgehoben ist, mache man folgende
Einrichtung:
Es seien A und 2? senkrecht über einander stehende feste Punkte; DH und
AF zwei Fäden, welche in A und H befestigt sind und den Hebelarm J>r.
dessen Schwerpunkt nach P fallt, in horizontaler Lage halten; so wird d>c«c:
Hebelarm nur in einer mit der Linie MN (welche durch // und B gezeerr.
parallelen Lage ruhen, und jedes Mal wieder dahin zurückkehren, wenn er h
irgend eine Kraft aus dieser Lage gebracht worden ist, oder eigentlich w»ch Art
KB
(A. '.'45.)
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3« Horiiontalpendd.
eines Pendels hin- und herschwingen, und zwar in einer schiefen Ebene, deren
Neigungswinkel = < HAB ist. Man mag daher ein Gewicht oder eigentlich
den Schwerpunkt des Hebelarmes auf jeden beliebigen Punkt desselben über-
tragen, so beschreibt er Schwingungen in einer unter dem Neigungswinkel
HA B gelegten Ebene , wobei die Länge des Pendels dem Abstand von
dem Punkte Z (wenn dieser der Punkt ist, wo die Linie HA den Hebelarm
schneidet) proportional ist. Denn man wähle sich den Punkt F, ziehe Fa senk-
recht auf AH und drehe den Hebelarm um die Linie AH als Axe (denn diese
ganze Linie ist unbeweglich, weil die Punkte A und H unbeweglich sind), so
beschreibt die Linie Fu eine Kreisfläche und F einen Kreis in einer Ebene,
welche gegen den Horizont unter dem Winkel uFz = HAB geneigt ist, was
sogleich einleuchtet, wenn man sich das Dreieck AFu als festen Körper denkt,
welcher alsdann einen Kegel beschreibt, dessen Axe Au ist und dessen Grund-
fläche uF zum Radius hat. Aus dem nämlichen Grunde beschreiben die Punkte
x x F Kreise in einer schielen Ebene, deren Neigungswinkel vxz = wPz = uFz
= HAB sind und deren Radien dem Abstände von z proportional sind, d. h.
für den Punkt P ist Pw, für x ist xv der Radius.
Will man nun obige Gleichung hier anwenden, so ist HB der Sinus des
Neigungswinkels der schiefen Ebene = a,AH die Länge derselben = L, wP die
I änge des Pendels = /, daher
_a • HB
' ~~ AH-wP
oder da man, wenn der Winkel HAB = wPz sehr klein ist (wie hier gewöhn-
lich) ohne merklichen Fehler AB statt AH und Pz statt Pw setzen kann, so
ist auch
a-HB
T = ~ABTPz G t
Es müssen nun, worauf Hengler besonders aufmerksam macht, die Punkte
A und D unbeweglich fest sein; es dürfen die Fäden AF und DH keine
drehende Kraft haben, auch keine bekommen durch barometrische, hygrometrische,
thermometrische Veränderungen ; sie dürfen daher nicht aus geflochtenen Stoffen
oder dergl. sein; es müssen auch alle fremden Kräfte, Luftzug, Magnetismus
u. s. w. abgehalten werden, endlich muss eine Vorrichtung vorhanden sein, den
Hebelarm in Ruhe zu bringen.
Mit einem solchen Instrumente stellte Hengler verschiedene Versuche an,
die ihm die ungemeine Empfindlichkeit desselben zu zeigen, aber jedenfalls auch
in ihren Resultaten durch Zufälligkeiten weit mehr zu liefern schienen, als that-
sächlich der Fall gewesen sein kann, da der Apparat erst in ungleich verfeiner-
ter Ausführung die Bedeutung erlangen konnte, die er gegenwärtig that-
sächlich hat.
Ebenso wie die Hengler'scIic Abhandlung übrigens keine Beachtung fand,
erging es auch einer Mittheilung Perrots in den »Comptes Rendus Bd. 54t (1862)
über einen nach gleichen Principien construirten Apparat. Selbst die ver-
schiedenen Abhandlungen Zöuner's haben längere Ztit zu keinen neuen Ver-
suchen in der Richtung, für welche das Horizontalpendel eigentlich bestimmt
war, angeregt, und doch waren die Ergebnisse der ersten Beobachtungen Zöll-
ner's der Art, dass eine verbesserte Construction des Apparats wichtige Folge-
rungen hätte erwarten lassen. Andererseits hatte aber schon Zöllner darauf
hingewiesen, dass, wenn das Pendel nicht zu den von ihm erwarteten Resultaten
bezüglich der Constatirung der Anziehungswirkungen von Sonne und Mond
Digitized by dooQlc
Horiiontalpendel.
3«
führen sollte, es jedenfalls ein sehr empfindliches Seismometer abgeben müsse.
' Und nach dieser Richtung hin fand es zahlreiche Anwendungen, die zu all-
mählichen Verbesserungen in der Construction des Horizontalpendels und zu seiner
letzten Vollkommenheit geführt haben. Zöllner beschreibt seinen ursprünglichen
Apparat in folgender Weise:
An einer eisernen Säule mit Dreifuss, dessen Füsse möglichst lang sind, um
durch feine Bewegungen der Fussschrauben möglichst kleine Aenderungen in der
Lage der Aufhängepunkte zur Richtung der Schwerkraft nach Belieben her-
stellen zu können, befinden sich oben und unten Klemmringe mit Ansatzstücken
zur Befestigung zweier Uhrfedern (an Stelle derselben hatte Zöllner ursprünglich
feine Drähte genommen, die sich aber bald als unbrauchbar erwiesen) die mittelst
eines 3 kg schweren Bleigewichtes mit einem vorn befindlichen Spiegel in
Spannung gehalten wurden. Das Gewicht stellte mit einer Glasstange, die durch
Ringe gelegt wurde, welche ihrerseits mit dem einen Ende der Uhrfedern ver-
bunden waren, das eigentliche Pendel dar. Auf der gegenüberliegenden Seite
der Säule war ein Gegengewicht angebracht. Eine Fussschraube, welche mög-
lichst in der durch die beiden Aufhängepunkte gelegten Verticalebene stehen
muss, gestattet ganz nach Bedürfniss die Empfindlichkeit des Instrumentes zu
verändern, indem durch die relative Lage der Aufhängepunkte die Schwingungs-
dauer des Horizontalpendels bedingt ist. Eine Schwingungsdauer von 30 Se-
cunden (halbe Periode) war leicht zu erreichen. Bevor das Pendel in die Ringe
gelegt wurde, welche in kleine, auf der Axe angebrachte Einschnitte eingreifen,
wurde es unter dem direkten Einfluss der Schwere vermittelst einer im Dreh-
punkt provisorisch angebrachten Schneide in Schwingungen versetzt und ergab
als Schwingungsdauer sehr nahe 0" 250. Der Spiegel am Pendelgewicht diente
zur Ablesung der Ablenkung an einer Scala. Die Beobachtungen, welche
Zöllner mit diesem Instrument im Jahre 1870, anfangs in einem KeUerraume
der Leipziger Universität, dann im Garten der Leipziger Sternwarte unter Berück-
sichtigung aller denkbaren Einflüsse anstellte, führten beiläufig zu folgenden Re-
sultaten und Ergebnissen. Da der Abstand der Scala vom Spiegel 3186 mm
betrug, die Dauer einer Schwingung 14"444, ergab sich unter Berücksichtigung
der Schwingungsdauer bei verticaler Aufhängung von 0" 25, dass 1 mm Sealentheil
am Horizontalpendel einer Ablenkung von 0 0097063 Bogensccunde eines ge-
wöhnlichen Pendels entsprach. Da der 10. Theil eines Scalentheils leicht zu
schätzen war, so war eine Ablenkung von der Lothlinie von nur 0 001 Bogen-
secunde auch leicht zu constatiren.
Nun hat C. A. F. Peters in seiner Schrift »Von den kleinen Ablenkungen
der Lothlinie und des Niveaus, welche durch die Anziehungen der Sonne, des
Mondes und einiger terrestrischer Gegenstände hervorgebracht werden< (Bull, de
la classe physico-math. de l'Acad. Imp. d. sc. de St. Petersbourg, t. III, 14, * 8 44)
nachgewiesen, dass die mittlere Ablenkung, welche der Mond in günstiger Lage
hervorbringen kann, 0" 0174 beträgt, diejenige, welche unter gleichen Verhält-
nissen durch die Sonne hervorgerufen wird 0"-0O80. Wird nun das Horizontal-
pendel so aufgestellt, dass die Gleichgewichtslage mit der Ebene des Meridians
zusammenfällt, so werden jene Maximalablenkungen entgegengesetzte Zeichen
annehmen, je nachdem das Gestirn sich im Osten oder Westen befindet, man
würde darnach also die doppelten Wirkungen, nämlich 0"0348 bezw. 0" 0l6O
erhalten. Es müssten sich also in der That nach jenen Vorversuchen diese
Grössen erkennen lassen.
Zöllner selbst gelang dieser Nachweis nicht, er hat einestheW» Wem*
32
Horizontalpendel.
genügend ausgedehnten Beobachtungsreihen angestellt, anderentheils musste der
Apparat erst weiterer Vervollkommnung entgegengeführt werden, bevor man
wirklich so feine Resultate zu erzielen hoffen konnte. Nach ihm sind ver-
schiedene Verbesserungen vorgeschlagen, alle zu dem Zweck, das Horizontal-
pendel zur Constatirung der leichtesten Erschütterungen der Erdkruste zu ver-
wenden. Sie richteten sich auf den empfindlichsten Punkt
des Apparats, die Aufhängevorrichtung, sowie auf die Ein-
führung einer Dämpfung, welche das Pendel nach wenigen
Schwingungen zur Ruhe kommen Hess. Beobachtungen sind
aber mit den zuletzt genannten Vorrichtungen, die darin
beruhten, dass ein am Pendel befestigter Draht in ein mit
einer Flüssigkeit gefülltes Gefäss tauchte, nicht angestellt.
In ersterer Beziehung sind Ewing und Gray zu nennen, von
denen letzterer die Aufhängung nach der aus Fig. 246 ersicht-
lichen Weise durchführte. Hier ruht das Gewicht C in einer
Gabel der Stange b, die sich mit der Spitze auf ein Stahl-
lager am Stativ stützt, während der Faden a vertical über
diesem Stützpunkt befestigt ist.
E. v. Rebeur -Paschwitz nahm 1887 die Arbeiten zuerst an einem ganz
primitiven Apparat in höchst ungünstiger Aufstellung in Karlsruhe auf, wo er
(A.246.)
damals Assistent der Sternwarte war. Dann, als die Möglichkeit genauer Resultate
bei Construction eines verbesserten Apparats unzweifelhaft wurde, lieferte Repsold
mehrere Pendel, die, an verschiedenen Orten aufgestellt, in Potsdam, Wilhelms-
haven, Strassburg, Puerto Orotava (Teneriffa), zum Theil sehr überraschende
y Googl
Horiiontalpenriel.
33
Ergebnisse hatten. Endlich hat Stückrath in Berlin-Friedenau das Horizontal-
pendel auf v. Rebf.ur's Anregung noch weiter vervollkommnet und namentlich
zwei senkrecht zu einander aufgestellte Pendel an demselben Apparat vereinigt,
um mit dem gleichen Instrument die Ablenkungen und Schwankungen zu unter-
suchen, welche genau in die Ebene eines Pendels fallen und daher hier un-
vermerkt bleiben. Obwohl mit letzterem Instrument auch noch keine Beob-
achtungen angestellt werden konnten, da der Tod den jungen Gelehrten ereilte,
so mag doch jetzt hier die Beschreibung gerade dieses Instrumentes, welche der
genannte Mechaniker in der »Zeitschrift für Instrumentenkunde Bd. XVIt, pag. loff.
(Berlin 1896) veröffentlichte, wenigstens im Wesentlichen wiedergegeben werden,
da wohl kaum auf frühere Constructionen zurückgegriffen werden dürfte.
>Das Instrument ist im Ganzen in der Fig. 247 abgebildet. Die Haupttheile
sind ein leichter, als durchbrochenes, gleichschenkliges Dreieck aus Aluminium
( A. 248 )
gefertigter Körper, das Pendel ABC (Fig. 248) (wie es ähnlich vorher von
Repsold gemacht war) und die beiden am Gestell angebrachten feinen Spitzen 5
und S\ um welche die Drehung des Pendelkörpers stattfindet. Bedingungen
für die Empfindlichkeit und Brauchbarkeit des Instrumentes sind 1) möglichst
feine Spitzen aus möglichst widerstandsfähigem Material, 2) die Erzielung einer,
soweit irgend thunlich, reibungsfreien Bewegung des Pendels, 3) die Möglichkeit
der feinsten Justirbarkeit der Lage der Spitzen gegen einander bei stabiler
Lagerung derselben im Gestell. Als vierter Punkt kommt dann noch in practischer
Hinsicht hinzu, dass dafür Sorge getragen ist, das Aufhängen des Pendels auf die
Spitzen bewirken zu können, ohne Gefahr zu laufen, die feinen Spitzen durch
Gleiten der Pfannen auf denselben zu beschädigen. <
Bei der noch mangelnden Erfahrung über das für einen solchen Apparat
zweckmässigste Material zu den Spitzen nahm Stückrath Stahl und Achat, und
Valentin er, Astronomie. II. 3
34
Horizontnlpendcl.
es gelang ihm der Schlift mit beiden Sorten der Art, dass der Krümmungsradius
der äussersten Spitzenabrundung nicht mehr als 0 005 mm betrug. Um ein
möglichst freies Spiel des Pendels auf den Spitzen zu erreichen, verfuhr der
Verfertiger folgendermaassen: »Sei (Fig. 249) das Dreieck AB' C in A um eine
horizontale Axe drehbar aufgehängt. Sein Schwerpunkt O' liegt dann selbst-
verständlich senkrecht un-
ter A. Um dies Dreieck
in der gewünschten Lage
ABC zu erhalten, muss
ß bei C ein horizontal ge-
richteter Gegendruck an-
greifen. Auf das System
wirken nun folgende
Kräfte: in O die Schwer-
kraft in senkrechter Rich-
tung OU,'m C der Gegen-
druck horizontal , dessen
Richtung sich mit O U in
X schneidet. Soll im Sy-
stem Gleichgewicht herr-
schen, so muss die Druck-
(A. 2-10.) richtung in A durch X
gehen. Werden nun die Axe A und der Punkt C durch Planflächen ersetzt,
welche senkrecht zu AX bezw. CX stehen, und stützen sich diese Planflächen
auf Spitzen, deren Axen in AX und CX liegen, so kann das System, ohne
Neigung abzurutschen, auf diesen beiden Spitzen schweben, mit der denkbar
leichtesten Drehbarkeit um die Verbindungslinie der beiden Spitzen als Axe.
Analog einem Wagebalken kann das System im stabilen, indifferenten, und
labilen Gleichgewicht sein. Es ist stabil, solange die Projection O" des Schwer-
punktes O auf die Verbindungslinie der Spitzen auf der entgegengesetzten
Seite der Verticalen Af bleibt wie O, und labil, wenn O" auf dieselbe Seite
von AF fällt wie O. Die Empfindlichkeit des Instrumentes wird, ähnlich der
Wage, um so grösser, je näher O" an AF herankommt. Im Gleichgewicht,
also in Ruhe, kann das Pendel nur hängen, wenn die Ebene, welche durch die
Punkte A, O, C gegeben ist, zugleich die Richtung der Schwerlinie enthält.
Verschiebt man also den Punkt C in der Richtung senkrecht zur Ebene der
Zeichnung, so muss nothwendig eine Drehung um die Axe AC eintreten, bis
sich die neue Ebene ACO wieder in der Richtung der Schwerlinie befindet.
Da das Instrument ausserordentlich empfindlich ist, so kam alles darauf an, die
Justirbarkeit der Spitze C so fein und sicher als möglich zu machen. c
Es genügt nun bei der weiteren Beschreibung des Apparats, nur ein Pendel
zu berücksichtigen, da das zweite genau gleich construirt ist und in genau
derselben Weise wie das erste, nur in der dazu senkrechten Ebene zu
funetioniren hat.
»Eine starke runde gusseiserne Platte EE (Fig. 248), welche auf 3 kräftigen
Fussschrauben ss ruht, dient dem Instrument als Grundplatte und kann durch
die Fussschrauben soweit horizontal gestellt werden, als es mittels der in Fig. 247
sichtbaren Röhrenlibcllen möglich ist. Auf dieser Platte steht als Umhüllung
des Instrumentes ein kupferner Cylinder, der durch eine oben aufgelegte starke
Spiegelglasplatte geschlossen wird. Durch die Grundplatte geht für jedes Pendel
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HoritonUdpendc).
35
ein zahnartiger Conus H derart, dass seine Axe nahezu senkrecht unter der
oberen Spitze S liegt, welche das Pendel trägt. Jeder Conus trägt unten ein
Schneckenrad R, welches durch eine Schraube ohne Ende sehr langsam gedreht
werden kann. Auf der oberen Conusfläche ist das Lager für die untere Spitze S'
befestigt. Die Spitze S' geht als Mikrometerschraube durch ihr Lager und kann
ebenfalls durch Schraube ohne Ende und Schneckenrad r sehr fein vorwärts
bewegt werden. Da es sich für die Feir.stellung der Spitze höchstens um eine
Umdrehung der Mikrometerschraube handeln kann, so ist die Bewegung durch
Schneckenrad und Schraube ohne Ende sehr gut möglich, wenn das Rad nicht
dem Durchmesser der Schraube entsprechend am Rand ausgedreht ist, sondern
seine Zähne der Neigung der Schraube entsprechend schräg auf den Umfang
aufgeschnitten sind. Unter einem Mikroskop
wird nun die Spitze S' so eingestellt, dass
sie etwas, sagen wir 0*5 mm ausserhalb der
Axe des Conus // steht; sie wird also bei
der Drehung von H einen Kreis von 0 5 mm
Radius beschreiben. Nur durch diese Ein-
richtung ist es möglich, die Pendel, während
sie schwingen, in eine bestimmte Gleich-
gewichtslage zu bringen. Ueber den beiden
Conis // steht ein dreibeiniger Bock DDD,
dessen Grundriss und Stellung zu HH aus
Fig. 250 ersichtlich ist. Auf den beiden
winklig zu einander stehenden Oberflächen
dieses Bockes sind 2 Schlitten G durch
Schrauben verstellbar. Auf diesen Schlitten
sind die Lagerböcke L befestigt, welche ihrerseits die Lager / für die oberen
Spitzen S (Fig. 251) tragen. Analog den unteren Spitzen S' gehen die Spitzen 5
als Mikrometerschrauben durch die Lager / hindurch, durch Gegenmuttern ge-
sichert. Die Spitzen S werden unter dem Mikro-
skop so eingestellt, dass sie in die Axe der Zapfen Z
des Lagers J fallen. Es tritt dann durch Drehung
von / in den Lagerböcken L keine Verschiebung
der Spitzen S im Kaum ein.
In den Kopf A des Pendels ist ein Messing-
zapfen M drehbar eingepasst, und durch eine
Mutter mit demselben verschraubt. Dieser Zapfen
ist senkrecht zu seiner Axe durchbohrt und in
ihm die Schraube V durch Gegenmuttern be-
festigt. Die Schraube V trägt an ihrem einen
Ende einen eingckitte!en Achatstift a, der als
Pfanne, auf der das Pendel schwingen soll, gut
plangeschliffen ist. Der Kopf A ist soweit ausge-
fräst, dass man M mit V ca. 30° drehen kann,
um der Schraube V die richtige Lage Sx geben
von a soll möglichst genau in die Axe von
von M ist weiter ausgedreht als das Gewinde V, um Raum für die Arretirung
des Pendels zu bekommen. Im untern Kopf C des Pendels ist die A.chaty>fanne
ebenfalls in eine Schraube V* eingesetzt und die Schraube im Kopf C durch
Gegenmutter gesicherte
(A. 250.)
zu können.
M fallen.
Die plane Fläche
Die untere Hälfte
36
Horiiontalpendel.
Die Arretirung des Pendels geschieht mittels Schlüssel, die nach aussen
laufen und durch welche Stahlhülsen auf den cylindrisch gedrehten Theilen der
Spitzen 5 und S' verschoben werden. Zur Bestimmung der Schwingungsdauer
der Pendel in verticaler Lage dienen noch die kleinen Stahlspitzen hh '. Es ist
nun nicht schwer, den Apparat zum Gebrauch fertig zu machen. Mit dem beweg-
lichen Schlitten G wird die obere Spitze 5 möglichst genau senkrecht über die
untere S' gebracht; die Arretirungshülsen werden soweit vorgeschraubt, dass die
Spitzen in ihnen verschwinden, das Pendel auf erstere aufgesetzt, diese dann
zurückgeschraubt, womit das Pendel frei ist. Der Schlitten G wird dann soweit
verstellt, dass das Pendel schwingt, und die einer Schwingungsdauer von
25 — 30 Secunden entsprechende Empfindlichkeit erreicht ist. Die Feinstellung
geschieht dabei an der unteren Spitze S\ Um die Pendel ohne Berührung des
Instrumentes in kleine Schwingungen versetzen zu können, sind noch im Innern
2 kleine Luftkammern / angebracht, und kann man durch Gummischlauch und
Ball Luft gegen die Pendel blasen, welche die Pendel in Bewegung setzt.
Was nun noch von wesentlicher Bedeutung bei den REBEUR'schen Apparaten
ist, ist die Einführung der photogtaphischen Registrirung der Beobachtung, sodass
der Apparat sich selbst Uberlassen ohne Unterbrechung (abgesehen von der Er-
neuerung des photographischen Papiers u. dergl.) alle in Bettacht kommender
Erscheinungen aufzeichnet. Diese Registrirung wird durch ein etwa 3 m vor dem
Apparat aufgestelltes Benzinlämpchen, dessen Licht durch einen feinen Spalt au:
den Pendelapparat fällt, und geeignete Spiegelvorkehrungen bewirkt. Auf einer
durch ein Uhrwerk gleichmässig fortbewegten Trommel befindet sich das photo-
graphische Papier und auf diesem zeichnen sich dann die Pendelschwankungen
mit genügender Deutlichkeit auf.
Was nun die Anstellung der Beobachtungen anbetrifft, so handelt es sich
darum, die Schwingungsdauer des Pendels zu ermitteln, denn wenn man den
Neigungswinkel der Drehungsaxe des Pendels gegen die Lothlinie mit / be-
zeichnet, T 0 die Schwingungsdauer bei horizontaler Lage der Axe, so hat man
für die Schwingungsdauer T bei sehr kleinen Schwingungen
Man kann also durch Beobachtung der Schwingungsdauer in gewöhnlicher
und beliebiger Lage der Drehungsaxe die Neigung der letzteren leicht ermitteln
Bei einer Veränderung der Lage der Drehungsaxe gegen die Lothlinie wird sich
das Azimuth a der ersteren verändern und die Art dieser Veränderung ist zu
ermitteln. Solche Veränderungen können in sehr verschiedener Weise verursacht
werden, es können lokale Ursachen auftreten, Temperaturschwankungen, Ver-
änderungen des Instrumentpfeilers u. dergl., sie können durch Anziehung von
Sonne und Mond bewirkt werden, durch irgend welche Vorgänge im Erdinnern,
Schwankungen in der Richtung der Lothlinie oder durch Aenderungen des
Horizonts in Folge von Schiebungen in der Erdkruste. Man kann in jedem
Fall die Azimuthveränderung sowie die Aenderung in der Neigung der Drehungs-
axe gegen die Löthlinie in folgender Weise erhalten. Es treffe eine mit dem
Pfeiler fest verbundene nahe verticale Gerade die Himmelskugel in einem Punkte
S, die ebenfalls mit dem Pfeiler fest verbundene Drehungsaxe des Pendels treffe
in ihrer Verlängerung die Sphäre in einem Punkte D, es sei Z das Zenith, und
nennen wir nun ferner in dem so gebildeten sphärischen Dreieck SDZ die
y
oder
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Horizontal pendc).
Seite S£> to, den Winkel ZSD ir, die Seite SZ /, ZD i, das Azimuth von S a,
das von D a, so ergeben sich die folgenden Gleichungen
cos cd = cos i cos I -+- sin i sin I cos (et — a)
sin to cos v = cos i sin I — sin i cos I cos (« — d)
sin co sin n = sin i sin (<x — a).
Da nun co constant ist, kann eine Aenderung der Richtung von D als
zusammengesetzt gedacht werden aus einer Aenderung in der Lage von 5 und
einer Aenderung des Winkels it. Diflerenzirt man daher obige Gleichungen, um
die Abhängigkeit von / und a von a, /, it zu erhalten, und lässt man dabei die
wegen der Kleinheit von *, /, co gestatteten Abkürzungen eintreten, so ist
0 — äi[sin I cos{ft — a)— sin i\ + dl [sin icos (» - a)— sin /]- - d(* — a) sin isin /sin (« — d)
0 = dn sin i sin (o — a) —di cos{* — a)-\-dI->r d(a — a) sin i sin (a — d)
0 = dr> [sin i cos (a — a) — sin f]-i-di sin(a — a) + d{a — d) sin i cos (a — a).
Daraus folgt also
<// = <// cos (et — a) •+■ d-K sin Isin (<z — a)
und
du . . r . dl
da = da. H — : — ; [sin t — stn I cos (* — a)\ h : — . sin (a — a)
sin t 1 v /J sin i ^ 1
und man sieht, dass die Beobachtung der Azimuthänderungen in zwei zu einander
senkrechten Verticalkreisen die Niveauänderung des Pfeilers sowohl nach Richtung
als Grösse um so genauer ergiebt, je kleiner i ist. Man erhält die betreffenden
Ausdrücke für da, wenn man einfach a der Reihe nach 0°, 90°, 180°, 270°
setzt, und kann annehmen, dass die mit da und dn bezeichneten Bewegungen
des Pfeilers gegenüber denen dl verschwindend sind, wenn man sie nicht durch
Anwendung von Miren in geeigneter Weise bestimmt.
Da sich nun aber von vornherein nicht entscheiden lässt, welche der oben-
genannten Ursachen eine Ablenkung des Pendels hervorrufen, so wird man
dahin zu trachten haben, das Beobachtungsmaterial in der Art zu sammeln und
zu ordnen, dass sich eine Trennung lokaler, kurz- oder langperiodischer Einflüsse
ermöglichen lässt. Hinsichtlich der F.ntwickelung der Ausdrücke für die Kraft-
componenten, die aus dem Unterschied der Anziehung eines Himmelskörpers
auf einen Punkt der Erdoberfläche und den Erdmittelpunkt resuitiren, kann auf
die verschiedenen Abhandlungen verwiesen werden, z. B. auf die genannte von
Peters oder auf eine solche von Hagkm (A. N. 2568) »on the deflection of the
Level due to solar and lunar attraction« oder auf die RKBKUR'schen Arbeiten,
welchen letzteren dieser ganze Artikel im Wesentlichen entnommen ist, da der
frühzeitige Tod ihres Verfassers die Lieferung eines zugesagten selbständigen
Aufsatzes für das Handwörterbuch vereitelte. In Kürze ergiebt sich, wenn mit
a, x Azimuth und Zenithdistanz eines Himmelkörpers P, mit m seine Masse in
Tbeilen der Erdmasse, mit r, A seine Entfernung vom Erdcentrum und einem
Punkt der Erdoberfläche, auf den sich a und % beziehen, mit g die Schwere,
p der Erdradius bezeichnet wird, der Unterschied der Anziehung von P im Erd-
mittelpunkt und dem Punkt der Erdoberfläche
*-5(?-0
und mit Vernachlässigung von p* im Ausdruck für A* und der ParaWaxe in t
A 8 = r' — 2r p cos z,
sodass auf den Punkt der Erdoberfläche die nach P gerichtete Kraft
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3*
Horizontalpeodel.
1 = img -fc- cos t
wirkt. Wird nun diese in drei senkrechte Componenten X, Y, Z zerlegt, von
denen X, Y dem Horizonte parallel und bezw. nach Süd und West, Z der Loth-
linie parallel und nach dem Nadir gerichtet ist, so hat man
X = 7 sin z cos a
Y = f sin m sin a
Z = — 7 cos z.
p
Setzt man nun in dem Ausdruck für 7 r = A und — = sin rr, wo die
Horizontalparallaxe von P bedeutet, so erhält man für die horizontalen, bei der
Bewegung des Pendels in Betracht kommenden Componenten
X = mg sin* tt sin 1z cos a
Y = mg sin* it sin 1z sin a.
Hieraus folgen dann leicht die Bewegungen eines Pendels, das in specieller
Ebene aufgehängt ist, z. B. für die Aufhängung im Meridian ergiebt sich, da
K = 0 wird, für z = 0°, z = 90°, a = 0°, a = 180°, dass sich das Pendel zur
Zeit der Culmination und des Auf- und Untergangs des Gestirns im Meridian
befindet, dagegen wird es nach Westen abgelenkt zwischen oberer Culmination
und Untergang, unterer Culmination und Aufgang, nach Osten in den übrigen
Zeiten; die stärksten Ablenkungen treten ein. wenn das Gestirn im ersten Vertical
eine Zenithdistanz von 45° hat.
Hieraus ergeben sich dann auch die numerischen Beträge für die Ablen-
kungen, welche z. B. durch Sonne und Mond bewirkt werden müssen, und auf
die bereits oben hingewiesen wurde.
Die seitherigen Beobachtungen, welche mit den neuen Apparaten, wie er-
wähnt, an verschiedenen Orten angestellt wurden, können nun, was den eigent-
lichen Zweck des Horizontalpendels betrifft, nur als vorläufige angesehen werden,
die zu sicheren Ergebnissen noch nicht führten. Wohl ist auf allen Stationen
die Einwirkung des Mondes auf das Pendel klar zu Tage getreten, aber da sich
in den photographischen Aufzeichnungen periodische Aenderungen der ver-
schiedensten Art gezeigt haben, die in täglichen und jährlichen Oscillationen
zum Ausdruck kommen, so ist es noch nicht leicht, die Ursachen und Wirkungen
genügend von einander zu trennen. Bei einer kurzen Beobachtungsreihe in
Wilhelmshaven trat eine Mondwelle sehr deutlich zu Tage, und die Coefficienten
der einzelnen Glieder unterlagen Aenderungen, die als Functionen der Deklina-
tion des Mondes zu erklären waren; in Potsdam und in Puerto Orotava waren
solche Aenderungen angedeutet, aber die Sicherheit war keine grosse. In Strass-
burg, wo die ausgedehnteste Untersuchung angestellt und in den >Beiträgen
zur Geophysik, Bd. II«, veröffentlicht ist, ergab sich die Mondwelle im Jahres-
mittel zu 0"00551 cos (t — 251 °4) ~h 0"00522 cos (2t — 195° ö), sodass die
halbtägige und eintägige Welle nahe dieselben Coefficienten haben, die aber dem
Mittel aller möglichen Deklinationsstellungen des Mondes entsprechen. Werden
nach dieser Formel für stündliche Wcrthe von T die Oscillationen berechnet, so
ergeben sich die Abweichungen
0A_. o"'0069
6/,_ 0"-0002
12*— 0"-0032
18*
-t- 0" 0102
1 — 0 0082
7 ■+- 0 0005
13 — 00019
19
+ 00096
2 - 0 0079
8 4- 0-0002
14 -+- 0 0005
20
H- 0 0073
3 _ 0 0064
9 — 00010
15 -+- 0 0036
21
-h 0 0038
4 - 0 0041
10 - 0 0023
16 -4- 0 0067
22
- 0 0003
5 - 0 C018
11 00032
17 -+■ 0 0091
23
- 0 0041.
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Horiiontalpendel.
Es beträgt darnach die ganze Oscillation 0''018. Vergleicht man nun diese
Werthe mit der theoretisch geforderten Ablenkung
e x = — 0 0174 sin 2t cos a = — e 0 sin 2z cos a,
wo z und a die Zenithdistanz und das Azimuth des Mondes (nördliche Ablen-
kungen als positiv gezählt) sind, welchen Ausdruck man unter Einführung der
Polhöhe 9 und Deklination 8, Stundenwinkcl t transiormiren kann in
t , = (e 0 s in 2 <p — \ e 0 sin 2 9 cos » 8) -+- e 0 cos 2 <p sin 2 8 cos t 4- £ e 0 «'« 2 9 <w * 8 f w (2t — 1 80°),
so ist zuerst der erste Theil als constant mit dem Nullpunkt des Pendels zu
vereinigen. Das zweite Glied erhält für die Breite von Strassburg (9 = 48° 35')
den Faktor — 0"00218 sin 2 8 und variirt daher zwischen den Grenzen 0"00181.
Das eintägige Glied bleibt daher immer sehr klein und verschwindet bei Beob-
achtungen eines Monats. Die Theorie erklärt also hier noch nicht die beob-
achtete Variation. Das halbtägige Glied ergiebt den mittleren Ausdruck für 8 0 =28°
zu -+- 0"00798 cos (2t — 180°), es ist also etwas grösser als das beobachtete,
und letzteres weicht auch in der Phase in dem Sinne etwas ab, dass das Maxi-
mum der Ablenkung um etwa eine halbe Stunde später eintritt, als es die Theorie
fordert. Nimmt man aber an, dass die Erdoberflache elastisch deformirt wird,
sei es durch die direkte Einwirkung des Mondes auf die Erde, sei es durch in-
direkte Wirkungen, in Folge des Drucks der vom Mond bewegten Wassermassen,
so würde sich eine solche Verzögerung erklaren, während die Uebereinstimmung
des numerischen Coefficientcn in diesem Falle zunächst als genügend angesehen
werden dürfte 1 ). In Betreff der Elasticität der Erdoberfläche sind die Beob-
achtungen in Wilhelmshaven sehr interessant und lehrreich. Dort, wo die obere
bis auf einige Meter hinabgehende Erdschicht aus schwerem Thonboden bestand,
der bei anhaltenden Regengüssen gänzlich durchweicht, zeigte sich, dass wenn
der Luftdruck um 1 mm stieg, die Lothlinie um den Betrag von 0" 29 nach Osten
wanderte, mithin das Niveau des Ortes sich um diesen Betrag nach Osten senkte.
Da Barometerschwankungen bis zu 35 mm beobachtet wurden, so entsprach dies
Aenderungen im Niveau von mehr als 10". Die Bewegungen des Pendels ent-
sprechen so genau den Barometerschwankungen, dass man das Pendel geradezu
als sehr empfindliches Barometer ansehen konnte. Einflüsse der Temperatur
sind, wie zu erwarten, auch deutlich wahrgenommen, indessen bei der jeweils sorg-
fältig beobachteten Aufstellung des Apparates nicht in direkter Art, sondern als
eine Abhängigkeit der Sonnenstrahlung auf das Gebäude oder den dasselbe um-
gebenden Erdboden.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt, hat sich das Instrument sehr empfind-
lich gegen seismische Erscheinungen gezeigt. Die photographische Registrirung
giebt hier im Gegensatz zu vereinzelten Beobachtungen über Erdschwankungen
eine fortlaufende Controlle über den Grad der Ruhe oder Unruhe des Erd-
bodens. Es lassen sich hier aus dem gewonnenen Material bereits drei ver-
schiedenartige Phänomene unterscheiden, v. Rebeur sagt Uber dieselben: »Eine
regelmässige Erscheinung in den aufgezeichneten Curven ist die mikroseis-
mische Bewegung. Dieselbe entsteht vermutlich durch kleine Schwingungen
') Spätere Beobachtungen in Strassburg, welche R. Eiilkrt angestellt und discutirt hat,
ergänzen diese Angaben nach verschiedenen Richtungen hin. Es wird dabei die DiflTercnr in
Verbindung mit dem eintägigen Glied zur Berechnung einer Deformationswelle verwandt. Man
würde darnach für Strassburg für die durch Deformation entstehende Mondwelle den Ausdruck
«halten 0"00551 ca (t - 25l 0 4) 4- 0" -003*6 an (2t - 334° 7)
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4D
Horizontalpendel.
des Pendels, die durch horizontal gerichtete Oscillationen des Bodens erzeugt
werden, ohne dass dabei eine Veränderung der Gleichgewichtslage eintritt
Man muss dies daraus schliessen, dass wie bei den Erdbebenstörungen
symmetrische Figuren entstehen. Wenn Erdwellen, wie die sogleich zu er-
wähnenden, im Spiele wären, so tnüsste diese Symmetrie zuweilen gestört sein,
oder die Amplitude der Wellen müsste so klein sein, dass sie gegenüber den
Ausschlägen des schwingenden Pendels nicht in Betracht käme. Die mikro-
seismische Bewegung ist in Strassburg im Winter häufiger als im Sommer, er-
reicht aber niemals die Grösse wie auf den früheren Stationen Wilhelmshaven
und Potsdam«.
»Eine zweite, sehr eigenartige und bisher in dieser Weise wohl noch nirgends
wahrgenommene Erscheinung bilden die Erdpulsaticnen, welche wir nach dem
Aussehen der Curven und auch aus anderen Gründen als etwas von der mikro-
seismischen Bewegung durchaus Verschiedenes anzusehen berechtigt sind. Sie
haben mit ihr nur das gemeinsam, dass das Maximum ihrer Entwickelung etwa
in dieselbe Jahreszeit fällt. Als dritte auffällige Erscheinung sind die zahlreichen
Störungen anzuführen, die wohl alle von entfernten Erdbeben herrühren.«
»Diese Störungen dauern meistens nur einige Stunden, und ihr Zusammentreffen
mit gleichzeitigen Erdbeben ist in sehr zahlreichen Fällen nachgewiesen, wobei
solche aus den grösslen Entfernungen, Japan, Persien u. s. w. deutlich zur Re-
gistrirung kamen. Bei 369 correspondirenden Beobachtungen in Strassburg und
Nicolajew in der Zeit von 1892 Februar bis 1893 August wurden 1 14 correspon-
dirende Störungen verzeichnet, und wenn bei diesen Registrirungen nicht für jede
Störung am Pendel eine entsprechende Ursache aufzufinden war, so ist zu be-
denken, dass fast £ der Erdoberfläche vom Ocean bedeckt sind, dass es anderer-
seits noch weite Strecken auf der Erde giebt, die noch kaum oder nur sehr
selten von Kulturmenschen betreten, daher direkter Beobachtung oder Ver-
gleichung unzugänglich sind«.
Auf weitere Einzelheiten einzugehen, ist hier nicht der Ort, es muss dafür
auf die in grösseren Abhandlungen niedergelegten Untersuchungen verwiesen
werden; insbesondere sind zu erwähnen:
I. Fr. Zöllner. 1) Ueber eine neue Methode zur Messung anziehender und
abstossender Kräfte. 2) Ueber die Construction und Anwendung des Horizontal-
pendels. 3) Zur Geschichte des Horizontalpendels (sämmtlich in den »Berichten
der K. Säch. Ges. d. W.« ; abgedruckt im 4. Band von Zöllner's »wissenschaft-
lichen Abhandlungen«, in denen auch eine ursprünglich in Poggendorff's »Ann.
d. Physik« veröffentlichte Schrift Safarik's »Beitrag zur Geschichte des Horizontal-
pendels« wiedergegeben ist).
II. E. v. Rebeur -Paschwitz. 1) Ueber das ZöLLNER'sche Horizontalpendel
und neue Versuche mit demselben (»Verhandl. d. Naturw. Vereins in Karlsruhe,
10. Bd.«, 1888}. 2) Das Horizontalpendel und seine Anwendung zur Beobachtung
der absoluten und relativen Richtungsänderungen der Lothlinie (»Nova acta der
Kaiserl. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher, 60. Bd. No. 1«,
Halle 1892). In diesem Werke ist am Schluss ein ausführlicher Literaturnachweis
mit Inhaltsangabe gegeben, wo auch die verwandten Arbeiten von Russell, d'ABRADiE,
Plantamour, G. H. Darwin, Milne u. A. besprochen werden. 3) Horizontal-
pendelbeobachtungen auf der kaiserlichen Universitäts-Sternwarte zu Strassburg
1892 — 1894 (»Beiträge zur Geophysik, herausgegeben von G. Gerland, II. Bd.,
2. Heft, No. 7«, Stuttgart 1895). ■*) Verschiedene Aufsätze und Mittheilungen in
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Interpolation.
4«
den »Astron. Nachr.«, dem »Seismological Journal of Japan«, und verwandten Zeit-
schriften.
HI. Hecker, das Horizontalpendel (»Zeitschrift für Instrumentenkunde, 16. Bd.,
1. Heft«), Berlin 1896.
IV. A. Schmidt, die Aberration der Lothlinie (»Beiträge zur Geophysik, 3. Bd.,
1. Heft No. 1«).
V. R. Ehlert, Horizontalpendelbeobachtungen im Meridian zu Strassburg i. E.
(ebendas. »No. 6«). Valentinkr.
Interpolation. In den astronomischen Hilfstafeln und Ephemeriden, wie
solche in verschiedenen Jahrbüchern und in zahllosen speciellen Fällen gegeben
sind, finden wir die numerischen Werthe für regelmässig fortlaufende Tafel-
argumente berechnet. Mag dieses Argument nun die Zeit oder ein anderes
Element sein, welches als unabhängige Variable für die entsprechenden Functions»
werthe zu betrachten ist, so wird es häufig vorkommen, dass man letztere für
einen Werth des Argumentes gebraucht, der zwischen zwei Tafelargumenten liegt.
Man muss dann den verlangten Werth interpoliten. Zur Ableitung bequemer
Formelausdrücke für diese Rechnung sollen hier die von Encke in seiner ersten
Abhandlung über Mechanische Quadratur (»Berliner Astron. Jahrbuch 1837«) ein-
geführten Bezeichnungen angewandt werden.
Nennen wir zunächst die Werthe des Arguments, für welche die numerischen
Werthe der Function gegeben sind
a, a 4- o>, a -+ 2 a», a + 3 u> . . . .
und die entsprechenden Functionswerthe
/(<*). /(* + 0. /(« + 2), /(« + 3) . . . .
sodass also die gewählte Intervalleinheit co unter dem Functionszeichen fort-
gelassen wird. Ein beliebiger unbestimmter Functionswerth wird dann durch
f{a -t- nto) für das Argument (a -+- nto) ausgedrückt werden können, wo dann n
eine positive oder negative, ganze oder gebrochene Zahl sein kann. Die ersten
Differenzen von /(«), f(o ■+■ 1), f(a -+- 2) u. s. w. werden dann durch das Functions-
zeichen /' ausgedrückt, und um den Ort der Differenz anzudeuten, wird unter /'
das arithmetische Mittel der Argumente derjenigen beiden Functionswerthe hinzu-
gefügt, welche zur Bildung der Differenz dienten. Darnach ist
f(a ■+■ 1) -/(*) =/> + \)
f(a -+-2) — f{a •+- 1) =/'(« -+- \)
f{o -f- 3) -/(<* -+- 2) =/'(a u. s. w.
Aehnlich geht man weiter zur nächsten Differenz, welche nämlich durch
Abziehen zweier auf einander folgender Differenzen gebildet wird. Man bezeichnet
diese zweite Differenz mit /" und giebt ihren Ort dadurch an, dass man wieder
das arithmetische Mittel aus den Argumenten hinzufügt, welche bei den beiden
vorhergehenden Hauptfunctionen lagen, deren Differenz die neue Function ist.
Ebenso wird mit /"' die dritte Differenzenreihe bezeichnet, mit /"" die
vierte u. s. f. Z. B. wird
/'(* + *) -/*(*- i)=/»
J\a + \) -f\a -+- \) =/'(a -+- 1) u. s. f.
/>-+- 1)-/» =/"> + *)
/"(« + 2) -f\a + 1) = /"> + 4) u. s. f.
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42 Interpolation.
So entsteht folgende Uebersicht:
I. Differenz II. Differenz III. Differenz IV. Differenz
Argument
TT - ^ . «
Hauptfunction
a — 3 o>
J\ a — 3)
a — /tu
j\ a — l )
a — o)
/<«- 0
a
/<«)
a 4- ci>
/(« + i)
a 4- 2<o
/(« + 2)
« + 3o>
/<« + 3)
/">-!) ,„„, n
Es stehen also hier immer die geraden Differenzen mit gleichen Ausdrücken
im Functionszeichen auf gleichen Linien, die ungeraden Differenzen mit gleichen
Ausdrücken im Functionszeichen zwischen den Zeilen der Functionswerthe.
Nach dem TAYLOR'schen Lehrsatz ist
f{a 4- «o>) = f(a) 4- anm 4- ß»*m* 4- f« s ü> 3 -f- . . . .
Nun sind uns aber die Difterentialquotienten nicht bekannt, sondern nur die
Differenzen der Functionswerthe, wonach wir haben
f(a 4- «ü>) =/(a) 4- Af (a 4- -t- 4-1)4- ...
Setzen wir nun aber für n die verschiedenen Werthe, 0, 1, 2, 3 . . . ein,
so haben wir in der TAYLOR'schen Reihe
f{ä) = /(*)
f(a 4- u>) = f(a) -f- a<o 4- ß
tu* -f- 7 u> 5
/(a 4- 2a>) = /(<*) -+- 2ou> 4- 4ßw s 4- 8yu> s 4- . .
/(a -t- 3oj) = f{a) -t- 3aw 4- 9ßto* 4- 277<o s -f- . .
u. s. w. f andererseits ist
tür Argument (a 4- u>) f\a 4- u>) = f{a) 4-/'(tf -t- £)
(a + 2<u) /(« 4- 2 tu) = f{d) +/'(a 4- *) 4-/'(<* -f- |)
= /C rf ) ■+■ 2/'( ö ■+■ -+■ + 0
(a 4- 3«o) f{a 4- 3«,) =/(«) 4-3/'(a4-i)4- 3/"(a4- l)4-/"'(<*-»-f)
u. s. w.
Hieraus findet sich
1) /'(* 4- f) = «co 4- ßu>» + 7">*
2) 2/'(a 4- i) 4-/> 4- 1) = 2oto> 4- 4ß«>* 4- 8 T o> s
3) *f{a 4- *) + 3/"(« 4- 1) +/'> 4- |) = 3ao> 4- 9ßo>» 4- 27 T o» s .
Multipliciren wir Gleichung 1 mit 3, Gl. 2 mit — 3, Gl. 3 mit 1 und addiren,
so kommt
T«** = */"(« + *)
ebenso, wenn wir Gl. 1 mit 5, Gl. 2 mit — 4, Gl. 3 mit 1 multipliciren und
addiren
3<d» = */>4- 1) -*/"> + *)
und, wenn wir Gl. 1 mit 9, Gl. 3 mit —4$, Gl. 3 mit 1 multipliciren und
addiren
«<o =/'(* 4-4)- 4- 1) 4- */'"(« 4- |).
Setzen wir diese Werthe von ao», ßu> s , 701» in die TAYLOR'sche Reihe ein,
so kommt
/{a 4 *•) «/(*) 4- nf\a 4- j) 4- + 0 +
»(» - 1)(« - 2) ,„,, (0
+ !. 2 .3 "/"'(« 4- |) 4- ... .
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Interpolation.
43
welche Formel die NEWTON'sche Interpolationsformel ist, und aus der sich andere
Formeln, die zur Berechnung besonders in speciellen Fällen bequemer sind,
ohne Mühe herleiten.
Zunächst ist
/>4- 1)=/» 4-/'> + *>
/"'(" + |; =/'> ■+■ i) 4- /""(<* + 1) u. s. w.
Daraus wird
/(« 4- *■•) -/(«) + «/•(« + + 2GLlLl}/>) 4-
»(»- l)t>+ 1) *(« - l)fr -f- - 2) W
P2T3 / ( a ■+■ 4) + — TT ^3:4 / W'
wozu wir gleich hinzufügen, indem wir n negativ nehmen, und beachten, dass
/> + *)=/'(*-*)+/»
u. s. w. ist
/(* - »•) = /(«) - */'(a i) "+* ^ f ~ J V>) -
(„ + ,)„(„ _ i) + »>*(* -D(»-8) (3)
—7.2.-3 — / + --r.2."TT4 r
Während also die NEWTON'sche Formel (1) die Differenzen benutzt, die fort-
laufend eine halbe Zeile tiefer stehen, verwendet die zweite Formel für die un-
geraden Difterenzen, welche zwischen der Ausgangsfunction und der nächstfolgenden,
also eine halbe Zeile tiefer, liegen, für die geraden Differenzen dagegen, die auf
gleicher Zeile mit der Ausgangsfunction liegen. Wie die Formel (2) die vorwärts-
schreitende, nach unten gehende (ungerade) Differenz verwendet, so die Formel (3)
die rückwärts, nach oben gehende. Bei beiden Formeln kommen also die
Functionswerthe zur Verwendung, welche dem, von dem man ausgeht, voraufgehen
und folgen, während in der NEWTON'schen nur die folgenden gebraucht werden.
Was den Vortheil der Benutzung von (2) und (3) betrifft, so wird man (2) annehmen,
wenn der gesuchte Werth näher an a als an a 4- «> liegt, (3) im entgegengesetzten
Fall, da dann beide Male n < \ ist.
Die Formel (3) läust sich auch so schreiben
/(• 4- ««) =/(a) 4- nf\a - *) + " ( * * !) /"(«) +
(» + !)«(»- 1) /f „ . ^ («4-2)(»4-l)«(»»-l) ,
+ 1V2T3 f ( a ~*) + 1.2-3.4 f ( ö ) u ' s w
Nehmen wir aus (2) und (4) das arithmetische Mittel und setzen
so kommt
/(« 4- »•) = /(*) + »/'(«) + 4 > + f]"^ V » +
(„ + \ )n >(n - 1)
+ — \~T^T^ f (a) -
Setzen wir in (2) n = \, so kommt
f{a 4- =/(*) 4- J/'(<J 4- *)-*/*' (a) - + 4) + !**/"» +
und ebenso in (3), wenn man von (<* 4- a>) ausgeht
/(«4-i»)«/(«)-i/>4-i)-i/ , X«+l) + T^"(« + *)-r-Tlt/ , '"(«+>)+ • ' '
und das Mittel aus diesen beiden Gleichungen giebt
/(a 4- «/(« 4- i) - !/"(« 4- 4) 4- tI»/""(« + i) - t A*/ Vl (* + IX (6)
(4)
(5)
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44
Interpolation.
welche Forme) ein sehr bequemer Ausdruck Air das Interpoliren in die Mitte ist.
Die Bedeutung ist so auszusprechen, dass man das Mittel der den gesuchten
Werth einschliessenden beiden Functionswerthe nimmt, von diesen { des Mittels
der beiden zweiten Differenzen, die auf gleichen Zeilen mit den Functions-
werthen stehen, abzieht, hierzu yfy (^) des Mittels der entsprechenden beiden
vierten Differenzen addirt u. s. w.
Die vorigen Formeln (bis zu 5) lassen sich auch in der Weise schreiben,
dass man nicht die einzelnen Differenzen mit den entsprechenden Coefficienten
multiplicirt und darnach die Summe der einzelnen Glieder bildet, sondern dass
man die Glieder so anordnet, dass das folgende jeweils als eine Correction des
vorhergehenden erscheint. Es ist dieses Verfahren für die numerische Rechnung
oftmals bequemer. Darnach gestaltet sich z. B. Formel (2)
(7)
/(a -+- mm) = /(a) + «[/> + + [/"(«) -r- [/'"(a + 4) H
+'-^\r»+ ■••]]]]
Für die Coefficienten *- * ~ l \ - * ~ ^ u. s. w. sind mehrfach
Tafeln mit dem Argument n gerechnet, die aber in den allermeisten Fällen dem
geübten Rechner keine Erleichterung gewähren, da er in jedem speciellen Fall
durch Kürzungen in den Brüchen und Differenzen rasch zum Ziel kommen wird.
Beispiel: Die Rectascension des Mondes werde nach dem Berliner Astr.
lahrbuch gesucht für 1897 April 215*. Wir finden daselbst folgende An-
gaben der Rectascensionen und ersten Differenzen, womit die nebenstehenden
höheren Differenzen gebildet sind.
April 1 0* 0* 8~23"94
I. Diff. II. Diff. III. Diff. IV. Diff. V. Diff.
12 0 30 11 77 '"?!~tr,!? + 10 " 17
\y>H£ii :i£ —
sm» :ss -iz -»
12 159 57 80 ~ 1 " 22 j9 " +28 79 + 3 56
4 0 2 23 26 36 + 23 2856
Wenden wir zuerst Formel (2) an, so haben wir, da die Functionswerthe in
12 stündigen Intervallen gegeben sind, für April 2*15* zu interpoliren zwischen
April 2 12* und April 3 O* und es ist n = \ zu setzen. Ferner ist hier
nf\a -l- £) = i (+ 22~34'54) = -f- 5- 38'635
^lT2^ /r ' (Ä) = -"l ( - + - 20X ' 82) ~ ~ ! * 957
"*7.2 ( .V~ 1} <* + » = - Tis ( + 4 " 41) - - 0,169
5-36"497
Also die gesuchte Rectascension == 1* 14- 23"49 + 5"' 36* 497= 1* 19- 59'99.
Wählen wir die Form (7), so gestaltet sich die Rechnung in folgender
Weise:
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Interpolation. 45
""7 -/"'»= - A (- 0"69) - -4- 0-31
" - [/"' (a -4- \) -4- 0-31] = A (-h 4-41 -4- 0-31) - ■+■ 1-98
[/'» -+- 1-98] = - f (-4- 20-82 + 1-98) = - 8-55
«[/'(<* -+- i) - 8-55] = }(+ 22-34'54 - 8-55) = 5-36-50
wie vorher.
Endlich wollen wir die Interpolationsformel (6) in die Mitte anwenden und
erhalten darnach fUr April 2 6* und 18* folgendes:
- */"(« -4- 4) = - i (18-27; = - 2-28
+ t1i/""(« + J) = A(- 0-57) = - 0 01
also 1* 3- 16' 63 - 2-29 = 1* 3- 14-34 für April 2 6*. Ebenso
- t- h) = - i(+ 23-02) = - 2-88
+ tH/"> ■+■ 4) = A(- 0-77) = - 002
also 1* 25*« 40-76 — 2-90 = 1* 25-37-86 für April 2 18*. Darnach finden sich
folgende in 6 stündigen Intervallen fortlaufende Kectascensionen nebst den bei-
stehenden Differenzen:
April 2 0* 0*52-9-77
-+-11— 4'\57
6 1 3 1434 ^ + 4-58
12 1 14 23 49 + » JJ} -4- 5 22 + J£
18 1 25 37 86 1 , I + 5 80 + 058
3 0 1 36 58 03 + 11 MU
Wenn wir hier wieder zwischen 12* und 18* in die Mitte interpolirten, würden
wir für April 2 15* finden: 1* 19- 59-99 wie vorher. Es mag an dieser Stelle
bemerkt werden, dass es sich bei der sehr bequemen Interpolation in die Mitte
oft empfiehlt, die ursprünglich in grösseren Intervallen gegebenen Reihen, bei
denen die Differenzen sehr beträchtlich sind und daher hohe Differenzen berück-
sichtigt werden müssen, die Reihe durch fortgesetztes Interpoliren in die Mitte
so umzuformen, dass schliesslich nur kleine Differenzen bleiben, sodass es dann
genügt, die erste oder allenfalls noch zweite Differenz mit in Rechnung zu ziehen.
Es ist nun noch kurz der Fall zu behandeln, wo man die numerischen
Werthe der Differentialquotienten der nach gleichen Intervallen fortschreitenden
Werthe der Function gebraucht.
Die NEWTON'sche Interpolationsformel (1) können wir auch wie folgt
schreiben:
/(« -4- *.) =/(*) -+- n[/'(a -4-4)- V»(a + 1) + \f»\a -4-4) — ]
+ T^rä [/'> ') - ••••]•
Nach dem TAYLOR'schen Lehrsatz haben wir aber
/(«^)-/W + »- a - + r , J ir + r.j.3 *"
woraus dann
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46 Interpolation.
" ^ =/ ' (a + */> + D + */"' (*+*)-•••
~Tjr~r\a + 1) -/"' (« + |) + . . .
Bequemer ist die Anwendung der Formel (5), die sich dafür nach den steigen-
den Potenzen von n geordnet in folgender Form schreibt:
f(a + «„) = /(„) + « [/'(«) - !/"'(„) + Jj/n,,) - + . . . ]
* -rn \r w - T2S""w+ -k™ - • • ]
+ Ui T.T-T: » [/ T ("> ~ i/ v "W +■■•]•
Hier kommen nun die Werthe f"(a),/''"(a) u. s. w. wirklich in den Differenzen-
reihen vor, dagegen sind f'(a),f'"(a),/ v (a) die arithmetischen Mittel, welche in
dem allgemeinen Schema auf einer Horizontallinie stehend gedacht werden können,
die durch die /(a), /"(a) u. s. w. gelegt ist. Durch Vergleichung kommt dann:
* dJ äT -/W ~ i/*"« + s/ v « - iiö/ vu « • • •
*Ssr = A«) - ^/"»+ <^/ v V) - ^>/™<«) • • •
" > =/'"(«)- */ v (<0 + Wo /vll W • • '
Wir erhalten hiermit die Werthe der Differentialquotienten für den gegebenen
Functionswerth , von dem man ausgeht. Will man dieselben für eine Function,
die nicht unter den gegebenen vorkommt, so hat man die Differenzen erst für
diese zu berechnen. Wenn man die Taylor' sehe Reihe differenzirt, so kommt
d/(a -+- »tu) df\a) ^V(«) n * m * WM
da - da + nW da> ~ + 1 • 2 da* "*" ' *
d*f(a -+-»«») d*f(a) dV(a)
da* - da da ^ ' ' '
In diese Ausdrücke sind darnach die vorher berechneten Werthe für
df{ä) dV(a)
da ' da*
einzusetzen. Man erhält
• • • *
da
d*/(a-hn<a)
da* u,a
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Interpolation. 47
Wollen wir aber die Differentiale von f{a 4- suchen, so kann man
folgende Interpolationsformel, die sich leicht aus den obigen ableiten lässt, indem
man n mit tt 4- ^ vertauscht, benutzen; wonach
/(« + + = /(„ 4-*) + */'(a 4- « 4- {n + ^^ -^/"(a -u 4)
(w -f- \)n {n ~ j) (« 4- })(« 4- - \){n - \)
1-2-3 7 ^ a ~ , ~*'" i ~ 12-3-4 7 ^ * ; "**
und wo f(a 4- \\ /"(« 4- . . . . die arithmelischen Mittel der einschliessenden
Differenzen sind. Nach der Formel (6) (Mitte) ist aber
J (a 4- *«,) = /(* 4-*)- + *) + ]f 8 -/"> + *) ~ löW^' + «+•
das sind also die von n unabhängigen Glieder, und wenn wir nun nach steigen-
den Potenzen von n ordnen, kommt:
/(« 4- (» 4- 4) ») = /(« H- i ») + • [/ ' (a 4- 4) - ,< 4 /'" (« + *) + + *)
4- i «*[/"(« + i) - n- 4) + m/^' + *) + • - • ) , 0 v
+ i « s [/"'(« + * - i/ v (* + h) + tMtt/ v,1 (" + 4) + - - • J W
^» 4 |/> + i)-Ä/^+j)-]
■+■ rb« 5 (/ v (" + i) - A'^C« -+- *) +]■
Nach dem TAYLOR'schen Lehrsatz ist wieder
/(<* 4- A «•> 4- *«») = /(« +" ■+- «"» äa H j . 2 "
und daher
-yvfr + i-) =/> + 1) _ 5 r> + 1) + + 1) +
u. s. w.
Beispiel. Es sind zu berechnen die ersten Differentialquotienten für die
Mondrectascension im obigen Beispiel und zwar für April 2, 19*, 20*, 21 A .
Wir haben nach obigen Zahlen zunächst für
f'(a) = 22* 13' 72 -+- 22* 34-54) = 4- 22* 24-13
f'(a) = 4- 20-82
/»» = 4(4- 5-10 -f- 4-41) = -+- 4-75
/""(«) = - 0-69
/V(a) = 4(— 0-24— 0-16) = — 0-20.
Diese VVerthe gelten nun für April 2 12*, für 19*, 20*, 21* haben wir, bei
dem 12 stündigen Argument n der Reihe nach zu setzen = ^, J, \ und erhalten
nach (8a) / M =
(t-i)/"w
4- 5
i2* 24" 13
4- 2 2"'
24-13
4- 22*
24-13
4-
1214
4-
13-88
4-
1561
4-
001
4-
026
4-
054
+
001
+
000
o-oi
4-2
!2* 36-29
4- 22"'
38"27
4- 22*
40-27
Will man den ersten DifTerentialqtiotienten für eine Stunde haben, so hat
man obige Zahlen noch durch 12 zu dividiren und erhält der Reihe nach
1* 53-02, 1* 53-19, 1* 53-36. Valentin«.
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Jacob*stah.
Jacobsstab j s t ein frtiher gebrauchtes Instrument zur Bestimmung der
Winkeldistanz zweier Objecte. Die Oerter der Planeten wurden in den ältesten
Zeiten meist nicht durch direkte Bestimmung der sphäriscl len Coordinaten er-
mittelt, sondern durch sogen. Alignements mit anderen, bereits bekannten Steinen
verbunden. Man suchte zwei Sterne, mit welchen das zu bestimmende Object
in derselben geraden Linie (in einem grössten Kreise) stand und schätzte die
Entfernung derselben von dem einen der beiden Sterne im Verhältniss zur Ent-
fernung der beiden bekannten Sterne; oder aber man bestimmte den Ort des
zu bestimmenden Gestirns als den Durchschnittspunkt der beiden Verbindungs-
linien je zweier bekannter Sternpaare u. s. w. Diese Schätzungen waren nur
sehr roh, und Regiomontan führte statt derselben die direkte Messung der Ent-
fernung des zu bestimmenden Objectes von zwei oder mehreren bekannten Sternen
(A. 252.)
ein. Zu diesem Zwecke bediente er sich des schon früher bei den Feldmessern
verwendeten Jacobsstabes, den er Radius astronomkus nannte. Derselbe be-
stand aus einem ziemlich langen Stabe AB (Fig. 252), welcher in gleichen Ent-
fernungen mit Löchern versehen war, in welche ein kurzer Querstab CD ein-
gesteckt wurde. Man legte das Auge in A an, und visirte Uber C und D nach
den beiden Objecten, deren Distanz zu bestimmen war. Für kleine Winkel ist
CD
<CA£f = ÄE'
daher der Winkel umgekehrt proportional der Entfernung AE, in welcher der
Stab CD von unveränderlicher Länge eingestellt wurde. Für grössere Winkel
(kleinere Entfernungen AE) konnte
tang\ CAD = \CD
genommen werden, wenn der Stab CD stets bis zu seiner Mitte eingesteckt wurde.
Wurde diese Vorsicht nicht gebraucht, so konnte daraus ein kleiner Fehler der
Winkelmessung entstehen, der aber damals keinesfalls in Betracht zu ziehen war,
und jedesfalls z. B. von dem Fehler Übertreffen wurde, der in der nicht ganz
sicheren Stellung des Auges in A begangen wurde. Statt der Rechnung nach
der Tangentenformel bediente sich dann Regiomontan einer Tafel, die mit dem
Argumente AE direkt den Winkel CAD gab.
Das Princip, durch einmaliges gleichzeitiges Visiren nach zwei Objecten den
Winkel sweier Objecte zu bestimmen, wurde seither auch beibehalten; eine Ver-
vollkommnung der Idee findet sich in dem später zur Bestimmung von Sonnen-
höhen auf dem Meere verwendeten Davisquadranten. Zwei Bogen AB und
ab (Fig. 253), welche sich zu 90° ergänzen, sind von A, bezw. a aus getheilt
Die Diopter D und d können längs der beiden Bögen verschoben werden,
während in dem Mittelpunkte C sich ein drittes Diopter befindet. Zur Beob-
achtung wurde d auf einen gewissen Theilstrich gestellt, so dass der Winkel
dCa = m bekannt war. Sollte dann z. B. die Sonne beobachtet werden, so
stellte man sich so, dass man die Sonne im Rücken hatte, und drehte das
Instrument so lange, bis die Sonnenstrahlen durch das Diopter d auf die Oeffnung
von C fielen, was an dem entstehenden Sonnenbildchen leicht zu erkennen war.
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Kometen und Meteore.
4«)
Wurde nun noch das Diopter D so gestellt, dass man, durch dasselbe auf C
visirend, den Meereshorizont sah, so gab der Winkel dCD die Höhe der Sonne
in dem Augenblicke der Beobachtung, und da man den Winkel ACD — n an der
Theilung ablesen konnte, so war h = m •+■ n.
(A. VA.)
Später wurde zur Erhöhung der Genauigkeit statt des Diopters in d eine Linse
von der Brennweite dC angebracht, und im weiteren Verlaufe entwickelte sich
mit Zuziehung von Spiegel und Fernrohr aus diesem Instrumente der Hadley' sehe
oder Spiegelsextant und der Prismenkreis (s. Sextant.) N. Herz.
Kometen und Meteore. Zu den Meteoren (griech. t<x firriopa = die
I.ufterscheinungen, vergl. auch das aus dhfo = Luft und Xtftoc = Stein zusammen-
gesetzte »Aerolith«) wurden in den ältesten Zeiten auch die Kometen (griech.
xoii^TTjC = Haar- oder Schwanzstern, von x^jat], latein. coma = Haupthaar , Haar
gezählt. Die durch die Luftfeuchtigkeit bedingten Erscheinungen : Regen, Schnee
Hagel; die von der Lufttemperatur und dem Luftdruck abhängen: Wind und
Sturm; die elektrischen Lufterscheinungen: Blitz und Donner, u. s. w.; Feuerkugeln,
Sternschnuppen, aus den Wolkenregionen zur Erde gefallene Steine, ja selbst viel
später noch mitunter neue Sterne, endlich auch die Kometen bildeten zusammen
die Erscheinungen des Luftmeeres: xa yuHiop*. Aber alle diese Erscheinungen
hatten nach der verbreitesten Ansicht nicht nur ihren Sitz, sondern auch ihren
Ursprung in der irdischen Atmosphäre; sie wurden in dieser erzeugt, entstanden
und verschwanden in ihr. Insbesondere mag bemerkt werden, dass Aristoteles
die Kometen tili eine aus trockenen Ausdünstungen entstandene und entzündete
Masse hält; Heraclides aus Pontus erklärt sie für hochstehende, erleuchtete Wolken.
V*mmm«, A»tronomie. tl. 4
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Kometen und Meteore.
Wenn aber diese Ansichten auch die verbreitetsten waren, so findet man doch
auch schon im Alterthume abweichende Meinungen. Anaxagoras und Demokrit
erklärten die Kometen für eine Conjunction zweier oder mehrerer Sterne, die ihre
Strahlen vereinigen, eine Ansicht, durch welche allerdings die Kometen von
irdischen Luftgebilden ausgeschieden, dafür aber zu den Phantasiegebilden ver-
wiesen wurden. Nach Plutarch (»De placitis philosophorum«, III. Buch, 2. Kap.)
hatte Diogenes die Kometen für wirkliche Steme gehalten. Seneca erwähnt in
seinen »Naturales questionesc (VII. Buch, 3. u. 4. Kap.), dass sich diese Annahme
nach der Meinung des Apollonius bereits bei den Chaldäem findet, während
Epicenes gerade das Gegentheil hiervon, dass nämlich die Chaldäer die Kometen
für Ausdünstungen der irdischen Atmosphäre hielten, berichtet. Dieser Widerspruch
löst sich, wenn man, was ja ganz wohl möglich ist, annimmt, dass beide ihre
Kenntnisse aus verschiedenen Quellen schöpften, d. h. dass einzelne unter den
gelehrten Chaldäem der ersteren, andere der letzteren Meinung waren.
Selbst die Meteoriten sollen bereits von Diogenes im 5. Jahrhundert vor
Christi Geburt für Weltkörper erklärt worden sein. Er hält den berühmten bei
Aegos-Potamos gefallenen Meteorstein für einen aus dem Welträume zur Erde
gelangten Stein, und spricht dabei die Meinung aus, dass es unsichtbare Sterne
giebt, die nur dann sichtbar werden, wenn sie auf die Erde herabfallen.
Seneca selbst hält die Kometen nicht für vergängliches Feuer, sondern für
ewige Werke der Natur, wofür er als Beweis anführt, dass sie einen bestimmten
Lauf haben, nicht schnell entstehen und vergehen, und ihre Stellung am Himmel
nicht nach der Windrichtung ändern. (»Quaestiones naturales«, Kap. 23). Den
Einwand, dass sie als Wandelsterne nicht im Thierkreise stehen, erklärt er für
belanglos, »denn wer hat den Sternen Grenzen vorgeschrieben?« Dass man ihre
Wiederkehr noch nicht beobachtet, und ihre Bahnen noch nicht berechnet hat,
ist kein Grund, ihnen die Beständigkeit abzusprechen, denn man sieht einen
Kometen, wie schon Apollonius hervorgehoben hat, nur, wenn er aus den oberen,
entfernteren Regionen des Himmels in den unteren, »der Erde nahen Theil seiner
Bahn kommt«.
Diese vollständig richtige Ansicht thcilte das Schicksal anderer, ähnlicher,
z. B. der Ansicht von der Bewegung der Erde: sie wurde im Mittelalter voll-
ständig verlassen, vielleicht nicht einmal gekannt, weil — nichts davon im
Aristoteles stand.
Mit den Meteoriten befasste man sich im Mittelalter gar nicht. Vereinzelte
Erscheinungen wurden nicht beachtet, und auffallende Objekte am Himmel waren
in dem abergläubischen Mittelalter immer nur Vorboten, göttliche Zeichen, genau
so wie die Kometen. Soll man annehmen, dass weniger Erscheinungen dieser
Art auftraten? Sternschnuppenfälle, Feuerkugeln, Meteoritenfälle bieten sich ja
gerade in einer Form dar, welche mit blossem Auge beobachtet werden kann,
sodass auf ihre Beobachtung die astronomischen Hilfsmittel der späteren Zeit
(Fehrnrohr) keinen Einfluss haben konnten. Nichts desto weniger ist es viel wahr-
scheinlicher, dass man weniger beobachtete oder vielmehr weniger beachtete, wie
dieses an dem Beispiele der Sonnenflecken ersichtlich ist.
Namentlich seit Regiomontan waren die Kometenerscheinungen Gegenstand
der Beobachtungen von Astronomen ; und jeder bedeutendere Astronom zog die-
selben in den Kreis seiner Betrachtungen, und versuchte die Gesetze ihrer Be-
wegung zu erforschen; in der That machte die Kometenastronomie auch relativ
bedeutende Fortschritte nicht ohne dass sich nebenbei im grossen Publikum die
Meinung von der astrologischen Bedeutung der Kometen als göttliche Warnungs-
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Kometen und Meteore.
5«
zeichen zur Verkündigung von Strafen u. s. w., erhalten hätte. Ja selbst im
18. Jahrhundert war die Kometenfurcht nicht völlig geschwunden, und selbst noch
im Anfang unseres Jahrhunderts fanden die Untersuchungen der Astronomen über
mögliche Zusammenstösse eines Kometen mit der Erde ein verzerrtes Echo bei
der grossen Menge, welche in diesen Untersuchungen nichts weiter zu finden
glaubte, als die genaue astronomische Festsetzung der Zeit des bevorstehenden
Weltunterganges.
Anders verhielt es sich mit den Meteoren. Der Volksglaube mass den Feuer-
erscheinungen in der Luft, wenn sie nicht massenhaft auftraten, keine besondere
Bedeutung bei, was wohl seine Ursache darin haben konnte, dass sie allzu ver-
gänglich sind; wenn auch jemand ein bedeutenderes Meteor sah, so war dasselbe
eben nur für ihn vorhanden, nicht aber für andere, die sich von der Erscheinung
desselben nicht wie bei den Kometen überzeugen konnten. Der astronomischen
Untersuchung der Sternschnuppenfälle hingegen stellte sich als Haupthinderniss
die scheinbare Unregelmässigkeit im Auftreten derselben und in deren Bewegung
entgegen.
Auflällig waren nur die Meteorstein fälle; allein diese wurden angestaunt,
wohl auch als vom Himmel gefallene Steine verehrt; aber die Bedeutung der
Kometen legte man ihnen nicht bei. Man dürfte wohl nicht fehl gehen, wenn
man den Grund dafür darin sucht, dass diese zur Erde gefallenen Steine sich
von den Kometen wesentlich dadurch unterschieden, dass man ihre Natur kannte,
während man von der Beschaffenheit der Kometen so gar nichts wusste.
Seit Reciomontan hatte man nun aber die Erscheinungen der Kometen
und der Meteore wenigstens von wissenschaftlicher Seite vollständig getrennt
Die Kometen waren Objecte der Astronomie geworden; Meteore irgend welcher
Art mussten aus dem Bereiche derselben gewiesen werden. Dieses blieb so bis
zum Ende des vorigen Jahrhunderts. 1794 erschien die für die Meteorastronomie
epochemachende Schrift Chladni's: »Ueber den Ursprung der von Pallas ge-
fundenen und anderer, ihr ähnlicher Eisenmassen und über einige, damit in Ver-
bindung stehende Naturerscheinungenc ; 1799 fand der grosse, von Alex. v. Hum-
boldt in Cumana beobachtete Sternschnuppenfall statt, und 1803 wurde durch
die im Auftrage der Pariser Academie von Biot vorgenommene Untersuchung des
Meteorsteinfalles von l'Aigle die immer wiederkehrende, und damals von wissen-
schaftlicher Seite immer wieder geläugnete Thatsache von Steinfällen wissen-
schaftlich ausser Zweifel gestellt, und damit waren auch die Meteore in den Kreis
der astronomischen Forschung gerückt.
Im Jahre 1866 wurde Schiaparelli durch seine Untersuchungen über perio-
dische Sternschnuppen auf die Identität der Bahnen grosser Schwärme mit
einzelnen Kometenbahnen geführt, und damit eröffnete sich der astronomischen
Forschung ein neues Feld. Wieder traten Kometen und Meteore als zusammen-
hängende Glieder in dem Reiche der Naturerscheinungen auf, aber sie sind nicht
mehr Erscheinungen unseres Luftkreises, nicht Gebilde tellurischen Ursprungs,
welche Gegenstand der Meteorologie sind, sondern zusammenhängende Objecte
kosmischen Charakters, Glieder des Sonnensystems, welchem sie seit Zeiträumen
angehören, die sich selbst der astronomischen Forschung entziehen, oder denen
sie sich erst in späteren Zeiten einverleibt haben, um demselben längere oder
kürzere Zeit anzugehören.
A. Kometen.
Die ältesten beobachteten Kometen waren selbstverständlich besonders auf-
fallende Himmelserscheinungen. Sie hatten mächtige, sich über weite Himmels-
4 #
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Kometen und Meteore.
striche hin ausdehnende Schweife, woher auch der Name derselben rührt. Ihrer
Ortsveränderung am Himmel wendete man keine Aufmerksamkeit zu, denn sie
wurden als der terrestrischen Atmosphäre angehörige Objecte angesehen, die,
ähnlich, wie die Morgen- und Abendröthe jeden Tag neu entstehen und ver-
schwinden. Merkwürdig ist, dass Aristoteles, der derselben Meinung huldigte,
für den Kometen (l) 1 ), 372 v. Chr. Geb. rohe Ortsbestimmungen gab (Auftreten
in dei Gegend des Frühlingspunktes, Bewegung gegen den Gürtel des Orion
zu, wo er verschwand), so dass Pingre sogar seine genäherte Bahn berechnen
konnte.
Von wirklich systematischen Kometenbeobachtungen, d. h. von Bestimmungen
der Positionen der Kometen nach ihren Coordinaten an der Himmelskugel kann
erst seit Reciomontan, welcher in dieser Art im Jahre 1472 den Kometen (23)
') Es wäre der Kürze wegen gut, wenn man die Kometen, deren Bahnen bestimmt sind,
ähnlich den Planeten consequent durch Nummern bezeichnen würde. Daraus ergiebt sich aller-
dings die Schwierigkeit, dass in dem Maasse, als die Bahnen von älteren Kometen bestimmt
werden, neue Zahlen einzuschalten sind, während andererseits durch Identifikation älterer Kometen
mit später beobachteten, andere Zahlen ausfallen. Dieser Wechsel der Bezifferung erstreckt sich
jedoch nur auf die relativ unsicheren, namentlich aus chinesischen Beobachtungen abgeleiteten
Bahnen der älteren Kometen. Da diese aber keineswegs mehr als eine Direktive für die späteren
Untersuchungen Uber die Identität dieser Kometen mit den in unserer Zeit beobachteten
geben, so kann hieraus kaum ein Uebelstand erwachsen, und kann die Numerirung des ersten
GALLE'schen Kometenverzeichnisses (aus dem Jahre 1847), welches seither manchen späteren
Werken zu Grunde gelegt wurde, beibehalten werden. Dies geschah in dem diesem Hand-
wörterbuche zum Schlüsse beigegebenen Verzeichnisse der Kometenbahnen. Hierzu ist nur
das Folgende zu bemerken: Die älteren Erscheinungen des Halley' sehen Kometen aus den
Jahren 12 vor Chr. Geb., ferner 66, 141, 837, 989, 1066, 1301, 1378, 1456, 1 531 'erhielten
die Nummer 19 des GAl.LE'schen Verzeichnisses; die von Ckloria aus den ToscANEUJ'schen
Beobachtungen ermittelten Bahnen der Kometen 1449 und 1457 I erhielten die Nummern 18
bez. 20, während die höchst unsicheren Bahnen der Kometen aus den Jahren 240, 539, 565,
135 1 und 1533 des älteren GALLE'schen Kometenverzeichnisses die Bezeichnungen a, b, e, e
und i die Kometen aus den Jahren 1006, 1402, 1499, 1500 des zweiten GALLE'schen Ver-
zeichnisses die Bezeichnungen d, /, g, h, und die wegen mangelhafter und der Zahl nach un-
genügender Beobachtungen ebenfalls nur unsicheren Bahnen der Kometen 1816 und 1818 I die
Bezeichnungen k, l erhielten. Hierdurch correspondiren die Nummern von 22 angefangen
durchweg mit der GALLE'schen Bezeichnung.
Gewöhnlich bezeichnet man die Kometen nach dem Jahre ihres Erscheinens, und fügt,
um Sie von einander zu unterscheiden, römische Ziffern, nach de» Zeit ihres Periheldurch-
ganges bei. So ist der Komet 1892 I, der am 6. März 1892 von Swift in Rochester N. Y.
entdeckte Komet, welcher sein Perihel April 6 7 M. Z. Berlin passirte; der Komet 1892 n ist
der am 18. März von Denning in Bristol entdeckte Komet, der Mai 1 1*2 durch das Perihel ging;
Komet 1892 III der am 6. November von Holmes in London entdeckte Komet, dessen Durch-
gang durch das Perihel auf Juni 13 2 fiel. 1892 IV ist der am 18. März (also vor dem Ko-
meten 1892 III) von Spitäler in Wien nach der Ephemeride von v. Haerdtl wieder aufge-
fundene WiNNECKE'sche Komet, dessen Perihelzeit Juni 30'9 fiel. 1892 V ist der October 12
(also ebenfalls vor dem Kometen 1892 III) von Barnard auf dem Mount Hamilton auf photo-
graphischem Wege entdeckte Komet, der Dec. 1 11 durch das Perihel ging; 1 892 VI der von
Brooks in Geneva N. Y. am 28. August (also vor den Kometen m u. V) entdeckte Komet,
welcher Dec. 28'1 durch sein Periuel ging; während der ebenfalls von Brooks in Geneva N. Y.
am 19. November 1892 entdeckte Komet bereits mit 18931 bezeichnet werden muss, da seine
Perihelzeit 1893 Januar 6 5 fallt. Diese Bezeichnung muss hier zur leichteren Orieqtirung bei-
behalten werden. Die nach der Jahreszahl beigefügte Bezeichnung a, b, c, d . . . nach deT
Zeitfolge der Entdeckungen ist jetzt fast allgemein aufgegeben worden.
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Kometen und Meteore.
53
beobachtete, gesprochen werden. Die Zahl der beobachteten Kometen beträgt
in den Jahren
vor 500 vor Chr.
Geb.
3
700
bis
799
nach Chr. Geb.
13
499
bis
400
II
6
800
,,
899
7 7
II
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31
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11
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11
999
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27
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1»
II
1»
19
1700
»»
1799
»1
II
II
96
500
1»
599
i'
'i
11
24
1800
»»
»895
1»
• »
II
284
600
»»
699
l>
II
11
21
wobei aber, was namentlich für das letzte Jahrhundert zu beachten ist, die
periodischen Kometen in jeder Erscheinung wiedergezählt, hingegen für die Zeit
von 1800 bis 1895 24 Kometen, die nur ein- oder zweimal gesehen und dann
nicht mehr wiedergefunden wurden, nicht mitgerechnet sind.
Aus dieser Tabelle ist zu ersehen, dass bis 200 vor Chr. Geb. die Zahl der
Kometen noch merklich durch die Zahl der auffälligen Kometen gegeben ist;
erst seit 200, d. i. seit Hipparch wurde diesen Himmelskörpern — wie überhaupt
der Astronomie — eine grössere Aufmerksamkeit zugewendet, woraus sich die
plötzliche Zunahme der gesehenen Kometen leicht erklärt: dass thatsächlich mehr
Kometen erschienen sein sollten, kann nicht wohl angenommen werden. Merk-
würdigerweise erhält sich die Zahl der beobachteten Kometen bis 1700 ziemlich
constant; selbst die Anwendung des Fernrohres bringt hierin keine Aenderung
hervor. Dieses scheint auf den ersten Augenblick sonderbar; das Befremden ver-
schwindet aber, wenn man berücksichtigt, dass das Fernrohr nicht zur Aufsuchung
von Kometen, sondern anfänglich nur zur Betrachtung, später (seit Gascoigne 1640)
zu Ortsbestimmungen verwendet wurde. Der erste teleskopisch entdeckte Komet
war der von Sarabat 1729 entdeckte Komet (60), was eigentlich sehr merkwürdig
ist, da er in relativ sehr grosser Entfernung von der Erde und Sonne entdeckt
wurde, indem seine Periheldistanz vier Erdbahnhalbaxen (die grösste überhaupt
bisher bei einem Kometen gefundene Periheldistanz) ist, also nahe der Jupiter-
bahn fällt.
Aber erst in unserem Jahrhundert nahm die Zahl der teleskopisch entdeckten
Kometen besonders zu, und unter den bis Ende 1895 entdeckten 284 Kometen
ist die weitaus grösste Mehrzahl teleskopisch.
Die Kometen unterscheiden sich von den Planeten durch ihr nebelartiges
Aussehen. Während die Planeten im Fernrohre das Bild von gut bestimmten,
von scharfen Contouren begrenzten Scheiben (grosse Planeten) oder feineren,
fixsternartigen l.ichtpünktchen (kleine Planeten) bieten, haben die Kometen das
Aussehen von dunstartigen, den Nebelflecken ähnlichen, kleinen, meist kreis-
runden Wölkchen von mehreren Bogenminuten Durchmesser, deren mattes Licht
allmählich, fast continuirlich gegen den dunklen Himmelshintergrund abnimmt,
so dass der Komet meist mit verwaschenen, sich von dem dunklen Hintergründe
nur unscharf abhebenden Contouren erscheint. Von dieser den teleskopis* hen
fast ausschliesslich eigenen Form unterscheidet sich diejenige der mit freiem
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54
Kometen und Meteore.
Auge sichtbaren Kometen durch eine oft nur kurze, oft ziemlich ausgedehnte,
bei manchen besonders auffalligen Kometen sich Uber einen grossen Theil des
Himmels ausdehnende mächtige »Ausstrahlung« , den Schweif, welchem die
Kometen ihren Namen verdanken. Man nennt den Kometennebel, welcher das
eigentliche Objekt des Kometen bildet, die Coma, mitunter auch den Kopf;
doch findet man, namentlich in älteren Werken, den Namen »Kopf« in zweierlei
verschiedener Bedeutung gebraucht. Schröter nennt die Coma des Kometen
die »Kernlichtkugel«, die vordere, der Sonne zugekehrte Begrenzung des Kometen-
schweifes, welcher sich z. B. bei dem Kometen (122) 181 1 I auf einen, anfänglich
ca. 18-, später bis zu 7 fachen Durchmesser der Coma erstreckte, den Kopf. Dieses
schliesst sich mehr der älteren Bedeutung an, bei welcher unter Coma (Haar)
der eigentliche Schweif verstanden war. Hevel gebraucht in seiner Kometographie
den Namen »Kopf des Kometen« (caput cometat) in der jetzt üblichen Bedeutung,
für den Kometennebel, zählt aber die Nebelhülle (die Coma) bereits zum Schweife,
während er als Kometen nur den in der Mitte des Nebels auftretenden Lichtpunkt,
den Kern (nueleus) erklärt 1 ). Lichtpunkte dieser Art, Kerne, sind nicht bei allen
Kometen sichtbar. Selbst bei grossen, mit freiem Auge sichtbaren Kometen
fehlen dieselben manchmal. So war bei dem Kometen (298) (1887 I) keine Spur
eines Kernes zu finden; die Coma, als Begleiterin des Kernes auch »Nebel-
hülle« genannt, war so verwaschen und diffus, dass der Komet im Fernrohr
früher verschwand als dem blossen Auge, und dass mikrometrische Messungen
(Ortsbestimmungen) überhaupt nicht gemacht werden konnten; die Positions-
bestimmungen dieses Kometen waren, ein in diesem Jahrhundert einzig da-
stehender Fall, blosse Einstellungen am Aequatoreal und Ablesungen am Kreise.
Mitunter treten bei Kometen mehrere Kerne in dem Kopfe aui; mitunter
haben dieselben nur das Aussehen von undeutlichen Lichtansammlungen, Ver-
dichtungen, so dass bei einer grossen Anzahl von Kernen der Kometenkopf ein
granulirtes Aussehen erhält. Ein derartiges Aussehen hatten nach den Hevel-
sehen Zeichnungen (vergl. in seiner »Cometographie« die Tafeln zwischen pag. 452
und 453 und zwischen pag. 458 und 459) die Kometen von 1590, 1607, 1647 und
1661. Eine ähnliche Erscheinung beobachtete Schiaparelli bei dem Kometen
(224) (1862 III) 5 *) am 25. August 1862.
Mehrere getrennte Kerne sahen Tycho und Cornelius Gemma bei dem
Kometen von 1577 (No. 29). Spektroskopische Beobachtungen haben gezeigt,
dass selbst bei denjenigen Kometen, bei welchen ein deutlicher Kern nicht wahr-
zunehmen ist, ein solcher vorhanden ist. Das Spectrum des Kometen besteht
nämlich 9 ) aus einem continuirlichen Spectrum, das von einem festen (oder
tropf barflüssigen) Kern herrührt, und mit der Helligkeitszunahme dieses Kernes
auch an Intensität gewinnt 4 ) und aus einem Linicnspectrum, das den in der
Nebelhülle (Coma) auftretenden Stoffen angehört. Das continuirliche Spectrum
zeigt sich nun selbst bei denjenigen Kometen, bei denen ein deutlicher Kern
nicht constatirbar ist
») Caput Ccmetae, nemfe nueleus una cum circumfuso jubare (vergl. u B. seine »Cometo-
graphie«, pag. 341.
') Vergl. »Entwurf einer astronomischen Theorie der Sternschnappen«, deutsche Ausgabe
von Boguslawski, pag. 173.
*) Vergl. den Artikel »Astrospectroskopic«, pag. 408.
*) Ebenda, pag. 409, TergL auch Herz, »Bestimmung der Bahn des grossen Kometen von
181 1 « . patf. 200.
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Tafel III.
Valentiner, Handwörterbuch der Astronomie.
Hand II, pag.j
Tafel IV.
v r ALENTiNtK, Handwörterbuch der Astronomie.
Hand II, pag. 58.
Herz del.
Fig. 3
(1888, Mai ai)
Komet Sawerthal 1888 I
(nach Wutschichowsky , Astron. Nachrichten No. 2844)
Verlag von EnuARD Trkwknkt
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Kometen um) Meteore.
Der Kern des Kometen ist nicht immer in der Mitte des Kopfes. Bei dem
Kometen (122) (1811 I) sah Herschel den Kern excentrisch, und zwar »immer
weiter von der Sonne entfernt, als die Mitte des glänzendsten Theiles der ihn
umgebenden Atmosphäre. Diese excentrische Lage war so beträchtlich, dass bei
der Schwierigkeit, mit welcher der Lichtpunkt gesehen war, letzterer sehr leicht
dem Beobachter entschlüpfen konnte« 1 ). Bei dem Kometen (270) (1880 1), dessen
Bahn sehr nahe mit derjenigen des Kometen (161) (1843 I) übereinstimmt, erklärte
Gould die geringen Abweichungen durch die Nichtübereinstimmung des optischen
und physischen Schwerpunktes.
Bei den grossen, in den ältesten Zeiten allein auffälligen Kometenerscheinungen
bildete eine der merkwürdigsten Erscheinungen der Kometen der Schweif. Bei
dem Kometen (161) (1843 I) und bei dem DoNATi'schen Kometen (213) (1858 VI)
betrug die Schweillänge nahe 60°; bei dem Kometen (122) (dem grossen Ko-
meten von 1811) nahe 90°; bei dem Kometen (37) (dem grossen Kometen von
1618) über 100°, und bei dem grossen Kometen des Jahres 1861 (221) sogar 120°.
Rechnet man hiermit und mit den wahren Entfernungen der Kometen von der
Erde mit Rücksicht auf die Richtung der Kometenschweife deren absolute Längen,
so ergeben sich ganz ungeheure Werthe; für den Kometen (221) findet sich
35 Millionen Kilometer, für den Kometen (213) 80 Millionen Kilometer, für
den Kometen (122) 110 Millionen Kilometer, und für den Kometen (161)
250 Millionen Kilometer.
Schon Seneca bemerkte, dass die Kometenschweife die Sonne fliehen, und
dieselbe Regel findet sich in den griechischen Berichten über den Kometen
(19) vom Jahre 837. Neuerdings wurde diese Beobachtung von Fracastor und
von Petrus Aplanus an dem Kometen von 1531 gemacht. Seither hat sich die
Regel, dass die Kometenschweife stets von der Sonne abgewendet sind, bestätigt
gezeigt, wenngleich die Kometenschweife nicht mit der Verlängerung des Radius-
vectors der Kometen zusammenfallen, sondern von demselben oft nicht unbe-
trächtlich abweichen.
Die Form der Kometenschweife ist meist schwach gekrümmt, an den Rändern
lichtstärker als im Innern, so dass sie das Aussehen einer cylinderförmigen, im
innem hohlen Dunströhre gewinnen, sonst aber ausserordentlich mannigfaltig:
der Schweif geht als dünne Säule aus dem Kometenkopfe an der der Sonne
abgewendeten Seite hervor und wird allmählich breiter, wie beim Kometen (37);
oder er umgiebt den Kometenkopf in einer ziemlichen Entfernung, durch
einen dunklen Zwischenraum von demselben getrennt, wie eine kleine Hohl-
kugel, die auf der von der Sonne abgewendelen Seite in eine mächtige, sich all-
mählich erweiternde Röhre übergeht, so dass man eigentlich zwei Schweife zu
sehen glaubt, die nahe parallel, aber von dem Kometen weg schwach diver-
girend verlaufen und sich gegen die Sonne zu um den Kometen herum durch
einen Kreis schliessen (Komet 122); oder der Schweif des Kometen besitzt
an der einen Seite eine scharfe Begrenzung (Lichtlinie) und ist nach der anderen
Seite verwaschen, federartig geschlitzt (Komet 29). Bei dem Kometen (37)
beobachtete Horatius Crassus am 30. November 161 8 in der Mitte des Schweifes
von dem Kopfe des Kometen ausgehend, über eine kurze Strecke hinziehend
eine schmale, helle Linie, instar meduüae arboris*).
») Monatliche CorTespondenz rur Beförderung der Erd- und Himmelskunde von v. Zach,
Bd. 38, pag. 459.
*) Hmt, Cometographie, pag. 881.
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56
Kometen und Meteore.
Diese Formen bilden schon mannigfach den Uebergang zu den anomalen
Kometenschweifen. Nebst der Hauptform des von der Sonne weggerichteten,
nur wenig gekrümmten Schweifes hat man nämlich wiederholt kürzere Neben-
schweife beobachtet, die zu den Hauptschweiten geneigt, oft auch gegen den
Radiusvector der Kometen senkrecht stehen, oder zur Sonne gerichtet sind,
und die deshalb als anomal bezeichnet wurden.
. Unter den älteren Kometen, von denen Hevel in seiner Kometographie be-
richtet, bietet die merkwürdigsten Erscheinungen in dieser Art der Komet (29),
bei welchem Cornelius Gemma nebst dem Hauptschweife noch einen zweiten,
kürzeren Schweif von derselben Krümmung in nahe derselben Richtung sah,
überdies aber noch drei nahe gleich lange, ziemlich kurze Nebenschweife, von
denen der eine nahe 30° gegen den Hauptschweif geneigt, von der Sonne weg
gerichtet, der zweite nahe senkrecht auf dem Radiusvector des Kometen und
der dritte zur Sonne gerichtet war.
Zunächst wäre dann der grosse Komet von 1680 (No. 46) zu erwähnen, bei
welchem Gottfried Kirch ebenfalls einen gegen die Sonne zu gerichteten Schweif
beobachtet hatte, weiter der Komet von 1744, welcher 6 fächerförmig geordnete,
30 bis 40° lange Schweife hatte; der Komet von 1807, der einen längeren, fast
geraden und einen kürzeren, stark gekrümmten Schweif hatte. Der Komet von
1823 hatte zwei mehrere Grade lange Schweife, von denen der eine der Sonne
zu, der andere von der Sonne weggerichtet war.
Merkwürdige Erscheinungen bot der DoNATi'sche Komet (213). Derselbe
hatte nebst einem langen, gekrümmten Hauptschweif noch einen zweiten, be-
deutend schwächeren, geraden, ebenfalls von der Sonne weg gerichteten; die
zur Sonne zugekehrte Schweifhülle, gewöhnlich die Lichtausströmung genannt,
welche, wie oben bei dem Kometen (122) erwähnt wurde, eine durch einen
dunklen Zwischenraum von der Coma getrennte Dunsthülle bildete, war beim
DoNATi'schen Kometen geschichtet, gleichsam aus einer Reihe von concen-
trisch übereinandergelegten Lichthüllen bestehend; eine ähnliche Erscheinung
beobachtete Wimnecke auch bei dem Kometen 1862 II.
Anomale Schweife wurden auch beobachtet bei dem Kometen 1844 I und
bei dem Kometen 1862 II.
Der WiNNECKF.'sche Komet (131) hatte im Jahre 1875 zwei kurze, einen
Winkel von 60° einschliessende Schweife, zwischen welchen sich mehrere andere
fächerförmig ausbreiteten.
Der Komer 1888 1 zeigte einen gegen den Haupfschweif unter 60° geneigten
Nebenschweif (vergl. die Fig. 1 und 2, Tafel IV).
Besondere Aufschlüsse über die Kometenschweife brachte seit 1892 die Photo-
graphie. Bei dem Kometen 1892 I zeigten die auf dem Mount Hamilton und in
Sydney aufgenommenen Photographieen eine Theilung des Schweifes in mehrere,
bis zu 8 Strahlen, während er direkt (im Fernrohre) nur von Barnard am 3. April
doppelt gesehen wurde. Am 7. April zeigten die Aufnahmen eine in 2° Ent-
fernung vom Kopfe sich zusammenballende Anschwellung, welche das Bild eines
zweiten Kometen darstellte, aus dessen Kopf ein neues System von Strahlen
hervorbrach. Eine ähnliche Erscheinung zeigte der Komet 1892 UJ auf einer
photographischen Aufnahme, welche Barnard auf dem Mount Hamilton am
10. November, vier Tage nach seiner Entdeckung, erhielt: eine schwache, diffuse
Nebelmasse am Ende des ca. 1° langen Schweifes, welche Anschwellung übrigens
auch von Campbell schon am 8. und 9. November beobachtet worden war.
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Kometen und Meteore.
Ebenso zeigten die photographischen Aufnahmen der Kometen 1893 II,
1893 IV, 1894 II Theilungen des Schweifes; bei dem Kometen 1895 IV beob-
achtete man einen Nebenschweif, der gegen den Hauptschweif um etwa 30°
geneigt war, und überdies eine fächerförmige Ausstrahlung gegen die Sonne zu.
Eine besonders bemerkenswerthe Erschei nung bot sich bei dem Kometen
1894 1 dar; dieser Komet hatte eine fächerförmige Coma, welche sich nur in der
zur Sonne senkrechten Richtung in einen kurzen, schwachen Schweif von
etwa 2' Länge und 1' Breite fortsetzte.
Dass die Schweiflänge bei den verschiedenen Kometen variirt, wurde schon
erwähnt; allein besonders bemerkenswerth sind noch die Veränderungen in der
Schweiflänge eines und desselben Kometen. Im allgemeinen hängt dieselbe von
der Intensität des Schweifes und von der Vergrößerung des bei der Beobachtung
verwendeten Instrumentes ab. Je stärker die Vergrösserung, desto mehr wird
das schwache, nebelartige Licht des Kometen zerstreut, geschwächt, desto kürzer
erscheint der Schweif, während bei lichtstarken Objekten selbstverständlich starke
Vergrösserungen den entgegengesetzten Effekt hervorbringen. Aehnliches gilt natür-
lich auch von den mit freiem Auge angestellten Beobachtungen; je schärfer das
Auge des Beobachters, desto weiter wird er den Schweif verfolgen können, desto
länger wird er den Schweif sehen. So erklären sich die untereinander oft so
widersprechenden Angaben Uber die beobachtete Länge der Kometenschweife.
Die Länge der Schweife ist jedoch nicht constant, sondern wechselt von
Tag zu Tag; ganz ausserordentliche tägliche Veränderungen zeigte z. B. der
Komet 1893 II. Allein viel merkwürdiger sind diejenigen Veränderungen, welche
sich innerhalb weniger Secunden an dem Schweife zeigen : Fluctuiren, Schiessen,
Spielen. Wohl die älteste Beobachtung dieser Art ist die von Cysatus an dem
Kometen (37) gemachte. Hevel berichtet über die Beobachtung von Cysatus
am 4 Dezember 1618, dass der ganze Schweif des Kometen fluctuirte, und die
Strahlen des Schweifes von dem Kopfe des Kometen wegschössen und sich dann
plötzlich zusammenzogen, so dass der ursprünglich an seinem äussersten Ende
mehr spitzige Schweif auseinandergezogen und besenartig zerstreut war. *Coma
Cometac tota ßuetuabat, quasi vento leviter agitata; radii quoque Comae e capite
avibrabantur, subitoquc retrahebantur . . . ita fiebat haec radiorum e capite Cometac
ejacuiatio, ut deniqut Coma alias in extremo acutior multum dilataretur et scoparum
instar spargeretur*. l ). Ein solches Fluctuiren und Schiessen im Kometenschweite
hatte Schröter bei dem Kometen von 1807 und bei demjenigen von 1811
beobachtet. Endlich wurden ähnliche Erscheinungen bei dem Kometen 1893 IV
auf photographischem Wege constarirt. Die mannigfachen Photographien weisen
Veränderungen auf, welche mit Rauchsäulen verglichen werden können, die sich
in den umgebenden Raum hinaus zerstreuen '•*).
Zu diesen Fluctuationen im eigentlichen Schweife gesellen sich mitunter
Erscheinungen in der Coma, welche als »Ausströmungen« bezeichnet und auch
seit Brssel als Ursache dieser Fluctuationen angesehen wurden. Bessel be-
schreibt diese Erscheinung 3 ) bei dem HALLEv'schen Kometen in seiner Sonnen-
nähe 1835, am 2. Oktober, als eine »Ausströmung der Lichtmaterie aus dem
•) Cometopraghie, pag. 883. Hierzu ist zu bemerken, dass hier das Wort coma noch die
ältere Bezeichnung »Schweif« hat, indem der Kern mit der NebelhUlle, welche jetzt als Coma
bezeichnet werden, immer als <aput bezeichnet erscheint.
*) Vergl. Kjlkutz, Bericht Uber die Kometen ; Vierteljahrsschrift der Astron. Gesellschaft,
Bd. 29, pag. 64.
3 j Astron. Nachrichten, Bd. 13, pag 187; gesammelte Werke. I. Bd.. png 55.
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5«
Kometen und Meteore.
Kerne, welche einen Kreissector von etwa 90° bildete, beiläufig der Sonne zu-
gekehrt war und bis auf 12 bis 15" Entfernung von dem Mittelpunkte von dem
nebligen Grunde, auf welchem sie lag, unterschieden werden konnte . . . Am
8. Oktober heiterte es sich wieder auf . . . Die Ausströmung war stärker ge-
worden als am 2., der Winkel ihrer Ränder kleiner, etwa 45°; ich konnte
sie bis zu 15 bis 20" Entfernung von dem Mittelpunkte von dem hellen Grunde
unterscheiden, auf welchem sie lagt. Nach und nach wurde der Winkel an der
Spitze des Kegels, nach welchem die Ausströmung scheinbar stattfand, kleiner,
d. h. die Ausströmung mehr cylindrisch, jedoch nicht geradlinig begrenzt, sondern
etwas seitlich gekrümmt; am 12. Oktober war der Winkel der Begrenzung nahe
30°; >der Kern des Kometen und seine Ausströmung gewährten das Ansehen
einer brennenden Rakete, deren Schweif, durch Zugwind seitwärts abgelenkt wird«
(vergl. Taf. III, Fig. 1). Am 13. Oktober war das Aussehen, wie Taf. III, Fig. 2
zeigt, völlig verändert; an Stelle der Ausströmung »lag eine unbegrenzte Masse
von Lichtmaterie, links von dem Mittelpunkte.« Am folgenden Tage, dem 14. Oktober,
hatte sich aber (vergl. Taf. III, Fig. 3) die Lichtausströmung wieder hergestellt, und
blieb so mit grösseren Veränderungen bis zum 22. Oktober, an welchem Tage sie
die durch Taf. III, Fig. 4 dargestellte Form angenommen hatte. Diese war aber
am 25. Oktober wieder verschwunden, und an ihre Stelle eine der Lichtanhäufung
vom 13. Oktober ähnliche, aber weniger intensive und weniger ausgedehnte
Lichtanhäufung getreten. Zu bemerken ist dabei noch, dass der Komet während
der Zeit des Ausströmens einen besonderen Glanz entwickelte. Schon am
2. Oktober bemerkte Bessel eine starke Vermehrung des Glanzes; am 12. Oktober
erschien der Komet heller als die Sterne zweiter Grösse im grossen Bären; ebenso
am 13. Oktober; am 22. Oktober erschien er wie ein Stern dritter Grösse, und
am 25. »war der Kern des Kometen so glänzend, dass man ihn, als die Dämmerung
den Nebel noch fast unsichtbar machte, mit der schwächsten Vergrösserung des
Heliometers für einen Fixstern hätte halten können.«
Ganz ähnliche Ausströmungen wurden von Hejnsius bei dem Kometen von
1744 wahrgenommen 1 ), und in jüngster Zeit zeigte sich ein auffälliges Beispiel
derselben Art bei dem Kometen 1888 I. Am 21. Mai nahm die Helligkeit des
Kernes um 1 bis 2 Grössenklassen zu, und aus dem Kopfe des Kometen
schössen zwei sehr helle Ausläufer hervor, die sich kreislörmig nach beiden
Seiten umbogen (vergl. Taf. IV, Fig. 3) und den eigentlichen Schweif an Helligkeit
übertrafen. Bemerkt muss noch werden, dass der Lichtausbruch zwei Monate nach
dem Durchgange durch das Perihel stattfand.
Lichtausbrüche, welche sich durch mehr oder weniger schnelle, oft durch
plötzliche Vermehrung der Helligkeit des Kernes äussern, ohne das sonstige
Aussehen des Kometen wesentlich zu verändern, sind bereits mehrfach beob-
achtet worden.
Der Komet 1884 1 (No. 124) war bis zum 22. September 1883 sternartig,
von der 12. Grösse. Am 23. September stieg seine Helligkeit auf die 8. Grössen-
klasse; der Kern war aber dabei nach Schiaparelli nicht sternartig, sondern
hatte einen erkennbaren Durchmesser und verwaschene Conturen. Am 2 5. September
hatte sich der Kern ganz verloren, und der Komet bildete einen sehr hellen
Nebel; hierauf folgte rasche Abnahme der Helligkeit; am 1. Januar 1884 bildete
der Komet nach Beobachtungen in Potsdam einen feinen Lichtpunkt mit
schwacher Ausstrahlung; 1$ Stunden später war an Stelle des Kometen ein
») Bembl's Werke, Bd. I, pag. 64.
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Kometen und Meteore.
59
Stern 7. Grösse getreten; von 7* 20«- bis 8* 10* M. Z. Potsdam fand eine weitere
Zunahme der Helligkeit statt; dabei trat das continuirliche Spectrum ausser-
ordentlich stark hervor, während das Banden spectrum bedeutend zurücktrat.
Auch am 13. und 19. Januar war das continuirliche Spectrum besonders hell
(der Komet ging durch sein Perihel am 25. Januar).
Der Komet (321), entdeckt am 6. November 1892 bereits lange nach seinem
am 13. Juni erfolgten Periheldurchgange, wurde am 14. Januar 1893 noch als
ein mit Schwierigkeit zu erkennendes Object von Houch in Evanston gesehen;
am 16. Januar wurde er aber von Kobold in Strassburg, sodann in Nordamerika
wieder als ein fixsternartiges Object 8. Grösse mit einer Nebelhülle von 30"
Durchmesser gesehen, und am 23. Januar war seine Helligkeit noch 8. Grösse.
Obgleich die mächtige Schweifentwickelung der grossen, mit freiem Auge
sichtbaren Kometen jedenfalls zu den grossartigsten Naturschauspielen zu zählen
ist, so bieten sich für den Astronomen bei gewissen Kometen noch viel merk-
würdigere Erscheinungen dar: die Theilungen der Kometen.
Theilungen von Kometen wurden schon in doppelter Art beobachtet:
Theilungen des Kernes, wobei die sämmtlichen Kerne in derselben Nebelhülle
eingeschlossen waren, sodass der Kopf des Kometen aus einer Coona bestand,
in welcher sich mehrere Kerne befanden; und Theilungen des Kometen in
mehrere Theile, von denen jeder aus Coma und Kern bestand.
Offenbar können die bereits früher erwähnten Kometen mit mehreren Kernen,
sofern diese deutlich begrenzte Lichtpunkte bildeten, ebenfalls zu denjenigen
Kometen gerechnet werden, welche vielleicht ursprünglich ebenfalls nur einen
Kern hatten, bei denen man aber die Theilung nicht beobachten konnte, weil
sie vor dem Sichtbarwerden des Kometen stattfand.
Schon Aristoteles berichtet in seiner »Meteorologia« Kap. VI, dass Democrit
von der Erscheinung von in Sternen aufgelösten Kometen spricht Die Mittheilung
ist aber zu unbestimmt und von keiner anderen Seite bestätigt, um derselben
grosses Gewicht beizulegen. Ueberdies muss bemerkt werden, dass Theilungen
von Kometenkernen in Anbetracht der Kleinheit des Kopfes nicht wohl mit
freiem Auge wahrgenommen werden können 1 ).
Wohl die erste beobachtete Theilung eines Kernes ist die von Hevel in
seiner Kometographie 2 ) berichtete Theilung des Kometen von 1618. Die aus»
führlichsten Beobachtungen rühren von Cysatus her, der dieselben folgender*
maassen beschreibt:
Am 8. December war der Kern bedeutend grösser geworden und nicht mehr
rund, sondern in drei oder vier unregelmässige, kugelförmige Figuren getheilt,
die aber mit einander verbunden waren (quales solent apparerc Saturni comitts).
Am 17. December waren an Stelle des früher festen Kernes einige kleine
Sterne getreten, welche am 18. noch deutlich getrennt gesehen wurden.
Am 20. December. Der Kern scheint aus mehreren Sternen zu bestehen,
von denen sich drei durch besondere Helligkeit auszeichnen.
Am 24. December. Kern und Schweif wurden grösser, aber weniger hell;
von den drei hellen Punkten wurde nur mehr einer gesehen; die übrigen Kern-
punkte schienen an Zahl gewachsen, aber mehr zerstreut.
') Man beachte nur, dass schon ein ziemlich scharfes Auge dazu gehört, um die
Sterne » und 5 Lyrae, welche etwa 8$' von einander entfernt sind, oder selbst die beiden
Sterne o, und a, Capricorni, welche ca. 6J' von einander entfernt sind, getrennt zu sehen.
*) P**. 34«
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6o
Kometen und Meteore.
Auch Gottfried Wendelin hat eine Theilung in 3 oder 4 Theile gesehen 1 ).
In der ganzen folgenden Zeit blieben diese Beobachtungen ganz unbeachtet.
Erst 1846 trat eine noch viel auffälligere Erscheinung auf: die Theilung eines
Kometen in zwei andere, von denen jeder für sich einen vollkommenen Kometen
mit Coma und Kern darstellte. Es war der BiELA'sche Komet von 67 Jahren
Umlaufszeit, welcher nach seiner Erscheinung 1832, in welcher er nichts auffälliges
darbot (bei seinem Periheldurchgange im Jahre 1839 wurde er nicht gesehen) bei
seinem Wiedererscheinen 1845 (Periheldurchgang 1846 Februar 11.) in zwei
Kometen zerfiel. Schon am 19. December 1845 nahm Hind eine Verlängerung
des Kometen wahr; Encke sah den Kometen am 21. December noch ungetheilt;
erst am 29. December wurde er, zuerst in Amerika, bestimmt getheilt gesehen.
Mauky in Washington beobachtete noch einige Zeit nach der Theilung eine
eine Verbindung 2wischen beiden Kometen bildende Strahlenbrücke; die Ent-
fernung der beiden Kometen, von denen der kleinere nördlich voranging, stieg
bis zum 20. Februar auf 6' Distanz; Ende März war der kleinere unsichtbar
geworden, Mitte April auch der grössere, folgende. Bei der nächsten Wiederkehr
1852 wurde der Komet am 25. August von Secchi entdeckt, zunächst aber nur
einfach; erst am 15. September wurde, ebenfalls von Secchi, auch der andere
Theil in ^° Entfernung gefunden. Die Entfernung war also jetzt, entsprechend seiner
geocentrischen Distanz, auf 2^ Millionen Kilometer gestiegen; doch fanden sowohl
Hubbard als d'Arrest bei ihren Berechnungen der Beobachtungen, dass das
Maximum der Entfernung sowohl 1846 als 1852 im Perihel stattfand, d. h. dass
die Entfernung bis zum Perihel wuchs, und nachher während der Zeit der Beob-
achtungen wieder etwas abnahm.
Die beiden Theile wechselten wiederholt die Helligkeitsverhältnisse, waren
überhaupt ziemlich lichtschwach und schwierig zu sehen, und wurden nur in Rom,
Cambridge, Berlin und Pulkowa beobachtet. Am 28. September war der Komet
verschwunden, und ist in den folgenden Perihelien nicht wieder gesehen worden.
Ueber die muthmassliche Wiedererscheinung desselben im Jahre 1896 vergl.
pag. 73-
Das zweite bestimmte Beispiel eines Doppelkometen bot der Komet (216);
derselbe wurde am 26. Februar 1860 von Li Ais zu Olinda in Brasilien entdeckt,
konnte aber nur durch 7 Tage beobachtet werden. Pechüle hat aus den
Beobachtungen die Bahnen der beiden Köpfe gesondert berechnet.
Ein besonders auffälliges Beispiel von Kerntheilungen bot der Komet (281);
er ging am 17. September 1882 durch sein Perihel in einer Entfernung von
0*00775 Erdbahnhalbaxen, d. i. nahe 1157000 km vom Sonnenmittelpunkte, also
fast in Berührung mit der Sonnenoberfläche. Er erschien so hell, dass er
bei Tage in der Nähe der Sonne gesehen wurde. Finlay und Elkin beob-
achteten am Cap der guten Hoffnung am 17. September seine Berührung mit
dem Sonnenrande. Beide beobachteten den Eintritt des Kometen in die Sonnen-
scheibe wie ein Verschwinden hinter der Sonne; auf dieser war keine Spur
•) Hier muss auch der Erscheinung des Kometen von 1652 gedacht werden, von welchem
Hevel berichtet, dass er in Amerika von Pater Joh. Könige, und auch in Europa bei seinem
Erscheinen, aus mehreren Kometen bestehend gesehen wurde, die sich später vereinigten
(1. c. pag. 351). Dass der Komet mehrere Kerne hatte, wurde allerdings auch von Hevel
selbst (ibid. pag. 889) und von Bl'LLlALous (ibid. pag. 890) beobachtet; allein von einer
späteren Vereinigung der Kerne ist dabei keine Rede. Auch sind Erscheinungen dieser Art später
nie wieder beobachtet worden, und muss diese Thatsache vorläußg bis auf weitere Bestätigungen
mit grosser Reserve aufgenommen werden.
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Kometen und Meteore.
61
des Kometen zu sehen, während die Rechnung ergab, dass die Beobachtung einem
Durchgange des Kometen vor der Sonnenscheibe entsprach. Finlay verfolgte
den Kometen an einem sechszölligen Aequatoreal von 4* 40** M. Z. Cap; um
4* 50"» 58* M. Z. Cap war der Komet plötzlich verschwunden; 3 Secunden
später glaubte er noch einen Schimmer desselben zu sehen, aber war dessen
nicht mehr sicher. Elkin beobachtete am Heliometer das Verschwinden des
Kometen am Sonnenrande um 4* 50*» 52*; 4' vorher war der Komet noch deut-
lich zu sehen er vergleicht die Beobachtung mit der Bedeckung eines Sternes
4. Grösse durch den hellen Mondrand.
Statt der zahlreichen Beobachtungen über die Theilung des Kernes genügt
es, die folgende Zusammenfassung der Erscheinungen von Kreutz anzuführen 1 ):
>Bei der Entdeckung des Kometen September 8. war der Kern durchaus rund,
10" — 15" im Durchmesser. Mit der Annäherung an die Sonne nahm derselbe
eine stetig sternähnlichere Gestalt an; September 17., £ Stunde vor dem Eintritt
in die Sonnenscheibe, betrug der Durchmesser nur mehr 4", desgleichen am
nächsten Tage bei Gelegenheit des Durchganges durch den Meridian am Cap
der guten Hoffnung; September 21 0 M. Z. Berlin wird der Kern zuerst von
de Bernardieres als oval notirt. September 22 - 2 betrug nach den Messungen
Schäberle's die Ausdehnung desselben in der Längsaxe 11 " 9, in der Breitcn-
axe 4" 8.
Gegen Ende des Monats wurde die Verlängerung allgemein bemerkt;
Sept. 30*7 entdeckte Finlay zuerst zwei Lichiballen im Kopfe des Kometen und
damit die ersten Anzeichen der vor sich gehenden Trennung des Kerns in
einzelne Punkte.
Die weitere Entwickelung in den Monaten October und November wird von
den Beobachtern je nach der optischen Kraft ihrer Femröhre abweichend
geschildert. Die Zahl der sichtbaren Kernpunkte variirt zwischen 2 und 6, stets
aber waren die im nachfolgenden mit (2) und (3) bezeichneten*) bei Weitem die
hellsten, und von beiden wieder (2) der hellere. Die Identificirung der von den
verschiedenen Beobachtern gesehenen Punkte unter einander ist nicht immer
leicht . . . Von den einzelnen Beschreibungen scheint mir die von Eddie in
Grahamstown am besten die Entwickelung der Kernpunkte wiederzugeben.
Vom Monat Dezember ab waren die einzelnen Kernpunkte, so weit über-
haupt das Schwächerwerden der ganzen Nebelmasse ihre Sichtbarkeit noch er-
laubte, in Folge der zunehmenden Ausdehnung der ganzen Kernlinie viel leichter
von einander zu unterscheiden als früher, und ihre Identification kann von jetzt
ab keinen Schwierigkeiten mehr unterliegen. Die relative Helligkeit der einzelnen
Punkte erlitt insofern gegen früher eine Aenderung, als jetzt allmählich der
Punkt (3) den Punkt (2) an Helligkeit erreichte und ihn übertraf, sodass derselbe
in der späteren Sichtbarkeitsperiode im Gegensatz zu den früheren Beobachtungen
fast ausschliesslich den Ortsbestimmungen zu Grunde gelegt wurde. Charakte-
ristisch ist noch die zunehmende Entfernung der Punkte (1) und (2), die nach
und nach die relativen Entfernungen der anderen Punkte untereinander bei
weitem überwog. Im Laufe des Monats März 1883 wurden auch für die stärksten
Femröhre die Punkte unsichtbar; die wenigen Ortsbestimmungen, welche noch
angestellt wurden, beziehen sich meistens auf eine schwache Verdichtung nahe
der Mitte der Kemlinie . . . Dass die Länge der Kernlinie bei den verschiedenen
0 »Untersuchungen Uber das Kometensystem 1843 >88o I und 1882 II«, I. Thcil, pag. 93-
>) VcrgL die Fig. 2Ö4.
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Kometen und Meteore.
Beobachtungen so sehr variirt, darf bei der Unbestimmtheit der Enden derselben
nicht weiter befremdenc.
Ausser dieser Kerntheilung, welche nur im Fernrohr sichtbar war, traten
bei diesem Kometen überdies Nebenkometen auf, die, wenigstens theilweise,
Süd
Anblick des Kometen im umkehrenden Fernrohre
für östliche Stundenwinkel für westliche Stundenwinkel
(Aufgang Tor der Sonne; vor dem (Untergang nach der Sonne; nach dem
Periheldurchgange) Periheldurchgange)
nach Kreutz (> Untersuchungen Uber das Kometensystem 1843I, 1880I und 1 88211c).
(A. 234.)
sogar mit dem freien Auge gesehen wurden. Am 5. Oktober soll sich der Komet
angeblich in Escuintla (Guatemala) vor den Augen der Passagiere eines Dampfers
in fünf deutliche Körper zertheiit haben. An demselben Tage um 4* Morgens,
l\ h früher, sah Markwick in Pietermaritzburg südlich, dem Kopfe vorangehend,
in einer Entfernung von 1^° zwei nebelartige Gebilde, die er aber an den
späteren Tagen nicht mehr finden konnte. Am 10., 11. und 12. Oktober Morgens
sah Schmidt in Athen einen Nebel, der an der Bewegung des Hauptkometen
im Grossen und Ganzen theilnahm, sich aber von diesem täglich um etwa 1°
entfernte. Diesen Nebenkometen bemerkte Hartwig ebenfalls mit einem
kleinen Handfernrohre auf der Reise nach Buenos Ayres, an Bord des Dampfers
»Petropolis«.
Am 14. Oktober morgens sah Barnard in Nashville südwestlich von dem
Kometen in der Entfernung von etwa 6° sechs teleskopische Nebel mit Anzeichen
von Verdichtungen in der Mitte.
Am 31. Oktober bemerkte Brooks in Phelps 8° östlich vom Kometen
einen schwachen Nebel von etwa 2° Länge, mit einer deutlichen Verdichtung
an der gegen die Sonne zu gerichteten Seite; diesen Nebel sah er nochmals
am 22. Oktober, obzwar bedeutend schwächer und kleiner.
Endlich sah de Oliveira-Lacaille am 16. November in Olinda (Pernambuco),
6° südlich vom Kometen eine kleine Nebelmasse von sphärischer Form und
schwacher Verdichtung in der Mitte.
Der Komet 1883 I zeigte Anfangs April nach Pritchett im Kopfe zwei sehr
nahe bei einander liegende Concentrationspunkte.
Der bereits wegen seiner bedeutenden Aenderungen im Schweife erwähnte
Komet 1888 1 war auch in dieser Richtung merkwürdig. Am 19. März sah
Charlois in Nizza nebst dem Hauptkern 8. Grösse einen zweiten Kern 11. Grösse,
und am 27. März Cruls in Rio de Janeiro noch einen dritten Kern. Alle drei
Kerne waren von einer gemeinschaftlichen Coma umgeben. Bei dem Lichtausbruche
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Kometen und Meteore.
vom 21. Mai blieben die drei Kernpunkte unverändert sichtbar; sie wurden
zum letzten Male am 4. Juni, wieder von Charlois in Nizza gesehen.
Auch bei dem Kometen 1889 IV trat nach Ricco in Palermo Anfangs August
eine Verdoppelung Hes Kerns, am n. August eine Dreilheilung auf.
Auch mag bemerkt werden, dass die bereits erwähnten Lichtanschwellungen,
welche die photographischen Aufnahmen der beiden Kometen 1892 I und 1892 m
zeigten, hierher zu zählen sind. Mehrfache, isolirte, also wahrscheinlich plötzlich
auftretende und rasch verschwindende Nebelmassen in der Nähe des Schweifes,
ähnlich denjenigen bei dem Kometen (281), wurden auch bei den photographischen
Aufnahmen des Kometen 1893 IV beobachtet
Getrennte, den Hauptkometen begleitende Kometen wurden beobachtet bei
dem in mehrfacher Beziehung interessanten Kometen (309). Am 1. August 1889
hatte Barnard in Nashville zwei Begleiter des Hauptkometen A gefunden, welche
er B, C nannte; jeder der beiden Begleiter hatte einen sehr kleinen Kern in
einem kleinen Kopfe (a very small nuclcus and condensation in a very small
head) x ) und einen kurzen, feinen Schweif, und bot so ein vollständiges Abbild
des grossen Kometen dar. Es war absolut keine nebelartige Verbindung
(nebulous conneetion) zwischen dem Kometen und den Begleitern, weder zur Zeit
der Entdeckung noch jemals später, weder in dem 12-Zöller noch in dem
36 Zöller zu sehen. Aug. 4. entdeckte Barnard noch zwei andere Begleiter D
und E, welche bedeutend schwächer waren und nur in der Nacht der Entdeckung
gemessen, später nur selten und schwer gesehen wurden.
Vom 1.— 5. Aug. entfernte sich B v. A tägl. um 0"'93; v. 16.— 24. Aug. tägl. um 0"20
u » n Cy.A „ ,, 1 ''72; „ ,, „ 2 "76
Die Entfernungen betrugen: Aug. 3: BA = 66" 48 Aug. 28: BA «= 73"22
CA = 263"46 CA = 328"'4.4
Am 4. August war die Entfernung CD «= 78"; CE = 156".
Der hellste von den Begleitern war C; am 2. August hatte C bereits die
Helligkeit von \A, wurde immer heller, und war Ende August heller als der
Hauptkomet A, obzwar bedeutend kleiner. Seit Mitte September wurde er
immer grösser, aber minder hell und verschwand Ende November. B war An-
fangs etwas heller als C, verlor aber bereits Mitte August an Helligkeit, und
verschwand schon Mitte September.
Der Komet wurde im nächsten Jahre nochmals in der Opposition beobachtet,
von den Nebenkometen wurde aber dabei keine Spur gesehen.
Für den Kometen (281) hatte Kreutz 16 verschiedene Elementensysteme
abgeleitet, je nachdem der Schwerpunkt in den verschiedenen Kernpunkten an-
genommen wurde, die Beobachtungen vor der Theilung ausgeschlossen oder
berücksichtigt wurden, u. s. w., denn die Kenntniss des wahren Schwerpunktes
des Systems konnte selbstverständlich aus den Beobachtungen nicht erlangt
werden. Allein dem Wesen nach kommt diese Untersuchung darauf hinaus, die
Bahnen der einzelnen Kernpunkte zu untersuchen 2 ); die Resultate sind im
Folgenden zusammengestellt'):
*) Astronomical Journal, Bd. 9, png. 77.
*) Es ist dabei zu beachten, dass die Cogffkienten der Normalgleichungen fili alle Kern-
punkte dieselben sind, und nur die absoluten Glieder um die Rectascensions- bezw. Deklinations-
Differenz der beiden Punkte zu ändern sind; es wird dieses sofort klar, wenn man bedenkt,
dass z. B. die Bahn des Punktes (3) aus derjenigen des Punktes (2) so erhalten werden kann,
als ob die Beobachtungen von (2) um die Beobacbtungsdifferenzeo (8) — (2) fehlerhaft wären.
») Krxutz, 1. c, II. TheU, pag. 35 ff.
Uigitized uy
Kometen und Meteore.
Elemente mit Berücksichtigung aller Beobachtungen für diePo-
(*) (3) (*>
17261308 17-261298 17 26 12*1
69°35'16" 0 69 c 35'14"-2 69° 35' 2'
(I)')
y— 1882 Sept. 17-261318
»= 69° 35' 15"-4
ü - 346 0 39 9
/= 141 59 45-3
= 7-8893086
e = 0-9998987
a = 76-67
U*= 671-3 Jahre
346 0 38 8
141 59 44-2
7-8893177
0-9999078
8414
771-8 Jahre
17-261298
69° 35' 14"-2
346 0 33 4
141 59 42-5
7-8893361
09999152
91-48
875-0 Jahre
346 0 20*6 .
141 59 3*4 l:
7-8892472
0-9999199
9700
955-2 Jahre
Elemente mit Ausschluss
(!)«)
7-= 1882 Sept. 17-259805
« = 69°35'24"-5
= 346 0 42-7
i = 141 59 44-6
log q mm 7-8895744
e = 0-9998982
a = 76 22
U = 665-6 Jahre
der Beobachtungen vor
die Punkte:
(3)
17-260737
69°35'45"-5
346 0 56 5
(S)
17-262826
69° 34' 35" 0
345 59 58-7
141 59 32-2
7-8889619
0-9999077
83-98
769-7 Jahre
141 59 48-7
7-8897746
0-9999158
92-30
886-8 Jahre
der Theilac:
(4)»)
17-259659
69° 35' 34"-2| "
346 O 42-7 J
14i 59 44-6 Ij
7-8897581
0-9999206
97-80
967 2 Jahre
Aus den Beobachtungen vor der Theilung ergab sich für den ungetbe.
Kern:
T= 1882 Sept. 17-2611872
co = 69° 34' 26"-3
ft = 346 0 52-9
/= 141 59 42 0
)
Mittl. Aequ.
1882-0
= 7-8888971
e = 0-9999407
a = 130 9
U= 1497 Jahre
Man sieht hieraus, dass nach der Theilung jeder der Kernpunkte eine an::
Bahn beschrieb. Der Haupteinflnss der Theilung zeigt sich auf die Excentn.
und mit dieser, da die Periheldistanz nur unwesentlichen Veränderungen ur
werfen ist, auf die grosse Axe und die Umlaufszeit. In dieser Richtung ^
ist bemerkenswerth, dass man nahe dieselben Werthe erhält, ob man die Be
achtungen eines Kernpunktes mit Rücksicht auf die Beobachtungen vor .
Theilung oder auch mit Ausschluss dieser Beobachtungen bestimmte, dass j
für die verschiedenen Kernpunkte die Differenz sich nicht in demselben S:r
ergab. Die Excentricität war am kleinsten für den der Sonne nächstgeleef
Kernpunkt, und um so grösser, je weiter der Punkt von der Sonne entfernt
ein Resultat, welches a priori erklärlich ist, da man, wenn nicht die Resuh
durch Beobachtungsfehler entstellt sind, für den von der Sonne entfernteren Pur r
eine grössere Umlaufszeit finden muss. Man kann nämlich annehmen, das> '
') Mit (1) ist dabei der der Sonne nächste Kernpunkt bezeichnet (vergl. Fig. 254).
*) Bei diesen Bahnen der Punkte (1) und (4) wurden dabei für die Lage der Bahn kf''
Conectionen gesucht; und / sind daher die Ausgangsclementc. Die Bezeichnung -
Elemente ist die allgemein übliche, = Länge des aufsteigenden Knotens, i = Neigung
Bahn, «0 = Abstand des Ferihcls vom Knoten, « — Länge des Perihels ; a = halbe gr<*-
Axe, t — Excentricität, p = Parameter, q = Periheldistanz, 7"= Zeit des Periheldurchgaag?
U es Umlaufszeit.
\
V
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Kometen und Meteore.
65
rihel die Kernpunkte noch dieselbe Geschwindigkeit v hatten; da nun (vergl.
»allgemeine Einleitung in die Astronomiec, pag. 135)
1 = 1 - v *
a r
so wird a umso grösser, je grösser r ist, und da
5t, so werden bei grossen Werthen von a und kleinen r die Unterschiede
den grossen Axen sehr beträchtlich. Nimmt man a = 88 und für das Perihel
r = log q 7 889, so wird Aa = 260000000 oder für Iq = 0 000001 8 ent-
echend einer Aenderung von log q um eine Einheit der 4. Decimale wird
= 471; eine derartig starke Diffeienz zeigt sich aus den Beobachtungen nicht.
Aus dem Gange der Differenzen in den Excentricitäten kann man aber
gern, dass ein in der Nähe von (2) gegen (3) hin gelegener Punkt eine
\\t\ beschrieb, die sich sowohl unter Berücksichtigung als unter Ausschluss der
:obachtungen vor der Theilung vollständig identisch ergeben würde; da jedoch
e Bahn vor der Theilung eine wesentlich verschiedene war, so lässt sich hier-
is immerhin noch kein weiterer Schluss auf die Lage des Schwerpunktes ziehen,
enn für den Schwerpunkt müsste sich e' en die Bahn vor und nach der Theilung
entisch ergeben; die Differenz kann aber von der Wirkung äusserer Kräfte,
älche möglicherweise auch als Ursache der Theilung anzusehen sind, herrühren,
id müsste sich, wenn die Beobachtungen vor der Theilung hinreichend zahl-
ich wären, um die Elemente aus dieser Zeit für genügend sicher zu halten,
)llständig heben lassen, wobei auch unter Bestimmung der wirkenden Kraft die
ifferenzen zwischen den Bahnen der einzelnen Kernpunkte erklärt würde.
Bei dem Kometen (309) war die Theilung nicht beobachtet worden; die
ebenkometen waren schon als Begleiter entdeckt worden. Chandler be-
immte nun die Bahnen der Nebenkometen l ). Für die Elemente des Haupt-
ometen A wurde angenommen:
T= 1889 Sept. 30 0119 M. Z. Greenw. e = 0 470704
ir = 1° 26' 17" 3 \ w . , A a = 3 684682
Ä- 17 58 45-3 M '"^ e n qU - 1950229
1= 6 4 10-5 ) ,ÖJUÜ £/= 7 0730 Jahre
Für den Begleiter C waren 155 Positionen, über den Zeitraum von 114 Tagen
erthcilt, und von 16 Beobachtern beobachtet, gegeben; viel weniger gut waT der
legleiter B bestimmt; für diesen waren nur 23 Beobachtungen auf der
ternwarte und 6 Beobachtungen von Wien, verthcilt auf einen Zeitra.in
5 Tagen, vorhanden, wobei nebst der Kürze der Zeit noch der zu-t-i:* - -----
itand auftrat, dass die Beobachtungen vom Mount Hamilton und Wun * • ^
inder stark abwichen.
Für den Begleiter C ergab sich das Resultat, dass die iMfir^^ _ :.
ind gegen die Bahn des Hauptkometen verschwindend kleu. «-3—
nimmt daher an, dass A& = A/ = 0 wäre, woraus der -. j-. — -
Kraft, welche die Trennung bewirkte, in der Bahnebene wrr_^ -
Voraussetzung folgt für den Begleiter C:
') Aslronomical Journal, Bd. 10, pag. 153.
*) Eine Voraussetzung, welche auch schon toii IIüs:— t ■ ~ "**
Elemente IV unter der Annahme eines
VALnrrona, Astronomie. IL
66
Kometen und Meteore.
A7 = - (K2?21 ; A? = — 0000245
A<o = — 555"46; = 0.
Für den Begleiter B nimmt Chandler sofort an, dass die Bahnlage nicht
geändert wurde; unter dieser Voraussetzung findet sich:
Aco = -f- 32"-95 -I- 1588 03 AT; A* = — 0000456 — 00006551 dT
A? = — 0 000153 — 0O014133 A7t
Nun wurde auch hier die Voraussetzung gemacht, dass die Form der Bahn
dieselbe ist, also A* = 0 wäre; dann folgt:
AT- — 0*697 A? = -f- 0-000831
Aco = - 1074".
Dass hier der Einfluss von e viel geringer ist als bei dem Kometen (2*1)
hat seinen Grund in der Form der Bahn selbst: der Komet (309) beschreibt
eine Ellipse mit kurzer Umlaufszeit, wobei auch starke Aenderungen in der
Excentricität nicht so merklich hervortreten.
Unter der Annahme, dass die Theilung in der Bahnebene selbst statt
gefunden habe, leitet Bredichin für den Begleiter E dessen Bahn ab und findet
A7'= + 7*3987 A(x = -f- 0"-000225
Ar = -+- 3° 18* 32" A? = -h T 57"-3.
Berechnet man die Schnittpunkte der Bahnen der beiden Begleiter C und L
mit dem Hauptkometen, so findet man für beide nahe denselben Punkt in der
Nähe des Aphels 1 ). Die Entfernung des Aphels ist aber für diesen Kometen
a (1 -+- e) = 5 42, also sehr nahe gleich der Entfernung des Jupiter; in dei
That war der Komet im Jahre 1886 dem Jupiter sehr nahe gekommen, unc
hatte durch diesen bedeutende Störungen in seiner Bahn erfahren, und ist es
daher denkbar, dass auch die Theilung des Kometen durch die Wirkung des
Jupiter hervorgebracht worden war.
i
Die Kometen erscheinen auf kurze Zeit und verschwinden meist, um nie
wiederzukehren: ihre Bahnen sind sehr nahe parabolisch. Sie scheinen daher
nicht dem Sonnensysteme anzugehören, sondern fremde, im Welträume herum-
irrende Körper zu sein, welche nur dann sichtbar werden, wenn sie in da»
Bereich der Sonne gelangen, so dass die Anziehung derselben hinreichend
kräftig ist, nicht nur um ihre etwaige geradlinige Bahn abzulenken, sondern auch,
um sie soweit anzuziehen, dass sie in die Sonnennähe kommen und hier durch
die Wirkung der Sonne (Licht, Wärme etc.) sichtbar werden. Aber nicht nur
die Sonne übt eine anziehende Kraft auf die Kometen aus; eine qualitativ
gleiche, aber nach Maassgabe der Masse viel schwächere Anziehung üben auch
die Planeten aus, und es ist daher möglich, dass auch durch die Anziehung der
Planeten, bei hinreichender Annäherung an einen derselben, der Komet der Sonne j
zugeführt, in eine weit geringere Periheldistanz gebracht wird. Es sind daher irr
Folgenden Wirkungen zweierlei Arten zu untersuchen: die Wirkungen der Sonne
und diejenigen der Planeten.
Die Wirkung der Sonne äussert sich zunächst durch die allgemeine
Attracrion als eine den Kometen dem Sonnensysteme näher bringende Kraft
') Der Werth dieser Berechnung darf nicht zu hoch angeschlagen werden; denn bei der
kleinen Verschiedenheit der drei Bahnen hat man es nothwendig mit sehr schiefen Schnitten
xu thun, die natuigeroäss keinesfalls auf irgend welche Sicherheit Anspruch erheben können.
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Kometen und Meteore. 67
Bahn, welche der Komet um die Sonne beschreiben wird, hängt nur ab
der Geschwindigkeit, welche er in einer gewissen Entfernung hat; ist v die
Geschwindigkeit des Kometen in der Entfernung r, so würde die grosse Axe
der Bahn bestimmt durch
und die Bahn wird eine Ellipse, Parabel oder Hyperbel, je nachdem sich a positiv,
Null oder negativ ergiebt. Unter der Annahme, dass v alle möglichen Werthe
haben kann, würde es also auf den ersten Blick scheinen, dass alle möglichen
Bahnen gleich wahrscheinlich wären. Dabei ist aber zu beachten, dass für r
ein bestimmter Werth nicht wohl angenommen werden kann; wo beginnt denn
eigentlich die Wirkung der Sonne auf den Kometen merkbar zu werden? Strenge
genommen wirkt die Sonne, sowie jeder Körper auf jeden anderen selbst in un-
endlicher Entfernung, nur mit ausserordentlich geringer, der Null gleich zu
setzender Intensität. Die Bahn des Kometen kann dann noch immer geradlinig,
oder wenigstens äusserst nahe geradlinig bleiben, mit so geringen Abweichungen,
dass dieselben sich der Beobachtung, wenn eine solche möglich wäre, völlig
entziehen würden ; aber eine Wirkung ist vorhanden. Aus diesem Grunde muss
also für v die Geschwindigkeit in der geradlinigen, noch nicht von der Sonne
gestörten Bahn des Kometen, also für r der Werth 00 gesetzt werden; dann
wird ~ = — v*, d. h. alle Kometenbahnen würden hyperbolisch sein.
Betrachtet man aber die Bahnelemente der beobachteten Kometen 1 ), so
wird man eine verhältnissmässig sehr geringe Anzahl von hyperbolischen Bahnen
finden. Dieses hat bereits Laplack veranlasst, unter Anwendung der Wahr-
scheinlichkeitsrechnung zu untersuchen, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht,
dass eine Kometenbahn hyperbolisch sei; er findet diese Wahrscheinlichkeit
äusserst gering 2 ), indem unter 8264 Kometen nur immer eine hyperbolische
Bahn beschrieben wird, deren grosse Halbaxe gleich oder kleiner als 100 wäre,
d. h. welche sich von der grossen Halbaxe <v (Parabel) merklich entfernt. Die
späteren Untersuchungen von Schiaparelli 3 ;, Seeliger 4 ), Niessl 8 ) u. A., welche
mehr oder weniger weitgehende Voraussetzungen über die Vertheilung der Kometen-
bahnen, deren Perihele, über die Eigenbewegung des Sonnensystems etc. machen,
führten zu theilweise einander widersprechenden Resultaten Uber die Wahr-
scheinlichkeit des Auftretens von Bahnen der drei verschiedenen Kegelschnitts-
formen. Eine befriedigende, in dem Sinne der durch die Beobachtungen ge-
gebenen Erfahrungen liegende Beantwortung der Frage ist bisher unter der An-
nahme des stellaren, d. i. nicht zum Sonnensysteme gehörigen Charakters der
Kometen noch nicht gegeben: die Beobachtungen ergaben bisher ein merk-
würdiges Hervortreten einer bestimmten, speciellen Bahnform, in welcher Ver-
theilung allerdings durch die in neuester Zeit entdeckten Kometen eine kleine
Verschiebung einzutreten beginnt.
») Vergl. hierin das Kometenverzeichniss am Schlüsse des Werkes.
*) Coimaissanees des Tenpa für 1816, pag. 213.
*) Entwurf einer astronomischen Theorie der Sternschnuppen, pag. a6i.
«) Astron. Nachrichten No. 2968.
») Astron. Nachrichten No. 8224.
5 #
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68
Kometen und Meteore.
Von den 578 erwähnten Kometen, welche bis 1709 gesehen worden waren 1 ),
sind nur für 135 Erscheinungen zusammen 122 Bahnen berechnet, indem sich 13 Er-
scheinungen auf den periodischen HAi.LEY'schen Kometen und 2 Erscheinungen
auf den periodischen PoNS-ENCKE'schen Kometen beziehen. Unter diesen
122 Bahnen sind 8 elliptisch mit grossen Halbaxen kleiner als 10, 5 elliptisch
mit grossen Halbaxen grösser als 10, und 2 hyperbolisch. Ueber die 284 Er-
scheinungen bis 1895 giebt die folgende Tabelle Aufschluss.
In der Zeit
Von 1801 bis 1830
„ 1831 „ 1850
„ 185 1 „ 1860
„ 1861 „ 1870
„ 1871 „ 1880
„ 1881 „ 1890
„ 1891 „ 1895
-° c E
a 4» o
V
U
w
■u
7
1U
10
7
13
10
7
wurden Kometen entdeckt, deren Bahnen sind:
Ellipsen mit Halbaxen
kleiner
als 10
2
3
1
2
l
8
gTösser
als 10
11
12
12
6
8
9
3
Parabeln
Hyperbeln
25
21
16
20
17
24
8
2
2
parabel-
ähnliche
Bahnen
33
30
26
25
35
11
£
ß
E
«
c/j
3
NJ
47
46
41
35
39
53
23
Zusammen
22
61
131
6
198
284
Hierzu muss noch erwähnt werden, dass ausser den hier angeführten noch
einige Versuche gemacht wurden, für einzelne Kometen die Beobachtungen
durch hyperbolische Bahnen besser darzustellen. Alle berechneten Hyperbeln
unterscheiden sich von den Parabeln so wenig, dass sie als parabelähnlich zu
bezeichnen sind: dasselbe gilt von denjenigen Ellipsen, welche in der Columne
>Ellipsen mit Halbaxen grösser als 10« aufgenommen sind, wenngleich hier die
Grenze etwas weiter hinausgeschoben hätte werden können. Unter diesen 61
elliptischen Bahnen sind 9 mit einer Umlaufszeit von weniger als 100 Jahren;
es sind die folgenden:
1) Komet (19); der HALLEY'sche Komet; im Jahre 1682 von Flamsteed am
25. August zuerst beobachtet (nachdem derselbe schon am 23. August von den
Jesuiten in Orleans gesehen worden war). Seine Bahn wurde von Halley be-
rechnet, welcher aus der Aehnlichkeit der Elemente mit denjenigen des
von Apian 1531 und von Kepler und Loncomontan 1607 beobachteten Ko-
meten auf die Identität derselben schloss, und seine Wiederkehr tür 1759
vorhersagte. In der That wurde er, zuerst am 25. und 27. December 1758 von
einem Landmanne, Palitzsch, bei Dresden, gesehen, so dass die Zusammen-
gehörigkeit der vier Erscheinungen von 1531, 1607, 1682 und 1759 unzweifelhaft
festgestellt war. Laugier berechnete aus diesen 4 Erscheinungen Elemente,
mit denen er die Berechnung des Kometen zurück verfolgte und die Identität
desselben mit älteren Erscheinungen festzustellen versuchte. Später wurden diese
Rechnungen von Hind wieder aufgenommen; aus den Jahren 1456, 1378, 1301,
') Für die Zeit von 1800 bis 1895 sind nur diejenigen Kometen berücksichtigt, deren
Bahnen bestimmt worden sind; einzelne Kometen, welche nur einmal gesehen wurden, deren
Bahn daher nicht bestimmt werden konnte, wurden, wie schon erwähnt, nicht mitgerechnet. Dahin
gehören : der Sonnenfinstcrnisskomet von 1882 Mai 16, 1893 April 16; ein von M. Wolf auf
den photo graphischen Platten 1892 März 19. und 20. gesehenes Object u. s. w., welche in der
Zusammenstellung nicht aufgenommen sind.
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Kometen uml Meteore. 69
1223, 1145, 1066, 989, 912, 837, 760, 684, 608, 530, 451, 373, 295, 218, 141,
66 n. Chr. Geb. und 12 v. Chr. Geb. sind die Bahnen der Kometen 1456 und
1378, ferner die Bahnen der Kometen aus den Jahren 1301, 1066, 989, 837, 141
und 66 n. Chr. Geb. und vom Jahre 12 v. Chr. Geb. thatsächlich, soweit die
rohen Beobachtungen die Resultate als zuverlässig zu betrachten gestatten, von
der Bahn des HALLEY'schen Kometen nicht allzu verschieden, obgleich einzelne
etwas stärkere Abweichungen zeigen.
Die Vorausberechnung ergab eine Wiederkehr für 1835, in welchem Jahre
er von Dumouchel in Rom am 5. August wieder aufgefunden wurde. Ueber seine
Erscheinung in diesem Jahre wurde bereits gesprochen; die Folgerungen, zu
welchen Bessel gelangte, werden weiterhin besprochen werden. Seine Ele-
mente 1 ) sind:
7*«= 1835 November 16. q = 0 586
k = 165° 48' e = 0-967
Ä = 55 10 a = 18
1 = 162 15 U~ 76 Jahre.
Die nächste Wiederkehr wird 191 1 stattfinden.
2) Komet (124) Pons-Brooks; am 20. Juli 1812 von Pons entdeckt. Aus
seinen Beobachtungen 1812 fand Encke, dass die Bewegung in einer sehr ge-
streckten Ellipse stattfand; die von ihm gefundenen Elemente ergaben eine Ellipse
von nahe 71 Jahren Umlaufszeit; vor seiner Wiederkehr 1883 wurde die Rechnung
neuerdings von Schulhof und Bossert in Paris aufgenommen, welche für den-
selben eine sehr ausgedehnte Aufsuchungsephemeride gaben. Indessen wurde er
unabhängig von dieser Ephemeride am 1. September 1883 von Brooks in Phelps
wieder entdeckt. Ueber die an demselben beobachteten Lichtausbrüche s. pag. 58.
Die Elemente von Schulhof und Bossert sind:
T = 1884 Januar 26. q = 0 7757
ic — 93° 17'-2 e = 09550
ft = 254 57 a = 1724
* = 74 2 6 Ur= 71-56 Jahre.
Die nächste Wiederkehr wird
1955 stattfinden.
3) Komet (127); der OxBERS'sche Komet, den 6. März 181 5 von Olbers
entdeckt. Auch dieser Komet wurde bald als elliptisch erkannt; vor seiner
Wiederkehr wurde die Berechnung von Ginzei. in Wien wieder aufgenommen,
der ebenfalls sehr ausgedehnte Aufsuchungsephemeriden gab; er wurde, nachdem
er schon 1886 vielfach aber vergeblich gesucht worden war, am 24. August 1887
von Brooks in Phelps, ebenfalls unabhängig von der Ephemetide, neu entdeckt.
Die aus den beiden Erscheinungen abgeleiteten Elemente sind:
r*= 1887 October8. q= 11991
ir = 149° 52-5
ß= 84 32 3
i = 44 343
e = 0-9311
M,ttl. Aequ. a= n . 41
1890 0 ^ = 72-64 Jahre.
Die nächste Wiederkehr wird i960 stattfinden.
•) Hier sowie im folgenden, wenn nichts besonderes erwähnt ist. Mittlere»
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7o
Kometen und Meteore.
4) Komet (172): der de Vico'sche Komet 1846 IV entdeckt 1846 Februar 20.
5)
6)
7)
8)
9)
>>
11
(181):
(193):
(238) :
(239) :
(270):
„ BROKSKN'sche
„ WESTPHAL'sche
„ TFMPEL'sche
„ Coc(iiA'sche
„ GouijVsche
1»
1847 V
1852 IV
(8661
1867 I
1880 I
11
1847 Juü 20.
1852 Juli 24.
1865 December 19.
1867 Januar 22.
18S0 Februar 4.
sämmtlich nach ihren Entdeckern benannt; ihre Elemente sind:
Komet
T
a
i
1
e
a
u
Zu erwartende
Wiederkehr
172
1846 März s
90° 27'
77° 33'
85° 6'
0-6638
09022
17-6
*
73-7
1919
181
1 847 September 9
79 8
309 50
19 9
0-4883
0-9739
18 7
811
1928
193
1852 October 13
43 14
346 10
40 55
1-2500
0-9190
15-4
. 60-7
1913
238
1866 Januar 11
42 24
231 26
162 42
09765
0-9054
10-3
33-2
1899
239
1867 Januar ao
75 59
78 28
18 13
1-5773
0-8654
1 1-7
401
1907
270
1880 Januar 27
74 14
356 19
143 8
00059
09995
IM
36-9
1917
Bei den letzten 6 Kometen ist daher die Umlaufszeit noch nicht durch die
beobachtete Wiederkehr bestätigt, doch wird bei allen schon am Ende dieses
oder im Anfange des nächsten Jahrhunderts diese Bestätigung erfolgen können.
Der Komet (238) hat ein erhöhtes Interesse durch seinen Zusammenhang mit
den Sternschnuppen, und der Komet (270) durch seinen Zusammenhang mit den
Kometen 1843 I, 1882 II und 1887 I, filr welchen Fall jedoch für den letzteren
die von Gould und Kreutz berechneten parabolischen Bahnen eine grössere
Wahrscheinlichkeit haben (vergl. auch pag. 55).
Für die Kometen mit kurzer Umlaufszeit soll zunächst eine Zusammenstellung
ihrer Elemente bei ihrer Entdeckung und bei ihrer letzten Erscheinung gegeben
werden.
£
"C
:Num.d.GALLK-
sehen Verreich.
Jahr und OidA
, nungsnumm.
d. Erscheinung^
1
45
1678
1
164
1844 I
2
65
1743 I
3
79
1766 II
4
81
1770 I
5
84
1772
5
r»
1852 III A
5
1852 III B
i-
92
1783
7
96
1786 I
7
96
1895 I
8
102
1790 II
8
102
1858 I
8
102
1885 IV ;
9
131
1819 III !
9
131
1858 II
9
131
1893 rv
7
M. B. 2t*
hgq
9
•4I322
342
August 18
Sept. 2-5
Januar 8 2 I 93
April 27 0 |25l
August 13 G 356
Febr. I6'7
Sept. 23 7
Sept. 24-0
Nov. 20 0
Januar 30'9
Febr. 4 77
Januar 28- 3
Febr. 23 6
Sept. 1118
Juli 18-9
Mai 2-07
Juni 30-93
1 10
109
108
50
156
158
III
115
116
274
275
276
°48'
30-8
19-6
13
16- 8
18G
5-3
58-3
17- 4
38
4232
45
51 r»
63
63
86
74
131
257
245
245
55
334
334
207
269
28-98|269
41 113
389
11 07
113
104
'20'
49-6
545
11
590
15-6
496
53-5
40-5
8
44-8. r .
9
3- 2
4202
11
318
4- 62
2
2
1
8
1
17
12
12
4:>
13
12
56
54
54
10
10
52' 0-O589 38«
54-8 0 0742 38
53 7 9 9353 46
2 9-6010 59
34-5 9-8289 51
31 9 9939 46
33'5 99346 49
33 8 9 9318 49
6-9 0 1 641 33
36 [9 5248 'ö8
54 -4C 9-53284 57
58
24-2
19-75
43
482
50'
7-5
9-8
46
49-4
25-7
2-6
7-4
32*1
2
48-23
]n-4872
0-4914
0-4901
0-4674
0-4988
0-5538
0-5458
0-5476
0-5133
0-3440
0-34597
U
Jahr.
55
00267
00109
0 01061.55
9 8885 |49
9-8859 49
10-5 0-7578
14-38|0759Ü8J
2-5 0-4997
0-7 0-4965
14 31-57 9-9477 1|46 8308|o-50994
659" -6
649-9
6528
706- 1
633-6
5240
538-7
53.V3
588-9
1081-4
1074- 108
258-97
257-865
631-6
638-7
609-672
53S
5-46
5 44
503
5- 60
6- 77
6-59
663
602
3-27
3-30
13-70
13-76
5-62
5-56
682
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Kometen und Meteore.
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16 244
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17
18
19
21
20
244
251
251
277 '
285
286
486
21 293
22
22
295
295
23309
24310
25316
26 321
27|322
28327
29 329
30|380
1819 IV
1843 m
1881 I
»846 III
1879 I
1846 VI
1851 n
1890 V
1867 n
1879 UI
1869 III
1891 V
1873 II
1894 III
1881 V
1884 II
1884 III
1891 II
1886 IV
1886 VII
1893 m
1889 V
1889 VI
1890 VII
1892 m
1892 V
1894 I
1894 IV
1895 II
T
M. B. Z.
Nov. 20-3
Octob. 17-2
Januar 22 7
Febr. 25 4
März 30-6
Juni 1-2
Juli 8-7
Sept. 17 5
Mai 23 9
Mai 7-2
Nov. 18-8
Nov. 150
Juni 25-2
April 23-3
Sept. 13 4
August 16*5
Nov. 17.8
Septemb.3'5
Juni 6-6
Nov. 22-4
Juli 122
Sept. 30-4
Nov. 29-6
Octob. 26-5
Juni 18-2
Dec. 110
Febr. 9 5
Octobcrl2-5
August 20-9
67
49
50
116
116
240
322
319
236
238
42
43
306
306
18
306
19
19
229
7
7
1
40
68
345
16
130
145
338
19
84-3
4878 209
28
141
76
570
14 57
10
16
59
14-27
6
33-8
110
10
77
209
102
101
260
148
146
101
78
296
296
120
14 9
29-3 11
35-42 II
41
190
290
25-5 i 13
16 53 15
30
29
30
1 ,9 9506 43
22- 5 !o 2285 33
19 67 024008 33
56 9 8130 52
23- 2 9-7707 54
24- 4 01843 1-16
55 4 KJ 0695 41
9
46
46
3125
57
65
5
206
54-2
90
18 5
10*73206
460 53
34-5 52
42-690 12190
6
0
5
5
12
25
46
24
01941
0-2482
00266
23-23[008607
45 0 1284
15 00 121 10 09 12 44-37 0 1305333
6
6
25
50-7
27-6
157
38
30
27
41
10
33
9-8607
01071
01964
56
35
34
22-28,25 14-57O-202 16 33
59-57
84-92
150
23-7
52
17
330
45
53-5 331
52-6
37-7
192
4-3
206
84
48
170
3-4
28-9
2772
59-07
860
5-3
41-2
88-7
21-8
446
181
12
3
3
6
10
12
20
31
5
■>
3
56 0 0 1261
1- 7
2- 03
411
149
99989
9-99526
0-29000
01315
12-5
81-8
57-9
0-3
50-4 0-2595
47 3 0-3303
01551
00597
01 438
01131
87
45
46
28
42
28
24
35
44
34
40
loga
22 4 jO-4547
46-6 0 5811
17-97
80-2
4-8
100
16-5
50-30
33-2
9-3
71
44-8
7-2
0-58592
0-4978
0-4916
0-7392
10-5376
0-55034
38-7 0-5037
0-5179
0-4927
44-730-49537
82-7 0-4777
26- 450-47836
0-6307
0-4888
0-5539
51- 680-55594]
27- 2 0-5329
52- 8 0-5485
0-820-54733
5- 10 0-56636
31- 2 0-6208
8-5 0-5866
1 1-9 0-5594
32- 2 0-5331
17-6 0-5802
521 0-5121
39-5 0-5710
736-9
476-8
468-942
635-7
6495
276-2
554 1
630-27-2
623- 1
593- 1
647- 1
641139
681-4
679-939
4017
657- 1
523-8
520- Ui
563- 1
5337
533 805
501-723
415-8
566-0
5139
562-8
478-4
605- 1
493-7
4- 82
7-44
7- 57
5- 58
6- 46
12 85
6 40
6-69
5-69
5-98
5-48
553
5 21
5-22
8- 83
5- 40
6- 77
6-82
6-30
6-65
6-62
707
8-53
6-88
6-90
6- 30
7- 42
5-86
719
1) Der la Hif:e-de Vico'sche Komet. Der Komet wurde 1678 von la Hfre
entdeckt, nach dieser Erscheinung aber nicht wiedergesehen. Die Aehnlichkeit
zwischen seinen Elementen und denjenigen des am 22. August 1844 von de Vico
entdeckten, veranlasste i.k Verrif.r und Brünnow zu einer genaueren Untersuchung,
welche die Identität der Kometen ausser Zweifel stellte. Nimmt man in der
Zwischenzeit 31 Umläufe, so wird die Umlaufszeit 5 36 Jahre. Seit 1844 ist der-
selbe aber wieder nicht mehr gesehen worden. In neuerer Zeit wurde auf die ent-
fernte Aehnlichkeit seiner Bahn mit denjenigen der periodischen Kometen (285) und
(295) hingewiesen. Der blosse Vergleich der Bahnen genügt dabei nicht, da wie bei
den Kometen (Sl), (286) und (309) bedeutende Störungen nicht ausgeschlossen sind.
Genauere Rechnungen von Kri;eoer und Boss ergaben auch, dass diese Kometen
nicht identisch wären. Mehr Aehnlichkeit zeigt seine Bahn mit der Bahn des
periodischen Kometen (329); nimmt man in diesem Falle 9 Umläufe des Kometen
an, so würde sich die Umlaufszeit zu 5 612 Jahre ergeben; die genaueren Unter-
suchungen von Schulhof hierüber sind noch nicht abgeschlossen, scheinen aber
die Identität zu bestätigen.
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7 i
Kometen und Meteore.
2) Der von Grischow 1743 entdeckte Komet wurde ebenfalls später nicht
wiedergesehen. Clausen, der seine Bahn berechnete, hält ihn jedoch für identisch
mit dem periodischen Kometen (132) und ist der Meinung, dass die beträchtlichen
Aenderungen durch eine Störung des Jupiter bewirkt wurden, welcher die Umlaufs-
zeit von 673 Jahre (vor 1758) auf 5*60 Jahre (nach 1817) vermindert hätte (vergl.
auch pag. 90).
3) Auch dieser, am 1. April 1766 von Helfenzrieder entdeckte Komet, ist
nicht wiedergesehen worden. Man hat neuerdings die Vermuthung ausgesprochen,
dass der Komet identisch wäre mit dem periodischen Kometen (131); mehr
Wahrscheinlichkeit hat die Annahme der Identität mit dem Kometen (277) oder
(293), immerhin unter der Voraussetzung von bedeutenden Störungen; ausführliche
Untersuchungen hierüber sind noch nicht angestellt.
4) Für den von Messier am 14. Juni 1770 entdeckten Kometen hatte bereits
der erste Berechner Lexell, nach welchem der Komet auch der LEXELL'sche
Komet genannt wird, eine Umlaufszeit von 5£ Jahren gefunden ; man warf daher die
Frage auf, warum er nicht früher gesehen worden war. Als er dann bei seiner
in den Jahren 1776 und 1781 erwarteten Wiederkehr nicht gesehen wuide musste
der Grund hierfür angegeben werden. Zweifel an der Ellipticität der Bahn, an
der Güte der Beobachtungen, veranlassten, dass die Frage wiederholt von ver-
schiedenen Berechnern insbesondere von Burckhardt aufgenommen wurde.
La place hatte als Ursache eine starke Annäherung des Kometen an Jupiter ge-
funden, durch welchen derselbe im Jahre 1767 aus einer nahe parabolischen Bahn
in jene elliptische übergeführt worden war, welche sich aus seinen Beobachtungen
im Jahre 1770 ergeben halte, in welcher er aber nur bis 1779 blieb, in welchem
Jahre neuerdings eine so bedeutende Annäherung des Kometen an Jupiter stattfand,
dass seine elliptische Bahn wieder vollständig umgestaltet wurde.
Die Apheldistanz dieses Kometen ist in seiner elliptischen Bahn zwischen
1 767 — 1779, gleich 5*63, also etwas grösser als die grosse Halbaxe der Jupiters-
bahn. Steht nun Jupiter in der Richtung des Aphels, wenn der Komet dasselbe
passirt, so ist die Annäherung der beiden Körper so stark, dass die Wirkung
des Jupiter nicht mehr als Störung angesehen werden kann, indem sie die
Wirkung der Sonne Übertrifft, und Laplace wandte für die Untersuchung eine
Methode an, bei welcher die Bahn während der grossen Annäherung als eine
jovicentrische angesehen wird 1 ). Später wurden diese Arbeiten in weit ausge-
dehnterem Umfange von Le Verrier wieder aufgenommen 51 ). Da es denkbar ist,
dass einem gewissen Werthe eines Elementes, z. B. der Knotenlänge , andere
Elemente entsprechen, welche die mögliche Bahn des Kometen vor der ersten
Störung bezw. nach der zweiten grossen Störung innerhalb der zulässigen Beob-
achtungsfehler darstellen, so kann man die sämmtlichen möglichen Elementen-
systeme als Funktionen eines Elementes darstellen, oder, wie dieses Le Verrier
that, alle Elemente von einem gewissen Parameter (unabhängige Variable), welchen
er ft nennt und welcher mit der Genauigkeit der Beobachtungen zusammenhängt,
abhängig machen. Le Verrier fand so, dass unter den bis dahin entdeckten
Kometen kein mit dem LEXELL'schen identischer sein könne. Erst in neuerer
Zeit wurden durch die Untersuchungen Chandler's über den Kometen 309 (s.
hierüber das später Über die Störungen durch Jupiter Gesagte) auf die mögliche
Identität dieser beiden Kometen aufmerksam gemacht.
') Vergl. den Art. »Mechanik des Himmels« § 68.
') Annales de l'Observatoire de Paris; T. Iii.
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Kometen und Meteore.
5) Der BiELA'sche Komet wurde 1772 von Montaigne am 8. März entdeckt
und von Messier viermal beobachtet, u. z. am 26. 27. 30. März und 1. April.
Die erste Bahnbestimmung war daher äusserst unsicher. Die Aehnlichkeit der
Elemente mit denjenigen des am 10. November 1805 von Pons entdeckten Kometen
(1806 I) war nicht auffällig genug, dass er schon in dieser Erscheinung als perio-
disch erkannt worden wäre, obzwar Gauss bei seiner Bahnbestimmung bereits auf
eine stark elliptische Bahn geführt worden war. Der am 27. Februar 1826 von
Biela zu Josefstadt in Böhmen und unabhängig von diesem am 9. März von
Gambart in Marseille entdeckte Komet wurde aber bald von beiden als identisch
mit demjenigen von 1806 erkannt, und dadurch wurden beide auch auf die Identität
derselben mit dem Kometen von 1772 geführt. Bei seiner nächsten Wiederkehr
wurde er am 25. August 1832 nach der von Biela vorausgerechneten Ephemeride
im Collegio Romano wiedergefunden. Hlbbard und d'Arrest, welche für die nächste
Erscheinung die Vorausberechnung Übernahmen, fanden nahe identische Bahnen.
Ueber seine späteren Erscheinungen in den Jahren 1846 und 1852 wurde bereits
gesprochen. Eine Schwierigkeit bei der Bahnbestimmung ergab die bereits er-
wähnte Thatsache, dass die Entfernung der beiden Köpfe im Perihel ein rela-
tives Maximum erreichte. Auch schliessen sich die beiden Bahnen nicht voll-
kommen den beiden Kometentheilen an. Als der Komet im Jahre 1859, wie
man damals annahm, wegen der sehr ungünstigen Stellung des Kometen nicht
beobachtet wurde, setzte man grosse Hoffnungen auf die Wiederkehr desselben
im Jahre 1865 behufs genauerer Bestimmung der Bahnen. Allein, wie schon
erwähnt, ist der Komet seither nicht wiedergesehen worden. Zwar hatte im Jahre
1865 am 4. November Talmace, am 5. Hind, am 9. Buckhincham, am 18. Barber
und bei der Erscheinung 1872, von Klinkerfues aufmerksam gemacht, Pocson in
Madras am 2. December in der Nähe des Ortes, wo der Kometsich befinden musste,
einen kometenartigen Nebel gesehen, allein alle diese Beobachtungen ergaben,
mit der Ephemeride verglichen, so bedeutende Unterschiede, dass man das beob-
achtete Object nicht mit dem BiELA'schen Kometen identificiren kann.
Am 8. Dezember 1896 wurde von Perrine ein Komet entdeckt, für welchen
Ristenpart die folgenden elliptischen Elemente berechnete:
T= 1896 November 24 7433
t: = 50° 21' 37" 7
= 246° 24' 7" 2
< = 13° 50' 41 "1
log q = 0 0464 12
? = 44° 12* 27" 3
u. = 503"490
log a = 0 565344
Umlaufszeit 7 047 Jahre,
aus welchen er sofort auf die Aehnlichkeit mit dem BiELA'schen Kometen geführt
wurde. Doch bleibt vorerst ohne ausführliche Störungsrechnung, bei denen in
erster Linie die Wirkung der Erde in Betracht zu ziehen ist, der grosse Unter-
schied in der Lage des Perihels sowie in der Durchgangszeit durch das Perihel
noch unaufgeklärt, und muss erst die genauere Rechnung, bei denen zunächst
eine engere Verbindung der Erscheinungen von 1846 und 1852 unerlässlich ist,
darüber entscheiden ob der erwähnte Komet mit dem BiELA'schen identisch ist
oder sich nur in seiner ursprünglichen, später durch Erdstörungen modificirten
Bahn bewegt. Dass der Komet zur Zeit der grössten Störung, also in der
Mittl. Aequin. 1897 0
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74
Kometen und Meteore.
grössten Erdnähe, nicht hat beobachtet werden können, kann nicht gegen die
Identität sprechen, da er in seinen früheren Erscheinungen an Intensität verlor ;
auch spricht dafür, dass er 1896 erst nach seinem Periheldurchgange w also wahr-
scheinlich in Folge eines plötzlichen Anwachsens der Intensität, entdeckt wurde.
6) Der von Pigott am ig. November 1783 entdeckte Komet unterscheidet
sich von den anderen kurz periodischen Kometen wesentlich durch die grosse
Neigung; eine noch grössere Neigung hat nur der Komet (102), der aber schon
den Uebergang zu den lang periodischen bildet. Der Komet ist seither nicht
wiedergesehen worden, und kann auch nicht leicht ohne ausführliche Störungs-
rechnungen mit einem anderen Kometen verglichen werden.
7) Der Encke'scIic Komet. Der Komet wurde von Mechain am 17. Januar
1786 entdeckt und ausserdem nur noch einmal am 19. Januar von Mechain und
Messier beobachtet; an eine Bahnbestimmung war daher damals gar nicht zu
denken. Als Encke die Berechnung des am 26. November 18 j 8 von Pons ent-
deckten Kometen übernahm, wurde er auf eine Ellipse von 1207 Tagen Umlaufszeit
gelührt, woraus er auf die Identität desselben mit dem von Bouvard, Pons und
Huth am 19. Oktober 1805 entdeckten, ferner mit dem von Miss Caroline
Herrschel im Jahre 1795 entdeckten aber nur vom 7. bis 27. November beob-
achteten Kometen geführt wurde; eine weitere Zurückrechnung ergab, dass auch
die Beobachtung des Kometen 1786 I diesem Kometen angehöre.
Der Komet, welcher übrigens lichtschwach und nur teleskopisch ist, wurde
seitdem fast bei jedem Periheldurchgange beobachtet: 1822 in der ersten voraus-
berechneten Wiederkehr wurde er von Dunlop in Paramatta aufgefunden und
von Rümker daselbst vom 2. bis 29. Juni beobachtet; 1825 wurde er von Valz in
Nimes am 13. Juli wiedergefunden; 1829 von Encke in Berlin am 7. Oktober,
1832 von Mossotti in Buenos-Ayres am i.Juni, 1835 von Kreil in Mailand am
22. Juli; 1838 am 16. September und 1842 am 8. Februar von Encke in Berlin;
1845 am 4. Juli in Washington; 1848 von Bond in Cambridge U. S. am 27. August;
1852 von Vogel in Bishops Observatory in London am 9. Januar; 1855 von
Maclear am Cap am 12. Juli; 1858 am 7. August und 1861 am 4. October von
Förster in Berlin; 1865 Febtuar 13 von Bruiins und Engelmann in Leipzig;
1868 Juli 17 und 1871 September 19 von Winnrcke in Karlsruhe; 1875 Januar 26
von Holden und Tuttle in Washington; 1878 August 3 von Tebbutt in Windsor;
1881 August 20 von Winnecke in Strasshurg; 1884 Dezember 13 von Tempel in
Arcetri; 1888 Juli 8 von Tebbutt in Windsor; 1891 August 1 von Barnard auf
dem Mount Hamilton; 1895 gleichzeitig von Wolf in Heidelberg und Perrotin in
Nizza. Seine Vorausberechnung hatte später v. Asten, und in letzter Zeit Backlund
übernommen; seine nächste Wiederkehr ist für das Jahr 1898 zu erwarten.
Die zahlreichen Beobachtungen dieses Kometen ermöglichten selbstverständlich
eine äusserst genaue Bahnbestimmung; dabei zeigte es sich aber, dass sich seine
Umlaufszeit stetig, um ungefähr 3 Stunden für jeden Umlauf verkürzt. Encke
wurde hierdurch auf die Einwirkung eines widerstehenden Mittels geführt,
worüber ausführlich in der »Mechanik des Himmels« gesprochen werden wird.
8) Für den am 9. Januar 1790 von MEchain entdeckten Kometen ergaben
sich die in der Tabelle angegebenen parabolischen Elemente. Der von Tuttle
am 4. Januar 1858 in Cambridge U. S. und unabhängig von diesem am 11. Januar
von Bruhns in Berlin entdeckte Komet erwies sich gleich nach der ersten Bahn-
bestimmung als identisch mit dem Kometen 1790 II, so dass inzwischen 5 Umläufe
stattgefunden hatten, und die Umlaufszeit 13 7 Jahre beträgt. Der Komet wurde
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Kometen und Meteore.
75
in der nächsten Erscheinung 187 1 am 12. Oktober von Borelly in Marseille und am \
1 5. Oktober von Winnecke in Kalsruhe wieder aufgefunden und am 8. August 18S5 von [
Perkotin und Chari.ois in Nizza. Für die letzte Erscheinung hatte die Bearbeitung \
Kahts übernommen. Die nächste Wiedelkehr ist für das Jahr 1890 zu erwarten.
9) Der WiNNECKE'sche Komet; entdeckt im Jahre 1819 von Pons am 12. Juni,
wurde für denselben von Encke eine elliptische Bahn gerechnet. In ganz der-
selben Weise wie beim TurrLE'schen Kometen und im selben Jahre, unmittelbar
nach der Entdeckung des Kometen 1858 I wurde dieser Komet von Winnecke in
Bonn am 8. März 1858 entdeckt und als identisch mit dem Kometen 1819 III erkannt.
Unter der Annahme von 7 Umläufen seit 1819 wurde Winnecke auf eine Bahn von
5 54 Jahren Umlaufszeit geführt. Bei dem nächsten Periheldurchgange 1864 wurde er
nicht gesehen; 1869 wurde er am 9. April von Winnecke in Karlsruhe wieder auf-
gefunden, sodann 1875 Februar 1 von Borelly in Marseille, 1886 August 19 von
Finlay am Cap, endlich 1892 März 18 von Spitaler in Wien. Die nächste
Wiederkehr ist 1898 zu erwarten.
10) Der Komet wurde am 27. November 1819 von Blanpain in Marseille
entdeckt, später aber nicht wiedergesehen. Ueber die Versuche Clausens ihn
mit dem Kometen (65) zu identificiren, s. pag. 90. In neuerer Zeit ist auf die
mögliche Identität mit dem Kometen (316) hingewiesen worden.
11) Der FAYE'sche Komet; gleich nach seiner Entdeckung 1843 November 22
durch Fayk, als elliptisch erkannt. Die genauere Bahn ergab sich erst nach den Er-
scheinungen 1851, wo er nach den in der Tabelle mitgetheilten Le-VERRiER'schen
Elementen von Challis in Cambrigde (England) am 28. November 1850 und 1858,
wo er von Bruhns in Berlin am 7. September aufgefunden wurde. Die Verbindung
dieser Erscheinungen schien anfänglich nach den Rechnungen von Axel Möller
ebenfalls (die Berücksichtigung der Störungen durch ein widerstehendes Mittel
zu fordern. 1865 wurde er nicht beobachtet, in der Erscheinung 1873 wurde er
von Stephan in Marseille am 3. September wieder aufgefunden, sodann 1880
August 2 von Common in Ealing (1881 I); in der Erscheinung 1888 wurde er
nach Aufsuchungsephemeriden von Kreutz, denen die MöLLER'schen Elemente zu
Grunde liegen, Aug. 9 von Perrotin in Nizza und in der letzten Erscheinung 1896
nach einer genäherten Ephemeride von Engström, welche ebenfalls nach den
MöLLER'schen Elementen abgeleitet war, am 26. September 1895 von Javelle in
Nizza aufgefunden.
12) Der BRORSEN'sche Komet; sofort nach seiner am 26. Februar 1846 durch
Broksen in Kiel erfolgten Entdeckung als elliptisch erkannt; bei seiner ersten
Wiedererscheinung 1851 wurde er nicht gesehen ; erst in der folgenden Erscheinung
1857 wurde er von Bruhns am 18. März neuerdings entdeckt, während die Ephe-
meridein Folge der nach van Galens Elementen zu kleinen mittleren Bewegung(623")
den Periheldurchgang zu spät angab. Für die Erscheinungen des BKORSEN'schen
Kometen giebt Kreutz 1 ) die folgende Zusammenstellung: Die Erscheinungen des
Kometen theilen sich wegen der fast genau 5.1 Jahre betragenden Umlaufszeit in
Frühjahrs- und Herbsterscheinungen. Gut zu beobachten ist er nur in den ersteren.
Im Jahre 1857 war aber seine theoretische Helligkeit 11 ) kleiner als die Hallte der-
jenigen der ersten Erscheinung im Jahre 1846; nichtsdestoweniger wurde er be-
deutend heller gesehen. Schmidt, damals in Olmütz, glaubte den Kometen
sogar 1857 April 8 bis 12 mit blossem Auge gesehen zu haben. In der nächsten
l ) Viertcljahrshcft <l. Astron. Gcscllsch. Bd. 26, pag. 76.
») Ucber die Helligkeit, vcrgl. pag. 77.
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76
Kometen und Meteore.
Herbsterscheinung 1862 wurde er nicht wahrgenommen; 1868 wurde er von
Schmidt in Athen wieder aufgefunden; in der nächsten Herbsterscheinung winde er
am 31. August 1873 von Stephan in Marseille wieder aufgefunden; der Komet war
diffus, ohne merkbare (Kondensation; seine Helligkeit war ^ dei jenigen der ersten Kr-
scheinung 1846, thatsächlich war er aber, wahrscheinlich in Folge seiner ungünstigen
Stellung, noch viel schwächer. 1879 wurde er, wieder im Frühjahr am 14. Januar
von Tempel in Arcetri aufgefunden, mehrere Wochen nach dem Periheldurch-
gange zeigte er eine rapide Lichtzunahme und eine VergrÖsserung des Kernes,
eine Erscheinung, die übrigens auch schon, wenn auch weniger decidirt in
den früheren Erscheinungen wahrgenommen worden war. In der Herbster-
scheinung 1884 wurde er nicht gefunden, aber ebensowenig in der Frühjahrs-
erscheinung 1890, obgleich seine Stellung in diesem Jahre nahe so günstig
war, wie 1846; in der Herbsterscheinung 1895 war seine Stellung besonders
ungünstig; die nächste Wiedererscheinung ist für das Frühjahr 1900 zu erwarten.
13) Der Komet wurde von C. H. F. Peters am 26. Juni in Neapel entdeckt;
er wurde nur in dieser einen Erscheinung beobachtet, später nicht wiedergesehen.
Zu bemerken ist übrigens dass diese Bahn aus Beobachtungen abgeleitet ist,
welche im Ganzen einen Zeitraum von kaum einen Monat umfassen.
14) Der d'ARREST'sche Komet; am 27. Juni 1851 von d'ARREST in
Leipzig entdeckt und bereits in der ersten Erscheinung als elliptisch erkannt;
in der nächsten Erscheinung 1857 am 5. December am Cap wieder aufgefunden,
sodann, nachdem er in der nächsten Erscheinung nicht gesehen wurde, 1870
August 31 von Winnecke in Karlsruhe aufgefunden, 1877 Juli 9 von Tempel in
Arcetri, 1890 Oktober 6 von Barnard auf der Licksternwarte. Der Komet war
in seiner Erscheinung 1890 ungefähr unter denselben Umständen sichtbar, wie
bei seiner Erscheinung 1870; die Periheldurchgänge fielen auf 1870 September 22,
und 1890 September 17; dennoch wurde er im Jahre 1890 nur mit grosser Mühe
gefunden; lange blieb das Suchen erfolglos, bis er, schon nach dem Perihel-
durchgange, am 6. October von Barnard gefunden wurde. Der Komet hat
daher ausserordentlich an Lichtstärke verloren. Die nächste Wiederkehr ist 1897
zu erwarten.
■
15) Der erste TEMPEL'sche periodische Komet, mit kurzer Umlaufszeit : Tempel t
entdeckt von Tempel am 3. April 1867 in Marseille; er wurde in der nächsten
Erscheinung 1873 von Stephan in Marseille am 3. April wiedergefunden, sodann
1879 April 24 von seinem ersten Entdecker Tempel in Arcetri. Bei den folgenden
Periheldurchgängen 1885 und 1892 wurde er nicht aufgefunden, die nächste
Wiederkehr ist 1897/8 zu erwarten.
16) Der dritte TEMPEL'sche Komet: Tempel, - Swift: entdeckt am
27. November 1869 von Tempel in Marseille. Die Ellipticität seiner Bahn
wurde nicht gleich bei der ersten Bahnbestimmung erkannt, wenn auch die
Abweichungen von der Parabel schon damals angedeutet waren. Bei dem
nächsten Periheldurchgang wurde er nicht beobachtet und erst durch die Ueber^
einstimmung seiner Bahn mit derjenigen des am 10. Oktober 1880 von Swift in
Rochester entdeckten Kometen wurde er als periodisch erkannt (die Bezeichnung
Tempel, war inzwischen für den von Tempel entdeckten periodischen Kometen
1873 II gewählt worden). Die Berechnung des Kometen wurde sodann von
Schulhof und Bossert durchgeführt. Bei seinem Periheldurchgange 1886 wurde
er jedoch nicht gefunden; 1891 wurde er am 27. September von Barnard auf dem
Mount Hamilton wieder autgefunden; seine nächste Wiederkehr findet im Früh-
jahr 1897 statt; da aber die Frühjahrserscheinungen bei diesem Kometen sehr
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Kometen und Meteore. 77
ungünstig sind, so dürfte er nur unter besonders günstigen Helligkeitsverhältnissen
gesehen werden, und erst im Herbst 1902 kann seine Wiederkehr mit Sicherheit
erwartet werden.
17) Der periodische Komet Tempel,, entdeckt am 3. Juli 1873 von Tempel
in Mailand, wiedergefunden 1878 von dem ersten Entdecker Tempel, in Arcetri
am 19. Juli und 1894 von Finlay am Cap als äusserst schwache, kreisrunde Nebel-
masse von 1' Durchmesser. Nächste Wiederkehr: 1899.
18) Der erste DENNmc'sche Komet 1 ); wurde bei seinem zweiten Perihel-
durchgange 1890 nicht gesehen; nächste Erscheinung 1898/9.
19) Der erste BARNARD sche Komet wurde bei seinen folgenden Perihel-
durchgängen 1890 und 1895 nicht gesehen; nächste Erscheinung 1900.
20) Der WoLF'sche Komet wurde bei seinem zweiten Periheldurchgange
1891 von Spitäler in Wien wieder aufgefunden; über seine Störungen durch
Jupiter wird später gesprochen. Nächste Wiederkehr 1898.
21) Der erste BROOKS'sche Komet wurde bei seinem zweiten Periheldurchgange
1892 nicht wiedergefunden; nächste Wiederkehr: 1899.
22) Der FmLAv'sche Komet; in seinem zweiten Periheldurchgange 1893 von
Finlay selbst am Cap wiedergefunden; nächste Wiederkehr 1900.
23) Der periodische Komet Brooks, hatte eine ungewöhnlich lange Sicht-
barkeitsdauer, und sind die von Balschingkr abgeleiteten Elemente bereits
sehr nahe richtig. In der zweiten Erscheinung wurde er am 20. Juni 1896 von
Javelle in Nizza wieder aufgefunden. Ueber die Begleiter wurde schon früher
gesprochen; seine Störungen durch Jupiter werden später behandelt.
Die folgenden 7 Kometen: (310) = Komet Swift,, (316) = Komet Spitaler,
(321) = Komet Holmes, (3*22) = Komet Barnard,, (327) = Komet Dennikg,,
(3*29) = Komet Swift,, (330) = Komet Swift, sind bisher erst in einem
Periheldurchgange beobachtet worden. Die nächsten Feriheldurchgänge fallen
bezw. für den Kometen (316) in das Jahr 1897; für (310) in das Jahr 1898; für
die Kometen (321) und (322) in das Jahr 1899; für den Kometen (329) in das
Jahr 1900, für den Kometen (327) in das Jahr 1901 und für den Kometen (330)
in das Jahr 1902.
Dass die Kometen nur in der Nähe des Perihels gesehen werden, hat seinen
Grund darin, dass sie in grösserer Entfernung von der Sonne zu lichtschwach
sind. Ihre Lichtintensität wird bestimmt durch die von der Sonne erhaltene
Lichtmenge, welche umgekehrt proportional dem Quadrate ihrer Entfernung r
von der Sonne ist; weiter ist für eine durch ihre Entfernung von der Sonne
bestimmte Lichtintensität die von der Erde gesehene Lichtstärke umgekehrt
proportional dem Quadrate der Entfernung A von der Erde. Ihre Helligkeit
wird daher
wobei H 0 die Helligkeit in der Entfernung 1 von der Sonne und Erde eine für
den Kometen (abgesehen von Helligkeitsänderungen, Lichtausbrüchen) constante
Grösse ist. Abweichungen von diesem Gesetze deuten auf Eigenlicht-Entwickelung.
Kometen werden daher nur in der Nähe ihrer Perihele entdeckt, und daher
kommt es aurh, dass die beobachteten Kometen überhaupt nur mässige Perihel-
distanzen haben. Vergleicht man die bis Ende 1895 beobachteten Kometen,
') Die Kometen nach ihren Entdeckern benannt.
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78 Kometen und Meteore-
deren Bahnen berechnet wurden, nach ihren Periheldistanzen, so erhält man ist
folgende Tabelle:
Periheldistanzen
zwischen 0 0 01 0 2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0 9 10 12 1 5 2*0 3i) 5'
Bis 1800*) 5 4 4 16 9 25 10 18 11 13 11 4 2 1 1
i8oibisi85o 533 15 3674 13 6 11 9 5 3-
1851 bis 1880 3 2 3 15 — 9 9 11 9 13 15 13 11 2 -
1881 bis 1895 3 1 272 1 5568 10 10 12 4-
Zusammen 16 10 12 58 14 41 31 38 39 40 47 36 30 10 1
Dabei sind jedoch die nach Ephemeriden gefundenen Kometen mit j:
rechnet; zählt man diese nicht mit, so ergiebt sich die folgende Tabelle,
welcher jedoch die wiederholten Erscheinungen desselben Kometen, falls die-
selbe nicht nach der Ephemeride wieder gefunden, sondern neu entdeckt wefc
mitgezählt sind*):
Periheldistanzen
zwischen 00 0 1 0-2 03 04 05 06 07 08 09 10 12 15 2*0 30
Bis 1800 1 )
5
4
4
16
9
25
10
18
11
13
11
4
2
1
I
1801 bis 1850
5
3
6
3
6
7
4
11
5
11
9
5
3
1851 bis 1880
3
2
3
6
5
9
11
8
13
14
10
6
2
1881 bis 1895
3
1
2
3
2
1
5
5
6
7
9
8
9
4
Zusammen
16
10
12
31
14
37
31
38
36
38
45
31
22
10
:
In diesen Zahlen zeigt sich auffallend die Wirkung der grösseren, lich
stärkeren Kometensucher. Bis 1800 fand sich das Maximum zwischen 05 ur:
10 der Periheldistanz; zwischen 1801 und 1880 zwischen 0 7 und 15; r.x-
1880 zwischen 0 9 und 2 0. Selbstverständlich kann diese Tabelle kein v
ständig getreues Bild geben, da ja viele Kometen in neuerer Zeit schon
vor ihrem Pcrihcldurchgange, andere erst nach demselben entdeckt wurdet
Noch weniger zeigt sich hierin die Wirkung der grossen Fernrohre der neur
Zeit, mit denen ja keine Kometen entdeckt werden. Doch zeigt sich die Wirker,
derselben in der Dauer der Beobachtung nach dem Periheldurchgange.
') Bei dem ersten Kometen von 372 vor Chr. Geb., dessen Bahn Oberhaupt nur genifcc*
bestimmt werden konnte, bleibt die Periheldistanz unsicher; man findet nur, dass sie •kleic« «
*) Speziell mögen die Kometen, deren Periheldistanz kleiner als 0*2 und jene, deiea
Periheldistanz grösser als 20 ist, angeführt werden.
1668 (>)\
: 0 005
1874 I :0 044
1830 JI : 0126
1826 II
: 2-008
1880 1 1
1816
: 0 048
1827 III : 0138
183SI
:2041
1680 1
1882 I
: 0 061
1851 IV : 0141
1854 I
: 2-045
«8431
: 0-006
1689
: 0 064
1582 : 0168
1890 IV
: 2-048
1887 I J
»593
: 0 089
1853 IV: 0173
1847 II
: 2115
1882 II
: 0-008
182t
: 0-U92
1577 : 0178
1892 III
: 2 139
1865 1
: 0 026
1780 I
: 0 099
1826 III : 0- 1 88 (?)
1855 I
: 2-194
1826 V
: 0 027
1665
:0 106
1895 IV : 0-192
1747
: 2199
1847 1
: 0-048
1769
: 0-123
1889 n
1885 H
17*9
: 2-255
: 2-507
: 4-043
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Kometen und Meteore.
79
Der erste Komet, der in einer zweiten Opposition beobachtet wurde 1 ), die
nicht mit seinem Periheldurchgange zusammenfiel, war der Komet 1811 I, der
von Wisniewski in Neu Tscherkask im Jahre 1812 beobachtet wurde, wo er von
seinem Perihele bereits sehr weit entfernt war. Die Beobachtungen des Kometen
1882 II bilden nach dem Durchgange desselben vor der Sonnenscheibe am
17. September eine ununterbrochene Reihe bis Mitte März 1883, obzwar er schon
am 4. Januar 1883 in Opposition war. Der Komet 1889 I wurde in der zweiten
Opposition 1890 März 28 in Wien wieder aufgefunden, und der Komet 1889 V
wurde in der zweiten Opposition 1890, in welcher die Entfernung des Kometen
von der Sonne bereits 3 8, diejenige von der Erde 2 8 Erdbahnhalbaxen war,
wiedergesehen, und bis 1891 Januar 1 beobachtet, sodass dessen Beobachtungen
vom ersten Periheldurchgange bis zu seinem Verschwinden einen Zeitraum von
556 Tagen umfasst.
Besonders bemerkenswerth jedoch ist die Thatsache, dass die Bahnen mit
grossen Periheldistanzen seit 1881 weniger die parabolischen als die elliptischen
Kometen mit kurzer Umlaufszeit betreffen.
Von den seit 1881 entdeckten periodischen Kometen sind zwei mit Perihel-
distanzen kleiner als l (davon einer, dessen Perihcldistanz sehr nahe gleich 1 ist),
und 11 mit solchen grösser als 1. Es hängt dieses damit zusammen, dass die
Excentricitäten dieser Kometen immer massig sind, sodass die Bahnen derselben
denjenigen der Planeten ähnlicher werden.
Vergleicht man die periodischen Kometen mit den kleinen Planeten, so
findet man übrigens nicht nur diesen einen Berührungspunkt zwischen denselben.
In erster Linie tritt der Umstand hervor, dass die Halbaxen derselben von den-
jenigen der kleinen Planeten nicht sehr verschieden sind. Unter den sämmtlichen
beobachteten kurz-periodischen Kometen haben zwei eine mittlere Bewegung
kleiner als 300"; mit Rücksicht auf ihre Perihcldistanz wird daher in demselben
Maasse ihre Apheldistanz wachsen; sie ist für den Kometen (174) gleich 9'44,
für den Kometen (102) gleich 10*43, für den ersteren daher etwas kleiner, für
den letzteren etwas grösser als der Halbmesser der Saturnsbahn. Diese beiden
Kometen bilden gewissermaassen den Uebergang zwischen den kurzperiodischen
Kometen und denjenigen mit langer Umlaufszeit. Ihnen zunächst kommen dann
die folgenden Kometen:
V-
?
•
*
(277)
402"
56°-l
6°-8
(310)
4,6
425
102
(163)
468
33-3
11-3
(327)
478
44-3
5-5
(330)
494
407
30
') Bei Kometen mit nahe parabolischen Bahnen wird, sobald der Komet in grössere Ano-
malien gekommen ist, seine Bewegung riemlich langsam, und die Richtung von der Sonne zum
Kometen sich nur wenig ändern ; sie nähert sich immer mehr und mehr derjenigen Richtung,
welche dem Perihel entgegengesetzt ist, und welche für Ellipsen das Aphcl ist, und für Para-
beln oder parabelähnliche Hyperbeln auch so genannt werden kann. Da die Erde sich in-
zwischen in ihrer Bahn fortbewegt hat, so geht sie dann zwischen der Sonne und dem Kometen
durch, woraus ersichtlich ist, dass die mit den Perihelien nicht zusammenfallenden Opposi-
tionen (filr alle Kometen, deren Periheldistanzen kleiner als 1 sind) sehr nahe an der entgegen-
gesetzten Seite des Himmels (in der Gegend des Aphels, für Hyperbeln genauer in der Richtung
der Asymptoten) stattfinden.
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80 Kometen und Meteore.
Zum Vergleiche mögen hier diejenigen bis Ende 1895 entdeckten kleinen
Planeten, deren mittlere Bewegungen kleiner als 500" sind, nebst den Excen-
tricitäten und den Neigungen angesetzt werden:
T
•
i
Planet (279)
403"
4°-7
2°4
(361)
450
11-8
12G
(153)
451
94
7 9
(190)
452
95
6 1
(334)
456
04
4*6
Kometen mit den kleinsten Halbaxen sind:
1*
?
■
1
Komet (96)
1080"
57°'8
12°9
(132)
737
434
90
(79)
706
598
80
und die Planeten, deren mittlere Bewegungen grösser als diejenigen der
periodischen Kometen sind:
?
•
9
•
1
Planet (323)
1120"
16°0
19°'3
Planet (270^
1089"
8°'7
2°-4
(244)
1106
79
28
(341)
1087
110
57
(149)
1106
3-9
09
(8)
1086
90
59
(281)
1098
76
53
(228)
1086
13 9
26
(352)
1092
8-5
34
(43)
1085
9-7
35
(254)
1091
7-0
45
überdiess noch 20 mit mittleren Bewegungen zwischen 1000" und 1080".
Von den übrigen 20 Kometen haben 10 mittlere Bewegungen zwischen 500"
und 599" und 10 zwischen 600 ' und 699". Soweit also die relativ noch geringe
Zahl der periodischen Kometen einen Schluss gestattet, unterscheiden sich die-
selben von den kleinen Planeten nicht wesentlich durch die Axen und Neigungen,
sondern wesentlich durch die Excentricitäten 1 ).
Bezüglich der Neigungen ist zu bemerken, dass mit
Neigungen zwischen 0° 5° 10° 15° 20° 30° 40° 50° 60°
die Anzahl d. kurz periodisch. Kometen 6 8 7 2 2 3 1 1
beträgt, wobei für die Kometen, bei denen die Neigung ausserhalb der gewählten
Grenzen veränderlich ist (z. B. lür den Kometen 84), stets der grössere Werth
angesetzt ist. Man ersieht hieraus ein Ucberwiegen der kleinen Neigungen;
zusammen 23 unter 20° und 7 über 20°, ganz ähnlich wie dies bei den kleinen
Planeten der Fall ist. Immerhin ist zu beachten, dass die relative Zahl der
Kometen mit kleinen Neigungen nicht so gross ist, als bei den kleinen Planeten.
Von den bis Ende 1895 entdeckten kleinen Planeten sind die Bahnneigungen
') Auf die nahen Beziehungen zwischen Kometen mit kurzer Umlaufszeit und den kleinen
Planeten hat schon V. MARfH im Jahre 1862 hingewiesen. Er sagt: »It is perkops wortky 0/
rtmark, that tht asteroid Polyhymnia approathts in txctntrkity so ntar to tht tomets of shert ptriod,
as to suggest tht suspUion, that samt of tht Asteroids may ytt bt found to partakt somtwhtä of
tht comttary charaettr, and to fournish a tonnttting Unk bttwttn tht plantts and comtts. (StLLIMAN
Journal of Sciences and Arts II. Serie, Bd. 33, pag. 94.
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Kometen und Meteore. 8l
zwischen 0° 5° 10° 15° 20° 30° 40°
für 126 149 79 27 25 1
demnach in $ ausgedrückt
zwischen 0° 5° 10° 15 c 20° 30° 40° darüber
für die kurz periodische Kometen 20 27 23 7 6 10 7
für die kleinen Planeten 31 37 19 7 6 0 0
Mit Neigungen unter J0° sind daher 68$ von den kleinen Planeten, hin-
gegen nur 47$ der kurz periodischen Kometen. Ganz auffällig unterscheiden
sich aber auch die periodischen Kometen von denjenigen mit parabolischen
oder nahe parabolischen Bahnen. Unter allen bisher entdeckten Kometen sind:
mit Neigungen zwischen 0° 5° 10° 15° 20° 30° 40° 50° 60° 70° 80° 90°
Bis 1800 54536766776
Zwischen 1801 und 1850 03213397525
Zwischen 185 1 und 1895 366257857 14 13
Zusammen 8 13 13 6 14 17 23 18 19 23 24
mit Neigungenzwischen 90° 100° 110° 120° 130° 140° 150° 160° 170° 180°Zus.
Bis 1800 2 9 8 12 10 7 6 4 2 122 1 )
Zwischen 1801 und 1850 471766302 76
Zwischen 1851 und 1895 11 9 9 10 5 11 6 5 2 144
Zusammen 17 25 18 29 21 24 15 9 6 342
Von 30° zu 30° zusammengefasst erhält man hier Kometen mit
Neigungen zwischen 0° 30° 60° 90° 120° 150° 180°
54 58 66 60 74 30
daher auffallend wenige Kometen mit retrograden Bewegungen und kleinen
Neigungen, während im Übrigen die Kometen nahe gleich vertheilt erscheinen.
Rechnet man jedoch die periodischen Kometen ab, und zwar
Mit Neigungen zwischen 0° 5° 10° 15° 20° 30° 40° 50° 60° 70°
die kurzperiodischen 687223 1 1 —
ferner die langperiodischen *) — — — 2 — — 2 — —
so bleibt f.d. Korn. m. parab. Bahnen 2 5 6 2 12 14 20 17 19
Mit Neigungen zwischen 70° 80° 90° 100° 110° 120° 130° 140°
die kurzperiodischen _____ — — —
ferner die langperiodischen *) 1 l — — — — —
so bleibt f.d. Korn. m. parab. Bahnen 22 23 17 25 18 29 21
Mit Neigungen zwischen 140° 150° 160° 170° 180 c Zus.
die kurzperiodischen — — — — 30
ferner die langperiodischen*) 1 — 2 — 9
so bleibt f.d. Korn. m. parab. Bahnen 23 15 7 6 303
oder zwischen 0° 30° 60° 90° 120° 150° 180°
parabolische Kometen 27 51 64 60 73 28
oder in | 9 17 21 20 24 9
daher ziemlich gleich viel direkte und retrograde Kometen mit kleinen Nei-
gungen , aber eine Uberwiegende Anzahl von Kometen mit Neigungen zwischen
') Ein Komet mit unbestimmter Neigung.
*) Mit Umlaufszeiten unter 100 Jahren.
Valämtheb, Astronomie, IL
6
8a
Kometen und Meteore.
30° und 150°. Diese Erscheinung bietet aber durchaus nichts auffälliges. Nimmt
man nämlich eine gleichmässige Vertheilung aller Kometenbahnen an, so wird
sich dieses darin äussern, dass die Pole aller Kometenbahnen an der
Himmelskugel gleichmässig vertheilt sind, worin dann sowohl die Vertheilung
nach der Neigung als auch diejenige nach dem Knoten enthalten ist. In diesem
Falle wird die Neigung gegen irgend eine beliebige feste Ebene gegeben durch
den Abstand des Poles der Bahn von dem Pole der festen Ebene; die Zahl der in
einer gewissen Calotte enthaltenen Bahnpole muss nun proportional der Oberfläche
dieser Calotte sein, wobei es ganz gleichgültig ist, auf welche feste Ebene die
Bahnen bezogen werden. Bahnen, deren Neigungen nun kleiner als i sind,
sind in einer Calotte enthalten, deren Mittelpunkt der Pol der festen Ebene ist,
und deren Halbmesser sin i ist; die Oberfläche dieser Calotte ist proportional
ihrer Höhe, also proportional 1 — cos /'; ist daher N die Anzahl aller Bahnen,
so ist die Zahl n derjenigen Bahnen, deren Neigung kleiner als i ist, gegeben
durch
n = N(\ — cos i) = 2 Nsin* \i.
Dabei ist ein Unterschied zwischen direkter und retrograder Bewegung nicht
gemacht; es sind also z. B. die Neigungen zwischen 0° und 10° und diejenigen
zwischen 170° und 180° zusammengezogen.
Rechnet man diesen Ausdruck für N= 100 (in #) so erhält man für die
Zahl der Kometen deren Neigungen
zwischen 0° 10° 20° 30° 40° 50° 60° 70° 80° 90°
ist den theoretischem Werth 15 4 5 7 3 10 0 12 3 14-3 15 8 16 9 17 4
während sich a.d. 303beobacht.
nicht period. Kometen ergiebt 13 15 27 37 41 46 37 47 40
oder in £ 4 2 4 9 8 9 12 3 13 5 15 2 12 3 15 5 13 2
Verhältnissmässig zeigt sich demnach noch ein geringes Ueberwiegen der
kleinen Neigungen; dass die .retrograden und direkten Bewegungen ziemlich
gleich vertheilt sind, zeigt die vorhergehende Tabelle.
Es zeigt sich also hier eine auffallende Trennung der Kometen zwischen
den periodischen und parabolischen, so dass die ersteren sich mehr den kleinen
Planeten nähern, gegen welche die Unterschiede in den Neigungen nicht so
bedeutend sind. Hingegen besteht ein sehr bedeutender Unterschied in den
Excentricitäten. Die grösste bisher bei einem kleinen Planeten beobachtete
Excentricität ist noch immer kleiner als die kleinste bei den periodischen
Kometen beobachtete. Bezüglich der Anzahl hat man unter den 407 bis Ende
1895 entdeckten Planeten:
97 deren Excentricitätswinkel zwischen 0° und 4° 59'*9
175 „ „ n 5 „ 9 59'9
III » „ 10 „ 14 599
21 „ „ „ 15 „ 19 59 9
3 „ „ über 20 ist.
Die grössten Excentricitäten haben
Planet (332) : 9 = 22° 7' 9 (f* = 605") Planet (324) 9=19° 38'- 1 (fi = 806")
(183)*: 20 18-2 (fi = 761") (132) 19 21 2 (ji = 904")
(164)*: 20 160 (ji — 831") (393) 19 13 6 (|x = 768")
(33)* : 19 389 (pu = 731").
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Kometen und Meteore.
83
Von diesen sind jedoch nur die mit * bezeichneten genügend sichergestellt,
da die Planeten (33) und (183) in mehr als 10, der Planet (164) in 6 Oppositionen
beobachtet wurde, während die vier anderen nur in je einer Opposition beob-
achtet wurden; speciell der Planet (132) ist seit seiner Entdeckung nie wieder-
gesehen worden. Von den 30 periodischen Kometen sind:
1 dessen Excentricitätswinkel kleiner als 25° ist (Komet 321)
3 deren „ zwischen 25° und 29°59'9 sind (Komet 309, 316, 240)
5 „ „ „ 30 „ 34 59 9
5 „ ,, 35 39 59*9
5 „ „ „ 40 „ 44 59 9
** n n it 45 „ 49 59-9
2 „ „ 50 54 59*9
4 „ „ „ 55 ,, 59 59*9
sind; dabei sind die ausserhalb der angegebenen Grenzen veränderlichen Excen-
tricitäten mit ihrem kleineren Werthe berücksichtigt.
Hieran wird sich unmittelbar die Frage knüpfen, ob alle möglichen Excen-
tricitäten gleich wahrscheinlich sind. Wird Uber die Entstehung der Himmels-
körper keine besondere Annahme gemacht, so kann man offenbar annehmen,
dass alle Excentricitäten zwischen 0 und 00 gleich wahrscheinlich sind; allein
eine solche Annahme würde den ^tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen.
Ebensowenig kann man annehmen, dass alle grossen Halbaxen gleich wahr-
scheinlich sind, denn die Elemente sind stets bedingt durch äussere Umstände,
nämlich durch die Anfangsconstellationen der Himmelskörper (Integrations-
constanten). Aus der pag. 65 angeführten Formel für die Geschwindigkeit folgt,
wenn man r = 00 setzt:
a
also, wie schon erwähnt, sämmtliche Bahnen hyperbolisch. Setzt man für die
Hyperbel - «an Stelle von a, so wird diese Formel:
1
oder da
ist, so folgt
f=l + qv*.
Die Excentricität wird sich daher um so mehr von der Einheit entfernen,
je grösser q und je grösser v ist. Gemäss der Formel, aus welcht-r dieses
Resultat abgeleitet ist, müssen q und v in zusammengehörigen Einheiten, also z. B.
q in Einheiten der Erdbahnhalbaxe, v in Einheiten der mittleren Geschwindigkeit
der Erde um die Sonne ausgedrückt werden. Für v hat man aber nicht die
absolute, sondern die relative Geschwindigkeit des Kometen gegen die Sonne zu
wählen, dabei also die Richtung der Bewegung der Sonne in Betracht zu ziehen.
Aus dem Umstände nun, dass die meisten Kometen Parabeln beschreiben, wird
man folgern können, dass v in grossen Entfernungen nahe Null ist, d. h. dass
die Kometen an derBewegung des Sonnensystems theilnehmen, und
nur jene, bei denen eine starke Abweichung von der Parabel bei kleinem Werthe
von q stattfindet, wird man als stellaren Ursprungs (dem Sonnensysteme
vollständig fremde Körper) anzusehen haben. Dass die ersteren dem Sonnensysteme
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»4
Kometen und Meteore.
angehören, und dabei dennoch sich nach ihrer einmaligen Annäherung fortwährend
entfernen, enthält keinen Widerspruch; es liegt darin nur der Ausdruck der
Thatsache, dass die meisten Kometen, die beobachtet werden, schon vor ihrer
Erscheinung dem Sonnensysteme angehörten, und mit dem Sonnensysteme sich
auch noch weiter bewegen werden. Dieses gilt auch für jene Kometen, welche
streng parabolische Bahnen beschreiben, also thatsächlich nicht wieder beobachtet
werden können.
Die periodischen Kometen nehmen nun aber nicht nur an der Bewegung
des Sonnensystems theil, sondern müssen auch mit demselben in engerer Ver-
bindung stehen; entweder sie sind durch die Anziehung der kleineren Körper
des Sonnensystems, also der Planeten, wenn sie denselben hinreichend nahe
gekommen sind, in ihre Bahnen gelenkt worden, oder aber sie mussten von
vornherein mit den Planeten einen gemeinsamen Ursprung haben, was seinen
Ausdruck in der berühmten KANT-LAPLACE'schen Hypothese über die Entstehung
des Weltsystems 1 ) findet. Dieses zeigt sich auch in zwei Thatsachen ganz
augenfällig: dass sie sich rechtläufig bewegen, und dass ihre Bahnen gegen die-
jenigen der Planeten nur wenig geneigt sind.
Nach den Erfahrungen der letzten Jahre wird man vermuthen müssen, dass,
sowie es in dem Gürtel zwischen Mars und Jupiter eine grosse Zahl von kleinen
Planeten giebt, in demselben Gürtel auch eine grössere Zahl von Kometen sich
bewegt, und dass vielleicht, ebenfalls gegen die Ekliptik nur wenig geneigt, noch
eine grössere Anzahl von periodischen Kometen längerer Umlaufszeit mit grösseren
Periheldistanzen existirt. Die Entdeckung von Kometen dieser letzteren Art kann
natürlich nur mit lichtstarken Fernröhren stattfinden, die aber in ihrer jetzigen
Construction zum Suchen von Kometen wenig geeignet sind, da sie nur ein geringes
Gesichtsfeld zu überblicken gestatten. Mit den gegenwärtigen Hilfsmitteln bleibt
also die Entdeckung derselben dem Zufall überlassen.
Die Frage, ob der Unterschied zwischen den kleinen Planeten und den
periodischen Kometen ein in der Natur derselben gelegener ist, oder eine Folge
ihrer Bewegung, hängt aufs innigste mit der Frage nach der Ursache der äusseren
Beschaffenheit der Kometen zusammen.
Wenn die Kometen kurzer Umlaufszeit und die Planeten einen gemeinsamen
Ursprung haben, so kann ihr äusserer Anblick nur eine Folge der Verschiedenheit
ihrer Bahnen sein. In der That wird das Aussehen derselben wesentlich bedingt
erscheinen durch die Wärmewirkung der Sonne. Bedenkt man, welche Verschieden-
heit die Sonne in den verschiedenen Zonen unseres Erdballes erzeugt, wie hier
tropische Hitzen und dadurch bedingte Verdampfungen mit eisigen Kälten und
den begleitenden allseitigen Erstarrungen wechseln, und bedenkt man weiter, dass
die Wärmewirkung der Sonne im verkehrten Quadrate der Entfernungen steht,
so wird man, — abgesehen von den verschiedenen Wärmewirkungen auf die
einzelnen Theile eines und desselben Körpers, welche theils durch die Rotation
desselben, theils durch die Lage seiner Rotationsaxe bedingt sind, — auf die
Abhängigkeit der Veränderungen jedes Weltkörpers von seiner Bahn geführt.
Körper, die sich in nahe kreisförmigen Bahnen bewegen, werden nahe dieselbe
Wärmemenge in allen Punkten ihrer Bahn erhalten; so wie aber die Excentri-
cität grösser wird, wird die Wirkung im Perihel bedeutend stärker als im Aphel.
Man hat für das Verhältniss V der Wärmemenge
l ) VeTgl. den Artikel »Kosmogonic.
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£ Kometen und Meteore.
für e = O l <p = 5° 7 V
= 1-494 e = 0-9 <p = 64°-2 K
361
1521
2401
4312
9801
39600
0-2 11-5
0-3 17-5
04 236
05 300
06 36-8
0-7 440
0-8 53-1
085 582
81 00
1521
2250 0-95 71-9
3*449 0-96 73-7
5-444 097 75-9
9-000 098 78-9
16-00 0-99 81-9
3211
Während also die Wirkung der Wärme bei den Planeten, bei denen die
Excentricitäten kleiner als 0 4 ist, im Perihel höchstens das vierfache von der-
jenigen im Aphel ist 1 ), wird dieselbe bei den periodischen Kometen schon be-
deutend grösser; wie die kleine Tafel zeigt, wächst das Verhältniss ziemlich
rasch. So ist es erklärlich, dass von den auf den Kometen befindlichen Stoffen,
wenn diese in die Sonnennähe kommen, unter den gegenüber der Sonnenferne
vollständig veränderten Verhältnissen, ein Theil in Dampf verwandelt wird und
sich als Dunsthülle (Coma) um den Kometen lagert. Bei der Entfernung des
Kometen von der Sonne werden dann die Stoffe wieder condensirt, und so ist
die Abnahme der Dunsthülle nicht ein bloss optisches, sondern ein physisches,
von der Verkleinerung der Coma abhängiges Phänomen.
Allerdings können auch Planeten mit grossen Excentricitäten beobachtet
werden, die sich von den Kometen mit kleinen Excentricitäten eben durch das
Fehlen der Coma unterscheiden. Man muss also jedenfalls eine gewisse stoff-
liche Verschiedenheit annehmen, und wenn auch gemäss den spectroskopischen
Untersuchungen die Grundstoffe, aus denen die Kometen bestehen, von den-
jenigen der Planeten nicht verschieden sind, so ist doch in der Zusammensetzung
ein Unterschied: die Kometen zeigen das Kohlenwasserstoffspectrum (modificirt
durch Kohlenoxyd). Da gewisse Kohlenwasserstoffe (Methylen) selbstleuchtend
sind (phosphorescirend), so wird das durch Polarisationsversuche unzweifelhaft
erwiesene Selbstleuchten der Kometen theilweise auch hierdurch erklärt Dass
aber die Kometen auch andere Grundstoffe enthalten, ist durch das Auftreten der
Natriumlinie (zum ersten Male bei dem Kometen 1882 I am 27. und 28. Mai
in Dunecht gesehen) und zahlreicher Eisenlinien nachgewiesen. Es ist aber
bemerkenswerth, dass die Metalllinien bei der Annäherung an die Sonne auf-
leuchteten und bei der Entfernung der Kometen von der Sonne an Intensität
abnahmen. Weiter muss hervorgehoben werden, dass die bedeutenden Licht-
ausbrüche in der Nähe des Perihels (plötzliche Lichtzunahme) ebenfalls durch ein
in Folge starker Erwärmung auftretendes starkes Glühen (grosse Intensität des
continuirlichen Spectrums) oder durch Ausbrüche von brennenden Gasen (grössere
Intensität des Kohlenwasserstoffspectrums) erklärt werden können. Hierdurch er-
scheint die erhöhte Wärmewirkung der Sonne auch durch Beobachtungen constatirt.
Es ist hierbei bereits von den nicht periodischen Kometen die Rede. Dass
sich in dieser Richtung die periodischen Kometen von den nicht periodischen
nicht unterscheiden, ist wieder durch spectioskopische Beobachtungen erwiesen;
aber bei den nicht periodischen Kometen ist, wie die obige Tafel für das Ver-
») Hier mag bemerkt werden, dass die von manchen Geologen zur Erklärung der Eiszeit
herangezogene Veränderlichkeit der Excentricität der Erdbahn keineswegs die erwähnte Folge haben
kann, wie ja auch der Unterschied der Jahreszeiten nicht auf der Entfernung der Erde von der
Sonne beruht (da die Erde im Winter in der Sonnennähe ist), sondern wegen der Kleinheit
der Excentricität und ihrer Veränderung, auf der Stellung der Erdaxe.
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Kometen und Meteore.
hältniss der Wärmewirkung zeigt, die Wirkung der Sonne noch unvergleichlich
viel stärker. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn bei so kleinen Perihel-
distanzen, wie diese bei den Kometen vorkommen (vergl. pag. 78), theilweise
Verdampfungen und Massenverluste in den Weltraum entstehen. In Hinsicht
auf die Bewegung bleiben derartige Massenverluste nicht ohne Wirkung: ein
Massenverlust ist stets von einer Verzögerung der mittleren Bewegung begleitet.
Bei den Kometen mit parabolischer. Bahnen kann diese Erscheinung nicht wesent-
lich hervortreten; hingegen kann diese Störung bei den periodischen Kometen
mit grosser Sonnennähe merklich werden. In dieser Richtung mag hervor-
gehoben werden, dass unter allen bisher bekannten periodischen Kometen, wenn
man von dem nicht wiedergefundenen Kometen ^79) absieht, der EnckescIic
die grösste Excentricität und (selbst einschliesslich des Kometen 79) die kleinste
Periheldistanz hat 1 ).
Es ist aber eine bekannte Thatsache, dass bei manchen Kometen eine
plötzliche Verkleinerung der Dunsthülle unmittelbar vor der Annäherung an das
Perihel, und nach dem Durchgange durch das Perihel wieder eine langsame
Vergrösserung der Coma stattfindet. Diese Erscheinung haben z. B. Hevel bei
dem Kometen von 1618, Winnecke bei dem DoNATi'schen Kometen 1858 VI,
Schmidt bei dem ENCKE'schen Kometen beobachtet. Diese Erscheinung lässt
sich eben wegen der nachherigen Vergrösserung der Coma durch einen Massen-
verlust nicht erklären. Ebenso lassen sich die längere Zeit nach dem Perihel-
durchgange erfolgten Lichtausbrüche nicht wohl auf die Wirkung der Sonne
zurückführen. Eine Erscheinung dieser Art ist der zwei Monate nach dem Perihel-
durchgange erfolgte Lichtausbruch bei dem Kometen 1884 I. Auffällig in dieser
Richtung ist auch der Komet (321), der erst 4 Monate nach dem Periheldurch-
gange als ziemlich helles Object entdeckt wurde, und 6 Monate nach seinem
Periheldurchgange, nachdem er bereits ein sehr schwaches und schwierig zu
beobachtendes Object geworden war, neuerdings eine sehr starke Helligkeits-
zunahme in einer schon sehr grossen Entfernung von der Sonne erfuhr.
Ein noch viel schwierigeres Problem bietet die Erklärung der Kometen*
schweife. Dass man, um zu einer befriedigenden Erklärung zu kommen, nebst
der allgemeinen Gravitation noch andere Kräfte annehmen muss, war schon am
Ende des vorigen Jahrhunderts erkannt; es war selbstverständlich, eine Repulsiv-
kraft anzunehmen, weil die Kometenschweife von der Sonne weggerichtet sind.
Da eine solche abstossende Kraft mit den aus ihr folgenden, für irdische Ver-
hältnisse grossartigen Naturerscheinungen in der Elektricität bekannt war, so
war es naheliegend, diese abstossende Kraft mit der Elektricität zu vergleichen.
Schröter nimmt eine >unserer elektrischen ähnliche, ab- und fortstossende Natur-
kraftc an; Olbers identificirt diese Repulsivkraft mit der Elektricität; er sagt:
»Enthalten kann man sich indessen schwerlich, dabei an etwas, unseren elektrischen
Anziehungen und Abstossungen Analoges zu denken. Warum sollte auch diese
mächtige Naturkraft, von der wir in unserer leuchten, stets leitenden Atmosphäre
schon so bedeutende Wirkungen sahen, nicht im grossen Weltall nach einem,
weit über unsere kleinlichen Begriffe gehenden Maassstabe wirksam sein?«
•) Eine Erscheinung, auf welche schon Peirce und Mitchell hingewiesen haben (s.
American Journal of Sciences and Arts, 2. Serie, Bd. 33, pag. 99). Doch lawt sich die Be-
schleunigung der mittleren Bewegung de« ENCKE'schen Kometen keinesfalls durch einen
Massenverlust erklären,' hingegen wlirde ein Massenverlust die Erscheinung erklären, dass
zwischen 186$ und 1871 eine Beschleunigung der Umlaufseeit, wie dieselbe vor 1865 und
nach 1871 sich ergab, nicht stattfand.
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Kometen- und Meteore.
87
B essel unterwarf die Erscheinungen der Rechnung, indem er die Grösse der
Kraft (das Verhältniss derselben zur Sonnenattraction) zu bestimmen suchte,
welche nöthig ist, um die Schweifform, d. i. die Krümmung der Schweife zu
erklären. Ist — (t das Verhältniss derselben zur Sonnenattraction, negativ, da sie
im entgegengesetzten Sinne wirkt, so ist die Summe der Massenanziehung der
Sonne und der Abstossung durch die Polarkraft 1 — u.. Bredichin hat die BESSEL'sche
Theorie auf die Berechnung der Schweife einer grossen Zahl von Kometen an-
gewendet; er findet drei Grundtypen: für den ersten Typus 1 — u. = H O; für
den zweiten Typus 1 — jt = 1*4; für den dritten Typus: 1 — u. = 0*3. Bei
den Kometen mit mehreren Schweifen (anomale Schweife) gehört dann jeder
der Schweife einem anderen Typus an. In den > Astronomischen Nachrichtent *)
versucht er, um die Beobachtungen mit den Rechnungen zu vergleichen, Ephe-
meriden für die Kometenschweife zu rechnen, und Marcuse geht sogar so weit,
deo Typus der Kometenschweife als charakteristisches Element für einen Ko-
meten anzusehen: »dann würden dieselben eine wichtige Rolle bei der Identi-
ficirung von Kometen spielen •)«.
Das Leuchten des Schweifes entsteht dann dadurch, dass zwischen den elek-
trisch polarisirten, von dem Kometen ausgestossenen Theilchen elektrische Ent-
ladungen, Ausgleichungen, stattfinden.
Bredichin nimmt an, dass die Verschiedenheit der Kraft auf die einzelnen
Schweiftheile dadurch erklärt wird, dass sie aus anderen chemischen Elementen be-
stehen. Unter der Annahme, dass die Grösse der Abstossung von dem Molekular-
gewichte abhängt, so dass auf die leichtesten Moleküle die stärkste Abstossung
ausgeübt wird, erhält Bredichin die folgende Scala, in welcher die auf Wasser-
stoff ausgeübte abstossende Kraft gleich 12 gesetzt ist:
für alle Elemente, deren Gewichte zwischen 100 und 200 sind, 0*1. Hiernach
würde auch die Erscheinung erklärt sein, dass der Typus I sich ziemlich scharf
von den beiden Typen II und III, welche in einander übergehende Zahlen liefern,
scheidet.
Hiergegen ist einzuwenden, dass Kräfte, welche nach Art der allgemeinen
Gravitation wirken, von der Masse unabhängig sind, da eine der Masse propor-
tionale Kraft eine der bewegten Masse umgekehrt proportionirte Beschleunigung
ertheilt, und dass Kräfte, welche der elektrischen Anziehung und Abstossung
analog wirken, ebenfalls nicht von der ponderabeln Masse, sondern von anderen
Umständen, bei der Elektricität selbst von der Dielektricitätsconstanten, die mit
der Masse in keinem einfachen Connexe steht, abhängen. Von diesem Einwurfe
frei ist die Annahme von Marcuse, dass man es mit magnetischen Kräften zu
thun hat, und dass die normalen Schweife aus paramagnetischen, die anomalen
aus diamagnetischen Stoffen erzeugt werden. In beiden Fällen aber bleibt eine
Variation der Intensität dieser Kraft mit der Zeit, wie dieselbe von Bredichin
durch seine Rechnungen in einzelnen Fällen nachgewiesen wurde, unerklärlich.
«) Bd. 107, No. 3563.
*) Ueber die physische Beschaffenheit der Kometen, pag. 51.
H 12
Li 1-7
C 10
N 09
O 0-8
Na, Mg 0 5
P, S 0 4
Cl 03
K, Ca 0-3
Fe, Co, Ni, Cu 0 2
Kometen und Meteore.
Weiter aber ist zu bemerken, dass die Uebereinstimmung in den Rechnungen
von Bredichin nur eine scheinbare ist, und dass die verschiedenen Schweiftypen
sich weder scharf trennen 1 ), noch auch charakteristisch sind, indem sich, wie
dieses bei der Unsicherheit der Schweiftypen nicht anders möglich ist, bei ver-
schiedenen Erscheinungen desselben Kometen der Schweiftypus ändern kann.
Es lassen sich aber gegen die Annahme von materiellen Schweifen, welche
durch elektrische Entladungen sichtbar werden, noch manche andere, nicht
minder wichtige Bedenken erheben: Entsteht der Schweif durch unausgesetzte
Ausstossung von Materie aus dem Kometenkörper, so muss sich dieser, wenn
auch die Dichte des Schweifes äusserst gering wäre, dennoch erschöpfen. Zweitens
haben die Theilchen des Kometenschweifes, da sie in sehr verschiedenen Ent-
fernungen von der Sonne sind, aber gegen den Radiusvector immer nahe die-
selbe Neigung behalten (entweder in der Richtung des Radiusvectors von der
Sonne weg oder gegen die Sonne zu, oder gegen den Hauptschweif unter einem
bestimmten Winkel geneigt), die verschiedensten Geschwindigkeiten in der Bahn,
welche bei den normalen, von der Sonne weggerichteten Schweifen der sehr
sonnennahen Kometen mit grossen Schweifen zu ganz ausserordentlichen Unter-
schieden führen. Der grosse Septemberkomet 1882 II hatte die wahre Anomalie
— 120° bis 120°, also einen Bogen von 240° in 9 Stunden 20 Minuten zurückgelegt;
dem entspricht eine mittlere Geschwindigkeit von 143 km in der Secunde, und
eine wahre Perihelgeschwindigkeit von ca. 238 km in der Secunde. Bei einer
Schweiflänge von nur 1 0 25' musste der äusserste Schweifpunkt eine lineare
Geschwindigkeit von 1000 km, und bei einer Schweiflänge von 20° eine lineare
Geschwindigkeit von nahe 15000 km in der Secunde gehabt haben. Aber die
Geschwindigkeit von ausströmenden Theilchen verändert sich ja nicht bei ihrer
Entfernung vom Ausgangspunkte; ein von einem bewegten Körper ausgehendes
Projectil behält die Geschwindigkeit dieses bewegten Körpers nebst seiner eigenen,
und so müssten die Schweiftheilchen, welche an der Bewegung des Kometen
mit der diesem eigenen Bewegung theilnehmen, eine starke Krümmung nach
rückwärts zeigen, welche, wenn die Ausströmungsgeschwindigkeit wesentlich
kleiner ist als die Geschwindigkeit des Kometen, dem Schweife eine mehr
tangentiale Richtung geben würden 3 ). Ein solcher Fall ist thatsächlich bei dem
Kometen 1894 I (vergl. pag. 57) beobachtet worden. Endlich, wenn man auch
annehmen wollte, dass die Geschwindigkeit der Ausströmung bei einem con-
stanten, sich stetig erneuernden Schweife mit 1 km pro Secunde, wie sie Bessel
für den HALLEv'schen Kometen erhält, oder selbst mit 90 km pro Secunde, wie
sie sich aus den allerdings nicht ganz einwurfsfreien Rechnungen von Olbers
für den Kometen 181 1 I fand, als zulässig erklärt wurde, so bleibt das so oft
beobachtete Fluctuiren des Schweifes, das Schiessen und Spielen, wobei der
Schweif sich während eines kleinen Bruchtheiles einer Secunde, anscheinend
plötzlich um mehrere Tausende Kilometer verkürzt und verlängert, ganz unauf-
geklärt.
') Beispielsweise erhält Bredichin für den Kometen :
1858 VI: l — p. 6 1811 I; l-ft^lO'4
1472 6-2 1835 (Halley) 10-9
1807 9-3 1862 II 11
1877 II 9*3 1682 (Halley) 12
3 ) Nimmt man ein widerstehendes Mittel an, so wird an diesem Schlüsse nichts geändert;
im Gegenfheile wirkt das widerstehende Mittel nur in demselben Sinne, den Kometenschweif
noch stärker lurückkrUmmend.
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Kometen und Meteore.
8 9
Viel wahrscheinlicher erscheint es, den Kometenschweif als eine optische
Begleiterscheinung stark elektrisch polarisirter Kometen anzusehen. Gerade so
nämlich, wie die Sonne Licht- und Wärmewirkungen ausübt, muss sie auch als
eine Quelle von Elektricität angesehen werden, welche in den sie umgebenden
oder umkreisenden kleineren Körpern Elektricität durch elektrostatische Induction
(Influenz) erregt. Die Menge der inducirten Elektricität ist abhängig von der
Natur des Körpers selbst (seiner Dielektricitätsconstante) und von der Entfernung.
Bei denjenigen Körpern, deren Bahnen stark excentrisch sind, wird, gerade so
wie bei der Wärmewirkung eine grosse Verschiedenheit in dem elektrischen
Zustande, eine bedeutende Erhöhung der elektrischen Ladung und elektrischen
Spannung in der Sonnennähe auftreten, wodurch sich elektrische Ausgleichungen
mit anderen in der Nähe befindlichen Körpern (Entladungen) namentlich Aus-
gleichungen in einem etwa vorhandenen wenig dichten Medium (ähnlich wie
bei den GEiSLFR'schen Röhren) auftreten werden. Diese elektrischen Aus-
gleichungen werden nun wohl auch mit einer Ueberführung von Massen ver-
bunden sein, welche aber in einem Massenaustausch zwischen den nächstgelegenen
Massen, ohne nennenswerthen Massenverlust bestehen. Da die Entladung in
der Richtung der Kraftlinien (senkrecht zu den Niveauflächen) stattfindet, so ist
die Richtung der Entladung in der Richtung des Radiusveciors (von der Sonne
weg), während sich bei in der Nähe befindlichen sehr stark polarisirten anderen
Körpern in anderen Richtungen auch in diesen Ausgleichungen, also anomale
Kometenschweife ergeben werden. Eine besondere Stütze erfährt diese Annahme
noch dadurch, dass jetzt, seit Anwendung der Photographie die Erscheinungen der
anomalen Kometenschweife viel öfter beobachtet werden; dass übrigens auf den
Platten viel mehr Details auftreten, als man mit freiem Auge wahrzunehmen in
der Lage ist, deutet darauf hin, dass das Licht der Schweife stärker aktinisch
ist, also auf der brechbareren Seite des Spectrums liegt.
Auch das Fluctuiren, Schiessen, Spielen der Schweife erklärt sich durch
diese Annahme ganz ungezwungen. Beobachtungen, durch welche diese Theorie
eine specielle Stütze erhält sind noch : das Zurücktreten des Kohlenwasserstoff-
spectrums bei dem Auftreten von Metalllinien, eine Erscheinung, welche nach
Hasselberg speciell den elektrischen Entladungen eigen ist, und die Beobachtung
von Herschel, dass die Farbe des Kometen 1811 I in allen Teleskopen grün-
lich oder bläulichgrün war, während die Farbe der Lichthülle eine sehr bestimmt
gelbliche, in auffallendem Contraste mit der grünlichen Farbe des Kopfes stehende
war, was auf eine disruptive Entladung an einer negativen Elektrode schliessen
lässt.
Schon Schröter nimmt an >dass schlechterdings die Regionen des
Himmels den ätherischen Lichtstoff selbst enthalten müssen, welcher von der
fortstossenden oder fortwirkenden Kraft der Sonne und des Kometen zum Lichte
des Schweifes erweckt wird.c Ziemlich präcis ist die Elektricität als Ursache der
Kometenschweife 1862 von V. March in folgenden Worten ausgesprochen 1 ):
•>...! ventured the Suggestion, that the tail of a Comet is probably of the samt nature,
it being simply an electric currenl, rendered visible by its cwn illumination of a
stream of particles which it is continually transporting with nearly the velocity
of electricity itself from the atmosphere of the Comet.* Allein hier wird noch
! ) »The distinguishing Features of Comets considered as Phascs of an Electrical discharge
resulting from Excentricity of Orbit«. American Journal of Sciences and Arts, II Serie, Bd. 33,
pag. 89.
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9°
Kometen und Meteore.
die unwahrscheinliche Annahme gemacht, dass der elektrische Strom die Ursache
ist, dass die materiellen Partikelchen von den Kometen mit nahe der Geschwindig
keit der Elektricität von dem Kometenkörper fortgerissen werden.
Was nun zweitens die Wirkung der Planeten auf die Kometen betrifft, so
ist sie im allgemeinen bedeutend schwächer, als diejenige der Sonne, wird aber
dennoch nicht zu vernachlässigen, wenn der Komet den Planeten sehr nahe kommt;
im letzteren Falle kann der Einfluss zweierlei Art sein: er äussert sich in einer
Umgestaltung der Bahn, und ferner, wenn die Wirkung auf verschiedene Theile
des Kometen merklich verschieden ist, in einer Theilung des Kometen in
mehrere Theile, welche im Laufe der Zeiten auch ganz verschiedene Bahnen
beschreiben können.
Die erstere Wirkung wurde zuerst beim Kometen (81) constatirt und in
Rechnung gezogen, nichts desto weniger aber anfangs von mancher Seite stark
angezweifelt; während aber dieser Komet die Astronomen immer wieder be-
schäftigte, wurde der Frage selbst weiter keine Aufmerksamkeit zugewendet.
Mit den beiden Kometen (G5) und (79) beschäftigte man sieb damals noch gar
nicht, vielleicht weil die Beobachtungen derselben eine genaue Bahnbestimmung
nicht vorzunehmen gestatteten, ein Umstand, der bei denselben noch jetzt eine
nicht unerhebliche Rolle spielt. Aehnliche Umstände waren zufälligerweise bei
den folgenden periodischen Kometen vorhanden, wie aus den Bemerkungen über
den BiELA'schen und ENCKE'schen Kometen, pag. 73, ersichtlich ist. Die Excen-
tricität des Kometen (102) war zu gross, als dass man die Abweichung von der
parabolischen Bahn sofort der richtigen Ursache zugeschrieben hätte, und so
kam es, dass man erst nach der Erscheinung der beiden Kometen (131) und (132),
deren Bahnen als elliptisch erkannt worden waren, auf die Frage nach den
Ursachen geführt wurde, warum diese Kometen denn nicht schon früher gesehen
worden waren, und ob nicht frühere Erscheinungen mit denselben identisch
wären oder Störungen durch die Planeten, namentlich durch Jupiter stattgefunden
haben konnten. Clausen versuchte es, die beiden Kometen (65) und (132) zu
identinciren '). Für den ersteren Kometen leitete er die in der Tabelle, pag. 70.
gegebenen Elemente ab; für den Kometen (132) interpolirte er zwischen zwei
von Encke gegebenen Elementensystemen das Folgende:
T= 1819 Nov. 20-3
7v = 67° 39*4 logg = 99501
«,= 77 32-8 ? = 45°31'1
i = 9 109
Er schloss nun folgendermaassen: Wenn die beiden Kometen identisch sein
sollen und die Bahn des ersteren durch die Einwirkung des Jupiter in die
Bahn des letzteren verändert worden sein soll, so müssen sich die Bahnen
nothwendig in einem Punkte schneiden, welchen einmal gleichzeitig die beiden
Kometen und Jupiter eingenommen haben. Clausen fand nun für den Schnitt-
punkt der beiden Bahnen
X = 254°53'-3; ß = Q° 25' 8
in der wahren Anomalie des Kometen (65): — 199° 30' 8 und des Kometen (132):
— 172 0, 48'1 mit sehr nahe den Radien-Vectoren gleich der Entfernung des
Jupiter von der Sonne. Jupiter hatte diesen Ort eingenommen 1805 -h n x ll a '862.
1 Astron. Nachr. Bd. 10, p»g. 345.
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Kometen und Meteore.
Um jedoch von der Unsicherheit der Bahnen frei zu sein, rechnete Clausen für
beide Kometen mit r gleich der Entfernung des Jupiter von der Sonne und den
vorhin angegebenen wahren Anomalien nebst den aus den beobachteten Er-
scheinungen von 1743 bezw. 1819 gefolgerten Periheldistanzen die grossen
Halbaxen und fand:
hga = 0-55187 für den Kometen (65) und 0-49877 für den Kometen (183)
oder die Umlaufszeiten bezw.: 6 73 und 5-60 Jahre, woraus folgte, dass im Jahre
1759 oder 1760 beide Kometen in demselben Punkte in der Nähe des Jupiter
gestanden waren, d. h. dass der Komet (65) nachdem er seit 1743 zwei und einen
halben Umlauf vollführt halte, in die Jupitersnähe gekommen war, und dadurch
in die Bahn des Kometen (132) gedrängt worden war, in welcher dieser nach etwa
zehn und einen halben Umläufen gefunden wurde. Die auf Grund seiner Unter-
suchungen vorgenommene Vorausberechnung erwies sich jedoch als trügerisch,
wie erwähnt wurden die beiden Kometen nicht wiedergesehen.
Da alle kurzperiodischen Kometen sowohl wegen ihrer geringen Neigung
als auch wegen der eigenthümlichen Verhältnisse ihre grossen Axen und Excentri-
citäten in ihren Aphelien sehr nahe der Jupitersbahn kommen, so sind Störungen
derselben durch Jupiter nicht ausgeschlossen; da aber die Störung nicht durch
die Jupitersbahn, sondern durch den Jupiter ausgeht, so bleibt bei der Beurtheilung,
ob eine solche Störung vor nicht gar langer Zeit stattgefunden hat, oder statt-
finden wird, der Umstand maassgebend, ob bei einem der letzten Durchgänge
des Kometen durch das Aphel der Planet in der Nähe gestanden ist. Hierfür
wird man sehr rasch durch eine rohe Näherung einen Ueberblick erhalten. Ist
T die Zeit des Periheldurchganges und t die Umlaufszeit in Jahren, so sind
T -\- (n -\- \) x die Zeiten der Apheldurchgänge, wobei n jede beliebige positive
oder negative ganze Zahl bedeutet. Sucht man für diese Zeiten die heliocentrischen
Längen L des Jupiter, und ist diese für einen der Apheldurchgänge genx^rr.
gleich 180° ■+■ * (Länge des Aphels), so wird eine Jupitersnähe wahrsch«- v \
und eine besondere Untersuchung erforderlich.
Für den Kometen (286) zeigte sich eine grosse Jupitersnähe im
LEHMANN-FiLHfes nahm die Berechnung der ehemaligen Bahn auf 1 . F"
den Kometen mit Rücksicht auf die Störungen die heliocentris* -'^
1875 August 13 0: M= 230° 17' 34" «• - ~
* « 18 18 57 ) • -
ft = 207 40 51 Mittl. Aequ. 1880* * - -
/= 27 27 26 - - -
Der Uebergang auf jovicentrische Elemente bez-aeca *- ~ ---^ ~v--'
Perijovium 1875 Juni 8 90 Mittl. Berl. Zeit
<u = 43° 53' 13'
= 289 85 14
66 7 50
Mittl. Aequ. 1880-0 -"»a» * .,••--...-»
Damit wurden Sonnenstörungen '«- '*
Februar 24, und für 1875 April 5.
gegangen; es ergab sich
') Astroo. Nachr. Bd. 124.
») Vergl. den Art. »1
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94 Kometen und Meteore
1875 April 5-0:3/= 226° 32 -6 <p — 23° 1 '-2
* = 5 39 2 1 bga = 0 62084
& = 208 26 8 1 Mittl. Aequ. 18800 ft = 415"668
1= 29 26-6 ) C/= 8 54 Jahre.
Noch bedeutend grösseren Störungen war der Komet (309) ausgesetzt, dessen
grösste Jupitersnähe p = 0 0095 war. Die Rechnungen hierüber hatte Chandler
ausgeführt 1 ), wobei er während der Zeit der Jupitersnähe die Sonnenstörungen,
d. h. die Anziehung der Sonne vernachlässigte; er erhielt die folgenden Elemente'):
Angenommene heliocentrische
Elemente a. d. Beobachtungen Jovicentrische Heliocentrische Elemente
nach der JupitersttKhe Elemente vor der grossen Störung
T= 1889 Sept. 30 012 1886 Mai 20 747 1886 Nov. 28 779 Mittl. Zeit Greenwich
tr= 1°26'17" 291°52'-6 203° 3'7
= 17 58 45 242 20 6 179 13 4
/= 6 4 10 37 555 7 438
a= 368468 -0-16929 89896
e= 047070 1 0580 03947
q= 195023 0-00981 54411
U= 70730 Jahre - 2695 Jahre
Es war daher die Periheldistanz vor der grossen Störung fast genau gleich
der Apheldistanz nach derselben während die Richtung der Apsidenlinie nur um
22° gedreht wurde, d. h. durch die Anziehung des Jupiter wurde die Bahn des
Kometen so stark verändert, dass der Ort des früheren Perihels zum Aphel wurde.
Auch die Knoten wurden vertauscht, d. h. der Komet, der bei seiner Jupiters-
nähe nahe seinem niedersteigenden Knoten war, wurde so weit abgelenkt, dass
er an dieser Stelle seinen aufsteigenden Knoten erhielt, während die Drehung der
Knotenlinie nur etwa 19° betrug.
Die Umlaufszeit war vor der grossen Störung nahe viermal so gross als nach
derselben; mit dieser waren aber vier Umläufe des Kometen 107 8 Jahre, während
neun Umläufe des Jupiter 106*6 Jahre sind; 107 Jahre früher musste also wieder eine
Jupitersnähe stattgefunden haben, diese fiel aber in das Jahr 177p, das Jahr der
grossen Störung des LEXELL'schen Kometen. Allerdings bestehen wohl zwischen
den Elementen des Kometen (309) vor seiner Störung 1886 und den Elementen
des Kometen (81) nach seiner Störung 1779 noch sehr grosse Abweichungen,
allein bei der grossen Unsicherheit der letzteren Elemente giebt dieses noch
keinen ausreichenden Grund gegen die Annahme, und Chandler hielt die
Vermutung der Identität beider Kometen für hinreichend gesichert.
Diese Resultate wurden durch die Untersuchungen von C. Lane Poor*)
etwas modificirt. Poor berücksichtigte während der Jupitersnähe bei der jovi-
centrischen Bewegung des Kometen auch die durch die Sonne bewirkten
Störungen, und rechnete nach dem Uebergange von den jovicentrischen
Elementen zu den heliocenttischen Elementen noch mit diesen für einige Zeit
die durch Jupiter bewirkten Störungen, wobei die heliocentiischen Elemente nicht
unerheblich verändert werden; das hauptsächlichste Resultat ist, dass die Um-
laufszeit sich vor der Störung zu 281 9 Jahren ergiebt; dann sind vier Umläufe
nahe 113 Jahre, und damit fällt die grosse Jupitersnähe von 1779 also auch die
l ) Astsronomical Journal Bd. 9, pag. 100.
«) T bedeutet für die heliocentrischen Elemente die Zeit des Perihels, ftlr die jovicentrischen
Elemente die Zeit des Pcrijoviums, ähnlich für die anderen Elemente.
5 ) Astronomical Journal Bd. 10, pag. 91.
UlylllZGU Oy
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Kometen und Meteore.
93
Wahrscheinlichkeit der Identität mit dem LEXEix'schen Kometen weg. Da aber
möglicherweise eine, wenn auch nur ganz geringfügige Aenderung in den Aus-
gangselementen die kleinste Entfernung vom Jupiter und damit auch die Wirkung
dieses Planeten wesentlich ändern kann, so ist das Resultat noch nicht voll-
kommen sichergestellt.
Bemerkenswerth ist übrigens, dass in der jetzigen Bahn des Kometen fünf
Umläufe desselben gleich 35-4 Jahre sind, also nahe drei Umläufen des Jupiter;
es muss also im Jahre 192 1 eine neuerliche Annäherung des Kometen an Jupiter
stattfinden. Chandler 1 ) hat die Rechnung für dieselbe durchgeführt und findet
die jovicentrische Hyperbel:
T= 1922 Juni 12 46
it = 339° 2' 9 1 p~ 15555
= 98 31-5 1 Mittl. Aequ. 1920 0 p _ 0 2854
/ = 26 55-2 )
also eine nicht allzugrosse Annäherung, so dass die Aenderungen in der Bahn,
wie man durch eine Vergleichung mit den oben angesetzten Aenderungen des
Kometen (286) leicht überblickt, nur sehr mässig sein werden.
Inzwischen hatte Tisserand 2 ) eine Beziehung gefunden, welche zwischen den
Elementen der Bahn vor der Störung und nach derselben bestehen muss.
Bezeichnet man mit Af, m, m lt bezw. die Massen der Sonne, des Kometen und
des störenden Planeten, mit a,, r, die grosse Halbaxe und den für die Zeit
der Störung gültigen Radiusvector des störenden Planeten, und bezeichnet man
die wegen der Kleinheit von m (man kann m = 0 setzen) nur von dem stören-
den Planeten abhängige Grösse
i /AI -r- m x Va x _
so besteht zwischen der grossen Halbaxe a, dem Paiameter p und der Neigung i
der Bahn vor der Störung, und diesen Grössen (a, p', f) nach der Störung die
Beziehung 3 ) j I
a + IPoYF cos ' = ~> + 2 u. 0 ^7 cos /' = K,
wobei also K die Stelle einer Charakteristik der Bahn und des störenden Himmels
körpers bezeichnet, welche Callandreau *) die Invariante für den Kometen
(mit Bezug auf einen gewissen störenden Planeten) nennt.
Es handelt sich zunächst darum, für verschiedene Kometen zu bestimmen,
ob dieselben den Planeten nahe kommen; als Wirkungssphäre bezeichnet man
seit Laplace die Entfernung in welcher, wenn Sonne, störender und gestörter
Himmelskörper sich in gerader Linie befinden würden, die Wirkung der Sonne und
diejenige des störenden Körpers einander gleich wären. Diese ist gegeben durch
und wird für
£ $ 5 <S 2J. I) ?. ^
p = 0001 0003 0005 0003 0 280 0316 0296 0501
Schulhof hat die kleinste Entfernung der Bahnen, für 56 Kometen, für
welche elliptische Bahnen berechnet worden sind, bestimmt 5 ). Aus diesem Ver-
') Astronomie*! Journal Bd. 10, pag. 124.
*) Bulletin Astronomique Bd. 6, pag. 291.
*) Vergl. d. Art. «Mechanik des Himmels« § 68.
*) Compt. rend. Bd. 112, pag. 1304.
*) Bulletin Astronomique Bd. 8, pag. 291.
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94
Kometen und Meteore.
zeichnisse sollen im Folgenden die wichtigsten angegeben werden. Als Grenze
wurde dabei angesehen
für die vier äusseren Planeten 0*8
für die Erde 0*3
für Mercur, Venus und Mars 0*06
No.
Name
U
Andere stören-
der
Kometen
Jahre
0
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de Körper
IQ
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1871 I Winnecke
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250
1 871 IV Tempel
2G90
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258
1874 IV Coggia
806
$ 0 04
275
1 881 in Tebbutt
2954
$ 0-008
279
1881 VIII Swift
2740
046
284
1883 n Ross
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$ 0 033
288
1885 HI Brooks
496
0-3
302
1888 I Sawerthal
2182
$ 0 027
307
1889 m Barnard
128
05
C? 0*04
308
1889 IV Davidson
5127
0-04
•) Weitere elliptische Elemente nicht publicirt, Umlaufsteit als unsicher angegeben.
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Kometen und Meteore. 9S
Hierbei ist aber nur die kürzeste Entfernung der Bahnen gegeben; um dann
in einem gegebenen Falle zu entscheiden, ob zwei Kometen identisch sind, hat
man durch eine genauere Rechnung den Ort (die Länge /) der grössten Nähe
des Planeten zu bestimmen, und für die Anwendung des TissERAND'schen Criteriums
den Ausdruck K zu bestimmen. Schulhof hat mit Ausnahme des ersten periodi-
schen Kometen (45) und des Kometen (174), die bis Ende 1890 erschienenen dieser
Untersuchung unterzogen, und die folgenden Resultate erhalten 1 ):
Komet / K Komet / K Komet / K
65 271° 0-525 132 248° 0517 285 126° 0 556
79 80 0-493 163 210 0 508 \ 0 492 (vor 1868)
( 0-486 (1770) 164 163 0 537 " v \0
81 184 \ 0-478 (nach 1779) / 0'466 (1842) 293 54 0
84 269 0-482 1 M Zö4 \ 0-475 (1890) 295 205 0
92 233 0-473 189 153 0504 „ Aft ... / 0531 (vor 1886)
ro-
\o-
96 335 0-591 240 59 0 590 \ 0 530 (1889)
102 263 0 337 244 223 0 527 310 189 0-462
131 108 0-509 251 126 0 562 316 228 0 540
277 223 0-414
Hier ist nun besonders hervorzuheben:
1) Die Veränderlichkeit des K ist eine sehr geringe.
2) Es sind gewisse Kometen, bei denen die Differenzen in / und K nur
sehr gering sind, und die dennoch als nicht zusammengehörig bezeichnet werden
müssen; z.B. (81) und (286); (163) und (244) u. A.; insbesondere ist die Gleich-
heit der Richtung der Proximitätspunkte und die Gleichheit der Invariante K
für die Kometen (25 \) und (285) zu berücksichtigen, und
3) Ist die Veränderung von K für den BRORSEN'schen Kometen (171), ohne
dass bei demselben eine bedeutendere Störung stattgefunden hätte, auffällig.
Dass die Veränderlichkeit von K eine geringe ist, hat schon Schulhof in
den »Astron. Nachrichten« No. 2964 hervorgehoben; was jedoch den zweiten und
dritten Punkt anbetrifft, so wird eine Untersuchung Uber den Einfluss der
Elementenänderungen auf den Werth von K erst ein Urtheil über dessen
Schwankungen ermöglichen.
In der Gleichung
ist |a 0 eine von den Elementen des gestörten Himmelskörpers unabhängige Grösse.
Unterliegen daher a, p, i gewissen Aenderungen, so wird K eine Veränderung
erfahren, welche gefunden wird aus
, _ . da u 0 . . _
dK = — ^ 4- ~= cos t dp — 2(i 0 y> stn tdt.
Es ist ausreichend genau, für diese Untersuchung in dem Werthe von fi 0 die
Masse des störenden Himmelskörpers gegenüber der Sonnenmasse zu vernach-
lässigen, und die Jupitersbahn als kreisförmig anzusehen; dann wird:
1
>) Astron. Nachrichten Bd. 124, No. 2964 für die ersten 22 und Bulletin Astronomique,
Bd. 8, für die letzten swei. Dabei hat er / und K bei den meisten für die erste und letzte
Erscheinung gerechnet, und dabei nur sehr geringe Unterschiede gefunden, was nach dem oben
Gesagten nicht auffällig sein kann.
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9 6
Kometen und Meteore.
und da «,= 5*2026 ist, ji 0 = 0 08427. In dem letzten Gliede ist übrigens di
im Bogenmaasse auszudrücken; soll es in Graden ausgedrückt werden, so
muss der Coefficient noch mit arc \° = 001745 multiplicirt werden; es ist
demnach:
AA'= - ~ -+- 0 0843 ^ A/> - 000294 y^m iM.
Acndert sich die Periheldistanz eines Kometen beträchtlich, so dass dieselbe
grösser als 2 wird, so wird er meist nicht wiedergesehen; bei den kurzperiodi-
schen Kometen sind überdiess die Neigungen nur mässig; für /' = 10°, p — 2,
A/ = 10° würde der binfluss des letzten Gliedes 0 007, was sich mit den bei
der TissERAND'schen Gleichung vernachlässigten Gliedern vereinigt, und es reducirt
sich demnach die Beziehung auf eine solche zwischen a und p, was auch aus
der Gleichung (k) ersichtlich ist, da dann cos i als constant angenommen werden
kann ; dann giebt aber diese Gleichung keinerlei Aufschluss Uber die Zusammen-
gehörigkeit der Bahnen, indem nur Elemente, die von der Form der Bahn, nicht
aber solche, die von ihrer Lage abhängen, in die Gleichung eintreten. Ist aber
i gross, so wird das letzte Glied in {k) überhaupt klein, und mit den vernach-
lässigten Gliedern zu vereinigen sein, so dass daraus die Constanz der grossen
Axen der Kometenbahnen — innerhalb der Grenzen der vernachlässigten Glieder
— folgen würde.
Es kann daher aus der Uebereinstimmung der Werthe von K und l x ) auf die
Identität der Bahnen kein sicherer RUckschluss gezogen werden; und ebenso ist
die grössere Differenz zwischen den Werthen von K für die Kometen (79) und (277)
oder fUr die Kometen (81) und (399) noch nicht gegen die Identität beweisend.
Durch die ungleiche Wirkung einer attrahirenden Masse, sowohl der Sonne,
als auch eines störenden Planeten, oder durch Einwirkung äusserer Kräfte auf
verschiedene Theile eines Kometen kann es vorkommen, dass die Massen sich
trennen, wie diess durch die Beobachtungen von Kerntheilun^en und Kometen-
komplexen (Hauptkomet und Begleiter) constatirt ist.
Kreutz 1 ) untersucht den Einfluss, welchen eine in der Richtung der Tan-
gente wirkende Kraft (also ein Widerstand des Mittels) auf die Bewegung der
verschiedenen Kernpunkte haben müsste, und sucht die Constante K des Wider-
?'*
Standes, welchen er nach dem Gesetze K-^ t d. i. proportional dem Quadrate
der Geschwindigkeit und umgekehrt proportional dem Quadrate des Radiusvektors
(entsprechend einer immer stärkeren Verdünnung in concentrischen Schichten von
dem Centraikörper weg) annimmt, so zu bestimmen, dass, ohne Rücksicht auf
diesen Widerstand alle Kernpunkte dieselbe Bahn beschreiben würden. Hierbei
erscheint also die Trennung der verschiedenen Theile des Kometen eine Folge
der auf verschiedene Punkte desselben verschieden wirkenden Widerstandes eines
im Weltraum vertheilten Mittels.
Charlier 8 ) nimmt als Ursache die blosse Attraction nach dem Gesetze der
allgemeinen Gravitation. Gegen die Ableitung der Differentialgleichungen
lässt sich nichts einwenden; dagegen wird die Integration derselben unter ganz
•) Dass / nur genähert Übereinzustimmen braucht, folgt daraus, dass die Störung nicht in
dem Punkte der grössten Nähe der Bahnen, sondern nur in der Umgebung dieses Punktes
stattzufinden braucht.
3 ) «Untersuchungen Uber das Kometensystem 1843 1, 1880I und 1882 II«, zweiter Theil, pag. $3.
*) Bulletin de l'Academie de St. Petersbourg, Bd. 32, pag. 383.
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Kometen und Meteore. 97
»
unberechtigten, dem Probleme nicht entsprechenden Voraussetzungen vorge-
nommen. So wird als >Referenzcurve<, d. i. die gemeinschaftliche Bahncurve, von
welcher aus die Abweichungen der einzelnen Theilchen gesucht werden, ein
Kreis angenommen, eine Voraussetzung, durch welche allerdings, entgegen der
Behauptung Charurr's sehr bedeutende, dem Problem anhaftende Schwierig-
keiten verschwinden, welche aber bei der Bewegung der Kometen durchaus
nicht zutrifft. Weiter wird bei der Ableitung der Stabilitälsbedingung (Gleichung 15)
ein Zustand relativer Ruhe vorausgesetzt; die Stabilität der Ruhe ist aber eine
wesentlich andere, als die Stabilität der Bewegung, wie schon Laplace bei einer
anderen Gelegenheit hervorhob 1 ).
Treten in dieser Weise durch irgend eine Ursache Theilungen der Kometen
auf, so werden sich die einzelnen Theile im Laufe der Zeit in genähert
gleichen Bahnen um die Sonne bewegen, sich dabei aber von einander ent-
fernen; so entstehen Kometensysteme, für welche einzelne oder mehrere
Elemente njihe dieselben sind, während andere von einander abweichen können.
Welche Elemente identisch sein müssen, lässt sich nicht allgemein angeben. In
der Regel wird man zunächst eine genähert gleiche Lage der Bahnebene, also
nahe dieselbe Länge des Knotens und nahe denselben Werth der Neigung an-
nehmen müssen, während die Lage des Perihels, die Exccntricitat und die
Umlaufszeit schon ziemlich weit von einander verschieden sein können, und die
Zeit des Durchganges durch das Perihel überhaupt jeden Werth haben kann,
indem dieselbe von der Form der Bahn und auch von dtm Zeitpunkte der
Trennung abhängt*). In speziellen Fällen können aber auch andere Elemente
stärkeren Schwankungen unterliegen; ist z. B. die Periheldistanz sehr klein, so
kann eine Trennung in einer zur Bahnebenc senkrechten Richtung zwei Bahnen
erzeugen, deren Neigungen von einander stark diftcriren, u. s. w.
Die ersten Untersuchungen über Kometensysteme rühren von Hoek her 3 ).
Es wird zunächst die Aphelrichtung ttlr 22 Kometen bestimmt, und diejenigen
Kometen zusammengestellt, bei denen die Richtungen weniger als 10° im
grössten Kreise abweichen; so entstehen acht Systeme von je 2 Kometen, und
die folgenden beiden Systeme von je drei Kometen:
167 (1845 13, 173 (1846 V) und 176 (1846 VIII)
218 (1860 in), 226(18631) und 231 (1863 VI),
für welche die Längen und Breiten des Aphels bez. sind:
167: X= 280°-5, ß = — 41°6 218: X = 303°1, ß = — 73°2
173 275-3 — 55 4 226 313 2 —73 9
176 281 0 - 49 5 23t 313 9 - 76 4
Nun wird untersucht, ob und wann die Distanz aller drei Kometen einander
nahe gleich waren. Dieses war der Fall für die ersten drei Kometen im Jahre
56-97 mit den Distanzen 600-00, 600 42 und 600 25; und für die letzteren drei
Kometen im Jahre 1020 87 mit den Distanzen 500 00, 500 56 und 500 36.
') Bei der Interpretation der Gleichung (15) muss es Übrigens hcissen, »die beiden Körper
müssen also V3 — 1-732 mal (nicht aber, wie Charlier meint, 3 mal) eine Rotation um den
gemeinsamen Schwerpunkt ausführen, während der Schwerpunkt selbst einmal einen Umlauf um
die Sonne TOilfuhrt,« Q ist nämlich nach der Definition das Quadrat einer mittleren Bewegung.
*) In diesem Sinne kann man dann auch von Kometensystemen ohne direkt nachweisbare,
physische Zusammengehörigkeit sprechen.
*) »On the Comets 1860 HI, 1863 I, 1863 VI,« Monthly Notices, Bd. 25, pag. 243.
Vauwtime», Astronomie. II. 7
Mittl. Aequ.
1864-0
q8 Kometen und Meteore.
Die nächste Bedingung ist nun die, dass die drei Bahnen einen gemein-
schaftlichen Durchschnittspunkt haben, dieses ist für die drei ersten Kometen
nicht der Fall; die Durchschnittspunkte sind:
Für die Kometen: 167, 173 X = 171° 11' ß-=-14°53'
167, 176 249 26 — 46 49
173, 176 298 45 - 47 5.
Diese drei Kometen bilden daher kein System. Für die drei letzten Kometen
hingegen rinden sich die Durchschnittspunkte:
Für die Kometen: 218,226 X = 316°42'-9 ß = -76°31'ö
218, 231 312 18 6 -75 39 5
226, 231 320 46 2 —78 39 3
also in genügender Ueberein-
stimmung; demnach im Mittel X = 316 35 9 ß = — 76 56*7
und Hoek nimmt daher an, dass diese drei Kometen ein System gebildet haben.
In der Nähe dieser Schnittpunkte aber muss auch eine Ursache für die Trennung
gesucht werden, und Hoek macht die Hypothese, dass dort ein Bewegungs-
centrum war, um welches früher die Bewegung stattgefunden hat.
Hoek setzte später seine Untersuchungen fort, und dehnte sie auf alle Kometen
seit 1556 aus; aus diesen Untersuchungen mag noch das System der drei Kometen
(43) (1672), (44) (1677) und (47) (1683) hervorgehoben werden. Er findet für
die Durchschnittspunkte der Bahnen 1 ):
Für die Kometen: 43, 44 X = 275 °5 ß — — 72°'8
43, 47 286 9 - 82 4
44, 47 315 9 - 78 -8,
also im Mittel, reducirt auf das Aequinoctium 1864 0:
X = 318°5, ß = — 78°-8
sehr nahe dem Durchschnittspunkt der Bahnen der drei Kometen (218), (226), (231).
Die Radienvektoren der Kometen 44 47
waren im Jahre 1076 54 400 402*4
513-86 600 602«)
woraus Hoek schliesst, dass gegen die ursprüngliche Identität derselben kein Ein-
wand zu erheben ist*).
Man darf jedoch in den Conjekturen hierbei nicht zu weit gehen. Sucht
man nach Aehnlichkeiten zwischen Kometenbahnen, so wird man bei der Identi-
fikation oder bei der Zusammenstellung derselben in Gruppen oder Systemen etwas
vorsichtig sein müssen; einerseits lcönnen Kometen identisch sein, bei denen die
Elemente nicht die geringste Aehnlichkeit zeigen; Identität solcher Kometen
kann aber nur eine eingehende theoretische Untersuchung zeigen, unter Berück-
sichtigung der Störungen seitens anderer Himmelskörper. Beschränkt man sich
aber auf die Aehnlichkeit der Bahnelemente, so wird man selbstverständlich nach
') Monthly Notices, Bd. 26, pag. 4.
a ) Mit demselben Rechte könnte man aber mit Rücksicht aof die Unsicherheit,
die Bestimmung dieser Radienvcctorcn aus den doch nicht absolut genauen Elementen in An»
betracht der Entfernung selbst unterliegt, schltessen, dass die Kometen wahrend dieser
ganzen Zeit nicht verbunden waren, als auch, dass sie um diese Zeit noch einen einzigen
Kometen bildeten.
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Kometen und Meteore.
99
Maassgabe des Anwachsens der Zahl der Kometen immer gewisse ähnliche
Elementensysteme finden, ohne dass desshalb an eine engere Verbindung ge-
dacht zu werden braucht. Bei den neueren Kometen, bei denen in Folge der
guten, hauptsächlich aber zahlreichen, über einen grossen Zeitraum sich erstrecken-
den Beobachtungen eine ziemlich sichere Bahnbestimmung ermöglicht ist, wird
man die Grenzen für die zulässigen Unterschiede zwischen den Elementen
ziemlich enge zu ziehen haben; bei den älteren Kometen, namentlich etwa vor
dem Jahre 1700, also für die ersten 50 Kometenbahnen, wird man auch weitere
Grenzen in den Unterschieden für zulässig halten können.
So sind die Elemente der periodischen Kometen (131) und (241), namentlich
die Bahnlage, nicht allzu verschieden; und wenn nur sehr wenig periodische
Kometen bekannt wären, etwa wie im Anfange unseres Jahrhunderts die 4 kleineren
Planeten, so könnte man ganz wohl, sowie ursprünglich bei diesen, an einen
gemeinsamen Ursprung, einen Zusammenhang in historischen Zeiten, denken.
Gemäss der Zahl und Lage der periodischen Kometen wird man wohl aber alle
kurzperiodischen Kometen als eine zusammengehörige Gruppe auflassen können,
ohne zwischen einzelnen derselben einen besonderen tieferen Zusammenhang
zu vermuthen, wenn nicht die Elemente durch aussergewöhnliche Uebereinstimmung
auf einen solchen hinweisen.
Der Komet (94) zeigt eine grosse Aehnlichkeit mit dem Kometen (124) von
74 Jahren Umlaufszeit; seine Elemente sind:
T = 1785 Jan. 27; * = 109°9; ft = 264° 2; i = 70°2; q = 1143.
Da jedoch der Komet (124) im Jahre 1812 durch sein Perihel ging, so kann
der Komet (94) mit ihm nicht identisch sein, wohl aber in der Zwischenzeit von
27 Jahren ihm vorangehen. Unter der Annahme einer nahe gleichen Umlaufs-
zeit würde er um 1859 wieder durch sein Perihel gegangen sein; doch ist die
Umlaufszeit kein charakteristisches Element.
Mit den kurzperiodischen Kometen haben folgende 4 Bahnen Aehnlichkeit:
Komet (4): T = 568 August 29; * = 317°; & = 294°; i = 4°; Iogq = 9 96
mit dem Kometen (81); allerdings sind hier die Knotenlängen um nahe 180°
verschieden, allein unter der Annahme einer Neigungsänderung von nur 5 g ,
wobei der aufsteigende Knoten zum niedersteigenden würde, würde die Knoten-
änderung nur etwa 17° betragen. Aber der Komet (81) hatte vor 1766 eine ganz
andere Bahn, und wenn die beiden Kometen früher ein System gebildet hätten,
so müsste der Komet (4) sich in der alten Bahn des Kometen (81) bewegen 1 ).
Weiter:
Komet 39 T= 1661 Jan. 27; ir=116 c ; ft = 82°; * = 33°; iogq = 965
mit dem Kometen (171) und
Komet 208 T= 1857 Aug. 24; it = 21*8; fl, = 2008; <= 328; %? = 9873
Komet258 T= 1874 Juli 18; ir = 55; ß, = 2159; /= 341; iogq = 0227
mit dem Kometen (322);
die beiden Kometen (208) und (258) sind jedoch als elliptisch erkannt, mit den
grossen Halbaxen 38, bezw. 45, Umlaufszeiten 235 und 306 Jahren, und es ist daher
nicht ausgeschlossen, dass der Komet (322) durch eine bedeutende Störung aus
einer ähnlichen Bahn in seine jetzige übergeführt wurde.
•) Es ist dieses ein auffälliges Bci?piel, dass man bei der Vergleichung der Bahnen stets
auf die der ersten Vergleichung untugängliclien näheren Un;siändc Kti^kMclit nehmen nmss.
7*
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lOO
Kometen und Meteore.
Eine bedeutende Aehnlichkeit in den Bahnen findet sich bei den folgender.
Kometen l ):
13, 247 70, 186 (b) /, 254
30, 313 (a) 101, 279, 324 134, 203, 232, 326
35, 262, 312 118, 275 (c) 161, 270, 281, 298
38, 331 257, 274.
Sodann in etwas weniger guter Uebereinstimmung in einzelnen Elementen
12, 55 (mit einer Aenderung von 10° in der Neigung, bei welche:
der aufsteigende Knoten zum niedersteigenden wird).
119, 225, 332 mässiger Unterschied im Knoten,
213, 224, 264 „ „ „ „
Durch die Länge des Pcrihels unterscheiden sich die folgenden Bahnen:
265, 299 76, 263 151, 169 und Gruppe (c
28, 53 90, 269 236, 306
40, 314 103, 268 260, 292.
48, 118 104 und Gruppe (a)
Bei sonstiger Uebereinstimmung der Elemente finden sich grössere Unter-
schiede im Knoten bei den Kometen:
46, 72 125, 314 273, 275
106, 245 137, 292 275, 308;
118, 273 149, 253,
in der Neigung bei den Kometen:
94, 102 265, 320,
ferner bei Gruppe (b) und Komet (20);
in der Periheldistanz bei den Kometen:
76, 263 237, 320 266, 287,
in der Lage des Perihels und Periheldistanz bei den Kometen:
68, 250 227, 278;
in der Peiiheldistanz und im Knoten bei den Kometen:
130, 296.
Die Bewegung der Kometen, und zwar die ungestörte um die Sonne,
sowie die Störungen durch die Planeten, sind unabhängig von der Masse der
Kometen'); umgekehrt wären aber die Bewegungen der Planeten von den
Kometen beeinflussr, wenn diese eine bedeutendere Masse hätten. Im Volke
hat sich auch, nachdem der astrologische Aberglaube über die Bedeutung der
Kometen zu schwinden begann, die Kometenfurcht herausgebildet, die Furcht,
dass durch den Zusammenstoss eines Kometen mit der Erde die Welt, d. h
') Eine derartige Zusammenstellung giebr, wie schon erwähnt, nicht unmittelbar die
Zusammengehörigkeit der Kometen an; die Fixirung der Grenzen bleibt daher immer mehr oder
weniger dem «ubjektiven Ermessen anhcimgestellt (vcrgl. pag. 98).
') So lange diese nicht mit der Masse des Centralkörpers vergleichbar ist, d. h. so lange
in der Summe M + m die Masse m des gestörten Körpers gegen die Masse M des Centralkörpers
vernachlässigt werden darf.
uign
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Kometen und Meteore.
toi
die Erde, zu Grunde gehen würde: es wurde an die Erscheinung eines Kometen
der Weltuntergang geknüpft. Nun hat man aber bisher noch keinerlei Störungen
der Planeten durch irgend einen Kometen angeben können. Der ExcKE'sche
Komet kann sich, wie schon Bessel 1819 bemerkte, dem Merkur bis auf 0-017
Erdbahnhalbmesscr nähern, so dass seine Entfernung vom Merkur etwa
seiner Entfernung von der Sonne wird, und die vom Merkur auf denselben aus-
geübte Kraft sich zu der von der Sonne ausgeübten wie 6500 m \ M verhält, wenn
m die Merkurmasse ist, und die durch Merkur bewirkten Störungen in der Be-
wegung des ENCKE'schen Kometen zur Bestimmung der Masse des Merkur dienen
können. In der That hat Encke zuerst auf diese Art eine genauere Bestimmung
der Merkursmasse durchgeführt, und durch die fortgesetzte Beobachtung des
ENCKE'schen Kometen hat diese Bestimmung später durch von Asten und Back-
lund einen hohen Grad von Genauigkeit erlangt. Umgekehrt hat man aber
eine Einwirkung des ENCKE'schen Kometen auf die Bewegung des Merkur nicht
constatiren können.
Ferner hat bereits Olbers auf die grosse Annäherung des BiELA'schen Ko-
meten an die Erde hingewiesen; seine Entfernung kann bis auf 0011 herab-
sinken, d. h. bis auf etwa ^ der Entfernung der Erde von der Sonne. Die
von der Erde auf ihn ausgeübte Kraft ist dann etwa der 41*5te Theil von der von
der Sonne ausgeübten 1 ); wäre die Kometenmasse nur der «te Theil der Erdmasse,
so würde die von dem Kometen auf die Erde ausgeübte Kraft . , sein. Für
41 • bn
den BiELA'schen Kometen allerdings ist zu beachten, dass diese Eventualität ein-
treten kann, oder eigentlich hätte eintreten können, aber nie eingetreten ist, und
vielleicht nie eintreten wird, da inzwischen der BiSLA'sche Komet verschwunden zu
sein scheint.
Noch näher kann die Erde dem Komet (220) (1861 I) kommen; die kleinste
Entfernung der Bahnen beträgt 0*002, und es' würde die Wirkung der Erde auf
den Kometen, wenn beide Körper zur selben Zeit den nächsten Punkt ihrer
Bahnen passiren würden, 73 mal stärker als die Wirkung der Sonne auf den
7*3
Kometen, und die Wirkung des Kometen auf die Erde — , wenn die Masse des
Kometen der n te Theil der Erdmasse wäre.
Dass man durch den Schweif und selbst mitunter durch die Coma Fixsterne
fast ungeschwächt hindurchsicht — die mitunter beobachtete geringe Licht-
schwächung lässt sich durch die Contrastwirkung gegen den dunklen Himmels-
hintergrund einerseits und gegen den helleren Hintergrund des Kometen anderer-
seits erklären — kann nicht als Beweis für die geringe Masse gelten. Bei einer
noch so geringen Dichte des Kometen müsste eine geringe Schwächung des
Lichtes, überdies aber auch eine Ablenkung stattfinden, wenn der Fixstern nicht im
Centrum des Kometen oder in der Schweifaxe sich befindet. Wenn aber auch mit
— j ~, wo-
bei r die Entfernung des Centraikörpers, r x diejenige des störenden Kcrpers, M und m die
Massen des ersteren und letzteren sind; fllr kleine Entfernungen ist dieser Ausdruck nicht aus-
reichend (wegen der vernachlässigten Glieder). Da aber die Wirkung der Sonne und des
störenden Körper« in der Entfernung p = dem Radius der Wirkungssphäre einander gleich sind,
so ist die Wirkung in der Entfernung r gleich (-£) ; ftlr die Erde ist der Radius der Wirkungs-
sphäre V+^oxr)'- 000540.
u
102
Kometen und Meteore.
Gewissheit constatirt werden könnte, dass eine Lichtablenkung nicht stattfindet,
so wäre damit noch nichts erwiesen, denn dann ist der nächstliegende Schluss,
wie auch Olbers bemerkt, dass der Schweif aus discreten Theilchen besteht:
bei der enormen Ausdehnung des Schweifes könnte dann die Masse noch eine
ganz beträchtliche sein. Die Kerne selbst scheinen allerdings nicht sonderlich
gross zu sein; für den Kometen 1811 I war der wahre Durchmesser des Kerns
nicht über 4000 km; für den grossen DoNATi'schen Kometen 1858 VI nur 1000 km,
bei dem grossen Kometen von 1862 nach Winnecke's Messungen bloss 40—50 km.
Die Messungen dieser kleinen Winkel, unter denen die Kometenkerne erscheinen,
sind aber dann mehr Schätzungen, mit erheblicher Unsicherheit behaftet.
Würde man für den Kometen (220) einen Halbmesser von etwa 1000 km und
für seine Dichte etwa diejenige der Erde annehmen, so würde n = 258 5, und
seine Wirkung auf die Erde ^ der Sonnenwirkung, also 4158 mal stärker als
die Wirkung des Jupiter. Allein, wenn der Halbmesser nur -fo des früheren, also
100 km angenommen wird, so wäre die Wirkung schon jjhns der fiühereo, also
3S"hnj» ur) d nimmt man für den Kometen etwa die Dichte des Wassers, so wäre
die Wirkung im Verhältniss 5*5 : 1 zu verkleinern, also nur ^^55 der Sonnen-
wirkung, wäre aber noch beinahe ;o gross, wie die Wirkung des Jupiter.
Ob man auch für den Kometenkern, dessen Spectrum jedenfalls dasjenige
eines festen oder flüssigen Körpers ist, eine Dichte, etwa wie diejenige der
atmosphärischen Luft annehmen dürfte, bleibt fraglich; Uber die Grösse der
Kerne befinden wir uns noch ziemlich im Unklaren; viele sind, wie erwähnt,
selbst im Fernrohre nicht sichtbar (vergl. pag. 54) und veirathen sich nur durch
das Spektroskop. Auf diese Weise können wir also Uber die Wirkung der Ko-
meten kaum Aufschluss erhalten, um so mehr, als eine solche hypothetische
Annäherung nicht oft stattfindet, da die angeführten Proximitätspunkte sich auf
die Bahnen beziehen, die Körper selbst aber äusserst selten gleichzeitig durch
diese Punkte gehen werden und man bleibt bei diesen Schlüssen zur Zeit auf
den Mangel jedes Einflusses des Encke' sehen Kometen auf den Planeten Mercur
angewiesen. Um so werthvoller ist für die Beurtheilung der Kometenmassen daher
noch die Thatsache, dass im Jahre 1886 der Komet (309) mitten durch das
Jupitersystem ging, ohne in den Bewegungen der Satelliten auch
nur die geringste merkliche Störung hervorzubringen. Der Komet
näherte sich dem Jupiter bis auf 0 0098 Erdbahnhalbmesser (vergl. pag. 92) oder
20 38 Jupiterhalbmesser, während die Entfernung des äussersten Jupitersatelliten
27 Jupiterhalbmesser beträgt.
Diese Thatsachen beweisen zur Genüge, dass die Kometenmassen nur
äusserst klein sind, und dass man bei der Berechnung der Störungen der anderen
Himmelskörper ihre Massen, wenigstens bei der jetzt angestrebten und erreich-
baren Genauigkeitsgrenze, und vielleicht noch sehr lange hinaus, in völliger
Strenge gleich Null setzen kann. Es gilt dieses nicht nur für die grossen Planeten,
sondern auch für die kleinen Planeten, ja sogar für jeden Stein auf der Erde,
da die Wirkung nicht von der Masse des beeinflussten (gestörten) Körpers, sondern
nur von dem Verhältniss der Massen des störenden und des Centraikörpers ab-
hängt. Man könnte nur noch einwerfen, dass die Wirkung eine wesentlich
andere sein müsste, wenn die Annäherung bis zur Berührung stattfinden, d. h.
wenn ein Zusammenstoss stattfinden würde. Die Wahrscheinlichkeit dieses Zu-
sammenstosses ist nun wohl äusserst gering; aber selbst wenn ein solcher
stattfinden sollte, so würde er nur von verderblichen Folgen für den Kometen,
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Kometen und Meteore.
«03
nicht aber für, die Erde, begleitet sein. Zwar ist die Geschwindigkeit der Ko-
meten, ebenso wie diejenige der Erde weit grösser, als die Geschwindigkeiten,
welche man bei terrestrischen Objecten zu beobachten Gelegenheit hat, und wenn
der Komet der Erde mit dieser Geschwindigkeit begegnen würde, so könnte
er zum mindesten ein hübsches Loch in sie hineinschlagen; denn die Ge-
schwindigkeit des Kometen ist, eine parabolische Bahn vorausgesetzt, 1*4142 Mal
so gross, wie diejenige der Erde, also, da die letztere 29*5 km pro Secunde be-
trägt, ftlr den Kometen 42 km pro Secunde. Die relativen Geschwindigkeiten
werden daher zwischen 12 und 72 km variiren. Aber, wie spater gezeigt wird,
kommt der Komet eben nicht mit dieser Geschwindigkeit zur Erde; so wie er
in den Luftraum treten würde, müsste er sich entzünden, und, wie ein riesiges
Meteor leuchtend, zum grössten Theile verbrennen; der Rest könnte detonirend
zerspringen, oder auch als ein grosser Block zur Erde fallen; aber die Ge-
schwindigkeit des Falles würde, wie gross auch die kosmische Geschwindigkeit beim
Eintritte in die Atmosphäre wäre, lange bevor er die Erde ei reicht, unter Um-
ständen schon in den oberen Regionen der Atmosphäre, unter 1000 m gesunken
sein. Die Luft wirkt dabei wie ein elastisches Polster, das die Erde und ihre
Bewohner gegen Kaustrophen von Aussen schützt
d. Meteore*
Auffallende Erscheinungen in den Luftregionen, von welchen bereits im
Alterthum berichtet wird, waren hellglänzende, leuchtende Feuererscheinungen, oft
von dem scheinbaren Durchmesser der Mondscheibe, an Glanz dem Monde nicht
viel nachstehend, ihn mitunter Ubertreffend; Erscheinungen, welche man in
späterer Zeit mit dem Namen Bolide, Feuerkugeln belegte; ferner die
»vom Himmel gefallenen Steinet, welche meist aus einer detonirenden
Feuerkugel, d. h. aus einer Feuerkugel, welche unter einer heftigen, weithin,
oft mehrere Meilen weit hörbaren Explosion zerspringt, zur Erde fallen, und
welche man als Aerolithe, oder je nach ihrer Beschaffenheit als Meteor-
steine oder Meteoreisen bezeichnete. Die Meteorerscheinungen, welche
Meteormassen zur Erde entsenden, nannte man früher wohl auch zum Unter-
schiede von den anderen, Meteorite. Es ist jedoch schon hieraus klar, dass
zwischen Feuerkugeln und den Meteormassen ein Unterschied nicht besteht.
Nichtsdestoweniger hielt man diejenigen Feuerkugeln, welche ohne Zurücklassung
irgend einer sichtbaren oder hörbaren Spur verschwinden, wesentlich verschieden
von denjenigen, welche Meteormassen zur Erde senden, und bezeichnete wohl
auch als Feuerkugeln vorzugsweise die ersteren. Heute ist dieser Unterschied
hinfällig, und Meteormassen sind nichts anderes, als die zur Erde gefallenen
Reste der Feuerkugeln, diese nichts anderes, als die in der Atmosphäre befind-
lichen oder sich bewegenden Meteormassen.
Nicht alle Feuerkugeln sind gleich gross und glänzend. Schmidt beschreibt
eine besonders glänzende in seinen »Resultaten aus zehnjährigen Beobachtungen
über Sternschnuppen, Berlin 1852c (pag. 44) folgender maassen :
»1848 Januar 21. Von allen Meteoren, die ich seither gesehen habe, das
glänzendste und grösste. ... Es schien mir, als sei das Meteor im Zenith ent-
standen; ich erblickte es erst in etwa 60° Höhe, gleich einem Sterne 2- an
Glanz, wo es bald Aldebarans Helligkeit und Farbe erreichend, in wenig g*-
schlängeltem Laufe dem Kopfe des Pegasus sich zuwandte. Hier nahm
Meteor schnell einen gewaltigen Glanz und das intensivste Smaragdgx-^a
104
Kometen und Meteore.
dem sich hinten, in der Richtung der Bewegung, ein ganz unscheinbarer grauer
und kurzer Schweif anschloss. Das Merkwürdigste jedoch war der feurige Licht-
schein, der rothen, carminfarbigen Nordlichtglnth ähnlich, welcher, soviel ich er-
kennen konnte, sich zu beiden Seilen des Meteors so an die grüne Hauptmasse
anlagerte, dass es an beiden Seiten wie zurückwehendes Haar, von dem scharf
elliptisch abgerundeten Kopfe in zwei schmalen Zonen den Uebergang des grünen
Lichtes in die graue Schweifmaterie begrenzte. Diese Lage und die beiderseitige
scharfe Absonderung von der Umgebung macht es mir augenblicklich während
der kurzen Dauer der Erscheinung durchaus wahrscheinlich, dass hier kein
subjektives Phänomen vorwalte. Das Meteor glich einem langgedehnten fallenden
Tropfen geschmolzenen Metalles. ... Als das Meteor einen fast blendenden
und ungeachtet des Mondscheines schattenwerfenden Glanz erreicht hatte, trat
es, schon in der Nähe des Südwest-Horizontes, hinter mässige, vom Monde erhellte
Schneewolken, durch welche das grüne Licht, zwar verwaschen und vom Nimbus
befreit, doch wunderbar stark in grosser Scheibenform durchstrahlte. Den Durch-
messer des scheinbar begrenzten grünen Theiles schätzte ich in 10° Höhe auf
30 Minuten l ) wenigstens Die Dauer der Sichtbarkeit des Meteors überstieg
schwerlich 4'. Es verschwand um 7* 25"» 54' Mittl. Berl. ZeiU.
Nicht jede Feuerkugel giebt Anlass zu einem Meteorsteinfall. Im Gegentheile
sind die Meteorsteinfäile ■) weit seltener, als das Aufleuchten von Feuerkugeln.
Wenn nichtsdestoweniger, namentlich in den chinesischen Annalen, von ziemlich
zahlreichen Meteorsteinfällen berichtet wird, so hat dieses vielleicht nur darin
seinen Grund, dass den »vom Himmel gefallenen Steinent mehr Aufmerksamkeit
zugewendet wurde, als den spurlos verschwindenden Feuerkugeln. Arago giebt
die folgende Zusammenstellung der in historischen Zeiten bemerkten Feuer-
kugeln.
Vor Chr. Geb. 3 Im 5. Jahrh. 3 Im io. Jahrh. 27 Im 15. Jahrh. 13
Im 1. Jahrh. 7 Im 6. Jahrh. 20 Im n. Jahrh. 29 Im 16. Jahrh. 12
Im 2. Jahrh. 2 Im 7. Jahrh. 13 Im 12. Jahrh. 4 Im 17. Jahrh. 39
Im 3. Jahrh. 1 Im 8. Jahrh. 13 Im 13. Jahrh. 8 Im 18. Jahrh. über 100,
Im 4. Jahrh. 17 Im 9. Jahrh. 14 Im 14. Jahrh. 7
während in unserer Zeit fast in jedem Monate in der einen oder anderen Gegend
der Erde eine glänzende Feuerkugel gesehen wird. Hingegen hat Biot aus der
Zeit von 644 v. Chr. Geb. bis 333 n. Chr. Geb. 16 Meteorsteinfälle nur allein
in den chinesischen Annalen verzeichnet gefunden.
Das Auftreten derselben ist sehr verschieden. Zumeist sieht man sie nach
mehr oder weniger heftig detonirenden Feuerkugeln, deren Theile nach allen
Seiten zerstieben, von denen einzelne als Meteormassen zur Erde gelangen. Viel
seltener kommen Meteorsteinfäile vor, ohne dass vorher eine Feuerkugel gesehen
worden wäre; in diesen Fallen wird oft nur eine starke Detonation vernommen,
oder aber es fällt eine grosse Zahl kleiner Meteorsteine aus einer dunklen Wolke.
Ebenso verschieden ist die Grösse der Meteormassen. Die meisten sind nur
kleine Bruchstücke von wenigen Grammen, doch sind auch mässig grosse von
einigen Kilogrammen Gewicht nicht allzu selten. Sehr grosse Meteormassen, die
') Also etwa gleich der Grösse des Mondes.
*) Man spricht von Metcorsteinfällen ohne Unterschied auf die Beschaffenheit der gefallenen
Mnssen, also ebensowohl bei eigentlichen Meteorsteinen als auch bei Meteoreisenmassen.
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Kometen und Meteore.
dann vereinzelt zur Erde fallen, gehören zu den Seltenheiten und erregten zu
alten Zeiten Aufsehen. Zu den merkwürdigsten sind die folgenden zu zählen.
Der grosse Stein, der 465 v. Chr. Geb. bei Aegos-Potamos in Thrakien zur
Erde gefallen war, soll >zwei Mühlsteine gross und eine ganze Wagenlast schwer«
gewesen sein.
Im Anfange des zehnten Jahrhunderts fiel bei Narni in Italien ein Stein in
die Nera (Nebenfluss des Tiber), der noch eine ganze Elle über der Oberfläche
des Wassers hervorragte.
Am 7. November 1492 zwischen 11 und 12 Uhr Mittags fiel bei Ensisheim
hn Elsass eine bedeutende Meteormasse in ein Getreidefeld, einen Meter tief in
den Boden eindringend.
Im Jahre 1750 wurde in Sibirien auf einem Hügel in der Nähe des Jenissei
von einem Kosaken, Medwedeff, eine Meteormasse von 635 kgr aufgefunden,
von welcher die Tataren behaupteten, dass sie vom Himmel gefallen sei. Diese
Masse, obzwar keine von den grössten, hat insofern ein besonderes Interesse,
als sie Chladni Veranlassung zu seiner ersten berühmten Abhandlung >Ueber
den Ursprung der PALLAS'schen l ) und anderer ihr ähnlicher Eisenmassen und
über einige damit in Verbindung stehende Naturerscheinungen; Riga 1794« bot.
1783 fand eine von den Spaniern zur Ausbeutung von Silberminen nach
Otumpa im Bezirke San Jago del Estero, Provinz Chaco-Gualambo der Laplata-
Staaten kommende Expedition daselbst eine Meteoreisenmasse von 2*5 m Länge,
2 m Breite und \ m Dicke mit ca. 15000 kgr im Gewicht.
1784 wuide von Bernardina da Mota Bertellio in der Nähe von Bahia
(Brasilien) eine Eisenmasse von über 2 m Länge, 1 m Breite und nicht ganz 1 m
Dicke im Gewicht von ca. 7000 kgr gefunden.
Noch grössere Eisenmassen, welche den Charakter meteorischen Eisens
tragen, sollen sich nach Chladni 9 ) am rechten Ufer des Senegal in Afrika finden.
In neuerer Zeit hat Nordenskjöld 1870 im südlichen Theile der zu Grönland
gehörigen Insel Disko mitten unter Granit- und Gneissblöcken 15 Blöcke meteori-
schen Eisens gefunden, von denen die drei grössten bezw. 20000 , 8500 und
4300 kgr Gewicht haben 3 ).
Zu den grösseren Massen gehören auch diejenigen, über welche Daubree
in den Comptes rendus, Bd. 64 berichtet, von denen die eine, aus den Seealpen,
625 kgr, die andere, aus Mexico, 780 kgr im Gewicht haben.
Kleinere Meteormassen fallen zumeist in grösserer Zahl in den sogen. Stein-
regen. Von den älteren Steinregen, welche sich z. B. in der bereits erwähnten
Schrift von Chladni über Feuermeteore erwähnt finden, sind manche, wenn auch
nicht mythologischen, so doch mythischen Ursprungs. Dass dieselben nicht als
Steinregen im eigentlichen Sinne des Wortes aufzufassen sind, erwähnt schon
Chladni bei einzelnen (vergl. z. B. in seiner Schrift pag. 233). Die grosse Mehrzahl
derselben ist allerdings zweifellos sichergestellt. Zu kritischen Untersuchungen in
dem Gebiete der Meteorastronomie können nichtsdestoweniger erst die Meteorfälle
seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts herangezogen werden, weil bei den früheren
die nöthigen Detailangaben fehlen. Wohl der erste gut bestimmte ist der am
26. Mai 175 1 stattgefundene Steinfall bei Hraschina in Slavonien, wo Abends
») Sie wurden von dem Reisenden Pallas in Petersburg untersucht.
*) »Ueber Feuermeteore und Uber die mit denselben herabgefallenen Massen, Wien 1819.«
P*6- 333-
*) Deren meteorischer Ursprung wird übrigens mehrfach angezweifelt.
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io6
Kometen und Meteore.
gegen 6 Uhr aus einer in einem grossen Theüe von Deutschland siebtbaren
Feuerkugel, die unter heftigem Getöse zersprang, zwei Meteormassen im Gewichte
von 35 kgr und 8 kgr in einer Entfernung von ca. 1,500 m von einander zur Erde
fielen. Der erstere grössere drang ungefähr 6 m tief in die Erde, wohl die
grösste Tiefe, bis zu welcher das Eindringen der Meteore constatirt wurde..
Eine gewisse Berühmtheit erhielt der grosse Steinregen von Barbotan in der
Gascogne am 24. Juli 1790. Aus einer zwischen 9 und 10 Uhr in verschiedenen
Gegenden gesehenen Feuerkugel mit langem Schweife fielen zwei Minuten nach
ihrem Zerspringen eine Menge Steine zur Erde, die gesammelt, und mit einem
von dem Maire unterzeichneten Berichte an die Academie geschickt wurden.
Der mit der Untersuchung betraute Gelehrte Bertholon erklärte aber diesen
ganzen Bericht als ein dein Volksglauben entsprungenes Märchen 1 ) — vielleicht
die letzte Erklärung dieser Art, welche von einer wissenschaftlichen Körperschaft
gegeben wurde. Für die am 26. April 1803 bei L'Aigle gefallenen Meteot massen,
von denen die grösste nahe 9 kgr wog und welche ebenfalls der Akademie ein-
gesendet worden waren, gab der Physiker Biot, wie schon erwähnt, die richtige
Erklärung. Der Fall von L'Aigle gehört übrigens zu den eigentlichen Steinregen;
auf einer elliptischen Fläche, in der Ausdehnung von 11 km von S. O. nach N. W.
und 4£ km in der dazu senkrechten Richtung fiel eine grosse Menge Steine.
Ein ähnlicher, wenn auch nicht so ausgedehnter Steinfall war der vom 20. Januar
1868 bei Pultusk; aus einer, im ganzen östlichen Deutschland, in Polen, Böhmen,
Mähten beobachteten Feuerkugel fielen nach einem unter donnerartigem Getöse
erfolgten Zerplatzen über 3000 Steine, von denen die grössten ein durchschnittliches
Gewicht von 1 ^ bis 2 kgr hatten, auf einer Fläche von mehr als 7 5 km Länge
und 2 km Breite.
Ausser den Meteorsteinfällen ist noch der Staub fälle Erwähnung zu thun,
zu denen vielleicht auch, wenigstens theilweise die Erscheinungen des rothen
Schnees, des rothen Regens, Blutregens, Schlammregens u. s. w. zu zahlen sind.
Chladni zählt in seiner zweiten Schrift eine grosse Menge auf, welche haupt-
sächlich aus dem Grunde Beachtung verdienen, weil die weitaus grösste Mehr-
zahl auf ganz bestimmte Daten fällt. Die wichtigsten mögen deshalb hier an-
geführt werden.
1) 1548 November 6 fiel im Mansfeldischen eine rothe Flüssigkeit, wie
geronnenes Blut, nach einer Feuerkugel (10. November)*).
%} 1560 December 24 in Lillbonne: Blitz und Krachen bei heilerem Hitpmel;
Feuer am Himmel. Alibi rfieitur, pluisse satiguine (December 28).
3) 1618 in der zweiten Hälfte des August Steinfall, Feuermeteore und
Blutregen in Steiermark.
4) 1623 August 12 Blutregen zu Strassburg (August 15).
5) 1637 December 6. Zwischen 7 Uhr Abends bis den folgenden Tag 2 Uhr
auf einem Schirl im Meerbusen von Volo: zwei Finger hoch Staubfall.
(December 9).
') Vier Jahre früher war bei Luce (in Maine) am 1 3. September 4 \ Uhr Nachmittags aus
einem dunklen Gewölke nach einem kanonensdmssahnlichen Donner ein ca. 3^ kgr schwerer
Stein tur Erde gefallen, welcher ebenfalls mit noch rwei anderen zur selben Zeit bei Aire in
Artois und bei Coutances in Manche gefallenen der Academie geschickt wurde, von dieser aber
als irdisches Gestein erklärt wurde.
*) Die in () beigesetzten Zahlen geben die Reduction auf eine gemeinsame Epoche (1850)
wie dieselbe von H. A. Newton für die Sternschnuppen des BioT'schen Kataloges in Siuman
American Journal of Science and Arts., II Serie, Bd. 36 durchgeführt wurde.
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Kometen und Meteore. 107
6) 1643 Januar in Weinsberg blutiger Schnee.
7) 1645 Januar 23/24 in Herzogenbusch blutiger Sehne (Januar 36).
8) 1646 October 6; um 7 Uhr Morgens in Brüssel rother Regen (October 8).
9) 1721 Mitte März in Stuttgart rother Schlammregen.
10) « 7 55 October 14 Morgens 8 Uhr in Lucarno ein warmer, wie aus einem
Backofen kommender Wind; die L'ift füllte sich mit Dünsten, um 10 Uhr voll
von einem rothem Nebel, um 4 Uhr blutrother Regen, der beim Aufsammeln
£ rothen Bodensatz gab. Darnach ein entsetzliches, 8 Stunden währendes Gewitter.
Regenmenge 9 Zoll. Der Regen fiel auch aui der Nordseite der A'pen bis nach
Schweden. Auf den Alpen lag 2« hoch rother Schnee (October 15).
11) 1755 October 20 schwärzet Staub wie Lampenruss auf der Insel Zetland
(eine der Orkney-Inseln) bei Südwestwind (daher kein vulkanischer Staub vom
Hekla); in der Nacht vom 23. auf den 24. October schwarzer Staub auf einem
Schiff zwischen den Shetlands-Inseln und Irland (October 21, 24, 25).
12) 1755 November 15 rother Regen in Russland, Schweden und am Boden-
see; das rothe Wasser schmeckte säuerlich, der Bodensatz zum Theil vom
Magnet angezogen 1 ).
13) 1781 April 24 weisslicher Staub 3 mm hoch in Sicilien; nach den da-
maligen Untersuchungen kein vulkanischer Staub.
14) 1803 März 5/6 in Udine, Venedig, Neapel, Friaul rother Schnee.
15) 1813 März 13/14 wurde in Catalonien und den Abbruzzen eine rothe
Wolke beobachtet, von welcher nach und nach der ganze Himmel die Farbe
des rothglühenden Eisens annahm; dabei wurde es finster, so dass man Licht
anzünden musste, nierauf fiel rother Schnee; der Rückstand bestand aus Kiesel-
erde, Thonerde, Kalkerde und Eisen.
16) 1814 October 27/28 im Thale bei Onegha bei Genova Regen von
rother Erde.
Nun kam es allerdings auch vor, dass man eine papierartige Substanz,
Seide, Menschenhaare, ferner ölige, theeiige, klebrige, schlammige, gallertartige
Massen, Pilze und Srhimmelsubstanz in dem gefallenen Regen erkannt hat, und
selbst aus Feuerkugeln fallen gesehen haben will. Die gallertartige Substanz
welche früher auch als »Sternschnuppensubstanz« bezeichnet wurde, ist aber,
wie schon Merett 1667 in seinem Kataloge britischer Thiere, Pflanzen und
Mineralien bemerkt, nichts anderes, als eine aus Eingeweiden von Fröschen
bestehende oiganische Masse. Diese Bemerkung wurde neuerdings von Carus
geprüft, welcher in jener Substanz sogar gewisse Theile von Eingeweiden
erkannte. Die Eileiter der Frösche haben nämlich die Eigentümlichkeit,
durch Aufnahme von Feuchtigkeit stark aufzuquellen, und zwar bis auf das
hundertfache ihres Volumens, so dass ein einziger Frosch einen Liter Gallerte
liefert. Doch lässt sich dieses Aufquellen nicht immer gleich beobachten,
und scheint zur Laichzeit am grössten zu sein, und nach dem Laichen zu ver-
schwinden 11 ). Hiernach wären die gallertartigen Massen Auswürfe vgn inj Magen
von Vögeln stark aufgequollenen Froscheingeweiden. Welche Bewandtnis* es
mit den Pilzen, Sthimmel, Papier, Seide, Menschenhaaren hat, ist d.il>ci w< ht
aufgeklärt. Ob dabei in mancr.en Fallen nicht Verwechselungen nni Antrat,
') Hier wiid die Vermuthung auagesprochen, dat» diese Rr*<:hc-inunt; vn-H<-i<ht lf ' c ^^ nt
ist mit derjenigen Tom 20. Octob«»; diesai 1*1 jedoch nicht nothig, mclmelir i»t
dui eich an beiden Daten SttrnscUnuppenfiUe ereignen. ^
«) Die Ursache liegt in der vermehrten Absonderung »on Muan in den»
1
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Kometen und Meteore.
Glimmer etc. vorgekommen sind (in einzelnen Fällen wird ausdrücklich die Un-
verbrennlichkeit derselben erwähnt, in anderen die Brennbarkeit mit einem
brenzlichen Gerüche), in anderen Fällen nicht thatsächlich organische Substanzen
durch den Wind mitgerissen worden waren, lässt sich aus den älteren Berichten
nicht mehr deduciren. Wo aber mineralische Stoffe als nachgewiesen anzusehen
sind, ist der tellurische Ursprung nicht so unmittelbar anzunehmen. Allerdings
hat die Annahme, dass man es nicht nur mit Meteorstaub, sondern mit sogen.
Passatstaub zu thun hat, der meist zimmt- oder blutfarbig ist, und namentlich
an der Westküste des tropischen Afrika, zwischen Cap Bojador und Cap Blanco
so häufig ist, seine Berechtigung — allein: der Passatstaub ist nicht an bestimmte
Daten gebunden; allerdings kann am io. August oder am 13. November oder
an den nächstgelegenen Daten ebenso gut Passatstaub fallen, wie an jedem
anderen Tag, aber umgekehrt: an jedem Tag ebenso gut wie an diesen ganz
bestimmten Tagen.
Nebst den obigen Mittheilungen von Chladni mögen noch die folgenden
auffälligen Beobachtungen bemerkt werden:
17) Olmsted 1 ) führt einen Bericht von rothem Staub 1755 November 13
und von rothem Regen in der Picardie von 1765 November 14 an.
18) Aus der neueren Zeit ist der Fall von rothem Schnee am 25. Februar
- 1879 im südlichen Europa bekannt; er wurde als Wüstenstaub aus der Sahara
erklärt; G. Rohlfs und Dr. Stecker, die sich damals bei Lokna (Tripolis) auf-
hielten, berichteten von einem am 24. Februar daselbst stattgefundenen heftigen
Samum.
19) 1880 März 30 war ein heftiger Staubfall in Catania.
20) 1885 October 14 Schlammregen unter heftigem Sirocco in Klagenfurt.
21) 1896 Februar 25/26 rother Schnee im westlichen Ungarn, Steiermark,
Niederösterreich, Mähren, bis nach Schlesien, wo (in Troppau) bei leicht
bewölktem Himmel und Windstille grauer Staub fiel. Dass dieser Staub nicht
aus den Sandebenen Ungarns herrühren konnte, wird dadurch erwiesen, dass
gleichzeitig in Serbien, Kroatien, im Banat, Südoststürme wehten, welche grosse
Staubmassen führten Auch die Erklärung, dass es Wüstenstaub aus der Sahara
gewesen sei, trifft nicht zu, da sonst Süd bis Südwestwind hätte wehen müssen.
Auf 1 Liter Schnee kamen 3 gr Staub, welcher nach chemischen Untersuchungen
frei von jeder organischen Substanz war, und hauptsächlich aus Quarz bestand.
Nach den einzelnen Daten zusammengestellt hat man:
Januar 26: No. 7; im Januar: No. 6.
Februar 24: No. 18; Februar 25/26: No. 21.
März 6: No. 14; März 13/14: No. 15; Mitte März: No. 9; März 30: No. 19.
April 24: No. 13.
August 15: No. 4; zweite Hälfte August: No. 3.
October 8: No. 8; October 14: No. 20; October 15: No. 10; October 21
bis 24: No. 11; October 27/28: No. 16.
November 10: No. 1; November 14: No. 17; November 15: No. 12.
December 9: No. 5; December 28: No. 2.
Hält man diese Daten mit den später gegebenen charakteristischen Daten
für die Stemschnuppenfä.le zusammen, so wird man nicht umhin können,
diese Falle als höchst wahrscheinlich nicht terrestrischen, sondern ebenfalls
kosmischen Ursprungs anzusehen. Ebenfalls kosmischen Ursprungs ist jedenfalls
') Su.mman, Bd. 26, pag. 132.
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Kometen und Meteore.
109
der Meteorstaub, den zuerst (1872) Nordenskjöld auf dem Polareise in Grön-
land, dann in Spitzbergen und auf dem Schnee in Schweden und Finnland
gesammelt hat.
Die zur Erde gefallenen Meteormassen sind im Momente des Fallens in
einem Zustande hoher Erhitzung, von einer sogen. »Schmelzrinde«, d. i. von einer
geschmolzenen, erst in Erstarrung begriffenen, dünnen, glatten und dunklen Kruste
umgeben. Aerolithe ohne Rinde führt Schiaparelli 1 ) nur zwei an: den von
Chantonnay, gefallen am 5. August 18 12 und von Stirif, gefallen 9. Juni 1867.
Versuche Uber die Schmelzrinde an terrestrischen Körpern gleicher Natur haben
gezeigt, dass das Aussehen und die Constitution der Kruste durch eine plötzliche,
blitzartige Schmelzung erklärt werden können*).
Ihrer chemischen Constitution nach bestehen die Meteormassen entweder
aus gediegenem, metallischem Eisen oder aus Gesteinen, oder aus Gemengen
beider; in den Steinmeteoren findet man kleine Krystalle eingesprengt, was
ebenfalls auf eine rasche Abkühlung oder heftige Erschütterung während der
Krystallisation hindeutet, da bei Schmelzung und langsamer Abkühlung sich
grosse, ausgesprochene Krystalle bilden.
Unter den vielen Eintheilungen, welche für Meteormassen gegeben wurden,
ist die consequenteste die von Daubree 8 ) gegebene; er theilt die Meteor-
massen in:
A. Siderite, welche Eisen enthalten,
B. A siderite, welche kein Eisen enthalten.
A. Zu den Sideriten gehören: I. Holosideren, welche nur Eisen enthalten,
oder Gesteinsbeimengungen in so geringen Quantitäten, dass nur die chemische
Analyse sie nachzuweisen vermag, sie sind sehr selten, etwa 1 % aller Meteorfälle.
Diese nach Rose vorzugsweise als Meteoreisen benannten Massen bestehen
au? einer Legirung voa Eisen mit geringen Quantitäten (bis zu 20 %) Nickel. Die
auftretenden nichtmetallischen Bestandteile sind: phosphorsaures Nickeleisen
(Schreibersit), Spuren von Silicium. An der polirten Oberfläche des Meteoreisens
treten, wenn dieselbe mit Salpetersäure geätzt wird, die sogen. Widmannstätten-
schen Figuren, d. s. zarte Linien und Zeichnungen hervor, aus welchen man
erkennen kann, dass die Masse krystallinisch ist, aus dünnen Lagen einzelner,
feiner Krystalle bestehend.
') »Entwurf einer astronomischen Theorie der Sternschnuppen», pag. 27.
*) Wohl die ersten Versuche dieser Art rühren von Schreibers (1816) her. In neuerer
Zeit wurde von H. Reüsch versucht, diese Schmclirinde als durch wiederholte oberflächliche
Schmelzung der Masse beim Durchgange durch das Perihel ru erklären. Der Widerlegung
dieser Ansicht hat v. NlESSL einen grossen Theil seiner Abhandlung »Ueber die Periheldistanzen
und die Bahnelemente jener Meteoriten, deren Fallerscheinungen mit einiger Sicherheit beobachtet
werden konnten, Brünn 1891« gewidmet. Er untersuchte die Bahnen von 86 Meteoriten und fand,
dass von diesen nur für einen, denjenigen von Tieschitx (gefallen 15. Juli 1878), gleichgültig ob
man die kosmische Geschwindigkeit gleich 2, V2 oder ]/ 1 • 5 annimmt, die Periheldistanz kleiner
ist als diejenige des Mcrcur: und ausserdem noch für 5, resp. 6 kleiner als diejenige der Venus,
und zwar für die Fälle von Toulouse (gefallen 10. April 1812), Hraschina (gefallen 26. Mai 1751),
Villanova (gefallen 29. Februar 1868;, Blansko (gefallen 25. November 1833) unter jeder der
drei Annahmen, und für diejenigen von Jova City (gefillen 15. November 1861), für v — y~2
oder 2 oder aber für die beiden von Stannern (gefallen 22. Mai 1808) und Agen (gefallen
5. September 18 14) für die Annahme v — yVh. An eine Schmelzung in diesen Entfernungen
kann aber bei der bekannten Constitution dieser (zur Erde gefallenen) Meteore nicht gedacht
werden.
>) Compt rend., Bd. 65, pag. 60.
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I IO
Kometen und Meteore.
II. Syssi deren, wo in den Gemengen von Eisen und Gestein das erstere
m compakten Massen auftritt, und die Gesteine, zumeist Olivin, Bronzit, nur in
mässigen Quantitäten eingestreut, vorkommen (nach Rose Pallasit genannt).
m. Sporadosideren, in denen die Gesteinsmassen vorwiegen. Sie ent-
halten das Eisen:
1) in grösseren Massen, compakt: Polysideren (nach Rose Mesosiderit).
2) in kleinen Massen, eingestreut: Oligosideren. Sie bestehen aus Silikaten,
und zwar vorwiegend aus Aluminium-, Calcium-, Eisen-, Magnesiumsilikaten (Anorthit,
Augit, Bronzit, Diopsit, Enstatit, Olivin), aus reiner Kieselsäure (Quarz) und ent-
halten ferner die Sulfide von Eisen, Kupfer, Chrom (Magnetkies, Magneteisenerz,
Kupferkies, Chromeisenerz), dann das metallische Eisen, Nickeleisen, Phosphor-
nickeleisen. Rose unterscheidet: a)Chondrite, feinkörnige Gemenge von Bronzit
und Olivin mit eingelagerten Eisenkörnern (Chondren). b) Howardite, fein-
körnige Gemenge von Anorthit, Augit, Olivin mit eingelagertem Eisen, Schwefel-
eisen und Chromeisenerz; von diesen trennt er die beiden folgenden, seltener
auftretenden Formen: c) Chladnit, nur durch zwei Exemplare vertreten: die
Meteorsteine von Bishopwill und Bussi; d) Chassignil (eisenreicher Olivin) nur
durch ein einzelnes Exemplar vertreten (Meteorstein von Chassigny).
3) Eisen in äusserst kleinen Quantitäten: Cryptosi deren. Zu diesen
gehören die von Rose als Eukrit bezeichneten Meteormassen.
B. Die Asiderite, welche Uberhaupt kein Eisen enthalten, bilden die
Asi deren. Zu diesen gehören unter anderen die folgenden beiden Formen von
Rqse: a) der Shalkit (nur durch ein Exemplar vertreten: Meteorit von Shalka)
und b) die kohligen Meteorite von Bokkeweld und Alais.
Auf die viel kleineren Feuererscheinungen, welche in der Luft auftreten,
wurde man, obgleich dieselben viel häufiger sind, erst viel später aufmerksam.
Die Hauptursache dafür ist wohl darin zu suchen, dass sie in grösserer Zahl nur
in den Morgenstunden sichtbar sind, und dass die vereinzelt auftretenden der frühen
Nachtstunden, wenn sie überhaupt beachtet wurden, nicht viel Anlass zum
Nachdenken gaben. Erst Lichtenberg (seit 1770 Professor in Göttingen) scheint
denselben eine grössere Aufmerksamkeit zugewendet zu haben, und zwei seiner
Schüler Brandes und Benzenberg, fassten schon 1798 den Plan, correspondirende
Beobachtungen dieser vereinzelten Feuererscheinungen, Sternschnuppen, an
verschiedenen Punkten zu machen, um deren Höhe zu bestimmen. Als Standlinie
wählten sie ursprünglich die etwas Uber eine deutsche Meile von einander ent-
fernten Punkte Clausberg und Ellershausen bei Göltingen, später Clausberg und
den etwa drei Meilen davon entfernten Ort Sesebühl bei Dransfeld. Zwischen
11. September und 4. November 1798 beobachteten sie zusammen 402 Stern-
schnuppen, aus welchen sie aus der Bcobachtungszeit und den begleitenden
Umständen (Bewegungsrichtung, Grösse etc.) 22 als identisch erkannten. Aus
diesen fanden sie die Höhe derselben: für 7 unter 10 Meilen, für 9 zwischen
10 und 20 Meilen, für 5 zwischen 20 und 30 Meilen, und für eine über 30 Meilen.
Diese Höhen zeigten zum ersten Male zur Evidenz, was früher nur aus einzelnen
Beobachtungen gefolgert und immer wieder angezweifelt wurde: die grosse
Höhe der Sternschnuppen und ihre Identität mit Feuerkugeln. Schon Chladni
hatte in seiner 1794 erschienenen Monographie über die PALLAs'sche Eisenmasse
die Höhe einzelner Feuerkugeln berechnet, und daraus im Verein mit der Länge
des zurückgelegten Weges am Himmel im Bogen auf die Länge des Weges in Kilo-
metern geschlossen, welche mit Rücksicht auf die Zeitdauer der Erscheinung die Ge-
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Kometen und Meteore.
in
schwindigkeit gab. Sind a 1( 8 X die Rectascension und Deklination des Autblitzens,
a s , 8, Rectascension und Deklination des Verschwindens einer Feuerkugel, so
wird die Länge des Weges am Himmel (der Bogen des grössten Kreises) aus
dem sphärischen Dreieck, dessen Ecken der Pol des Aequators und die beiden
genannten Punkte sind, gefunden:
Chladni fand für die Feuerkugel vom 17. Mai 17 19 wenigstens 5 deutsche
Meilen pro Secunde, für diejenige vom 26. November 1758: 6^ deutsche Meilen;
für eine andere vom 17. Juli 1771: 4^ bis 6 deutsche Meilen, also die Ge-
schwindigkeit der Bewegung vergleichbar mit der kosmischen Geschwindig-
keit der Erde und anderer Himmelskörper in ihren Bahnen. Die Resul-
tate wurden vielfach für nicht beweisend erklärt; bei der kurzen Dauer der '
Erscheinung ist man selbstverständlich bei dieser Art von Beobachtungen auf
Schätzungen der Orte am Himmel für den Anfangs- und Endpunkt der Bahn
angewiesen, und ebenso wird die Angabe der Zeitdauer der Erscheinung eine
blosse Schätzung sein. Aus einigen wenigen Beobachtungen wird daher der
Schluss nur sehr unsicher. Noch fraglicher blieb aber die von Chladni ver-
muthete Identität zwischen Feuerkugeln und Sternschnuppen. Seine Beobach-
tungen beruhten ja ausschliesslich auf den, wenigstens öfter und an verschiedenen
Orten beobachteten, also in gegebenen Fällen leicht als identisch zu erkennen-
den Feuerkugeln, aber durchaus nicht auf Sternschnuppen. Chladni erklärte,
nachdem er die älteren Ansichten über den terrestrischen Ursprung der Feuer-
kugeln ausführlich widerlegt hat, die Feuerkugeln als dichte, schwere, im Welt-
raum zerstreute Massen, »in welchem sie sich, durch die Wurlkraft oder An-
ziehung getrieben, so lange fortbewegen, bis sie etwa einmal der Erde oder
einem anderen Weltkörper nahe kommen, und von dessen Anziehungskraft er-
griffen, darauf niederfallen., Durch ihre äusserst schnelle und vermöge der An-
ziehungskraft der Erde noch mehr beschleunigte Bewegung muss nothwendig
wegen der heftigen Reibung in der Atmosphäre eine sehr starke Elektricität
und Hitze erregt werden, wodurch sie in einen brennenden und geschmolzenen
Zustand gerathen, und eine Menge Dünste und Luftarten sich darinnen ent-
wickeln, welche die Masse zu einer ungeheuren Grösse aufblähen, bis sie
endlich bei einer noch stärkeren Entwickelung solcher elastischer Flüssigkeiten
zerspringen muss. Gegen das wirkliche Brennen dieser Körper ist von einigen
eingewendet worden, dass in einer so beträchtlichen Höhe die Luft so dünn
und so unrein sein muss, dass kein Brennen daselbst stattfinden könne.
Aber abgesehen davon, dass man noch gar nicht weiss, in welcher Höhe die Luft
nicht mehr zur Unterhaltung des Feuers tauglich ist, so wird auch die etwas
geringere Tauglichkeit der Luft durch die Schnelligkeit der Bewegung dieser
Massen reichlich ersetzt« '). Auch hebt er gleich eingangs seiner Schrift hervor,
cos s = sin i t sin 8, + cosi t cos d, cos (ot, — a x ).
Ist die Höhe der Feuerkugel gleich h km gefunden worden, so wird diesem
Bogen s ein linearer Weg h arc s entsprechen l ). Hat man nun die Dauer der Erschei-
/ h arc s\
nung gleich /Secunden nourt, so wird die Geschwindigkeit I — - — \km pro Secunde.
! ) Dabei ist auf die verschiedene Höhe des Aufblitrens und Verschwindens nicht Rück-
sicht genommen. Hiertiber vcrgl. pag. 134 ff. Die älteste Messung ist wohl diejenige von Haixzy,
welcher fUr die Höhe einet Feuerkugel 90 englische Meilen (144 8 km) fand.
*) 1. c, pag. 24/5.
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I 12
Kometen und Meteore.
dass die Meteormassen ihren Ursprung in den Feuerkugeln haben, und dass
sich diese in einer wahrscheinlich parabolischen Bahn im Welträume bewegen
(was er, wie es scheint, aus ihren kosmischen Geschwindigkeiten schliesst).
Endlich bemerkt Chladni, dass Sternschnuppen sich von den Feuerkugeln nur
durch ihre schnellere Bewegung unterscheiden 1 ), womit bereits alle drei Arten
von Meteorerscheinungen als identisch erklärt erscheinen, was er auch (pag. 56)
besonders hervorhebt: >Aus dem, was bisher vorgetragen wurde, ist zu ersehen,
dass folgende 4 Naturerscheinungen, von denen roch keine einzige auf eine
befriedigende Art erklärt worden, sich durch einander selbst erklären, sobald
man ihre Identität annimmt: 1) die sonderbare Beschaffenheit des Pallasi-
schen und ähnlicher Eisenmassen; 2) die Feuerkugeln, 3) die Sternschnuppen,
4) das Herabfallen eisenhaltiger Massen.«
Für die Sternschnuppen war jedoch in keiner Weise ein Beweis geliefert;
die Annahme der Identität derselben mit den Feuerkugeln war ein, allerdings
sehr naheliegender Inductionsschluss. Nichtsdestoweniger findet man noch
viel später eine Trennung dieser Erscheinungen. Quetelet meint, man habe sehr
häufig Sternschnuppen mit Aerolithen, Boliden und Staubfällen verwechselt; er
hält aber ihren Ursprung für sehr verschieden: Niemand hat noch eine Stern-
schnuppe berührt'). Es ist jedoch eine der Logik widerstreitende Forderung,
eine Sternschnuppe berühren zu wollen. In dem Momente, wo sie zur Erde
fällt, ist sie, in der ursprünglichen Bedeutung der Worte, nicht mehr als Stern-
schnuppe, sondern als Meteorsteinfall zu bezeichnen. Schiaparelli meint allerdings*),
dass drei sicher verbürgte Fälle angeführt werden, wo Sternschnuppen auf die
Erde fielen; damit ist aber nur das wirklich beobachtete Fallen von Meteor-
massen unter den bekannten Begleiterscheinungen der Feuerkugeln verstanden,
welche hierbei an Stelle der sonst die Meteorsteinfalle charakterisirenden Begleit-
erscheinungen treten.
In Deutschland waren die ersten Anhänger Chladni's v. Zach und Olbers;
der letztere hielt die Meteorsteine anfänglich für Mondsteine, d. h. für Steine,
welche aus Mondvulkanen mit einer grossen Geschwindigkeit herausgeschleudert
wurden, so dass sie bis zu jenem Punkte kamen, wo die Anziehung der Erde
diejenige des Mondes überwiegt, und sie in Folge dessen von der Erde an-
gezogen würden und nicht mehr zum Monde zurückkehren könnten.
Die Beobachtungen von Brandes und Benzenberg aber über die Höhe der
Sternschnuppen bildeten den bis dahin fehlenden Beweis für die Identität der
Sternschnuppen mit den Feuerkugeln, und gleichzeitig den Beweis, dass die kos-
mischen Geschwindigkeiten, wie sie früher in vereinzelten Fällen gefunden
wurden, allen Körpern dieser Art zukommen. Olbers gesteht 4 ), dass es die
Beobachtungen von Brandes (die inzwischen wesentlich vermehrt worden waren)
über die Geschwindigkeit der Sternschnuppen waren, welche seine frühere An-
nahme widerlegten. Die Geschwindigkeit, welche einem Körper auf dem Monde
ertheilt werden müsste, damit er nicht mehr zum Monde zurückkehren könne, wäre
nämlich ca. 7967 Pariser Fuss (2*59 km), und dann würden die Massen mit einer
Geschwindigkeit von 35000 Pariser Fuss (11 -37 km) zur Erde gelangen. Damit
dieselben aber mit den beobachteten Geschwindigkeiten von 4 bis 6 deutschen
') Jetzt ist das Gegentheil erwiesen.
') Physique du Globe, pag. 319.
») 1. c, pag. 197.
*) Schumacher^ Jahrbuch für 1837, pag. 54.
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Kometen und Meteor«.
«»3
Meilen (30 bis 45 km) zur Erde gelangen könnten, müsste man annehmen, dass
dieselben vom Monde mit einer Geschwindigkeit von 110000 Pariser Fuss
(35 7 km) pro Secunde fortgeschleudert worden wären: dieses aber hält Olbers
für nicht mehr wahrscheinlich.
Ueber die Beziehungen zwischen Sternschnuppen und Feuerkugeln spricht
sich Olbers in »Schumacher's Jahrbuch« für 1837 dahin aus, dass sich zwischen
beiden kein Unterschied angeben lässt; »sie gehen in einander Uberc. Sie
haben dieselben Höhen, dieselben Geschwindigkeiten, dasselbe Aussehen, ganz
ähnliche Schweife. Allein unter den Sternschnuppen selbst macht Olbers einen
Unterschied, der allerdings nicht in ihrem Aussehen begründet ist, sondern in ihrer
uns unbekannten Materie. »Ein Theil der Sternschnuppen wenigstens muss also
mit den Feuerkugeln gleichen Ursprung, gleiche Beschaffenheit haben, und wir
können ohne Bedenken das, was von den Feuerkugeln erforscht, erwiesen, oder
wahrscheinlich gemacht ist, auch auf diese Sternschnuppen anwenden. Aber
sind denn die Sternschnuppen wirklich untereinander wesentlich verschieden?
Ich glaube es mit Brandes, ob ich gleich nach meinen Erfahrungen nicht alle
von ihm angegebenen Verschiedenheiten bestätigen kann ... es mag unter den
Sternschnuppen einige geben, die bloss elektrische Funken sind, oder in unserer
Atmosphäre aus bekannten oder noch unbekannten, sich entzündenden oder
bloss phosphorescirenden Gasarten und Dämpfen oder auf andere Art entstehen:
der grösste Theil der Sternschnuppen bleibt mit den Feuerkugeln identisch 1 )«
Auch Olmsted hatte 1834, als er bereits nicht nur den kosmischen (nicht tellu-
rischen) Charakter der Sternschnuppen erkannt hatte, sondern auch die ersten
Versuche zu einer Bahnbestimmung für die Novembermeteore vornahm, die gleich-
artige Zusammensetzung der Sternschnuppen und der Meteormassen geleugnet;
als Grund hierfür führt er an, dass er nicht begreifen könne, wie solche Massen
in so kurzer Zeit einer so vollständigen Zerstörung unterliegen könnten').
In England wurde Chladni's Schrift durch Eduard King, welcher 1796
einen Auszug derselben in seiner Abhandlung »Remarks concerning Stars, said
to have fallen from the Cloudsc gab, bekannt, jedoch in einer etwas modificirten,
oft entstellten, und nicht zu billigenden Form. Dass Chladni's Meinung in
Frankreich unbekannt blieb oder nicht gebilligt wurde, geht schon aus dem
pag. 106 von dem Gutachten der Pariser Akademie über den Steinfall von
Barbotan gesagten, hervor. Erst der Steinfall von L'Aigle bewirkte einen Um-
schwung der Meinung, und 1804 erschien eine französische Uebersetzung der
CHLADNt'schen Schrift von Eugene Coquebert.
Den Beobachtungen von Brandes und Benzenberg wurde allgemein wenig
Interesse entgegengebracht; ihr Beispiel fand auch keine Nachahmung. Erst
als in Europa die Einzelheiten des grossen Sternschnuppenfalls von 1799 be-
kannt wurden, änderte sich die Sachlage. In Europa selbst war der Sfern-
schnuppenfall wenig auffällig; er wurde zwar an vielen Punkten Deutschlands
gesehen, auch im Norden Europas, und selbst in Grönland wahrgenommen;
nirgends aber bot er besonders auffällige Momente, wenn auch die Zahl der
Sternschnuppen über den normalen, gewohnten Durchschnitt stieg. Um so gross-
artiger entfaltete sich das Schauspiel in Süd-Amerika, und theilweise auch in
den südlichen Theilen von Nord-Amerika. Humboldt beschreibt denselben in
•) 1. c, pag. 5a
*) SlLUMAN, I. Serie, Bd. 26, pag. 15a.
VALXxmirai, AttTDoomic. Jl.
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ii 4
Kometen und Meteore
seiner > Reise in die Aequinoctialgegenden des neuen Continents 1 )« folgender-
maassen.
>Die Nacht vom n. zum 12. November (1799) war kühl und ausnehmend
schön. Gegen Morgen von 2$ Uhr an, sah man gegen Ost höchst merkwürdige
Feuermeteore. Bonpland, der aufgestanden war, um auf der Gallerie der Kühle
zu geniessen, bemerkte sie zuerst. Tausende von Feuerkugeln und Sternschnuppen
fielen hintereinander, vier Stunden lang. Ihre Richtung war sehr regelmässig
von Nord nach Süd; sie füllten ein Stück des Himmels, das vom wahren Ost-
punkte 30° nach Nord und nach Süd reichte. . . Nach Bonpland's Aussage
war gleich zu Anfang der Erscheinung kein Stück am Himmel so gross als
drei Monddurchmesser, das nicht jeden Augenblick von Feuerkugeln und Stern-
schnuppen gewimmelt hätte. Der ersteren waren wenigere; da man ihrer aber
von verschiedenen Grössen sah, so war zwischen diesen beiden Klassen von
Erscheinungen unmöglich eine Grenze zu ziehen. Alle Meteore Hessen 8 bis 10°
lange Lichtstreifen hinter sich zurück, was zwischen den Wendekreisen häufig
vorkommt. Die Phosphorescenz dieser Lichtstreifen hielt 7 bis 8 Secunden an.
Manche Sternschnuppen hatten einen sehr deutlichen Kern von der Grösse der
Jupiterscheibe, von dem sehr stark leuchtende Lichtfunken ausfuhren. Die
Feuerkugeln schienen wie durch Explosion zu platzen; aber die grössten, von
1° bis 1° 13' Durchmesser, verschwanden ohne Funkenwerfen, und Hessen leuch-
tende, 15—20 Minuten breite Streiten (trabes) hinter sich. Das Licht der Meteore
war weiss, nicht röthlich, wahrscheinlich, weil die Luft ganz dunstfrei und
sehr durchsichtig war. . . Fast alle Einwohner von Cumana sahen die Er-
scheinung mit an, weil sie vor 4 Uhr aus den Häusern gehen, um die Frühmesse
zu hören. Der Anblick der Feuerkugeln war ihnen keineswegs gleichgültig;
die ältesten erinnerten sich, dass dem grossen Erdbeben des Jahres 1766 ein
ganz ähnliches Phänomen vorausgegangen war. . .< (pag. 51,52).
»Von 4 Uhr an hörte die Erscheinung allmählich auf; Feuerkugeln und Stern-
schnuppen wurden seltener, indessen konnte man noch eine Viertelstunde nach
Sonnenaufgang mehrere an ihrem weissen Lichte und dem raschen Hinfahren er-
kennen « (pag. 52). >Da bei meinem Abgange von Europa die Physiker
durch Chladni's Untersuchungen auf Feuerkugeln und Sternschnuppen besonders
aufmerksam geworden waren, so versäumten wir auf unserer Reise von Caracas
nach dem Rio Negro nicht, uns überall zu erkundigen, ob am 12. November
die Meteore gesehen worden seien Der Kapuziner in der Mission San
Fernando de Apure, die mitten in den Savannen der Provinz Varinas liegt, die
Franziskaner an den Fällen des Orinoko und in Maroa am Rio Negro hatten
zahllose Sternschnuppen und Feuerkugeln das Himmelsgewölbe beleuchten sehen.
Maroa liegt 780 km südwestlich von Cumana. Alle diese Beobachter verglichen
das Phänomen mit einem schönen Feuerwerk, das von 3 bis 6 Uhr morgens
gewährt Am Süd-Ende von spanisch Guyana, im kleinen Fort San Carlos,
traf ich Portugiesen, die von der Mission San Jos£ dos Maravitanos den Rio Negro
heraufgetahren waren. Sie versicherten mich, in diesem Theile Brasiliens sei
die Erscheinung zum wenigsten bis San Gabriel des Cachoeiras, also bis zum
Aequator sichtbar gewesen.
»Ich wunderte mich sehr über die ungeheure Höhe, in der die Feuerkugeln
gestanden haben mussten, um zu gleicher Zeit in Cumana und an der Grenze
von Brasilien, auf einer Strecke von 1035 km gesehen zu werden. Wie staunte
') Gesammelte Werke, Cotta'nche Ausgabe, Bd. 6.
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Kometen und Meteore.
ich aber, als ich bei meiner Rückkehr nach Europa erfuhr, dieselbe Erscheinung
sei auf einem 64 Breiten- und 91 Längengrade grossen Stück des Erdballes,
unter dem Aequator, in Südamerika, in Labrador und in Deutschland gesehen
worden 1 . . .« (pag. 53/54).
>Von Weimar an den Rio Negro sind es 3340 km, vom Rio Negro nach
Herrnhut in Grönland 5850 km. Sind an so weit auseinander gelegenen Punkten
dieselben Meteore gesehen worden, so setzt dies für dieselben eine Höhe von
1850 km voraus .... Ich möchte fast glauben, dass die Chaymas in Cumana
nicht dieselben Feuerkugeln gesehen haben, wie die Portugiesen in Brasilien
und die Missionäre in Labrador Die Physiker (Benzenberg und Brandes),
welche in neuerer Zeit über die Sternschnuppen und ihre Parallaxen so mühsame
Untersuchungen angestellt haben, betrachten sie als Meteore, die der äusseisten
Grenze unseres Luitkreises, dem Räume zwischen der Region des Nordlichtes
und der der leichtesten Wolken angehören. . . . Welchen Ursprung nun auch
diese Feuermeteore haben mögen, so hält es schwer, sich in einer Region, wo
die Luft verdünnter ist, als im luftleeren Räume unserer Luftpumpen, wo (in
49 km Höhe) das Quecksilber im Barometer nicht 0-024 mm hoch stände, sich
eine plötzliche Entzündung zu denken. . . . Man könnte annehmen, bei den
frühesten Umwälzungen des Erdballes seien Gase, die uns bis jetzt ganz unbekannt
geblieben, in die Luftregion aufgestiegen, in der sich die Sternschnuppen bewegen;
aber aus genauen Versuchen mit Gemischen von Gasen von verschiedenem speci-
fi sehen Gewichte geht hervor, dass eine oberste, /on den unteren Schichten ganz
verschiedene Luftschichte undenkbar ist .... Diese Schwierigkeiten würden
grossentheils beseitigt, wenn man die Sternschnuppen nach der Richtung, in der
sie sich bewegen, als Körper mit festem Kern, als kosmische (dem Himmels-
raume ausserhalb unseres Luftkreises angehörige) nicht als tellurische (nur
unserem Planeten angehörige) Erscheinungen betrachten könnte.« (pag. 57).
Humboldt führt hier in seinem Berufung auf Chladni an, dass dieser die
Sternschnuppen als den äussersten Grenzen des Luftkreises dem Räume zwischen
der Region des Nordlichtes und der der leichtesten Wolken angehörig, betrachtet j
dieses kann jedoch nur auf ein Missverstehen der CHLAONt'schen Meinung zurück-
geführt werden. Merkwürdig ist, dass sich in der nächsten Zeit die Meinung
herausbildete, dass die Sternschnuppen, aus dem Welträume kommend, duich die
Anziehung der Erde zu Satelliten derselben werden. Laplace sieht dieses als eine
bekannte Thatsache an, er schreibt in der Connaissance des temps für 18 16
(pag. 213) in einem Aufsatze: >Sur Us Comiies* : »Les Cometes serraient ainsi re-
lativement au Systeme solaire, ce que les aerolithes sont par rapport ä la terre, ä la-
quelles elles paraissent ötrangeres.« Die Erscheinung der Kometen, als aus dem Welt-
räume kommende, dem Sonnensysteme einverleibter Körper, wird hierbei mit den-
jenigen der in gleicherweise aus dem Weltraum kommenden, zu Satelliten der Erde
umgewandelten Aerolithen erklärt. Dieselbe Meinung äussert H. Daw in seinen
»Untersuchungen Uber die Flamme« 1 ). Er sagt: >Die Thatsachen, welche in
dem ersten Abschnitte dargestellt sind, enthalten den Beweis in sich, dass das
Licht der Sternschnuppen und der Meteore nicht von einem Entflammen (in-
fiammation) elastischer Flüssigkeiten herrühren kann, sondern dass es auf dem
Glühen (ignition) fester Körper beruhen muss. . . . Diese Körper bewegen sich
auf jeden Fall mit einer ungeheuren Geschwindigkeit, bei der sie fähig sind, in
der allerverdünntesten Luft eine Verdichtung zu bewirken, welche hinreicht, aus ihr
') Gilbert*! Annalen der Physik, I. Serie, Bd. 56, pag. 240.
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Kometen und Meteore.
hinlänglich viel Wärme zu entbinden, um diese Körper zu entzünden. Man wird
daher alle diese Phänomene erklären können, wenn man annimmt, dass die Stern-
schnuppen kleine, feste Körper sind, welche sich um die Erde in sehr excentri-
schen Bahnen bewegen, und sich bloss dann entzünden, wenn sie mit unermess-
licher Geschwindigkeit durch die oberen Theile der Atmosphäre hindurchziehen,
und dass diejenigen dieser Meteore, welche Steine herausschleudern, indem sie
explodiren, ahnliche Körper sind, welche eine verbrennliche oder elastische
Materie enthalten.«.
In seiner zweiten Schrift fUeber die Feuermeteore und über die mit den-
selben herabgefallenen Massen c beschränkt sich Chladni nicht bloss auf eine
Erweiterung seiner ersten Schrift, sondern er macht auf einige bei den Stern-
schnuppen gemachte Beobachtungen, auf gewisse anomale Bewegungen, auf das
Verhältniss der kosmischen Geschwindigkeiten, mit denen die Meteore in die
Luft eintreten, zu denjenigen, mit denen sie zur Erde gelangen, auf den Ursprung
der Sternschnuppen u, s. w. aufmerksam, wovon später an seiner Stelle die
Rede sein wird. Ferner vergleicht er bereits die Zahl der Sternschnuppen nach
den Tages- und Jahreszeiten, wo allerdings mehr die Anregung zu diesen Zählungen,
als seine aus nur wenigen Beobachtungen gefolgerten, von den späteren wesent-
lich verschiedenen Resultate, zu erwähnen sind.
Brandes hatte im Jahre 1823 neuerdings correspondirende Beobachtungen
zur Bestimmung der Höhe der Sternschnuppen aufgenommen, und einen weit
ausgedehnteren Plan dafür entworfen. Seine Mitarbeiter waren 1 ): Scholz in
Leipe bei Bolkenhain und Ottawa in Trebnitz (beides Schüler von Brandes),
Liedtky und Wolf in Gleiwitz (Gymnasiallehrer daselbst), Petzoldt in Neisse
(Gymnasiallehrer daselbst), Lohrmann und Pressler in Dresden, Baron
von Richthofen auf Brecheishof bei Jauer; Lieutenant von Prittwitz in Berlin,
Krzizanowsky in Krakau, Dr. Heilbronn in Brieg und Brettner, Dove, Feldt,
Gebauer, Nepilly, Türkheim, Weber und Wicher in Breslau. Für diese Zahl
der Beobachter waren aber die erhaltenen Beobachtungen nicht gerade allzu zahl-
reich: Brandes erhielt Höhenbestimmungen für 63 Sternschnuppen. Bemerkens-
werth aber ist, dass er bereits das Vorherrschen einer gewissen Bewegungsrichtung
bei den Sternschnuppen constatirte, und dafür auch die richtige Ursache angab.
Um dieselbe Zeit hatte auch Quetelet, ohne von den Untersuchungen
von Brandes zu wissen, seine Untersuchungen über die Sternschnuppen be-
gonnen*); bald darauf, nach der Wiederkehr des grossen Sternschnuppenphänomens
im Jahre 1833, wurde Olmstedt auf die Periodicität der Erscheinung geführt und
damit waren, um die Worte Bessels zu gebrauchen, die Sternschnuppen >zu
Gegenständen der Aufmerksamkeit des Astronomen geworden, und forderten
diesen auf, auch ihre nähere Untersuchung, als nicht ausser seinem Kreise
liegend, zu betrachten.« Die erste praktische Aufforderung dieser Art war wohl
diejenige, welrhe Arago in den Instructionen für die Officiere des Schiffes »La
Bonite« bezüglich der astronomischen Beobachtungen der Sternschnuppen giebt.
Die Officiere des Schiffes wurden angewiesen, die Zeit der Erscheinung der Stern-
schnuppen, ihren Ort am Himmel und die Richtung der Bewegung zu notiren*).
Gegen den kosmischen Ursprung der Meteore schien auch der Umstand zu
sprechen, dass dieselben oft mit heftigen Winden und plötzlicher Abkühlung
auftraten. Dass dieses eine nothwendige Begleiterscheinung der Sternschnuppenfälle
') Vergl. seine »Unterhaltungen für Freunde der Physik u. Astronomie«, Leipzig 1825, pag. 5.
*) »Physique du Globe«, pag. 267.
*) Compt. rend., Bd. I, pag. 393.
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Kometen und Meteore
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ist, ist längst widerlegt; hingegen treten Fälle von Meteormassen, detonirenden
Feuerkugeln u. s. w. mitunter mit derartigen Begleiterscheinungen auf, und es
herrschte daher die Ansicht, dass die meteorologischen Processe primär und die
auftretenden Feuerkugeln eine secundäre Erscheinung wären. Olmstrdt war
der erste, der die meteorologischen Processe als eine Folge der Sternschnuppen-
fälle — er dehnt dabei die Begleiterscheinungen auf alle diese Processe aus —
darstellte: es wird eine grosse Menge Luft aus den oberen Regionen von der
grösseren Geschwindigkeit der täglichtn Bewegung in die unteren Regionen
kleinerer Geschwindigkeit geführt, wodurch nothwendig ein Westwind entstehen
muss; da überdiess die starke Erhitzung der Luft sich nur auf die die Stern-
schnuppen unmittelbar umgebenden Theile der Luft erstreckt, und auf entferntere
Theile nicht so schnell fortpflanzt, so wird die mitgefilhrte Luft zumeist kalt
und eisig sein, daher die plötzliche Abkühlung. Jedenfalls kann dieser Verlauf
der Erscheinungen eintreten, wenn die entwickelte Wärme nicht jene abnorme
Höhe, wie beim Glühen der Meteormassen hat, also bei den Staubfällen, welche
daher auch zumeist von plötzlichen Condensationen der in der Luft befindlichen
Dünste, also von heftigem Regen begleitet, auftreten.
Am spätesten wurden die Grösse und Farbe, Uberhaupt das äussere Aussehen
in den Kreis der Untersuchungen gezogen, zum ersten Male geschah dieses,
wenigstens in systematischer Weise von Schmidt, welcher erwähnte, dass es
zur Untersuchung über die physische Constitution nicht genügt, die Sternschnuppen
als Punkte zu betrachten.
Die Sternschnuppen erscheinen als plötzlich am Himmel aufblitzende, fixstern-
artige Lichtpunkte von verschiedener Grösse; als feine, kaum und selbst mit
freiem Auge überhaupt nicht wahrzunehmende, nur im Fernrohr sichtbare Licht-
pünktchen, durch alle Grössenabstufungen bis zu solchen von der Helligkeit
der Fixsterne erster Grösse und selbst vom Glänze der Venus in ihrer Erdnähe:
man hat solche beobachtet, die deutliche Schatten geworfen haben, und zu den
zahlreichen kleineren Sternschnuppen treten auch zur selben Klasse von Körpern
gehörige Feuerkugeln. Manche Sternschnuppen ändern ihre Helligkeit während
ihrer Erscheinung; sie erscheinen klein, unansehnlich, und werden dann immer
heller; oft entwickeln sich aus solchen Sternschnuppen Feuerkugeln der grössten
Gattung, wie schon in einem Beispiele pag. 103 erwähnt ist. Eine andere, von Heis
am 26. September 185 1 in Aachen beobachtete leuchtende Kugel nahm allmählich
an Helligkeit und Grösse zu, bis sie auf etwa $ Monddurchmesser angewachsen
war, und wurde dabei so hell, dass sie die ganze Stadt wie mit einem bengalischen
Feuer erleuchtete. Am Ende ihrer Bahn blieb sie etwa 10 Secunden wie
unbeweglich am Himmel, und verschwand durch Abnahme an Helligkeit.
Von diesen sternartigen, scharf begrenzten Sternschnuppen trennt Schmidt 1 )
eine gewisse Gruppe von nicht scharf begrenzten, verwaschenen, deren Zahl
durchaus nicht unbeträchtlich ist, und die er nebelige nennt. Der Grösse
nach lassen sie sich in eine der sechs Grösscnk lassen einreihen, hingegen bleibt
bei denselben, wie aus den ScHMiDT'schen Zusammenstellungen ersichtlich ist
die Farbe unbestimmbar.
Dass die Sternschnuppen feste Körper sind, geht daraus hervor, dass sie
continuirliche Spectra geben; dabei ist zu bemerken, dass bei denselben vorzugs-
weise das Grün mit bedeutender Intensität hervortritt«).
•) «Resultate aus lehnjährigen Beobachtungen Uber Sternschnuppen, Berlin 1852t, p»g. 4.
>) Vergl. den Artikel .Astrospektrotkopie«.
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11$
Kometen und Meteore.
Die Sternschnuppen beschreiben am Himmel Bahnen, die oft nur 1° bis 2°,
oft jedoch 8 bis 10° lang und auch länger sind, und verlöschen dann meist plötz-
lich. Ob das Aufleuchten plötzlich stattfindet oder ncht, kann im Allgemeinen
nicht angegeben werden; meist sieht man eine Sternschnuppe erst, wenn sie schon
einen, wenn auch nur kleinen Bruchtheil einer Secunde geleuchtet hat; nur
dann, wenn man zufällig sein Auge auf die Stelle des Aufleuchtens gerichtet
hatte, kann man dieses wirklich beobachten. Mit grösserer Sicherheit kann man
über das Verschwinden der Sternschnuppen sprechen. Im Allgemeinen wird
das Verschwinden derselben als plötzlich bezeichnet. Doch berichtet schon
Bessel über einen Fall, in welchem Feldt eine fast oder ganz verschwundene
Sternschnuppe aufs neue leuchtend werden, ihren Weg am Himmel noch be-
trächtlich weit fortsetzen und dann allmählich verschwinden sah. Fälle dieser
Art sind später mehrfach aufgetreten. Zeziou beobachtete 4 Fälle, wo das
Meteor in der Mitte seines Laufes unsichtbar war, und 4 andere, wo das Meteor
abwechselnd erschien und wieder verschwand. Hierher gehörte z. B. auch der oben
beschriebene Fall der von Heis am 26. September 1851 beobachteten Sternschnuppe.
Der Weg, den die Sternschnuppe an der scheinbaren Himmelskugel be-
schreibt, ist zumeist, wie man sich ausdrückt, eine gerade Linie, d. h. ein Bogen
grössten Kreises. Ihre Bahn ist also entweder geradlinig, oder wenigstens in
einer Ebene gelegen, die durch das Auge des Beobachters geht; dass aber
die wirklichen Bahnen der Sternschnuppen gerade in Ebenen liegen, die eine
ganz bestimmte Lage zu einem ganz bestimmten Beobachtungspunkte haben
würden, in Ebenen, die durch diesen Beobachtungsort gehen sollten, ist viel
weniger wahrscheinlich, als dass alle Bahnen geradlinig und beliebig im Räume
vertheilt wären. Ueberdies hat man bei jenen Sternschnuppen, welche gleich-
zeitig an mehreren Orten gesehen wurden, an sämmtlichen Orten ihre schein-
baren Bahnen als grösste Kreise beobachtet, woraus folgt, dass ihre wahren
Bahnen in denjenigen Ebenen liegen müssen, welche durch die bezüglichen
grössten Kreise und
die bezüglichen Beob-
achtungsorte gehen,
also in der Schnitt-
linie dieser Ebene,
d. h. in einer Geraden.
Hieraus folgt dann
aber auch, dass, wenn
eine Sternschnuppe an
mehreren Orten zu-
gleich gesehen wur-
de, die sämmtlichen
grössten Kreise sich
in demselben Punkte
an der Himmelskugel
schneiden müssen,
nämlich in dem Punkte, in welchem die durch die Beobachtungspunkte zur
Bewegungsrichtung gelegte Parallele die Himmelskugel trifft. Schneiden sich
die grössten Kreise nicht säromtlich in demselben Punkte, so gehören die
Beobachtungen nicht derselben Sternschnuppe an.
Von der Bewegungsrichtung im grössten Kreise finden sich auch mannigfache
Abweichungen; man sieht schlangenförmig (a, b, Fig. 255), wellenlörmig (<r) ge-
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Kometen und Meteore.
ii 9
krümmte Bahnen; manche Sternschnuppen scheinen sich plötzlich(</) oder auch
stetig (*) zurückzukrümmen, um ihre Bahn in einer gegen die frühere um einen
beträchtlichen Winkel, oft sogar um 180° geänderten Richtung fortzusetzen; andere
scheinen auch einen Moment still zu stehen, und dann ihre frühere Bahn fortzusetzen,
oder auch in dieselbe wieder zurückzukehren ; oft beobachtet man eine springende,
schnellende Bewegung wie beim mehrfachen Abprallen eines bewegten Körpers
von Widerständen. Schmidt beschreibt einige Fälle von ganz merkwürdigen
Bewegungsanomalien; so z. B. bemerkte er am 17. September 1843 ein Meteor,
das schussweise Sätze machte 1 ); am 11. November 1849 beobachtete er in Bonn
ein solches mit schlangenförmig gekrümmter Bahn, während Heis in Aachen
dasselbe sich in einer geradlinigen Bahn bewegen, aber abwechselnd aufleuchten
und verschwinden sah, so dass für den ersten Anblick die Meteore als zwei
verschiedene gelten konnten 9 ).
Viele Sternschnuppen hinterlassen auf den zurückgelegten Bahnen eine
leuchtende Spur, bei manchen sehr kleinen Sternschnuppen ist weiter nichts als
diese Spur zu sehen, so dass sie sich nur als Lichtlinie darstellen. Olmstedt 8 )
bezeichnet diese als phosphorie Ihtes, und unterscheidet sie von den tumtnous
bodks, welche ihre Bahn für längere Zeit sichtbar fortsetzen und der dritten
Gattung, den grossen ftre balh.
Von diesen Lichtlinien, >leuchtenden Bahnstücken«, welche nur subjektive
Phänomene sind, entstanden durch den zurückbleibenden Rindruck, den das
helle, rasch bewegte Meteor auf der Netzhaut des Auges zurücklässt, ist aber
wohl zu unterscheiden der eigentliche Schweif der Sternschnuppe, welcher
oft erst nach dem Verschwinden der Lichtlinie erscheint. Schmidt beschreibt
diesen folgendermaassen *).
»Der Schweif hat selten parallele Ränder, manchmal eine besondere Farbe,
und äusserst selten erkennbare, und dann sehr merkwürdige Bewegungen. Ge-
wöhnlich ist der Schweif an seinen beiden Enden, namentlich am Anfange der
Bahn, zugespitzt, und ist gegen den Punkt des Verlöschens hin, etwas breiter,
zuweilen auch etwas heller. Ausnahmen mannigfacher Art sind sehr häufig.
Der Schweif ist in einigen Fällen ganz gerade, mit deutlichem Durchmesser,
und an seinen Rändern äusserst scharf begrenzt; er ist in der Mitte breiter, oft
so breit, dass das Fragment eine elliptische Gestalt annimmt, zuweilen stellen-
weise abgebrochen, aus Stücken bestehend, die wiederum in der Mitte breiter,
an den Enden zugespitzt erscheinen. Bei weitem in den meisten Fällen zeigt das
Schweiffragment keine Spur von Bewegung. Dass solche aber, wenn auch
äusserst selten, wirklich vorkommt, und dann gewöhnlich in auffallender Weise, ist
nicht zu bezweifeln. . . .
»Am 24. Oktober 1845 um Mitternacht, als ich bei sehr heiterem Himmel
mit HerTn Prof. Argelander im Garten der Bonner Sternwarte Vergleichungen
über die Helligkeit verschiedener Fixsterne anstellte, leuchtete plötzlich ein roter
Blitzschein auf, der die Nacht schwach erhellte. Wir sahen sogleich gegen das
Zenith, woselbst eben das letzte gelbrothe Fragment eines von O— W durch den
Perseus ziehenden bedeutenden Meteors erlosch. Zwei 5° lange, $° breite, ganz
gerade Schweifstücke blieben stehen, und von ihnen erlosch das östliche schon
*) 1. c, pag. 10.
*) 1. c, pag. 101.
*) SnxiMAN, I. Serie, Bd. 25, pag. 339.
*) »Resultate am zehnjährigen Beobachtungen*, pag. 92.
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HO
Kometen und Meteore.
nach 10 Secunden. Aber höchst auffallend war das Verhalten des grossen,
gelblichweissen, in der Mitte breiteren SchweifstUckes unter a Persei; nachdem es
ungefähr 15 Secunden stark geleuchtet hatte, bemerkte zuerst Prof. Argelander
dass es sich zu krümmen begann. . . Das Schweiffragment, am Ende der ersten
Minute der Sichtbarkeit schlangenförmig gekrümmt, hatte am Ende der zweiten
Minute die Sichelform angenommen. Um 12* 3*" bemerkte ich im kleinen Fern-
rohre, dass an dem Punkte der stärksten Krümmung die Sichelgestalt des schon
lichtschwächer gewordenen Schweifstückes auseinanderging. Es trennte sich
dann völlig in zwei kleine Nebelflecken, deren letzte Spur ich mit freiem Auge
noch um 12* Z m 'b erkannte, mit dem Fernrohr aber um 12* 5"" erlöschen sah . .
Der Durchmesser der kleinen Nebelmassen war gewiss 10 Bogenminuten.c
Diese mehr oder weniger kurzen Anhängsel, wirkliche Schweife der Stern-
schnuppen, welche übrigens nicht allzuhäufig auftreten, scheinen thatsächliche Resi-
duen des durch Verbrennen theilweise oder ganz im Auflösen begriffenen, oder bereits
aufgelösten Meteors zu sein. So beobachtete Schmidt am 23. September 1845 e ' n
Meteor, das ein nebel artiges Fragment hinter sich zog, in welchem verschiedene
matte, phosphorescirende Punkte zu erkennen waren 1 ), und am 10. August
1850 ein Meteor, das einen in der Mitte breiteren Schweif zeigte, der fünf Se-
cunden nach dem Verlöschen des Meteors nochmals stark aufglühte, und erst
am Ende der zwanzigsten Secunde verschwand 1 ).
Nach dieser allgemeinen Uebersicht kann nun an die Erörterung der wesent
lichsten Punkte geschritten werden.
I. Die äussere Erscheinung der Meteore (Grösse, Farbe,
Schweife). Mit normalem, nicht sehr scharfem und nicht sehr geschwächtem
Auge sieht man in klaren Nächten die Sterne, welche man in die ersten sechs
Grössenk lassen getheilt hat, und es gehört nicht allzu viel Uebung dazu, diese
Sternklassen von einander zu unterscheiden. Man wird daher auch leicht die
Sternschnuppen der verschiedenen Grössen in eine dieser Klassen einreihen
können.
Teleskopische Fixsterne sind in viel grösserer Anzahl vorhanden, wie mit
freiem Auge sichtbare, und nach Argelander beträgt die Zahl der zur 7., 8. und
9. Grössenklasse gehörigen Sterne etwa das 40 fache der mit freiem Auge sicht-
baren. Teleskopische Sternschnuppen hingegen gehören zu den Seltenheiten:
nach Schmidt's Beobachtungen etwa 36 teleskopische auf 1000 mit freiem Auge
sichtbare. Das] erste teleskopische Meteor sah J. H. Schroeter im Jahre 1795.
Er beschreibt dasselbe 3 ) folgendermaassen : »Am 28. Juni 1795 um 11* 15,, zog
sich ein äusserst feines und mattes, einer äusserst entfernten, sogenannten Stern*
schnuppe völlig ähnliches Lichtpünktchen von oben bis unten mitten durch das
ganze Gesichtsfeld, so dass es dieses ungefähr in einer Secunde Zeit passirte . . .
es strich zwar deutlich, aber so fein, und in milchfarbig gräulichem, äusserst
schwachem Lichte durch das Gesichtsfeld, als wenn es kein Meteor in unserer
Atmosphäre, sondern ein ätherisches, in dem sehr entfernten Himmelsraume
wäre.c Olbers bezweifelt in vielen Fällen die Realität der Erscheinung: »Die
höchst seltenen Beispiele, wo andere Astronomen in grossen Teleskopen
sehr kleine und blasse Sternschnuppen gesehen haben wollen, scheinen zum
>) ibid., pag. 22.
») ibid., pag. 69.
») .Aphroditographische Fragment -, Helmstadt 1796«, pag. 341.
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Kometen und Meteore.
Iii
Theile auf Verwechselung mit anderen Gegenständen zu beruhen 1 ).! Niehl
lange darauf aber sah Mason bei der Gradmessung in Pennsylvanien ungefähr
SO teleskopische Meteore, und 1839 zog Schmidt auch die teleskopischen Meteore
in den Bereich seiner Untersuchungen.
Die Ursache der relativen Seltenheit der teleskopischen Meteore ist aber
leicht einzusehen: Die Fixsterne sind bleibend, und können leicht verfolgt werden;
die Sternschnuppen sind ephemere Erscheinungen, und die Wahrscheinlichkeit,
dass ein Beobachter sein Fernrohr gerade auf einen Punkt des Himmels ge-
richtet hat, wo eine Sternschnuppe aufleuchtet oder passirt, ist nur sehr klein,
und um so kleiner, je kleiner das Gesichtsfeld des Fernrohrs ist; daher werden
die grösseren lichtstarken Fernrohre mit kleinem Gesichtsfelde sich zu Stern-
schnuppenbeobachtungen nicht eignen ; man muss zu dergleichen Beobachtungen
kleine Handfernrohre, eventuell die Kometensucher verwerthen, welche lichtstarke
Objective, bei kurzer Brennweite und daher ziemlich grosses Gesichtsfeld (bis
zu 4°) haben. Kleiber findet*), dass ein Beobachter, der, ohne seinen Stand-
punkt und seine Stellung zu verändern, seinen Blick gegen den Himmel richtet,
ein Gesichtsfeld von etwa 80° Oeffnungswinkel umfasst. Nimmt man an, dass
das von Schmidt für seine Beobachtungen verwandte Fernrohr ein Gesichtsfeld
von 3° hatte (er erwähnt nur, dass er hierzu ein >mittelstarkes< Fernrohr ver-
wandte), so würde das von diesem umspannte Gesichtsfeld etwa (^)* des sich
dem freien Auge darbietenden betragen; die Anzahl der durch das Fernrohr
am ganzen Himmel gesehenen Sternschnuppen wird gleich der Zahl der Stern-
schnuppen, welche durch eine grosse Anzahl, nämlich (^; s auf verschiedene
Punkte des Himmels gerichtete Fernrohre gesehen werden; setzt man voraus, dass
') »Schchmacher's Jahrbuch für 1837«, pag. 37; bei massig stark bewegten terrestrischen
Objekten (fliegenden Vögeln) müsste aber die Geschwindigkeit selbst bei schwachen Vergrößerungen
schon »ehr gross sein ; Objekte, die sich in starker vergrößernden Fernrohren langsam bewegen,
können daher kaum terrestrischen Objekten angehören.
') Astronomische Nachrichten, Bd. 110, No. 3621 und No. 2638. Ist / eine der Grösse
des Gesichtsfeldes proportionale Grösse, welche die Wahrscheinlichkeit für das Aufleuchten eines
Meteors darstellt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Meteor nicht gesehen wird: q = l /
und die Wahrscheinlichkeit, dass n Beobachter dasselbe nicht sehen, q* =• (1 — p)n y daher die
Wahrscheinlichkeit, dass «üeses Meteor wenigstens von einem der n Beobachter gesehen wird,
1 — q*. Ist nun aus Beobachtungen bekannt, dass 1, 2, 8 ... n gleichseitig beobachtende
Beobachter «,...*« Meteore sahen, so ist
1 — q = am t ; l - g* at» t ; .... 1 — qn — am H .
Daraus folgt durch Elimination des Proportionalititsfaktors a:
l+q^^-i; \+q + q*= ~ l .... 1 + q + q' + . . . + qn- 1 = ^
und durch Subtraktion:
q — ~ m ^ = - m >y^ — m >y^ = - »'«-i j_L_
Versuche in dieser Richtung wurden von Newton mit 12 Beobachtern gemacht, und
spater von Kleiber mit 8 Beobachtern.
Ist die Zahl der Beobachter 1 2 3 4 f. € 7 8 9 1011 12
so istd. Zahl Av.dens. I Newton 325 633 834 1000 1114 1200 1279 1342 1404 1456 1508 1560
geseh. Stemschn. nach 1 Ki kibkr 380 652 863 lüt-ü 1125 1250 1340 1405 — - -- —
Aus diesen Zahlen folgt nun q — 0 768, demnach f> = 0'232, d. h. ein Beobachter sieht
etwa A aller am Himmel erscheinenden Meteore. Diese Anzahl ist der Grösse des Gesichts-
feldes proportional. Das Gesichtsfeld der Oberfläche für die ganze Halbkugel ist 2n, das
Gesichtsfeld einer Calotte vom Gesichtswinkel 2 a ist 2« (1 — cot a) =-= 4« sin* demnach
/ — 2rt»*4«. Hieraus bestimmt sich der Gesichtswinkel 2a — 79° 40' also etwa 80°.
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122
Kometen und Meteore.
die Zahl der Beobachtungsstunden, welche Schmidt auf teleskopische Meteore ver-
wandte, gleich war derjenigen, welche er mit freiem Auge beobachtete, so würde
die Zahl der teleskopischen Meteore etwa die 700 fache der von ihm beob-
achteten, also auf 1000 etwa 25000 sein, demnach das 25 fache der mit freiem
Auge sichtbaren. Diese Zahl hat natürlich nicht einmal die gleiche Sicherheit
wie die von Argelanoer für die Fixsterne gefundene, es ist eben nur eine
rohe Schätzung. Thatsächlich hatte Schmidt im Fernrohre einmal eine
Sternschnuppe 1% einmal eine zweiter Grösse, 2 mal solche dritter Grösse,
4 mal von vierter und 8 mal von fünfter gesehen, zusammen also solche der 6
ersten Grössenklassen 16, d. i. nur den neunten Theil der von ihm beobachteten
teleskopischen. Zu einer wesentlich abweichenden Zahl kommt H. A. Newton , ).
Aus gleichzeitigen Beobachtungen von Pape und Winnecke, bei denen der
erstere mit freiem Auge, der letztere in einem Kometensucher beobachtete, wird
geschlossen, dass, wenn mit dem Femrohre der ganze Himmel überblickt werden
könnte, die Zahl der teleskopischen Meteore das 200 fache derjenigen mit freiem
Auge betragen würde. Das Gesichtsfeld war nämlich nur der 1371te Theil des mit
freiem Auge sichtbaren, und da Winnecke 45 beobachtete, während Pape 312 sah,
so ist das Verhältniss ^-1371. Eigentlich mtlsste man sagen, dass man durch
dieses Fernrohr Sternschnuppen bis zu einer gewissen Grössenklasse
in 200 facher Zahl wie mit freiem Auge sichtbare beobachtet, und Newton bemerkt,
dass man mit einem stärker vergrössernden Feinrohre noch mehr sehen würde *)•
Schmidt beobachtete:
1842 an
57 Tagen 311
Meteore, darunter
50 geschweifte.
1843 „
93 „
385
1»
>>
18
1844 „
128 „
523
11
11
58
"
1845 ,>
153 „
613
M
>'
53
»1
1846 „
93 „
411
II
>>
39
'1
»847 ,.
98 „
473
>>
11
80
>'
1848 „
133 „
483
»1
M
55
»
1849 „
90 „
505
II
II
77
II
1850 „
*
364
1t
11
101
II
Zusammen 4068 Meteore, darunter 531 geschweifte.
Der Grösse nach waren dieselben 8 ):
Im
2*» 3'
n 4"" 5"* 6 m
darunter geschweifte 1"»
2-
3-
1842
90
95 76
32 15
3
40
8
2
1843
86
110 108
63 14
2
14
4
1844
82
99 155
115 54
13
36
18
4
1845
65
98 162
152 93
33
27
18
8
1846
74
81 76
98 51
12
24
10
3
1
1847
98
85 81
104 52
19
48
17
8
3
1848
81
91 105
125 54
16
30
17
6
1
1849
44
83 111
140 69
37
22
24
20
6
1850
36
64 79
71 45
21
23
29
25
10
5
*) Siluman, II. Serie, Bd. 39, pag. 201.
') Es scheint jedoch, dass hier das Fernrohr auf eine bestimmte Gegend rur Zeit eines
stärkeren Erscheinens von Meteoren gerichtet war, es müsste sonst auffallen, dass die meisten
Beobachter in den Femröhren thatsächlich so selten Sternschnuppen beobachten.
*) Die Summen stimmen bei Schmidt nicht immer ; er hat bei seinen Zählungen hin und
wieder 1 oder 3 Ubersehen.
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Kometen und Meteore.
Der Farbe nach waren (einschliesslich der teleskopischen)
weisse
gelbe
gelbrothe
grüne
nebelige
1842
264
5
21
8
13
1843
282
26
46
19
13
1844
352
86
17
27
40
1845
415
50
39
8
93
1846
230
55
27
15
85
1847
269
72
35
7
90
1848
248
107
29
11
87
1849
207
142
20
8
128
1850
187
102
11
2
61.
Insgesammt waren
unter 2151 weissen
213 geschweifte, also 0 099 aller geschweift
„ 589 gelben 159
<>
0270 „
213 gelbrothen 39
»
ti 0'183 „
„ 97 grünen 36
>>
„ 0-371 „
577 nebeligen 8
<>
,, 0014 „
unter 566 Meteoren 1"» waren
224, alsc 0-395 aller geschweift
711 „ 2-
»1
119
0167 „
„ 877 „ 3"
n
69
„ 0078 „
„ 868 „ 4u. 5~
>i
26
„ 0029 „
Hieraus folgt, dass die helleren Meteore am öftesten geschweift erscheinen,
und dass der Farbe nach die Schweife am öftesten bei den grünen Meteoren
auftreten.
Auf 100 Sternschnuppen entfallen:
1»»
2-
3*«
4"«
5"'
6"»
weisse
gelbe
gelbrothe
grüne
neblige
1842
290
30-5
245
10-3
4-8
09
84-9
1-6
6-7
26
42
1843
223
286
280
16-3
36
0-5
732
67
11*9
49
3-4
1844
158
191
29-9
22-2
10-4
2-5
673
164
3-2
5-2
7-6
1845
10 8
16-2
26-8
252
15-4
5-5
68-6
8-3
64
1-3
15-4
1846
18-8
20-6
195
250
130
31
55-1
13-4
6 1
3-8
21-6
1847
223
193
18-5
23-8
118
4-3
584
13-4
73
1-6
19-2
1848
172
19-3
222
26-5
11-4
34
51-9
22' 1
5-5
2-3
181
1849
9 1
17-2
22 9
289
14-2
7-7
41-2
27*9
3-7
1-7
25-5
1850
11-4
20-2
250
224
14-2
6-7
56-7
23-2
3-2
0-6
16-3
im Mittel
17-4
21-2
24- 1
22-3
110
3-8
61-9
14-8
60
2-7
14*6
Hier zeigt sich nun ein Gang, sowohl in den Grössenbestimmungen, als
auch in den Farbenangaben. Schmidt schreibt dieses aber, wie selbstverständ-
lich , der fortgesetzten Uebung zu; es waren ja 1842 Uberhaupt die ersten
Beobachtungen dieser Art, und Schmidt der erste Beobachter; er musste
sich also erst successive die passendste, bequemste und sicherste Beobachtungs-
art zurechtlegen, und sich auf Grössen- und Farbenschätzungen einüben. Es ist
eine jedem Beobachter bekannte Thatsache, dass im Laufe der Zeiten den
schwächeren Objecten eine grössere Aufmerksamkeit zugewendet wird, und die
helleren etwas schwächer geschätzt werden; es wird daher die Zahl der beob-
achteten schwächeren Objecte steigen, die Zahl der helleren abnehmen,
während ungefähr die dritte und vierte Grössenklasse ziemlich constant bleibt.
Noch mehr unterliegen die Farbenschätzungen subjectiven Elementen; Schmidt
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it4 Kometen und Meteore.
bemerkt: »Es ist mir oft auffallend gewesen, dass verschiedene Personen sowohl
Fixsterne als Stern sehn uppen, die ich entschieden grün nannte, als blau oder
blaugrün bezeichneten *j.< In der That hatte er ein blaues Meteor nur ein ein-
ziges Mal gesehen und zwar 1842, Juli 31; das Meteor erschien anfangs hell-
grün, veränderte aber dann seine Farbe, und schien mit blauem Lichte zu zer-
springen. Wirklich rothe, carmin und blutfarbige bemerkte Schmidt ebenfalls
nicht; die roth gefärbten waren stets mit einer Mischung aus Gelb, also gelb-
roth 8 ).
Von teleskopischen Meteoren beobachte Schmidt:
7~
8-
9«
10«
11-
Zusammen
1844
0
0
2
0
0
2
1845
0
1
1
0
0
2
1846
2
6
4
4
2
18
1847
4
8
6
3
0
21
1848
2
0
5
2
0
9
1849
1
8
G
3
4
22
1850
5
11
18
14
0
48
1851
1
5
10
6
2
24
Zusammen:
15
39
52
32
8
146
daher unter 100:
103
26-7
354
219
55.
Die häufigste Farbe ist das Gelb, doch hält er dieses für subjectiv, wie
ja auch mit freiem Auge die meisten Fixsterne, mit Ausnahme der auffällig ge-
färbten, weiss erscheinen, während im Fernrohr das Gelb mehr hervortritt.
Nebelige hatte Schmidt im Fernrohre keine gesehen.
Das sonstige Aussehen der teleskopischen Meteore war von denjenigen der
mit freiem Auge sichtbaren nicht verschieden: sie beginnen schwach und enden
im Maximum des Glanzes.
1869 giebt Schmidt für die von ihm später beobachteten Meteore eine
Zusammenstellung der Helligkeit nach den einzelnen Monaten und nach den
einzelnen Tagesstunden; welcher er später eine Ergänzung für die späteren Beob-
achtungen folgen Hess. Es war die Helligkeit
Aus den Beobachtungen bis 1869') aus den Beobachtungen bis 1876*)
im Januar 4 06 aus 19 Beobachtungen 4 22 aus 35 Beobachtungen
im Februar 4'98 „ 27 „ 4 80 „ 44
im März 4 03 „11 „ 4 33 „ 33
im April 4 30 „ 8 „ 4*31 „ 54 „
im Mai 4 21 „ 20 „ 4 22 „ 80
im Juni 4- 12 „ 47 „ 4' 32 „ 103
11
') 1- c, pag. 85. Doch ist die blaue Farbe nicht gar so selten, wie denn namentlich
die weissen Sterne stets einen Stich ins Bläuliche haben. Jedenfalls scheint hier eine subjec-
tive Disposition Schmidt'* vorzuliegen. Schmidt beobachtete ziemlich viele Meteore, deren
Farbe gegen das Ende ihres Laufes in grün bis smaragdgrün Uberging; dieses ist der Fall bei
den Meteoren No. 318, 1171, 2» 87, 2289, 2733 (das grosse Meteor vom ai. Januar 1848)
2873, 3565, 3684 Wahrscheinlich auf Contrastwirkungen ist es zurückzuführen, dass eT nach
den hellen, prachtvoll grünen Meteoren meist schwach röthliche, trübe und lichtschwache, einer
verglimmenden Kohle ähnliche Fragmente als Rückstände beobachtete.
*) In den Astron. Nachr. Bd. 88, pag. 348 bezeichnet er aber kurzweg diese Meteore als roth.
s ) »Astron. Beobachtungen über Meteorbahnen, Athen 1869«, pag. 5a.
*) »Astron. Nachr.« Bd. 88, pag. 343.
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Kometen und Meteore.
'«5
Aus den Beobachtungen bis 1869 aus den Beobachtungen bis 1876
im Juli 4-16 aus 95 Beobachtungen 4 34 aus 215 Beobachtungen
im August 4*05
119
>•
409 „ 260
11
imSeptember4*33 „
56
4*33 „ 114
rl
im Oktober 4 09 „
64
11
414 „ 92
» 1
im November 4 02 „
31
i»
4 09 „ 49
M
im Dezember 412 „
44
•1
426 „ 78
M
Der Unterschied steigt bis
auf eine
G rossen klasse; die geringste Helligkeit
war im Februar, die grösste im November. Dass dieser Unterschied auf die Rein-
heit der Luft zurückzuführen wäre, ist nicht wahrscheinlich, einmal, weil für
diese Zusammenstellung nur die heitersten Nächte gewählt wurden, und anderer-
seits, weil sich ein solcher Unterschied bei anderen Beobachtungen nicht con-
statiren lässt. Nach den Tagesstunden ergiebt sich aus den Beobachtungen bis
1869 Tür die Zeit»)
6 5* 7-5* 8 5* 9-5* 10 5* 11'5* 12*5* 13 5* 14 5* 15 5* 16 5*
die mittlere Helligkeit 4 36 4-34 4-31 4 07 4 19 4*28 4 26 4 12 3 88 3 91 4 34
Die mittlere Helligkeit aus 11000 zwischen 1853 und 1876 beobachteten
Meteoren ergab sich zu 4 27; für die verschiedenen Nachtstunden war ein merk-
licher Unterschied nicht zu constatiren.
Für die mittlere Dauer der Meteore fand Schmidt
für die weissen gelben gelbrolhen grünen nebeligen
imjah. 1844 1"00 (24B.) l'*51 (18B.) - 1-96 (12B.)-
1849 085 (64B.) 0-90 (80B.) 1"28 (14B.) 1*60 (5B.) 0-91 (17B.)
1850 116 (12B.) 1-25 (8B.) 1*41 (6B.) - -
1842-18500*82 (100B.) 1*03 (106 B.) 1-31 (20 B.) 1*85 (17B.) 0*91 (17B.)
1842 — 1876 0*746 (886 B.) 0*983(400 B.) 1*627(188B.) 1*973 (125B.) —
Die Constanz dieser Zahlen im Laufe der Jahre zeigt, dass der Unterschied
in der Dauer bei den verschieden gefärbten Meteoren reell ist; die Meteore
von kürzester Dauer sind die weissen; die längste Dauer haben die grünen.
Hierzu mögen noch die folgenden Angaben hinzugefügt werden:
Herschel fand aus 17 Sternschnuppen am 12. u. 13. Dez. 1863 die mittlere
Weglänge 11°*7, die mittlere Dauer 0**78');
aus 23 Sternschnuppen am 28. und 29. Decftmber 1864 die mittlere Weglänge
1I°*0, die mittlere Dauer 0*64 •);
aus 19 Sternschnuppen am 18. October 1864 und 20. October 1865 die
mittlere Weglänge 19°*0, die mittlere Dauer 0*68 4 );
Newton fand aus 867 von 6 Beobachtern angestellten Beobachtungen die
mittlere beobachtete Weglänge 12°*6 und mit Rücksicht auf perspectivische Ver-
kürzung daraus 16°' 4 als wirkliche mittlere Weglänge und a die mittlere Zeit-
dauer 0*45*); also wesentlich kleiner; auch bemerkt er dazu, dass die Zeit-
schätzungen im Allgemeinen zu klein werden. Hingegen haben andere Beob-
') 6*5* gleich 6* bis 7* u. s. w.
•) Radiant: a = 105°, 8 = + 30° in der Nähe von t Geminorum. Monthly Notices,
M - 25. P»B- l6 3-
*) Radiant: a = 94 °, i = •+• 3T° in der Nahe von ö Geminorum; Monthly Notices,
«) Radiant: a = 90°, & = -f- 15*5° Monthly Notices, Bd. 26, pag. 51.
*) Suximan, II. Serie, Bd. 39, pag. 203.
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Kometen und Meteore.
achter die Bemerkung gemacht, dass die Zeitschätzungen im Allgemeinen zu
gross werden. Es scheint hier jedenfalls ein subjectiver Unterschied vorzuliegen,
welcher vielleicht in der Gewohnheit begründet ist. Man schätzt den Ein-
tritt eines Phänomens zu früh oder zu spät, wenn man gewarnt ist, und dasselbe
nicht zu spät oder zu früh beobachten will, und man schätzt die Dauer einer
Erscheinung zu gross oder zu klein, wenn man dem entgegengesetzten Fehler
entgehen will. Im Allgemeinen dürften die Zeitschätzungen eher ru gross aus-
fallen, wie man denn bei sehr kleinen Grössen immer geneigt ist, grössere
Werthe anzugeben. Im Mittel aus allen würde sich die mittlere Zeitdauer sehr
nahe 0* 7 ergeben.
II. Anomale Bewegungserscheinungen. Schmidt sah 175 von dem
grössten Kreise abweichende Meteorbahnen; auf 1000 Meteore kamen 43 mit
anomalen Bahnen. Von den 175 beobachteten entfallen:
auf das Jahr 1842 1843 1844 1845 1846 1847 1848 1849 1850
Anzahl von anomalen Bahnen 12 9 17 26 22 21 26 37 5.
Im Ganzen waren unter den Beobachtungen 1842 bis 1850 von den ge-
krümmten Bahnen: 68 unter den weissen, 49 unter den gelben, 31 unter den
gelbrothen, 13 unter den grünen, 17 unter den nebeligen; relativ am häufigsten
ist daher die Anomalie bei den grünen. Es muss jedoch bemerkt werden, dass
dieser Schluss mit Rücksicht auf die geringe Zahl der grünen Meteore noch
nicht als erwiesen anzusehen ist.
Nach den Grössenklassen waren 48 anomale Bahnen bei Meteoren der
ersten, 45 bei Meteoren der zweiten, 45 bei der dritten, 26 der vierten, 9 der
fünften und 3 der sechsten Grösse.
Zezioli fand unter 6853 beobachteten scheinbaren Bahnen 48 gekrümmte
(vom grössten Kreise abweichend), 24 wellenförmige, 22 geschlängelte, 10 schwan-
kende, zusammen 104, daher auf 1000 Meteore 15 mit anomalen Bewegungs-
erscheinungen, also eine wesentlich kleinere Anzahl wie Schmidt.
Die Unregelmässigkeiten in der Bewegung können zweierlei Ursachen haben:
6ie können wirklich stattfinden und auch nur optisch sein, d. h. durch die Lage
des Beobachters gegen die Bahn der Sternschnuppe bedingt. Wäre die Bahn
der Sternschnuppen stets gradlinig, so könnten Anomalien überhaupt nicht vor-
kommen. Aber die Sternschnuppen bewegen sich mit sehr grosser Geschwindig-
keit, welche die auf der Erde beobachteten weit übertreffen, in einem wider-
stehenden Mittel: der Luft, und schon Chladni erklärte 1819, dass der Grund
für die schlangenförmige oder Zickzackbewegung »in nichts anderem als in einem
Abprallen oder Ricochetiren von der einer so schnellen Bewegung wider-
stehenden Atmosphäre liegen kann.« Dieser Meinung schlössen sich auch im
Allgemeinen Brandes und Olbers bezüglich der stetigen Richtungsänderungen an.
Die sprungweise geänderten und auch die aufsteigenden Bewegungen erklärt
jedoch Brandes, und hier stimmt ihm Olbers bei, aus partiellen Explosionen,
welche die Feuermeteore nach Art der Raketen in die Höhe treiben. Viel ein-
gehender haben sich mit dieser Frage Schmidt und Schiaparelu beschäftigt.
Ob nun das Leuchten der Meteore nach der ursprünglich (1794) von Chladni
geäusserten Meinung durch die Reibung der Meteore entsteht, oder ob nach der
von Davy 1817 geäusserten Meinung, welcher sich später (1819) auch Chladni
anschloss, die grosse Erhitzung durch Compression der Luft stattfindet, in allen
Fällen wird man es als erwiesen anzusehen haben, dass der leuchtende Theil
der Bahn sich in der atmosphärischen Luft befindet. Aber der Einfluss der
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Kometen and Meteore.
«7
Bewegung der Luft kann auf die Bewegung der Sternschnuppen nicht merk-
lich sein; die Geschwindigkeit eines heftigen Sturmwindes ist etwa 40 m in der
Secunde l ) ; die Geschwindigkeit der Luft in Folge der Erdrotation erreicht ihr
Maximum im Aequator; sie betragt hier auf der Erdoberfläche 464 m und in der Höhe
von 100 km 471 m, während die direkt gemessenen Geschwindigkeiten der Stern-
schnuppen mehr als das 50 fache betragen. Nimmt man dieselbe zu 30 km an,
so tritt daraus eine Ablenkung in der Richtung von etwa 06° auf; da dieses
jedoch nicht plötzlich geschieht, so wiid die Bahn etwas gekrümmt; die hieraus
resultirende Krümmung wird aber so schwach, dass sie nie bemerkt werden kann.
Wesentlich anders aber wird der Einfluss der jährlichen Bewegung der Erde,
die Anziehung, welche die Erde auf die Sternschnuppen ausübt, und die Ein-
wirkung des Luftwiderstandes. In Folge der Erdanziehung würden die Stern-
schnuppen Hyperbeln um die Erde beschreiben, die, in so lange 6ie sehr grosse
Distanzen im Perigeum haben, nicht merklich von der Geraden abweichen werden;
dieses gilt aber nur für diejenigen Sternschnuppen, welche von der Erde weitab
vorübergehen, während für jene, welche in die Atmosphäre der Erde gelangen,
ganz merkliche Krümmungen auftreten werden'). Die durch die Bewegung der
Erde hervorgebrachten Aendeiungen in der Richtung der Bewegung werden sich
aus zwei Theilen zusammensetzen: eine scheinbare 8 ) und eine wirkliche, welche
daher rührt, dass sich die Bewegung der Erde auf die Bewegung der Stern-
schnuppen überträgt; diese letztere wird ebenfalls nicht plötzlich auftreten, und
auch hierdurch wird eine Krümmung der Bahn folgen. Da hierbei von der
Rotation der Erde abgesehen werden kann, so genügt es, der Luft die jährliche
Geschwindigkeit der Erde beizulegen, wobei also während der kurzen Dauer der
Erscheinung einer Sternschnuppe die Bewegungsrichtung der Luft stets mit der
Bewegungsrichtung der Erde um die Sonne zusammenfällt.
Fällt eine Sternschnuppe aus dem Zenith gegen die Erde, so wird die An-
ziehung der Erde die Bewegung beschleunigen, der Luftwiderstand dieselbe
verzögern und die Bewegungsrichtung t *
wird geradlinig bleiben, wenn die Zenith-
richtung mit der Richtung der Erdbewe-
gung zusammenfällt. Fällt dagegen die
Sternschnuppe nicht aus dem Zenith, so
wird sie durch die Erdanziehung aus
ihrer Bahn abgelenkt und der Erde ge-
nähert (vergl. Fig. 268). In allen Fällen
aber wird sich die Componente der Ge-
schwindigkeit des Meteors in der Rich-
tung der Erdbewegung verändern und
schliesslich die Geschwindigkeit der Erd-
bewegung selbst erlangen.
Man nennt den Punkt am Himmel,
gegen welchen sich die Erde bewegt,
nach Pritchard den Apex, den ent- (A 2JÄ)
>) Fave (Compt. rend., Bd. 63, pag. 1100) betrachtet die raschen, schlängelnden Bahnen,
das rasche Aufleuchten und Verschwinden der Meteore als optische Tauschungen, verursacht
durch meist nicht sichtbare Wasserdunste (Cirrocumutus, Cirrui); hingegen die langsam
schlängelnden als Folgen von Strömungen in den höheren Luftregionen.
*) Vergl. hierüber das später bei der Zenithattraction Gesagte.
*) VergL apäter Uber den Unterschied zwischen
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Kometen und Meteore.
Regengesetzten Punkt den Antiapex. Sei 5 (Fig. 256) die Sonne, O die Erde, so ist
O A die Richtung nach dem Apex, OS diejenige nach der Sonne; da nun die Be-
wegung der Erde in der Ekliptik stattfindet, so wird auch die Tangente OA an die
Bewegungsrichtung stets in der Ekliptik liegen, folglich die Breite des Apex stets Null
sein. Ist Or die Richtung nach dem Frühlingspunkte, so ist rO A die Länge /
des Apex; rOS die Unge Oder Sonne, daher die Länge des Apex stets nahe 90°
kleiner als diejenige der Sonne. Bei den Rechnungen über die Meteore
wird man zumeist damit ausreichen, die Erdbahn als Kreis anzusehen, daher
/ = 0 _ 90° Z u setzen; doch ist die Berechnung des Winkels w zwischen der
Tangente und dem Radiusvector der Erde nicht schwer, und in manchen Fällen
dennoch erwünscht. Man hat, wenn man die Ellipse auf rechtwinklige Coordi-
naten bezieht, von denen die J(-Axe mit der Richtung nach dem Perihel zusammen-
fällt, und a, e, <p die halbe grosse Axe, Excentricität und Excentricitätswinkel, r, v, E
Radiusvector, wahre und excentrische Anomalie bedeuten:
ä— *
dy Tx = ~ CotE '
y = acos<?smE ■+■ acosycosE
und da
ist, so wird
. r stnv _ cosv -\- e ricos v -+- e)
sin E = , cos E — — — = —
acosy 1 •+■ e cosv a cos <?*
dy cosv -k- c
dx sin v
Ist T der Winkel, welchen die Tangente mit der positiven Richtung der
X-Axe einschliesst, so ist
/angT= Tx' 180° — w = T- v,
daher
t™<rT cosv e \ + ecosv
lang 1 — : tangw = : .
stnv * estnv
Setzt man nun
w = 90° - oi,
so ist
wenn FI die Länge c'er Sonnenperigäums, also
n = 280° 21 '-3 -f- 1' 028(/— 1850)
% r ^ 7? = 82244 (2)
ist. Da nun / = © — w ist, so wird
/ = 0-+- 0,-90°, (3)
und wenn a, d die Rectascension und Deklination des Apex sind und e die
Schiefe der Ekliptik bedeutet:
cos d cos a = -+- sin (0 ■+■ °*)
cos d sin a = — cos (0 -+- o>) cos t (4)
sin d — — cos (0 -f- t») sin c.
Zur Berechnung der Rectascension und Deklination des Apex dienen die
Formeln (1), (2) und (4), in denen der Radiusvector R und die Länge O der
Sonne aus den astronomischen Ephemeriden zu entnehmen sind.
uigii
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Kometen und Meteore.
I3 9
Beispiel: Für 1865 Juli 285 ist 0 = 125° 48'; logR — 0 0065
n — 280 37
O — n = 205 11 log lang <»
logm(Q-U) = 96289» «»
&y . % R — 8 2309
7-8598
u. = + 0° 24' 9
/=36° 13'.
Sei nun OA (Fig. 257) die Richtung der Erdbewegung, d. h. die Richtung
nach dem Apex, 55' die Richtung der Bewegung der Sternschnuppe. In dem
Momente, wo dieselbe die Erdgeschwin-
digkeit vollständig recipirt haben wird
wird man ihre Bewegungsrichtung er-
halten, indem man die Geschwindig-
keiten nach dem Geschwindigkeitsparal-
lelogramm zusammensetzt Stellt os die
Geschwindigkeit der Sternschnuppe vor,
wenn oa dieselbe für die Erdbewegung
ist, so würde schliesslich die Bewegung
der Sternschnuppe ob sein; da aber diese
Mittheilung der Geschwindigkeit eben
nicht plötzlich stattfindet, so wird die
Sternschnuppe thatsächlich eine Curve
beschreiben, welche in gewissen Fällen
auch nach aufwärts gekrümmt sein kann.
In dieser Weise wird nun allerdings die Erscheinung nicht auftreten; denn
man sieht sofort, dass es sich hier um eine Stosserscheinung handelt, und die
Uebertragung der Geschwindigkeiten findet etwa in folgender Weise statt: Seien
Af, m die Massen der Erde und der Sternschnuppe, oa = G die Geschwindig-
keit der Erde, und zerlegt man die Geschwindigkeit v der Sternschnuppe in die
beiden Componenten os' = v x in der Richtung der Erdbewegung, os" = v %
senkrecht dazu, so würden die beiden Körper schliesslich in der Richtung OA
(A. 257.)
die Geschwindigkeit
MG
mv
- haben, und da m gegenüber M verschwindend
Af-hm
klein ist, die Geschwindigkeit G, welche sich mit der Geschwindigkeit v t
cusammensetzen würde. Die relative Bewegung der Sternschnuppe gegen die
Erde wäre aber in der Richtung OA gleich Null, so dass schliesslich die Stern-
schnuppe sich in der Richtung der Tangente des Auffallsortes bewegen würde.
Dieses wird aber nur der Fall sein, wenn die beiden Körper vollkommen un-
;lastisch sind; sind die beiden Körper vollkommen elastisch, so wäre, wieder
jnler der Voraussetzung der Kleinheit von m, die Endgeschwindigkeit der Stern-
;chnuppe in der Richtung OA gleich + f„ daher die relative Geschwindig-
keit gegen die Erde die resultirende aus den Geschwindigkeiten G •+■ v x in der
Richtung OA und f, in der dazu senkrechten Richtung. Nun ist die Stern-
ichnuppe allerdings nicht elastisch, hingegen erfolgt ihr Stoss gegen einen elasti-
schen Körper, die Luft; aber die jeweilige gestossene Masse ist veränderlich,
ind hängt von der Dichtigkeit der Luft ab. Das Problem, die Untersuchung
ler Bewegung einer unelastischen Masse bei dem Stosse gegen eine elastische
vlasse von veränderlicher Dichtigkeit, ist aber nichts anderes, als das Problem
les Luftwiderstandes. Aber es ist hieraus klar, dass die Wirkung des Luft-
sviderstandes sich nicht nur auf die Veränderung der Geschwindigkeiten, sondern
Valbntink», Astronomie. II. 9
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«30
Kometen und Meteore.
auch auf die Aenderung der Bahnform bezieht, und dass der Einfluss dieser
Geschwindigkeit auf die Bahnform infolge des Umstandes, dass die Geschwindig-
keiten der Sternschnuppe und der Erde vergleichbar sind (Grössen derselben
Ordnung) unter Umständen grösser werden kann, als selbst die Anziehung
der Erde.
Die Anziehung der Erde wirkt in der Ebene des Radiusvectors OS und der
Bewegungsrichtung der Sternschnuppe SS\ und in Folge derselben würde die
Sternschnuppe eine in der Ebene SS'O gelegene krumme Bahn beschreiben.
Der Luftwiderstand wird, wie später gezeigt wird, die Bahnebene unter der Vor*
aussetzung, dass die Sternschnuppe eine Kugel ist, nicht ändern. Die Zusammen-
setzung der Geschwindigkeiten aber findet in derjenigen Ebene statt, welche
durch die Bewegungsrichtung der Sternschnuppe parallel zur Bewegungsrichtung
OA der Erde gelegt wird. Fallen diese beiden Ebenen zusammen, oder mit
anderen Worten, schneidet die Bahn der Sternschnuppe die Bewegungsrichtung
der Erde, so wird die von ihr beschriebene Curve eine ebene Curve sein.
Diese wird sich aber als grösster Kreis an der Himmelskugel nur dann projiciren,
wenn der Beobachter sich in derselben Ebene befindet. In allen andern Fällen
muss die Sternschnuppe eine von einem grössten Kreise abweichende Bahn
beschreiben; die Krümmung der Bahn wird aber nur nach der einen Seite statt-
finden; es treten Bahnen von der Form d, e Fig. 255 auf.
Fällt aber die Richtung der Erdbewegung nicht in die Bahn der Stern-
schnuppe, so wird die Sternschnuppe in Folge der Erdanziehung und der Erd-
bewegung eine doppelt gekrümmte Curve beschreiben, die, von verschiedenen
Erdorten aus gesehen, eine sehr verschiedenartige Gestalt haben kann.
Wie später gezeigt wird, ist aber der Einfluss der Erdanziehung nur be-
deutend für die aus der Nähe des Antiapex kommenden Sternschnuppen; für
alle aus grösserer Entfernung vom Antiapex kommenden Sternschnuppen wird
demnach die Aenderung der Bewegung in die Ebene fallen, welche durch die
Bewegungsrichtung der Sternschnuppe parallel zur Tangente an die Erdbewegung
in dem Momente des Eintritts des Meteors in die Atmosphäre gelegt wird,
und die Bahn wird wenig von einer ebenen Curve verschieden sein. Für die
aus der Nähe des Antiapex kommenden Sternschnuppen ist aber wieder der
Einfluss des Luftwiderstandes gering, und für diese wird daher die Bahn in der
durch die Anfangsrichtung der Sternschnuppe und den Erdmittelpunkt gelegten
Ebene enthalten sein, die Bahn daher ebenfalls eine ebene Curve, so dass die
Bahnen sich zumeist in den Formen d, e darstellen werden. In denjenigen
Fällen, wo der Einfluss der Erdanziehung und Erdbewegung gemeinschaftlich
wirkt, wird derselbe jedoch nur mässig sein, und die Bahn wird zur doppelt ge-
krümmten: es treten mässig gekrümmte Curven von der Form b auf.
Im ersten Theile der Bewegung, wo die Masse der Luft wegen der sehr
geringen Dichte nur klein ist, wird ausser dem Verluste an lebendiger Kraft und
dem damit verbundenen Glühen und Verbrennen eine merkliche Aenderung in
der Bewegungsrichtung nicht auftreten. Eine bedeutende Aenderung in der
Richtung wird aber dort auftreten, wo die Geschwindigkeit des Meteors bereits
abgenommen, und die Dichte der Luft zugenommen hat, also in den unteren
Theilen der Bahn ; daher kommt es, dass gerade gegen das Ende der Bahn oft
starke Krümmungen sichtbar werden, und dieses zumeist bei den hellen und
lange sichtbaren Meteoren.
Manche mögen thatsächlich ihre Bewegungsrichtung so weit geändert haben,
dass sie wieder aus der Erdatmosphäre heraustreten, ihren Weg im Welträume
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Kometen und Meteore.
131
fortsetzen. Kleinere Meteore werden schon in den obersten Schichten der Luft
aufgezehrt, ohne dass eine Abweichung ihrer Bewegungsrichtung vom grössten
Kreise sich merkbar machte; grössere ändern ihre Bewegungsrichtung, wie er-
wähnt gegen das Ende ihrer Bahn, und nur diejenigen grossen Meteore, welche
trotz des fortwährenden Verbrennens noch hinreichende Masse haben, um in
die unteren Luftschichten zu gelangen, beschreiben dann Bahnen von der Form /
(Fig. 255); nur wenige Meteore, und zwar nur jene, welche nahe aus dem Zenith
fallen, gelangen thatsächlich zur Erde. Auch in dieser Richtung wirkt die Luft
wie ein elastisches Polster 1 ).
Eine zweite Ursache, durch welche die Bewegungsrichtung thatsächlich ge-
ändert wird, ist die unregelmässige Form der Meteore. Jeder Körper von un-
regelmässiger Gestalt, der in einer Translationsbewegung begriffen ist, wird durch
den Luftwiderstand in eine Rotationsbewegung versetzt, wodurch auch die Richtung
seiner Bewegung geändert wird. Derartige Complikationen treten bei der Be-
wegung von Kugeln aus gezogenen Geschützen auf; bei diesen ist der Lauf schwach
schraubenförmig gedreht; dadurch erhält die Kugel eine Rotationsbewegung,
und da sie nicht kugelförmig, sondern conoidisch ist, so wird sie aus der verticalen
Ebene etwas abgelenkt.
Noch complicirter werden die Bewegungen, wenn der Schwerpunkt einer
solchen, in dieser Weise in Rotation versetzten Kugel ausserhalb der Symmetrie-
axe liegt. Schiessversuche wurden in Christiania mit derartigen Kanonenkugeln
vorgenommen ; sie wurden hergestellt, indem man in der Form seitlich an einem
Stäbchen ein Thonkügelchen anbrachte. Dieses wurde dann herausgeschabt,
und die Oeffnung an der Stelle, wo das Stäbchen das Kügelchen hielt, durch
einen Eisenpfropfen verschlossen. Bei einem vierzehnpfündigen Geschütze, das
unter einem Elevationswinkel von 10° mit einer Anfangsgeschwindigkeit von
1000 engl. Fuss (ca. 300 m) abgeschossen worden war, war nach einem Wege
von 8400 engl. Fuss (2*5 km) die Kugel um 40 Fuss (12 m)
von der ursprünglichen Richtung nach der Seite abgewichen;
die Horizontalprojection der Bahn war ungefähr ein Kreis von
270 km Radius. Eine vierpfündige Haubitze, unter einem Ele-
vationswinkel von 45° abgeschossen, wich in der Entfernung
von 1316 Fuss (400 m) um 27 Fuss (8'5 m) ab; die Horizontal-
projection der Bahn war ungefähr ein Kreis (aber etwas ge-
schlängelt) von nahe 10 km Radius.
Sehr instructiv in dieser Richtung ist das von den Austra-
liern benützte Wurfgeschoss : der Bumerang, eine knieartig
gebogene Scheibe ab cd, Fig. 258 die etwas windschief, also
wie eine Schraubenfläche gebogen ist, so dass z. B. die
Ecken ac Uber die Zeichnungsfläche heraustreten; wie ein
Pfeil abgeschossen, geräth dieselbe in eine drehende Be-
wegung und wird dabei in einem weiten Bogen zum Ausgangspunkte zurückkehren.
Manche Abweichungen von den Bahnen lassen sich durch optische Unregel-
mässigkeiten erklären. Schmidt erklärt die schlängelnde Bewegung dadurch,
•) Dieses scheint auch die Ursache, dass bei den teleskopischen Meteoren anomale
Bewegungserscheinungen viel seltener auftreten. Schmidt sah (Resultate, pag. 173) unter 146
teleskopischen Meteoren nur eine sicher als anomal tu bezeichnende Bahn (und eine möglicher-
weis« schwach gckrlimmte) wahrend er unter 4068 mit freiem Auge beobachteten Meteoren 175
anomale Bewegungen sah; diesem entspricht der Prozentsatz von 0 68 % bei den teleskopischcn,
hingegen 4*4 g, also nahe 7 mal so viele bei den mit freiem Auge sichtbaren.
9*
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Kometen und Meteore.
dass ein Meteor eine rotirende Bewegung senkrecht zu seiner Bewegungsrichtung
hat, so also, dass die Rotationsaxe in die Richtung der Bewegung fällt, aber
nicht das ganze Meteor, sondern nur z. B. ein Punkt ausserhalb der Axe, welcher
vielleicht aus leichter entzündlichen Stoffen besteht, zum Glühen oder Verbrennen
kommt Je nach dem Standpunkte der Beobachter wird dann ein solches Meteor
einen verschiedenen Eindruck auf das Auge machen; ist die Rotationsaxe, also
die Bewegungsrichtung gegen die Gesichtslinie nur wenig geneigt, so entsteht
die schlängelnde Bewegung; ist eine starke Neigung, steht sie z. B. beinahe
senkrecht auf der Visirlinie, so wird das Meteor in regelmässigen Intervallen
aufblitzen und verschwinden, eine Erscheinung, welche sich z. B. bei dem bereits
erwähnten Meteore vom n. November 1849 (vergl. pag. 119) den beiden Beob-
achtern Schmidt und Heis darbot.
Eine Bahn von der Form e, Fig. 255, wird einem Beobachter in der Richtung
mm' je nach der Neigung in allen möglichen Formen zwischen d und e er-
scheinen, und wenn die Ebene, in welcher die Curve d Hegt, durch das Auge
des Beobachters geht, so wird das Meteor eine gerade Linie nach der einen Seite
zu beschreiben scheinen, sodann einen Augenblick still stehen, und in seine
frühere Bahn zurückkehren. Bei einer Bahn von der Form b wird, wenn sich
das Auge in der Richtung mm' befindet, das Meteor, während es die Bahnstrecke
aß zurücklegt, still zu stehen und dann in seiner früheren Bahn fortzufahren
scheinen, u. s. w.
III. Die Höhe der Meteore. Einer der wesentlichsten Funkte in der
Theorie der Meteore war die Ermittelung ihrer Höhe. Nur durch wirkliche
Bestimmung derselben, ohne jegliche Hypothese darüber, kann erwiesen werden,
ob sie terrestrischen Ursprungs sind, oder nicht; nur wenn ihre Höhe bekannt
ist, kann ihre lineare Geschwindigkeit gefunden werden, welche für die Be-
urtheilung ihrer wirklichen Bahn im Räume von wesentlicher Bedeutung ist.
Ein einfaches, zum Theile graphisches Verfahren zur Bestimmung der Höhe
ist das folgende: Man trägt von dem Beobachtungsorte A die Richtung Ax x ), in
welcher das Meteor aufblitzte (das Azimuth) auf einer in genügend grossem Maass-
stabe ausgeführten Spezialkarte der Gegend ein, und notirt die beobachtete Höhe
o über dem Horizonte. Hat man die Azimuthe von zwei oder mehreren Orten
(A, B, C u. s. w.), so werden sich die Richtungen Ax, By, C«, .... in einem
Punkte O schneiden, über welchen eben das Meteor S aufblitzte. O ist dann die
Projection von S auf die hierzu in dem Bereiche der Erscheinung des Meteors
als eben angenommene Erde; AO, BO, CO . . . sind die Projectionen der
Visirlinien AS, BS, CS, und OS ist die Höhe, in welcher das Meteor aufgeblitzt
ist Die Entfernungen AO, BO . , . können mit einem Maassstabe entnommen
werden, und dann folgt
OS — AOianga. = BOtang§ = CO tätig -\ . . .
In derselben Weise erhält man die Höhe O'S' des Verschwindens, und dann
ist die Länge des Weges, welchen das Meteor zurückgelegt hat:
W= y(00')* + (OS - O'S')'
und die Geschwindigkeit des Meteors
W
u e = ~J >
wenn / die Zeitdauer der Erscheinung ist
') Die Figur kann jeder leicht selbst ergänzen.
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Kometen und Meteore.
«33
Bedingung, dass an allen Orten dasselbe Meteor beobachtet wurde, ist
zuerst Uebereinstimmung der Zeiten, wobei aber auf die Längendifferenz Rück-
sicht genommen werden muss. Meteorerscheinungen, welche z. B. in Berlin,
Heidelberg und Breslau gesehen werden, können nur dann als demselben Meteor
angehörig angesehen werden, wenn die Erscheinung in Heidelberg um die
Längendifferenz, d. i. um 20 Minuten Ortszeit früher, und in Breslau um 14^ Minuten
Ortszeit später gesehen wird, als in Berlin.
Die zweite Bedingung ist, dass sich die sämmtlichen Richtungen AO, BO
CO . . . und ebenso die Richtungen AO', BO', CO' ... in denselben Punkten
O, O' schneiden, und dass sich aus allen beobachteten Höhen a, % 7 . .
a', ß', 7' . . . dieselben Abslände von der Erde O S, O'S 1 ergeben; Bestimmungen
dieser Art waren es, welche schon im vorigen Jahrhundert die grosse Höhe der
Meteore über der Erde und ihre grossen Geschwindigkeiten darthaten.
Selbstverständlich wird der Schnitt der Linien AO, BO . . . nicht genau
in einem Punkte stattfinden, denn die Beobachtungen können nicht absolut
genau sein, und sind stets mit gewissen Beobachtungsfehlern behaftet, die bei
den Meteoren eine nicht unbeträchtliche Grösse erreichen. Erstrecken sich
daher die Beobachtungen nur auf einen geringen Bereich, so wird diese Methode
ausreichend genau sein. Will man aber den graphischen Weg verlassen, und
die sämmtlichen Operationen durch Rechnung ersetzen, so wird man besser auf
die Krümmung der Erde Rücksicht nehmen, wenn das Beobachtungsbereich
wie in dem obigen Beispiele (Berlin, Breslau, Heidelberg) etwas grösser ist
Diesem Umstände trägt bereits die von Olbers gegebene Methode Rechnung.
Olbers leitete aber seine Formeln unter der Voraussetzung ab, dass sich die
Gesichtslinien von sämmtlichen Beobachtungsorten in einem Punkte schneiden.
Unter dieser Voraussetzung werden jedoch die Resultate nicht ganz correkt, und
Brandes schlägt eine andere Berechnungsart vor 1 ), bei welcher auf die Möglich-
keit Rücksicht genommen
ist, dass sich die Gesichts-
linien im Räume nicht
wirklich schneiden , son-
dern kreuzen, wie dieses
in Folge derBeobachtungs-
iehler zumeist der Fall sein
wird. Die Berechnungsart
von Brandes lässt sich am
einfachsten in folgender
Weise darstellen:
Sei O (Fig. 259) der
Mittelpunkt der Erde, OC
die Rotationsaxe, AB der
Aequator, P x ein Beob-
achtungsort, also CP X des-
sen Meridian, p x OP x *=B x dessen geographische Breite, und|sei für die Zeit der
Beobachtung OA die Richtung nach dem Frühlingspunkt, so ist p x OA der
Stundenwinkel des Frühlingspunktes, also die Sternzeit 0 t für die in P x gemachte
Beobachtung. Bezieht man nun alle Punkte auf ein rechtwinkliges Axensystem,
dessen XAxe durch den Frühlingspunkt, dessen K-Axe nach dem Punkte,
(A.259.)
•) »Unterhaltungen für Freunde der Physik und Astronomie, Leiptig 1829«, pag. 17.«
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134 Kometen und Meteore.
Rectascension 90° ist, und dessen Z-Axe nach dem Nordpol gerichtet ist, so
werden die Coordinaten von P x , wenn man mit a den Erdhalbmesser bezeichnet:
x x = a cos B x cos B x ; y x = a cos B x sin B x ', z x = a sin B v (1)
Es möge nun @ 1( mit den Rectascensionen und Deklinationen a,, $ x , der
von P x aus beobachtete Ort der Sternschnuppe am Himmel sein; ist nun P X S
die beobachtete Richtung, P X 'S' die Projection dieser Richtung auf die X K-Ebene,
so wird, wenn man P x '(V) parallel zu OV und P x s parallel P X 'S' zieht,
CYW-S'-^; sP x S = S x
sein. Ist Q ein beliebiger Punkt in der Richtung P X S mit den (laufenden)
Coordinaten ij, C, so findet man leicht, wenn man P x Q* = f> x setzt
izi£i = i^yj. = c - *i = (2 )
cosa x sin a x tangh x Pl * '
und dieses ist die Gleichung der Geraden P x S. In ganz gleicher Weise hat man
für einen zweiten Beobachtungsort P 9 :
= a cos B % cos 9 a ; y s = a cos B 9 sin 6 , ; * 2 = ö jmt 2? 8 ( 1 a)
und ist @ s mit den Coordinaten a t , 6", der von aus beobachtete Ort der
Sternschnuppe, so wird die Gleichung der Visur für diesen Ort:
Sei nun die Determinante
f<7iaj ««a, (3)
*wa, j/«a, tangh %
und die Unterdelerminanten der ersten Zeile
D x = 4- sin a, /a«^ - S s — sin a, /ä«^" 3 t
Z> 4 = — ftw aj to/^ fij -+- a a Ajt«^ 8 , (3a)
Z?3 = -f- cos a x sin a 9 — sin a x cos a s = x/« (« 4 — a, ),
so ist die Bedingung für das Schneiden der beiden Visuren
Z> = 0. (4)
Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so wird der kürzeste Abstand der beiden
Visuren
D
k = • (5)
Die Grösse dieses kürzesten Abstandes wird auch einen Massstab geben für
die Güte der Beobachtungen bezw. für die Zusammengehörigkeit derselben. Da
D = D x (x i -x x ) + D t (y t -y x ) + D t (*, - *,) (3b)
ist, so wird D in demselben Maasse erhalten, in welchem a ausgedrückt ist:
Man kann aal wählen und erhält dann k in Einheiten des Erdhalbmessers
ausgedrückt; in dieser Einheit ist 1 km = 0 000157 oder 0 0001 = 0 637 km
= 637 m. Nähert sich k diesem Werthe, so sind entweder die Beobachtungen
sehr schlecht, oder die an den beiden Punkten gemachten Beobachtungen
gehören nicht derselben Sternschnuppe an. Schneiden sich die beiden Geraden,
so sind die Ausdrücke
j m i . * m, j . . m s
1 D~ x ' * = D\' l = D~*' ()
wobei
m x = tangh i {y % -y x )- ««<*,(*, - z x )
m, = cos «,(*, — z x ) — lang 8, (*, — x x ) (6a)
w, = sin *i(x % - x x ) — cosa^yt - y x )
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Kometen und Meteore.
»35
ist, einander gleich, also d x = rf, = </ 3 = p t , wenn jetzt p, die Entfernung der
Projektion S' des Schnittpunktes S der beiden Visuren von P t ' bedeutet und man
hat dann tür die geocentrischen Coordinaten x 0 , y 0 , s 0 dieses Schnittpunktes,
also für die Coordinaten der Sternschnuppe:
x o = *\ + 9x cos ^\
y*=yx + Pi«««i (7)
*o = *i Pi'*V*i-
Die Entfernung p 0 der Sternschnuppe vom Erdmittelpunkte und ihre Höhe h
über der Erdoberfläche werden gegeben durch
t^Y^F+yT+^'t h = H -a. (7a)
Da sich die Gleichungen (6) in der Form schreiben lassen
V l d i = m l ; D % d, = w, ; D t d t = m t (6b)
so kann man, wenn die Bedingung des Schneidens nicht erfüllt ist, und die
Abweichungen als Folge von Beobachtungsfehlern angesehen werden können,
als den wahrscheinlichsten Werth von p x den Ausdruck 1 ):
betrachten. Ganz ähnliche Ausdrücke erhält man für die Entfernung p,'«) für
die Coordinaten x 0 ', y 0 \ * 0 ', die geocentrische Entfernung p 0 ' und die Höhe h'
des Verschwindens, wenn man an Stelle der beobachteten a p 4 t> a„ des
Aufleuchtens die Coordinaten a t ', i/, o,', 6 t ' des Verschwindens setzt Der
zurückgelegte Weg W folgt aus
= (* 0 - *>')'+ (y. ~ y.') 9 + (*• - *•')• (9)
und die Geschwindigkeit u 0 aus
«o = T ' < 10)
wenn die Dauer der Erscheinung /' ist IV und u 0 sind in derselben Einheit
ausgedrückt wie a\ wurde daher für a die Einheit gewählt, so hat man W und
u 0 , um dieselben in Kilometern auszudrücken, mit 6370 3 {log = 3 804 16) zu
multipliciren.
Die Bedingung (3) hat eine einfache geometrische Bedeutung. Bezeichnet
man den Punkt an der Himmelskugel, wo die Verbindungslinie P X P % in der
Richtung über P % verlängert die Himmelskugel trifft, mit und seien dessen
Rectascension und Deklination A, A, so ist, wenn die Entfernung P t P 9 = ? ist
x t — x , = P cos A cos A
— y j = P cos A sin A (1 1)
* a — s, = P«» A
und die Gleichung (3) wird
D = P cos A *w A i/« A /a»^ A
COS Oj J/fl Äj /<I«^ 5j
*w Oj */« et, fang ö* s
und die Bedingung (4) wird:
A**^ A j/*(a, — a t ) -f- tangl x sin (A — a 4 ) — B 9 sin (A — aj = 0, (4')
(3')
«) Brandes schlägt hier natürlich einen andern Weg ein.
*) Selbstverständlich kann man auch ganz ähnliche Ausdrucke fllr die Entfernungen p,,p,'
zweiten Beobacbhmgspunkte erhalten, indem nur in (6a) a f , i t durch «,, i, ersetzt wird.
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•36
Kometen und Meteore.
welche Gleichung aussagt, dass die drei Punkte @„ @„ $ in einem gTössten
Kreise am Himmel liegen müssen. Dieses ist auch selbstverständlich; sollen
die Visuren P^ lt -P,©, derselben Sternschnuppe angehören, so müssen sie
sich schneiden, also in einer Ebene liegen, welche die Himmelskugel in dem
grössten Kreise ©,©,$ schneidet. Sind nun die Beobachtungen fehlerhaft, so
werden die Punkte ©,,©„$ nicht in einem grössten Kreise liegen, aber wenn
die Beobachtungen thatsächlich einer
und derselben Sternschnuppe ange-
hören, so werden die Abweichungen
vom grössten Kreise nur massig sein,
und die kleinstmöglichen Aende-
rungen, welche man an die Orte
©j, ®j anbringen muss, um sie auf
einen grössten Kreis zu reduciren,
geben nach Bksskl 1 ) ein Maass Mir
die Genauigkeit der Beobachtungen.
Die anzubringenden Aenderungen
werden aber am kleinsten, wenn
man für den grössten Kreis den durch
den Halbirungspunkt © (Fig. 260) von @ t ©, gehenden grössten Kreis wählt.
Diese Aenderungen sind dann = @,S 2 = /, wenn die Kreisbögen S,8„
@, 8 a senkrecht auf ©g* stehen. Man hat nun zunächst die Grössen j,,/,, x lf
zu berechnen, wobei/,, p % die Positionswinkel der Linien s x , s % (vergl. die Fig. 260)
bedeuten, wo also der grösste Kreis Sßx gegen den Nordpol gerichtet ist. Die
Berechnung erfolgt aus den Dreiecken © r gJ-Pol des Aequators, ©,-$-Pol des
Aequators; man erhält:
cos j, = sin A sin 5, -+• cos A cos B x cos (o, — A)
sin s x cosp x = cos A sin i x — sin A cos 8, cos (c^ — A)
sin s x sinp x = cos 8 t sin (o, — A),
und ebenso für den zweiten Ort; setzt man daher
sin 8 , = k x sin K x
(A. 260.)
cos 8 X cos (a, — A) = k x cos K x
so wird:
cos s x = k x cos (AT, — A)
sin s x cosp x *= k x sin (AT, — A)
sin s x sin p x = cos 9 X sin (a, — A)
sin 8, = £ 8 sin K %
cos 8 a *w (o, — A) = k % cos AT,,
(12)
cos s 9 = <w (A*, — A)
sin j, <w/> 3 = k t sin (AT, — A) (12a)
sinstsinpi = cosb i sin{a % — A).
Ist jl/ der Positionswinkel von ©<p, so ist
«= «» Xl j/« (M- p x ) = sin s , 0>, — 3/)
und daraus
«'« *i _ sin(p t — AT)
-~si»{M-p x y
(13)
sin s
sm Sr
sin s.
oder
sm s x — sm s %
sin — M) -h s in {M — p x )
sin (/>, — M) — sin{M—p~)
Nachdem M aus (14) berechnet ist, erhält man / aus (13).
Unter 48 von Brandes als correspondirend angegebenen Sternschnuppen
fand Bessel unter der Voraussetzung ihrer Gleichzeitigkeit
») A«tron. Nachrichten Bd. 16. pag. 321; gesammelte Werke, in. Bd., pag. 328.
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Kometen und Meteore.
«37
(A.2GI.)
Fehler / zwischen 0° 1° 2° 3° 4° 5° 6° 7° 8°
in 14 11 5 7 5 8 2 1 Fällen
und schliesst hieraus, dass die Beobachtungen eben nicht als streng gleich-
zeitig anzusehen sind. Nimmt man aber an, dass die Sternschnuppen an
den beiden Beobachtungspunkten nicht wirklich gleichzeitig aufleuchten und ver-
schwinden gesehen wurden, so werden sich auch manche Anomalien der Be-
wegung erklären lassen. Bsssel führt den folgenden charakteristischen Fall an:
Sei AB (Fig. 261) der Weg einer Sternschnuppe
Uber den beiden Beobachtungspunkten P A P 9 ,
wobei der Einfachheit halber die Bahn der
Sternschnuppe und die beiden Beobachtungs-
punkte in derselben Ebene angenommen werden,
und werde ihr Aufblitzen in P x bemerkt, wenn
sie in S x ist; ihr Verschwinden, wenn sie in S x '
ist; von P 9 aus bezw., wenn sie in S t , S t ' ist,
so ergiebt die Rechnung für den Ort der Stern-
schnuppe im Räume zur Zeit des Aufblitzens
den Schnittpunkt der beiden Visuren PiS x , P t S 9 ,
also S 0 , für den Ort des Verschwindens S 0 ', so dass man durch die Rechnung
an Stelle der Bahn AB eine andere, davon ganz verschiedene, aufsteigende
A 0 B 0 erhält. In der That giebt die Rechnung in sehr vielen Fällen aufsteigende
Bahnen; wie aus dem Früheren folgt, sind aber aufsteigende Bahnen nur dann
als reell zu betrachten, wenn die scheinbare Bahn der Sternschnuppe merklich
vom grössten Kreise abweicht; wo aber nur der erste, normale Theil der Bahn
gesehen wird, was man leicht daraus schliessen kann, dass von verschiedenen
Beobachtungspunkten aus die Bahn der Sternschnuppe sich als grösster Kreis
darstellt, kann von aufsteigenden Bahnen nicht wohl die Rede sein.
Wenn nun überdies die Ebenen P i S l S x und P^S^S^ nicht zusammen-
fallen, so werden sich die Visuren P t S lf ^,5, und ebenso die beiden anderen
kreuzen, und einen Schnittpunkt überhaupt nicht ergeben.
Besskl ersetzt nun die Voraussetzung der Gleichzeitigkeit des Aufblitzens
und Verschwindens durch die Annahme, dass die Bahn der Sternschnuppe eine
gerade Linie wäre, welche ^
Voraussetzung bei allen je-
nen Sternschnuppen, wel-
che keine Bewegungsano-
malien gezeigt haben, zu-
treffend ist.
Seien ©i©!' (Fig. 262)
die durch die Rectascen-
sionen und Deklinationen
Oj, d|, a x ', 8|' an der Him-
melskugel bestimmten
Punkte des Aul blitzens
und Verschwindens der
Sternschnuppe vomPunkte
P x aus gesehen, so stellt
(A. 262.)
dieser Voraussetzung der grösste Kreis die scheinbare Bahn der
Sternschnuppe, gesehen von P x , dar; seien die Projectionen des Entzün-
dungs- und Verschwindungspunktes der Sternschnuppe von P t . Wenn nun die
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138 Kometen und Meteore.
Beobachtungen gleichzeitig wären, so müssten die drei Punkte der Himmelsk :
in einem grössten Kreise liegen, und ebenso die drei Punkte 2/3 .
Da dieses nicht der Fall ist, so entsprechen die Beobachtungen nicht dense >-
Zeiten, und zu den Zeiten, zu denen die Sternschnuppe von P x aus in 2 r :
gesehen wurde, würde sie von P t aus in zwei Punkten 2„ 2,' gesehen «rci:
sein, welche man erhält, wenn man die grössten Kreise 9ß<5 lt f$2,' r~
Schnitte mit dem grössten Kreise <S,@,' bringt
Aus der Figur folgt sofort, dass die Beobachtungen als gleichzeitig znmsekc
sind, wenn die Positionswinkel p x = />,, p x = />,' sind.
Führt man die auf den Deklinationskreis von $ bezüglichen Polarcoordicifr
p, s ein, so sind die Polarcoordinaten von 2„ 2,', wenn man die Strecken JI
= u,, $2,' «= setzt, bezw.: p v ff,, p x ,
Die Bedingung, dass ein Punkt A* auf dem grössten Kreise €=)3f' —
ist, wenn = S das Perpendikel von $ ist, dessen Positionswinkel mit/':
zeichnet war, ausgedrückt durch
cos (p — F) = tang S cot s.
Aus den Coordinaten der beiden Punkte <3„ <&,' folgt daher:
cos(p 9 — P) = tang Scots 9 \ cos (p t '—/>) = tang S cots,',
woraus sich P und S bestimmen, und dann ist für die Punkte 2,, 2,':
cos (p x — P) = tang S cot <r, ; cos(p x — P) = tang S cot a,'.
Aus den beiden Gleichungen (15) folgt:
cots t cos (p t — P)
cots,' ~~ cos (J> % ' — -P)
und dann in derselben Weise wie bei (14) zur Bestimmung von P:
■
■
dann folgt S aus einer der Gleichungen (15), und endlich
cot <», = cotS cos(p x — P)
cot = cot Scos{p x — P).
Aus den Grössen p x , a 9 , p x \ <x,' erhält man nunmehr die Rectascensions
und Declinationen a, 8, 8' der Punkte 2,, 2,' nach:
;i» 8 = <y, j#« A -t- sin ff, *m A rar
<w 8 (a — A) = cos q , <w A — ff, sin & cos p x
cos 8 sin (a — A) = sin ff, sin p x
und ebenso für a'8'; oder wenn man
cos o, = / jm! Z cos <j,' = /' sin Z '
sin <j, w p x — IcosL cos o,' cos p x = /V« X '
setzt:
sin & = /cos(L- A) «ff 8' = /' w (Z * — A)
cos 8 w (a — A) = / i/V» (Z - A) <rw 8' cos (a' — A) = /' (Z ' - A) (1>>
<w 8 (a — A) m sin <s^sinp x cos 3' sin (a' — A) = jw ff,'j«i p x \
Ersetzt man ietzt die Beobachtungen ©i®!* durch die mit den Be-
achtungen in P x gleichzeitigen, fiktiven, der wirklichen Bahn der Stemscbnuf^
angehörigen Beobachtungen 2,2,' in P 9 , so werden sich die Visurcn ge**
schneiden, die Bedingung (3) oder (3 a) ist erfüllt, und man würde durch fl*
Gleichungen (6) denselben Werth erhalten; es wird also genügen
_ p co* A sin (tt — A) m casbsmj*'- A)
P*- r sin(a-a x ) * ^' «»(«'-»/)
zu berechnen, und dann nach
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Kometen und Meteore.
«39
x 0 — Jf,
■ p, cos a,
p, sin o,
.r 0 ' = x x ■+■ p/ma,'
*o' = *i -r- Pi'^ V
h' = Po' - a
(7)
(7 a)
Po = y*o* + V + *<?
A = p 0 - a
die Höhen der Sternschnuppe und nach (9), (10) ihre Geschwindigkeit.
Bessel leitet nun auch Formeln ab für den Einfluss von fehlerhaften Beob-
achtungen auf die Resultate. Hierbei setzt er aber voraus, dass der Gesammt-
fehler sich in s äussert, und die p fehlerfrei sind; man kann jedoch auch
Formeln ableiten, welche diese Voraussetzung nicht erfordern, und zwar durch
Differentiation der Formeln (12) *); man erhält dann
ds x =t x t] ds i = t i f, dp x =q x %\ dp^ = q 9 t,
wenn « = cos 8 da dH der in den Rectascensionen und Deklinationen voraus-
zusetzende Fehler ist, und mit diesen Werthen wäre weiter zu operiren. Da
man jedoch auf einfachere Weise zum Ziele gelangen kann, so sollen die Werthe
für die Coefficienten t x , / s , q x , q t nicht weiter abgeleitet werden.
Die Resultate werden nämlich etwas übersichtlicher, wenn man von den
Formeln ausgeht, welche LehmannFilh£s in seiner Inauguraldissertation »Zur
Theorie der Sternschnuppen t, Berlin 1878, gab.
Die Richtung, aus welcher die Sternschnuppe kommt, ist bestimmt durch
den Durchschnittspunkt ihrer geradlinigen Bahn (oder auch der zu ihr parallelen
Geraden durch das Auge) mit der Hirn-
mclskugel. Legt man ein rechtwinkliges
Axensystern, dessen XY- Ebene der
Aequator, dessen XAxe nach dem Früh-
lingspunkt, und dessen Z-Axe nach dem
Nordpol gerichtet ist, zu Grunde; ist ST
(Fig. 263) die wieder als geradlinig ge-
dachte Sternschnuppenbahn, und T ihr
Durchschnittspunkt mit dem Aequator,
TS' ihre Projection auf den Aequator,
so ist ('Y')TS , = %L' die Rectascension,
STS = ©' die Deklination des schein-
baren kosmischen Ausgangspunktes; die-
ser ist aber nichts anderes, als der Ra-
diant Sind nämlich mehrere Stern-
schnuppen beobachtet, die in derselben
Richtung kommen, so wird die durch
das Auge des Beobachters gelegte Parallele den Verschwindungspunkt (Flucht-
punkt) bestimmen, in welchem sich die scheinbaren Bahnen schneiden müssen 1 ).
Den Radianten für eine einzelne Sternschnuppe kann man aus den Beobachtungen
an einem Orte nicht bestimmen; hierzu müssen Beobachtungen von mindestens
zwei Orten vorliegen; hingegen ist der Radiant mehrerer Sternschnuppen durch
den gemeinschaftlichen Schnittpunkt aller ihrer scheinbaren Bahnen (grösste
Kreise am Himmel) bestimmt
die Coordinaten des Durchstosspunktes T der Meteorbahn mit der
$ «• ••>-•• * ...........
CA,*».)
*) Am besten vor Einführung der Hilfswinkel.
*) Vergl. auch 'Allgemeine Einleitung in die Astronomie«, pag. 161.
140 Kometen und Meteore.
X K-Ebene /, q, 0, die laufenden Coordinaten der Sternschnuppen bahn £, r, ;
ist die Gleichung derselben
5 - P _ T i - <? C_ _
cosW ~ sin*' - tang
wenn p = TS' die Entfernung der Projektion des Punktes, dessen Coortkr-i
E, i), C sind, von T bedeutet.
Ist nun P x ein Beobachtungsort, dessen Coordinaten wie früher x v r. ,:
seien, und r, , a,, 8 t Projection der Entfernung, Rectascension und Ihi
nation des Punktes 5 von dem Beobachtungsorte P x , so werden für er
Anfangs- und Endpunkt die Grössen «,, 8,, o l ', 8,' bekannt sein, hinter
sind r x , r x unbekannt. Nun ist aber für einen beliebigen Punkt r, «, Je
Sternschnuppenbahn :
\ = -+- r rt>i a -= p -+- p w 9t'
i) «=» .y, ■+- r im a = q -f- p im 9T ;?.
C = * t -f- r fangt = p/attg®
Diese drei Gleichungen lassen sich schreiben:
x , — p + r cos* — p r<?j 9T = 0
^1 — ? + — p im 9t' = 0 2
i, -f- r Am^ 8 — p Am^ $)' = 0.
Eliminirt man hieraus r und p, so folgt
*\~P Vi-** *i
cosa sina tätigt
cosW im 9t' tang%'
oder
(*» — P){* in « S)' — * in Wta*g — Oi — * <*W £' — *) v
-f z x sin = 0. ^
Setzt man für die vorläufig unbestimmten Coordinaten o, 8, die
des Aufleuchtens et,, 8 t und diejenigen des Verschwindens o,', 8 t ' an dein B*.
achtungsorte P x , so erhält man zwei Gleichungen für diesen Beobachtung^
ebenso erhält man aus den Beobachtungen für das Aufleuchten und Verschwicdr
an dem zweiten Beobachtungsorte zwei Gleichungen: zusammen 4 Gleichung
aus denen sich die vier Unbekannten p, q, 91', 3)' bestimmen lassen. Die Gleich^
ist jedoch in Bezug auf 9t' nicht von der ersten Ordnung, indem sie im V or:
cos 8t' enthält. Man wird jedoch leicht genäherte Werthe für 9t' und SV erhalte
verschafft man sich gleichzeitig genäherte Werthe für p und q und setzt 6;
Ausdrücke
9t' = 9l 0 -f- A91; S)' = S) 0 + AS>; p « p 0 + A/; 7 = ? 0 -t- A?
in die Gleichung (22 a) ein, und entwickelt nach Potenzen der Incremente 1*
AS), fXp t bq, wobei man diese Aenderungen einfach als diflerentiell ansehen kzr
so erhält man:
n x = a x bp + b x bq <r t A9l -1- d x b% (55
wobei
-f- im aj /<M£ SSD 0 — im % 0 tang t x = a,
— <w a t tang^o 4- <w % 0 tang 8, = ^
+ (*i - /><>) 9t 0 Az«^ 8, -+- Oi - y\>) «'« V"tf 8 t - *, <r*i (9t 0 — a,) = ^
— K*i — />•) "* a i — Oi — ?o) «ll *« % 2>o = ^1
(*i — Po) a \ + Oj — ?o)*i + «1 «» (9t 0 — «1) = » x
ist, oder für die Rechnung bequemer:
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Kometen und Meteore.
141
(23a)
a x = 4- sin * x tang 2> 0 — sin % tangt^
b x = — cos a, tang S) 0 4- cos H 0 tang6 x
g x sin G\ = a x h x sin B x =y x — q 9
g x cosG x = o l h x cosH x *~x x — p 0
c x = h x cos{H x — ^i ti )tang^ x — s x cos($l 0 — a x )
d x = h x sin (H x — * x )scc* S) 0
g x h x sin (G x 4- H x ) 4- s x sin (& 0 — o x ) = n x .
In ähnlicher Weise erhält man fllr die drei Übrigen Beobachtungen a,\ 4,';
a„ 8,; o s ', 6",' Werthe für ; «„ A , und damit die Gleichungen
n x ' = a x kp 4- 4- fj'A & -+- <rVA3>
«» « a,A/> -f- 4- <r, A91 4- </,A$ (23')
- a^p 4- 4- c t '&% 4- </ s 'A2>.
Sind mehr als zwei Beobachtungsorte, so erhält man mehr Gleichungen als
Unbekannte, und man wird hieraus die Werthe für A/\ A?, A«, A3) nach der
Methode der kleinsten Quadrate bestimmen.
Hat man nur zwei Beobachtungsstationen, so wird es gut sein, diese
Gleichungen unbestimmt aufzulösen, was am besten durch Determinanten ge-
schieht; man erhält dann leicht:
A/ = A x n x 4 A x n x 4- A % n % 4- A % 'n t '
A? = B x n x 4- B\'n x 4- B y n % 4- -ff,'«,' ^.^
A3t= C^j 4- C t V 4- C>, 4- <:,'«,' * ;
AS^Z»!», 4-
Dabei wird es (wegen des folgenden) praktisch, die Coefficienten c x , d x
unverändert beizubehalten (nicht mit arc V zu multipliciren) und erst die er-
haltenen Correctionen ASl, A£> durch Division mit arc 1' in Winkelmaass über-
zuführen.
Die Gleichungen werden nur dann unanwendbar, wenn 2> 0 oder eine der
beobachteten Deklinationen nahe 90° sind; in diesem Falle wird es am besten,
auf ein anderes Coordinatensystem Uberzugehen,
etwa auf das der Ekliptik. Um jedoch einfache
Transformationsformeln zu erhalten , schlägt
Lehma nn-Filhes nach dem bereits früher von v.
Oppolzer bei einer anderen Gelegenheit em-
pfohlenen Vorgange vor, das Coordinatensystem
so zu wählen, dass der Frtihlingspunkt zum Pole
wird. Zählt man dann die Coordinate \i analog
der Rectascension vom Pole über das Winter-
solstitium weiter (vergl. Fig. 264) und die Coor-
dinate v der Deklination analog, so hat man für
einen Punkt S der Himmelskugel aus dem
sphärischen Dreiecke PS\P\\
sin v =s cosi cos o
cos v sin fi = — cos 6 sin ot
cos vcosy. = sin 6, v stets positiv;
und die Berechnung wird dann so wie früher durchgeführt, wobei nur p, v an
Stelle von a, < tritt.
Wurden SC, 2)' aus nur zwei Beobachtungsstationen ermittelt, so wird die
Gleichung (22) vollständig erfüllt sein müssen, und eventuell noch übrigbleibende
Fehler werden nur sehr klein sein und nur von der Vernachlässigung der Qua-
(A.264)
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142 Kometen und Meteore.
drate und Produkte der Correctionen A91, A$, A/\ bq herrühren 1 ). Sind aber
die Correctionen aus mehr als zwei Orten bestimmt, so werden die Gleichungen
(22) nicht vollständig erfüllt sein können, und es werden gewisse Fehler übrig
bleiben, die von den den a, 8 anhaftenden Beobachtungsfehlern herrühren. Setzt
man also in die Gleichungen (22) die bereits corrigirten Werthe 91', 2)', /, q,
hingegen an Stelle von 8,, . . die zur Erfüllung der Gleichungen nothwendigen
corrigirten Werthe a, -t- Aa 1( 3, + A8, . . . und entwickelt, so erhält man:
k x cos 8 t Aa, -f- /, A8j = m x . (25)
Da man jedoch nur die ersten Potenzen der Correctionen zu berücksichtigen
braucht, so wird man bei der Berechnung der Coöfficienten ausreichend genau
die Werthe p 0 , q 0 anwenden können; bei der Bestimmung von m x hingegen muss
man die corrigirten, definitiven Werthe p, q, 91', 5)' verwenden, weil der durch
das Einsetzen derselben hervorgehende Unterschied gegen Null die Fehler Aa,,
A8 t bestimmt. Da jedoch die Werthe x x - p, y x — q überdies zur Berechnung
von r x und p, erforderlich sind, so kann man setzen:
*\—t = 'i ""/i
y x -q = i x sinj x
k \ = |— 'i cos C/i — a,) tang ■+- s, cos (91' — «,)) sec 8,
/,=-/>«(/,- «• r2 , .
m x = (* t — />) («« a, /tf/i^ £' — i/'/i 41' /a»^ 8 , ) - v ;
— OVt — *i) «i tong'S' — cos 91' /<™^ 8J -h z x sin (91' — a,).
Macht man nun die Annahme, dass man in jeder Richtung einen gleich
grossen Fehler zt t begeht, dass also cos& l bz x = && x = =fc e anzunehmen ist,
so wird
e Ü!_
[*.] + [/.]•
wobei [Zj den absoluten (stets positiv zu nehmenden) Betrag einer Zahl Z be-
deutet 5 ). Führt man diese Rechnung für jede Beobachtung (für das Aufleuchten
und Verschwinden, für jeden Beobachter getrennt) aus, so kann man durch ent-
sprechende Combinationen den Beobachtungsfehler s für das Aufleuchten und
Verschwinden für jeden einzelnen Beobachter oder auch für Sternschnuppen
verschiedener Grössenklassen u. s. w. erhalten.
Bestimmt man aber den Fehler Aa, A8 aus der Gleichung
,
wobei für die Coefficienten nicht die absoluten Beträge, sondern die wirklichen
Werthe eingesetzt werden, so erhält man die an die beobachteten Werthe a, 8
anzubringenden Correctionen A8 = e, Aa = tsecB, damit die Visuren die Stern«
schnuppenbahn schneiden; führt man dann die corrigirten Werthe * x -+- Aa 1#
8j -H A8 lt o,' +ao,', 8/ H- A8,', a a -f- Aa, ... für alle Stationen ein, so
') Dieses übersieht Lehmann-Filhks in seinem Beispiele. Zwar ist im Räume eine Gerade
durch drei sich kreuiende Gerade bestimmt, hier sind aber die vier sich kreuzenden Geraden in
einer specieücn Lage: es schneiden sich twei und iwei derselben. Und in der That ist durch
diese vier Geraden eine alle vier schneidende möglich: die Schnittlinie der durch sie gelegten
Ebenen.
*) Lekmann-FelhäS bestimmt die Correctionen Aa, AÄ so, dass die Fehlerquadratsumme
ein Minimum wird.
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Kometen und Meteore.
•43
werden die Gleichungen (21) gleichzeitig erfüllt sein, und es genügt zur Be-
stimmung von r und p zwei dieser Gleichungen zu verwenden (die dritte ist dann
von selbst mit erfüllt); verwendet man dazu die beiden ersten, so folgt:
i x sin (/,-«') .
r » ™ ««(«'-<*,) •
für den Punkt des Aufleuchtens, und
, i x sin{J x — *') ,
für den Punkt des Verschwindens. p, ist die Entfernung der Projection des Ent-
zündungspunktes von T, p t ' die Entfernung des Verschwindungspunktes; p,, p x '
werden sich also für die verschiedenen Stationen nicht identisch ergeben müssen ;
je grösser ihre Werthe, desto früher wurde ihr Aufleuchten, bezw. Verschwinden
beobachtet. Die I^änge des beschriebenen Weges folgt hieraus:
Jf=( Pl - 9x ')sec<®. (27)
Die Coordinaten des Punktes des Aufleuchtens und Verschwindens sind für
den ersten Ort:
rjoi -f-r-P!«»«' Vot-f + Pi'™*' (28)
Coi = ?X tätig %' Co, = p,'ÄWff ©'
und es werden die Entfernungen dieser Punkte vom Erdmittelpunke und von
der Erdoberfläche:
Po i = VV + W + Cot* Po i ' - Vl'öt + Voi' + C-.?
Verwendet man statt p x , p,' die Werthe p 9 , p,' für den zweiten Beobachtungs-
ort, so werden die Endwerthe 5 0 >»tJoj. • • • V natürlich etwas verschieden
erhalten werden; denn nach der Annahme wird das Aufleuchten und Ver-
schwinden nicht an allen Orten gleichzeitig wahrgenommen.
Hat man mehrere Beobachtungsstationen, so wird man durch die Auflösung
der Gleichungen (23;, (23') nach der Methode der kleinsten Quadrate bereits
die Beobachtungsfehler unschädlich gemacht haben. Hat man aber nur] zwei
Beobachtungsstationen, so wird die Gleichung (22) strenge erfüllt sein; aber
man hat keinerlei Controlle über den Einfluss der Beobachtungsfehler, und dann
kann es auch vorkommen, dass sich aufwärts gerichtete Bahnen, nur als Folge
von Beobachtungsfehlern, ergeben. Es ist also nöthig, den Einfluss von Beob-
achtungsfehlern in «, 8 auf die berechneten Höhen zu ermitteln.
Differenzirt man die Gleichung (22 a) nach allen darin vorkommenden Grössen,
mit Ausnahme der festen Werthe y x , *,, so erhält man, wie man sofort sieht:
a x A/> -+- b x iiq + c x A91 -I- d x AS) -f- k x cos 6 X Aa t -+- l x bt x = 0. (30)
Würde man nun hier <w<5,Aa, = A8j = e setzen, so würde dieses voraus-
setzen, dass immer nur Fehler desselben Zeichens s möglich sind. Wollte man
ferner ± e zulassen, so müssten die Gleichungen mit jeder der Zeichencombi-
nationen ± ^, i ± /, t aufgelöst werden; es ist daher am besten, den Einfluss
der Fehler C0s& x &* x = e,, A8, = y x , ^^Aa, = e 9 .... zuerst getrennt zu
untersuchen. Hat man die Gleichungen (23), (23') unbestimmt aufgelöst, so er-
hält man sofort die Auflösung der Gleichungen (30), indem man die Grössen
n \> n %> n \* *t durch die correspondirenden Werthe A t t x /,?,,
4- *»i f ■+■ V*t' /,> 9 ' ersetzt; es wird also:
i x sin(J x — <x x )
sin{W-a x )
(26 a)
Pi
"««(»'- a,')
(26 b)
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«44
Kometen und Meteore.
= (*, e, + /, ?1 ) + A x '(k x 't x ' + /, V) ^.(*»*t + 'i».) +
4- «»'-»■ V?«')
A? = *,(*,ti + A?,) -r- 4- /, V) 4- 4- 4-
4- -£,'(*,'*>' -+- /,>,') f „ ,
A« -^(^tj 4- 4- + 4- C,(*,t f + /,»,)+ '
A$ = />,<*! «. 4- /, ?l ) 4- ZY(*l V 4- /, V) 4- /Wt 4- /, ?t ) 4-
Es ist zu bemerken, dass alle hier auftretenden Coöfficienten schon früher
berechnet sind.
Den Einfluss von A9(, A2\ A/, A^ auf p 01 , p ot ' kann man mittelst der
Gleichungen (29) bestimmen ; das Resultat wird jedoch Ubersichtlicher, wenn man
alle drei Gleichungen (20) verwendet. Es wird dabei besser Ar zu bestimmen, als
Ap; denn A&, Atj, AC enthalten A91, A£, A/>, bq sowohl implicite in Ap als auch
explicite, hingegen, wenn man Ar benutzt nur implicite in diesem Ausdrucke; das
Resultat muss zwar identisch sein, doch werden die Reducttonen im ersten Falle
etwas länger. Eliminirt man also aus der ersten und dritten, und dann aus der
zweiten und dritten Gleichung (20) p, 1 ), so folgt:
r x (cos a, tang 2)' — cos 9t' tang 8 1 ) = z t cos %' — (x x — /) tang 2)'
r, (sin a x tang 2)' — sin W tang 4 ,) = s x sin St' — (y x — q) tang 25'.
Differenzirt man diese Gleichungen, so folgt:
A25
Ar, (cos * x tang<® — cos%'tangÖ x ) = — 9l cos H' — Pl tang®' sin W AtL +
cosW
-+■ kptangV -f- r x sina l tang$}'b* x -+- r, ^ A8,
A3) 1
Ar, («« a, tang S>' — «« Sl'/tf^«,) = — 9x sin %' -f-p, tang 2)' cos &' ASt +
j/n ST
t- bqtang%' — r t cos a x tang® In x -+- r x Ad t .
Multiplicirt man jede dieser Gleichungen mit dem Coefficienten von Ar,
und addirt, und setzt:
A x = x x cosK x C x =\ x cosL x A x ' = x,' cos K x ' C x — X,' cos L x '
B x — x, sin K x D x = \ x sin L x B x = xj sin K x D x = k x % sin L x
A % = x % cos K % C s «= X, cos L t A 9 ' = x % 'cos KJ C,' = XJcos L t '
B t = x % sin AT S Z>, = X, sin Z, 2? 4 ' = x,'**» DJ «= X,'j/« Z t '
tang » 2)' 4- /«v* 6v — 2 <w (51' — ai) tang 2)' /<r»^ 6", = A$
<w (9f — a,) tang 2)' — tang 8V .
N~äü*W a,Un1 '
sin (*» -a,) tang*®
^ 2 _ 9 . C05 j.
(31)
4- j^==T, ««7;
f<» (M' — g,) tofyg)' x/«g,-
^oj (St' — ct t ) /<in^2)' — tang 3,
(32)
») Man könnte «uch andere Verbindungen wühlen, doch werden die Zwischenresultate
weniger symmetrisch.
igmzeo Dy
Google
■45
so wird:
Ar, = [-p.ff/X, cosßi— ZJ4- t,x, tang<S>'ccs{T i ^-K i )](k l t t + ^ f t )
-I- [- p, », X, Vw(2, - Z, ')4- T «*i ' tang%'cos{Ti-K x ')j(V«i '+ V?i ')
4-[— p^X, — Z^+t.XjtovS)'»^^-^)]^!, 4-/,f,) /— 1. l'»2, 2'
+(-P^x t ^i(2/-.z > ')+t/x 1 , Aw V a)'«i(7;--/r t , )](* 1 't f '+/,>,')
4- ruiti-t- rififi.
Endlich ist
Aß 0 , = Afjfwa, — r t jf*a,Aa t
Atj 01 «= Ar t «« a 4 4- r t cos «j Aa t
AI.
AC 01 «A>' I toV* l 4-r 1 ^-
AA, = *Po, = ^ *$oi 4- 3*1 A,„ 4-^- AC P1
Poi Poi Poi
= Ar, ccs «, 4- ^ «V» «, 4- ^- 8.) 4-
VPoi Poi Poi /
Setzt man also noch
p 0 / Po* Po»
sec «, a, - ^ sin *,) - (33)
\Po' Po» /
Po«
^/ 1- p, X, «« ( 2 « - l j) + x ' *> *»V ©' C 7 » — A»l = ( 33 a )
-9, (33b)
so wird:
A/*, - ± {[£,,] ([*,] 4- [/,]) 4- [E tl ']([ix')) 4- ['.']) 4- [E i% ] ([*,] + [/,]) 4-
+ ((VI 4- [/,')) 4- [&,] 4- [9,]| e
Die Berechnung der Coefhcienten ist viel einfacher als es auf den ersten
Blick erscheint Da die Coefhcienten der Gleichung (30 a) bereits früher berechnet
sind, so hat man nur noch nach den Gleichungen (31), (32), (33) und (33a),
(33 b) die in (34) auftretenden Coefhcienten zu bestimmen und erhält dann:
AA, = dt <2„.
Es wird demnach die berechnete Höhe Jt, unter der Annahme eines Fehlers
s in den beobachteten Coordinaten
hi ± Q, t
werden können. Ist nun eine Bahn als aufsteigend gefunden worden, so wird
man aus dem Gliede finden, ob durch einen Fehler e — =fc 0 o- 5 (oder einen
den Umständen entsprechenden Fehler) 1 ) die Höhen so geändert werden können,
dass die Bahn absteigend wird; in letzterem Falle kann man die aufsteigende
Bahn als eine blosse Folge der Beobachtungsfehler ansehen; wird jedoch durch
eine zulässige Annahme über t das Resultat nicht geändert, so sind einzelne
Beobachtungen zu verwerfen; aber nur dann, wenn die Güte der Beobachtungen
ausser Zweifel gestellt ist, was wohl selten mit Sicherheit zu constatiren ist,
die Bahn thatsächlich aufsteigend.
i) Das Resultat wird dann sofort in derjenigen Einheit erhalten, in
war, wenn <v, <*V nicht mit arc\' multiplicirt wurden.
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l 4 6
Kometen und Meteore.
Zur Bestimmung der Höhe und Geschwindigkeit der Meteore ist die Kennt-
niss der Rectascensionen und Deklinationen des Anfangs- und Endpunktes uner-
lässlich. Ein geübter Beobachter, der ein scharfes Auge und eine genügende
Kenntniss des gestirnten Himmels hat, wird dabei meist ausreichend genau die
Coordinaten der beiden Punkte durch die Lage derselben zu den Fixsternen be-
stimmen, und durch Einzeichnen in eine Sternkarte fixiren. Man hat zwar auch
ein Instrument hierfür construirt, das Meteoroskop, welches, selbstverständlich
ohne Fernrohr und selbst ohne Diopter, die Visur längs eines Stabes gestattet,
welcher, azimuthal montirt, Höhe und Azimuth giebt. Selten aber wird man Zeit
haben, auf beide Punkte einzustellen, und inzwischen für den Punkt des Auf-
leuchtens abzulesen, selbst wenn zwei Beobachter thätig wären. Die Genauigkeit
der Beobachtung dürfte hierdurch keinesfalls erhöht werden. Feldt giebt die
Genauigkeit der Schätzung nach der erst angegebenen Methode auf etwa $° an.
Oft kommt es darauf an, einen Punkt der scheinbaren Meteorbahn und die
Richtung derselben zu kennen; dieses ist der Fall, wenn man für mehrere
Meteore am selben Beobachtungsorte den Punkt finden soll, in welchem sich
ihre scheinbaren Bahnen schneiden. In diesem Falle ist der von Lehmann-
Filhes 1 ) gethane Vorschlag empfehlenswerth.
Brandes fand nach seiner Methode 1 ) unter 63 Meteoren
die Höhe zwischen 0 3 6 10 15 20 Meilen und darüber
für 3 8 12 23 10 7 Meteore.
Unter 31 neu reducirten Meteoren fand Bessel die mittlere Höhe
zwischen 0 3 6 10 15 20 25 Meilen und darüber
für 1 — 5 H 6 2 3 Meteore.
Schmidt und Heis fanden 3 ) für die Meteore 1"» 2« 3*" 4*» und kleiner
die mittlere Höhe 16*2 15 9 10 8 8'5 Meilen
aus 14 20 24 21 Beobachtungen.
Hieraus würde folgen, dass die höheren Meteore die helleren sind.
Diesem widerspricht die frühere Annahme, dass nur die grösseren Meteore bis zur
Erde gelangen, durchaus nicht; nur die grösseren Meteore gelangen in die
tieferen Regionen, allein ihren grössten Glanz entwickeln sie in den höheren
Regionen, wo ihre Geschwindigkeit und daher auch Wärmeentwickelung am
grössten ist. Allerdings geben die hier angelührten Zahlen noch keineswegs
definitive Werthe, indem die Zahl der Beobachtungen noch zu gering ist. Nur
das eine ist aus allen diesen Angaben jetzt wohl schon mit Sicherheit zu
schliessen, dass die Höhe der Meteore jedenfalls zwischen 6 und 20 Meilen an-
zunehmen ist.
1865 gab Newton die folgende Zusammenstellung der Resultate über seine
Rechnungen 4 ): Die Höhe der Meteorbahnen war
zwischen den Grenzen 0 30 CO 90 120 150 180 210 240 270km u. darüb.
daher d.mittl. Höhe x= * 45 75 105 135 165 * * * km
für P=(39) 114 243 277 100 57 (20) (20) (8) (12) Meteore.
! ) Astron. Nachrichten, Bd. 96, No. 2296.
*) Unterhaltungen für Freunde der Physik und Astronomie c, pag. 53.
') »Resultate«, pag. 112.
*) American Journal of Sciences and Art», II. Serie, Bd. 39, pag. 193.
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Kometen und Meteore.
U7
Als Mittel der Höhen findet er hieraus, indem er die Höhen unter 30 und
über 180 km weglässt
2 (ex)
Ferner fand er aus correspondirenden Beobachtungen
mittlere Höhe
des Erscheinens des Verlöschens der Mitte der Bahn
für 39 Meteore vom lo/n. Aug. 1863 l ) 112-4*»* 62'9>fa»i 901km
für 78 Meteore vom 13/14. Nov. 1863») 154 9 97 8 126 4
Hierbei erscheinen einzelne Meteore in Höhen Uber 200 km. Newton
ist der Ansicht, dass alle Höhen über 150 km verworfen werden sollten 3 ).
Mason giebt aber an, dass sich die teleskopischen Meteore in seinem Femrohre
mit 80 facher Vergrösserung nicht schneller zu bewegen schienen, als die sonst
mit freiem Auge gesehenen; ihre thatsächliche Winkelgeschwindigkeit war daher
nur -fo, ihre Höhe unter der Annahme derselben linearen Geschwindigkeit 80 mal
so gross als diejenige der letzteren. Mason schätzt ihre Höhe auf 1200 engl.
Meilen (1930 km). Auch Erman fand für einzelne Meteore die Höhe über 100
deutsche Meilen (750 km).
Obzwar hierüber noch viel zu wenig Erfahrungen vorliegen, kann doch das
Vorkommen viel grösserer Höhen als derjenigen, welche man im Durchschnitte
findet, nicht schlechtweg geleugnet werden. Schtaparelli nimmt an, dass dieses
Meteore von ganz bedeutenden Massen wären, welche einen bedeutenden
Luftwiderstand erfahren, und schon in den äusserst verdünnten Schichten der
Atmosphäre verbrennen. Schon Quetelet 4 ) sagt, dass die verschiedenen
Meinungen Uber die Höhe der Sternschnuppen daher rühren, dass wir eine un-
genügende Kenntniss von der Höhe der Atmosphäre haben, und Schiaparelli
bemerkt noch 8 ), dass die allgemein angegebene Höhe der Atmosphäre zu 28
bis 47 km sich eben nur auf jenen Theil erstreckt, welcher noch Licht reflektiren
kann. Er bemerkt, dass alle über die Höhe der Atmosphäre »von vielen grossen
Mathematikern publicirten Arbeiten grösstentheils nur scharfsinnige Rechnungs-
Ubungen sind, deren Resultate keine grössere Genauigkeit gewähren, als die
mehr oder weniger willkürlichen Hypothesen, die der analytischen Beweisführung
zu Grunde liegen.« Quetelet theilt die Atmosphäre in eine atmosphire stable,
den oberen Theil, der sich in relativer Ruhe befindet, und die Domäne der
Sternschnuppen ist; der untere Theil, von Winden bewegt, die Region der von
uns als Sitz der meteorologischen Erscheinungen bezeichneten Phänomene, ist die
atmosphire instable. Doch nimmt er die Höhe beider Theile noch relativ
niedrig an.
IV. Die Geschwindigkeit der Meteore; Einfluss der Erdan-
ziehung und der Luft. Dividirt man die Weglänge eines Meteors durch die
Zeit, so erhält man seine Geschwindigkeit. Hier sind aber zwei Faktoren, die
der Beobachtung zu entnehmen sind, und beide sind mit gewissen Unsicherheiten
behaftet. Nichtsdestoweniger sind die erhaltenen Resultate alle insoweit : »tn
') American. Journal of sciences and arts ; U. Serie, Bd. 36, pag. 303.
») Ibidem, II. Serie, Bd. 40, pag. 350. Der Schluss, dass die Novembermeteore betTÜchtWctA
höher erscheinen, ist vorläufig noch nicht genügend sichergestellt.
8 ) Ibidem, Bd. 39, pag. 303.
«) »Physique du Globc«, pag. 313.
*) »Entwurf«, pag. 4.
14»
Kometen und Meteore.
Einklänge, dass sie für die Meteore eine Geschwindigkeit ergeben, welche mit
der Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bahn vergleichbar ist.
Schmidt giebt in seinen »Resultaten« über die Geschwindigkeiten keine
Zahlen; die Resultate waren nicht befriedigend, meist enorm gross, so dass er
es vorzog, »alte Ungewissheiten nicht durch neue schwankende Angaben zu
venu ehren« 1 ).
Hält man für die mittlere Weglänge 16°, für die mittlere Höhe 100 km,
für die mittlere Sichtbarkeitsdauer 0* 7 fest, so folgt die mittlere Geschwindigkeit
16 X 0 01745 X 100 atx L
— = 40 km.
Diese Geschwindigkeit ist das 70 fache der Geschwindigkeit einer Kanonen-
kugel, und etwa um die Hälfte grösser, als die Geschwindigkeit der Erde in
ihrer Bahn. Sie ist aber, wie später gezeigt wird, nicht die wahre kosmische
Geschwindigkeit (»), sondern die relative Geschwindigkeit gegen die Erde (*);
v ist im allgemeinen kleiner 1 ). Allein man hat zu beachten, dass diese Ge-
schwindigkeit die mittlere Geschwindigkeit nicht nur aller Meteore, sondern
auch jedes Meteors im Laufe seiner Bahn ist, und zwar die mittlere Ge-
schwindigkeit während seiner Sichtbarkeitsdauer. Beim Beginn seiner Sicht-
barkeit war seine Geschwindigkeit schon grösser und hat zu Ende seiner
Sichtbarkeit in Folge des Luftwiderstandes schon abgenommen. Aber bereits,
wenn es sichtbar wird, hat es so viel an lebendiger Kraft verloren, dass es
zum Glühen kommt, und dieser Verlust an lebendiger Kraft ist natürlich auf
Kosten seiner Geschwindigkeit eingetreten: die Geschwindigkeit der leuchtenden
Sternschnuppe ist schon bedeutend kleiner, als diejenige der noch nicht leuchten-
den. Man kann also annehmen, dass die kosmische Geschwindigkeit der Meteore
eine weit grössere ist, als die Geschwindigkeit der Erde.
Denkt man sich im Räume ein beliebiges, festes, rechtwinkliges Axensystem,
und seien x 9 ,y 0 , z 0 die Coordinaten der Erde, x x ,y x , s t die Coordinaten einer
Sternschnuppe S, so werden die Differentialgleichungen der Bewegung der Stern-
schnuppe im Räume in der Nähe der Erde 3 )
X \ ,« *1 *Q y
dt* r»
dt* * r» + *
dt* * r* + *
= (*i - *o)' + -y 9 )* + (*i — *<>)•>
wobei k die Constante der Erdanziehung ist. Wählt man als Einheit den
Aequatorhalbmesser der Erde, als Einheit der Zeit die Zeitsecunde (an Stelle des
mittleren Sonnentages), so wird
k __ *®Y~fn
(sin ic)t • 24 • 60 • 60 '
wobei k® die Constante der Sonnenattraction, m die Erdmasse und it die Sonnen-
parallaxe ist; also mit m = ^sqoqo • * Ä 8"*815:
log k = 7 093615 - 10, log k" = 2-408040.
») 1. c, pag. 144.
*) Weil die meisten Sternschnuppen aus der Gegend des Apex
8 ) Vergl. den Artikel »Mechanik des Himmels«, § 9 und § 25.
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Kometen und Meteore.
149
Die Anziehungskraft der Erde ist dann ^ ; diese ist aber identisch mit der
(mit der Entfeinung veränderlichen) Beschleunigung der Schwere, welche mit g
bezeichnet wird; es ist also
k* - gr\
Für die Erdoberfläche ist also k* = g, gleich dem Werthe der Beschleunigung
an der Erdoberfläche; in der That ist k* dieser Werth, aber in Einheiten des
Erdhalbmessers; will man denselben in Metern erhalten, so muss er mit dem
Radius der Erde in Metern {log = 6*80464) multiplicirt werden.
X, Y, Z sind anderweitig auftretende störende Kräfte; von der Anziehung
der übrigen Himmelskörper kann in den Entfernungen, in welchen Stern-
schnuppen beobachtet werden, jederzeit abgesehen werden; mithin bleibt dabei
nur der Widerstand der Luft. Dieser ist eine Function der Dichte der Luft und
der Geschwindigkeit, sowie des Querschnittes und der Masse des Meteors. Die
erstere ist eine Function der Entfernung r vom Erdcentrum und kann durch
6 -/(r)
ausgedrückt werden. Die Function der Geschwindigkeit, und zwar der relativen
Geschwindigkeit u des Meteors gegen die mit der Erde bewegten Lufttheilchen
werde mit ?(*) bezeichnet. Ist endlich p der Halbmesser des als kugelförmig
4 no*Q
gedachten Meteors, so wird sein Querschnitt icp 1 , seine Masse — — — , wenn
Q sein specifisches Gewicht ist, daher der Luftwiderstand:
wobei
4 Q 9
gesetzt wurde. Die Componenten des Widerstandes werden daher, da dieselbe
in der Richtung der Tangente an die Bahn wirkt:
X=-AArMu)^- t Y=-AArM»)^; Z - - A/(r) v (u) ^ ,
wobei das negative Zeichen zu nehmen ist, weil der Luftwiderstand der Bewe-
gung entgegengesetzt wirkt. Wenn man die absolute Geschwindigkeit des
Meteors im Raum mit v bezeichnet, so wird
- - (£)'= ffl+
und da
dx x
dx x dt 1 dx x 4y± 2 ^± 1 ^ll
ds ~ _ds_ ~ v dt ' ds ~ v ~dt ' ~ds ~ v ~di
dt
ist, so werden die Difierenzialgleichungen
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150 Kometen und Meteore.
Bei der Untersuchung der Bewegung des Meteors kommt es jedoch wesent-
lich auf die relative Bewegung des Meteors gegen die Erde an; führt man daher
die relativen Coordinaten des Meteors gegen den Erdmittelpunkt
ein, so wird
dx x dx dx 0 m d* x x d*x d*x 0
~dl Tt~*~~dt > ~dJi~ = Tn + ~~di*~
Nun kann man für die kurze Zeit, während welcher die Bewegung der
Sternschnuppe untersucht wird, von der ungleichförmigen Bewegung der Erde
absehen, und diese als geradlinig und gleichförmig betrachten; es wird also
dt* = dt* ~~ dt* ~ U "
Weiter wird die Erdgeschwindigkeit conslant zu setzen sein; sei dieselbe
für den Moment der Beobachtung G und ihre Componenten nach den drei
Axen G lt G v G SI so wird:
sein, und man hat:
G* = G* -h Gf + G?
r* = x* H- y* + »*
v*
und die Differenzialgleichungen werden:
jp- + *■ T , + A/(r) Ii-' | Ä + G,) = 0.
Multiplicirt man diese Gleichungen der Reihe nach mit 0, — *, y, dann
mit z, 0, — x, endlich mit — y, x, 0, und setzt für den Augenblick
dz dy ,
dx dz
*Tt~* dt~ f *
dy dx
*Tt ~ y Tt
so erhält man die Gleichungen:
^ + Af(r) *P [/, + {G x y - <7,,)] - 0
+ Afir) [/, + (G\a_ G t x) ] =0 (5)
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Kometen und Meteore. 151
Wäre die Erde ruhend, also G x = G t = <7, = 0, u = v, so könnte man
diese Gleichungen integriren; es wird, wenn
m = e SM*¥« (5a)
gesetzt wird:
fx = /» = ^t*W; A = 'i<M') (5b)
und da gemäss der Bedeutung von /p/t« /»:
/1* + /»J + /i* = 0
ist, so erhält man durch Multiplication mit jc, y, s:
oder da t}»(/) nur dann verschwinden kann, wenn der Exponent — a© wird, so
wird allgemein:
c x x + c t y -f- = 0,
d. h. die Bahn der Sternschnuppe würde eine Ebene sein, was an sich klar ist.
da in diesem Falle der Widerstand in der Ebene der Bahn wirkt, also eine Ver-
änderung der Bahnlage nicht bewirkt werden kann.
Multiplicirt man die Gleichungen (4) xnit^, ^ , ~ und addirt, so folgt
mit Rücksicht auf (3):
du k* dr M , , . © (u) ( . _ dx dy „ d%\ Ä . .
" 7/ + 7* 17 + A ' W v r + G > Tt + G > Tt + G > Tt) - °- W
Für den Fall der ruhenden Erde wird hieraus
" Tt + ^ 7? + w ' * = a (6a)
Betrachtet man zunächst die Erdatti action in jenem Bereiche, in welchem
der Luftwiderstand noch nicht vorhanden ist, so folgt:
du k* dr
u Tt + V*Tt = «>
Diese Gleichung integrirt giebt
., _ ... - 2 *. (i _ I)
und da für r 0 = 00 : u = » 0 , d. i. die relative, von der Erdattraction nicht
beeinflusste Geschwindigkeit der Sternschnuppe ist, so wird 1 )
tf i — « 0 > = — ; « s = « 0 > -+- 2gr.
u, u 0 drückt man gewöhnlich in Einheiten der mittleren Erdgeschwindigkeit
aus; dann muss man für g, r, k die entsprechenden Einheiten wählen, k gilt
aber für die Einheit des Radius des Erdäquators. Nun ist
hg Halbmesser des Erdäquators = Ag- 6377*4 km = 3 80464
log Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bahn = hg 29 6 km = 1 47 129
log Erdhalbmesser in Einheiten der Erdgeschwindigkeit = hg (r) = 2 33335
hgk (für die Secunde und r = 1) = 7 09361
hg (r)t = 3-50002
logk = 059363
Atf 2* 2 ;(r) = 9-15494
„> = «»4 0 14287.
') Die Formel folgt natürlich viel einfacher, wenn man die Bewegung einfach als einen
beschleunigten Fall ansieht; es wurde aber biet wegen des späteren die Ableitung aus den
DifTereniiaJgleichungeo gewühlt.
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«3»
Hiernach itt die Tafel auf pag. 168 gerechnet. Für grosse Werthe von ».
gCDÜgt C$ 0 07143
zu nehmen. Beispielsweise sei
9-7408
toguj = 94816
2^r — 9- 1 549 log *" = 96493
Add. = 01677 logu =98246.
Setzt man Sternschnuppen voraus, welche sich in parabolischen Bahor
um die Sonne bewegen, so ist ihre Geschwindigkeit in der Entfernung der Er:?
von der Sonne, also in der Erdnähe 29 6 }/2 = 417 km; die grösste, be«
kleinste relative Geschwindigkeit wird daher 713 km, bezw. 121 km, für die
von Schiaparelu als Grenzwerthe angenommenen Anfangsgeschwindigkdttr
u 0 = 71200 und 12200 Meter werden die durch die Erdattraction veränderter
Geschwindigkeiten : u = 72070, bezw. 16545 Meter, daher die Geschwindigkeit
zunahmen 870, bezw. 4345 Meter. Für das Eintreffen der Meteore in der Niie
der Erde wird man diese Geschwindigkeiten an Stelle der kosmischen O
schwindigkeiten zu setzen haben; ein Theil dieses Zuwachses entfällt allerdings
schon auf die Bewegung in der Atmosphäre, aber innerhalb der Erdatm osphä-t
werden diese Geschwindigkeiten nur noch unwesentlich geändert. Um
von dem früheren abzutrennenden Theil zu bestimmen, kann man
4
v ^
setzen. Nimmt man die für das Aufleuchten der Meteore maassgebende Höhe
wieder zu 100 km, so wird
u' — u = 13-6 bezw. 59 3 Meter.
Diese Beträge können gegenüber den grossen Geschwindigkeitsändeningec,
welche die Meteore durch den Luftwiderstand erfahren, als vollständig ver
schwindend angesehen werden.
Nimmt man jetzt die Erde als ruhend an, und vernachlässigt die Attractioo
innerhalb der Bewegung in der Luft, so hat man
k* = 0, G l = G t = G % = 0
zu setzen, und erhält dann die Integrale (5 a), (5 b) und an Stelle von (6) tritt:
und da udt = ds ist:
u du
Nun ist icp*ds das von der Sternschnuppe in der Zeit dt verdrängte Luft-
tc p ^/{r^ds
volumen, daher dm = — die zugehörige Luftmasse; versteht man unter
u 0 die Geschwindigkeit der Sternschnuppe im Welträume (relativ gegen die Erde),
so kann man die zugehörige Grenze für m gleich 0 setzen, und es ist
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und Meteore» '53
Hieraus folgt der Satz: »Bei der Bewegung in einem widerstehenden Mittel
wird, wenn keine anderen Kräfte wirken, die Endgeschwindigkeit nicht von dem
besetze abhängen, nach welchem die Dichtigkeit sich ändert, sondern nur von
der Menge der verdrängten Materie c »). Die verdrängte Luftmasse ist aber, wenn
die Sternschnuppe vertical fällt, gegeben durch das Gewicht der, der Luftsäule
das Gleichgewicht haltenden Quecksilbersäule, und wenn die Sternschnuppe in
der Zenithdistanz Z fällt, wenn man ihre Bewegung als geradlinig ansieht, in
dem Verhältnisse sec Z vergrössert, also
m = — 1 sec Z,
g
,venn q das spezifische Gewicht des Quecksilbers, und H die Höhe des Baro-
meters in dem Punkte ist, welchem die Geschwindigkeit u entspricht; man
mt daher
tu e .
-k H sec Z.
f t^t = _ AHqsccZ^ -\$- £
Sei
"•>
«0
>o wird für alle Sternschnuppen, die mit der gleichen Anfangsgeschwindigkeit
4 0 aus dem Welträume in die Atmosphäre treten, dieser Ausdruck eine blosse
Function der Erdgeschwindigkeit «, sein. Wenn für verschiedene Meteore die
Geschwindigkeit u x denselben Werth erreicht hat, so wird der Ausdruck
~ 3^ * Uo) = C
;ine Constante sein; und dann wird:
H
= c.
p Q cos Z
Eine andere Sternschnuppe von dem spezifischen Gewichte Q' und dem
Halbmesser p' wird, mit derselben Geschwindigkeit « 0 in der Richtung Z aus
dem Weltraum kommend, dieselbe Geschwindigkeit », erlangen in einer Luftschicht,
für welche der Luftdruck durch die Barometerhöhe ff angegeben ist; dann ist
lir diese Sternschnuppe
H'_
p'Q'cosZ'^"
lemnach, wenn A, A' die Dichten derselben sind, da Q : Q' = A : A' ist:
H\IT = P bcosZ:p' A' cos Z.
Hieraus folgen die Sätze:
1) Sternschnuppen gleicher Dichte, welche in derselben Richtung aus dem
kVeltraum kommen, werden dieselbe Geschwindigkeit erreicht haben in Luft-
ichichten, für welche die Barometerhöhen sich verhalten wie die Halbmesser.
7 ür kleinere Sternschnuppen wird also die Geschwindigkeit bereits in höheren
Luftregionen (bei kleineren Barometerhöhen) auf denselben Werth reducirt sein;
die grösseren werden daher tiefer herabsinken.
2) Bei Sternschnuppen verschiedener Dichtigkeit wird caeteris paribus die-
selbe Endgeschwindigkeit in Luftschichten erreicht, für welche die Barometer-
») SchiapaäILU, .Entwurf einer astronomischen Theorie der Sternschnuppen*, p«g. 331.
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»54
Kometen und Meteore.
höhen sich verhalten wie die Dichten; die dichteren steigen also tiefer hinab.
Hieraus foli?t die geringe Wahrscheinlichkeit für das Herabfallen kleiner, wenig
dichter Stoffe. Solche können nur dann in tiefere Regionen herabgelangen,
wenn sie, durch grosse Meteorsteine gedeckt, hinter diesen sich bewegen, oder
aber erst durch Explosion von grossen Meteoren in geringen Tiefen entstanden
sind. Meteorstaub kann nicht als solcher zur Erde gelangen, da seine Ge-
schwindigkeit schon in den obersten Luftschichten aufgezehrt wird; er ver-
brennt. Doch ist es immerhin nicht ausgeschlossen, dass in der Luft ver-
brannte Stauhmassen als Oxyde (Eisenoxyd, Silicate), die sich in der Luft
schwebend nicht erhalten können, nach und nach als Meteorablagerungen zur
Erde gelangen. Dass auch die verbrannten Meteore Rückstände in den Dämpfen
zurücklassen, wird auch schon von Daubree erwähnt
3) Je grösser cos Z, d. h. je kleiner Z, desto grösser wird H für dieselbe
Geschwindigkeit u, d. h. desto tiefer steigen die Meteore in die Atmosphäre
herab (ein übrigens an sich klarer Satz}. Ist cos Z sehr klein, d. h. bewegt sich
das Meteor nahe in horizontaler Richtung, so wird der Geschwindigkeitsverlust
in sehr grossen Höhen stattfinden.
Die Höhen H x , H v für welche ein gegebenes Meteor die Geschwindigkeiten
u v «, erreicht, folgen aus
»o «0
und daraus -j
(8a)
"1
Nun ist 9 f u) für die kosmischen Geschwindigkeiten der Meteore sehr gross
(es wächst wie die dritte oder vierte Potenz der Geschwindigkeiten), demnach
würde das Integral in (8 a) nur klein sein gegenüber den Integralen in (8), und
daraus folgt, dass die stärkste Verminderung der Geschwindigkeiten in den
oberen, dünneren Theilen der Atmosphäre stattfindet, und dass im unteren
Theile der Bahn die Bewegung beinahe unabhängig von der Anfangsgeschwindig-
keit der Meteore ist, eine Thatsache, die bereits von Benzenberg erkannt wurde.
Die wirkliche Berechnung des Integrales kann nur vorgenommen werden,
wenn man das Gesetz <p («) kennt. Schiaparelli legte der Rechnung die folgen-
den beiden, aus Artillerieschiessversuchen abgeleiteten Gesetze zu Grunde:
I. Das Gesetz von Didion:
<p («) = 0 026 «» -f- 0 0000G5 «« = 0 026 -+- ^ k 2
II. Das Gesetz von S. Robert:
9 („) = 0-03874 «» 4- 0 00000007997 «* = 0 03874 [l -+- {^f] »*,
wobei als Einheiten das Meter, die Zeitsecunde, und das Kilogramm gewählt
sind. Es ist nun allerdings noch weitaus nicht erwiesen, dass diese, für mässige
terrestrische Geschwindigkeiten geltenden Gesetze auch für die kosmischen Ge-
schwindigkeiten der Sternschnuppen gelten; legt man jedoch diese Gesetze zu
Grunde, und schreibt
das Gesetz I in der Form <p («) = a (1 -+- clu)u*
„ II „ » 9 {u) = a'(l -h *'«»)«',
so erhält man durch unbestimmte Integration:
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Kometen und Meteore. 155
_ T fudu r du 1 rn * \ -
Für das Gesetz I : / —7-7 = I T . : = - / ( - — — I du
J 9 («) ja« 1 + a« a J \u l +
■i * — /ff» (1 + a »)] = ^ £g» j-
-I- Ott
, _ „ fudu r du 1 /vi a '« \
Für das Gesetz II: / — j-z = I — — r—st = — I I - — ^ — ; — r~i ) =
J <f(u) J a' u (1 -+- a' »«) a J \u l + a'« 2 /
1 1 u
= -r [/^» » — i Ay» (1 -t- a'«')] = -r Ätf „ , •
« " yl + a«'
Nimmt man daher das Integral zwischen den angegebenen Grenzen, so wird
für das Gesetz I: + | H = **. ( y ^»— ±±Z*)
fllr das Gesetz II: + } Ä = % ( — ^ Vl->-°V \
Hier sind für g, p, //" das Meter als Einheit, und ebenso q und Q das
spezifische Gewicht, bezogen auf dieselbe Einheit, zu setzen. Da aber die
spezifischen Gewichte sich wie die Dichten verhalten, und die Dichte des Queck-
q 13*60
silbers 13 60, bezogen auf Wasser ist, so kann man -~ = — ^— setzen, wenn 1
die Dichte des Meteors, bezogen auf Wasser ist. Will man die Quecksilber-
höhen statt, wie dieses hier geschehen ist, in Metern, lieber in der üblichen
Weise in Millimetern ausdrücken, so ist H= und man erhält, wenn Uberdiess
von den natürlichen Logarithmen durch Multiplikation mit dem Modul M
= 0*43429 auf BRiGG'sche Logarithmen übergegangen wird, und die Zahlenwerthe
der Coefficienten eingesetzt werden 1 ):
für das Gesetz I:
/ f, 400 \ , f, 400 \ 3 9-805xl3*6xO-026xO-43429 L
hg ( + "»7/ ~ * V + «0 ) = 4Ö5Ö ^cosZ '
= 0001,293 JK7o72
hg 400 = 2*60206
Atf 0-001 1293 = 7 05280,
für das Gesetz II:
9*805x1 3*6x003874x0*43429 .
• h
4000 ?bcosZ
= 00033653 — r— — ~
pbcos Z
Äg-696 = 2-84261
hg 00033653 = 7*52702.
») Schiapakklu hat für q irrthUmlich den Werth 10*5; daher wird der Co*fficient für
das erste Gesetz irrthUrnlich 0 0008719; die Tabelle von Schiaparelli kann aber unmittelbar
beibehalten werden, wenn statt der von ihm angenommenen Dichte des Meteors 35 die
Dichte gleich 2 702 angenommen wird. Dasselbe gilt beim zweiten Gesetr , (ür welches der
Coefficient O C0278 wurde.
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'$6
Kometen und Meteore.
Aus der Form der linken Seite wird schon klar, wie gering der Einfluss
von u 0 bei sehr grossen Anfangsgeschwindigkeiten wird; selbst eine Anfangs-
geschwindigkeit u 0 = <
Beispielsweise möge
würde an dem Resultate nichts wesentliches ändern.
= 2000 m
u 0 = 72000 m; u x
Dann wird für das
angenommen werden
I. Gesetz
log{\ + ^ = log 12 = 007918
log
hg 1 T8Ö = 000241
log
007677
, . 8 88519
705280
= 1-83239
log[
log[
II. Gesetz
l -f-
1 -f-
0 04964
0 00004
004960
8 69548
7-52702
log
pA cos Z
1-16846
Halbmesser
p A cos Z
für eine aus dem Zenith fallende Sternschnuppe (Z = 0) vom
p = 4 cm = 0 04 m und dem specifischen Gewichte A = 2 7 wird
log pbcos Z= 9 03342,
demnach für das erste Gesetz h = 7 34 Millimeter, für das zweite Gesetz
h = 1*60 Millimeter.
Für einen Eisenblock (A = 7'79) von der Grösse des in Otumpa gefundenen
(15000 kgr Gewicht) würde der Halbmesser unter der Voraussetzung der Kugel-
gestalt p = 0*772 Meter ; tür diesen Fall wäre, wenn der Block aus dem Zenith
gekommen wäre: log pA cos Z = 0*77916, daher wird die Geschwindigkeit
2000 Meter nach der DmioN'schen Formel in der Luftschicht vom Luftdruck
408*9 mm, nach der RoBERT'schen Formel in jener vom Luftdruck 88 6 mm ge-
wesen sein. Der Block würde zur Erde gekommen sein, wenn er die kosmische
Geschwindigkeit 72000« gehabt hätte mit der Geschwindigkeit 1008« (nach
der DiDiON'schen Formel) bezw. 539*8 m (nach der RoBERT'schen Formel); wenn
seine kosmische Geschwindigkeit 16000 m gewesen wäre mit der Geschwindig-
keit 944 m (nach der DiDiON'schen Formel) oder 539*0 m (nach der RoBERT'schen
Formel). Die Wirkung der Erdbewegung wurde dabei näherungsweise berück-
sichtigt, indem an Stelle der wirklichen kosmischen Geschwindigkeit die relative
Geschwindigkeit gesetzt wurde.
Der hier auftretende Verlust an lebendiger Kraft ist ein ganz enormer.
Eine Reduction der Geschwindigkeit von 72000 m auf einige hundert Meter
würde eine Erwärmung von mehreren Millionen Graden zur Folge haben. Dass
diese Temperaturen, welchen kein Körper widerstehen kann, nicht wirklich auf-
treten, hat seinen Grund darin, dass der Prozess sich nicht in dieser einfachen
Weise abspielt Zunächst wird vor dem Meteor Luft comprimirt: die hierdurch
erzeugte Wärme wird theilweise weggeführt, theilweise in Töne, also wieder in
lebendige Kraft umgewandelt. Schiaparklli findet 1 ), dass die hierbei erzeugten
Temperaturen bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 72000 m auf 11000°, bezw.
42500° C. steigen, und bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 16000 m auf 2800°
bezw. 7050° C., je nach dem man die DmioN'sche oder RoBERT'sche Formel
anwendet.
') L c, pag. 2 39 .
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Kometen und Meteore. 157
Um nun auch noch die Bewegung der Erde zu berücksichtigen, möge
zunächst vorausgesetzt werden, dass die Geschwindigkeit der Erde nur klein ist;
dann hat man nach (3):
1 1, a Gl dl+ G *Tt + G >Tt G % I
v = uV + * 5» + 1?J
\\ G *Tt +G >Tt+ G *dl G-* . { G * d ji + G '%t+ G *Tt) ]
und das zweite Glied in (6) wird:
u*( G * < dl +G *Tt + G *7i\
4/Wt«V V + — ~ 5^
[ G> ( G *Ts + G *T*+ G *Ts) 1
= ^/(r),r»« [l -V^T + i ^— 5? ^-J ■
Es ist aber G x ^ -4- (7, ~ G, ^ die Projection der Geschwindigkeit
der Erdbewegung auf die Richtung der Bewegung des Meteors. Der Winkel
zwischen diesen beiden Richtungen ist gegeben durch den Bogen des grössten
Kreises am Himmel zwischen dem Antiapex und dem Radianten. Sind 8', 93'
Länge und Breite des Radianten 1 ), / die Länge des Apex, also 180° + / die
Länge des Antiapex, so ist der Cosinus des Winkels zwischen dem Antiapex und
dem Radianten: — cos 93' cos (£' — /); demnach wird der obige Ausdruck:
A/(r) 9 (u)u [l - \~ [1 - cos* 93' cos* («» - /)]] . (8a)
Sei zweitens G > u, so wird
\__\( G *%+ G *% + G *Tt u*\ k _
-fcl 1 G> l-G>+*— Gi " J
Setzt man wieder
so wird
G *Tt + G * % + G * Tt = ~ Gu cos ® cos{ $ ~ l)t
; = ^[l+| cos® cos («•_ /) - h- i ^ «x» /)] ,
daher
& («• + c, $ + c, g + c, ^) = ^/ WfW £ [1 - (gc)
Der Fall (a) tritt ein bei den aus der Nähe des Apex kommenden Meteoren,
der Fall (b) bei den aus der Nähe des Antiapex kommenden ; u kann nur nahe
•) Und «war des scheinbaren Radianten.
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«5«
Kometen und Meteore.
gleich G werden, wenn die Beweeungsrichtungen nahe auf einander senkrecht
stehen; dann kann man aber
„ dx dy _ dz
setzen und erhält v* = u 9 + G* und das letzte Glied in Gleichung (6) wird
A/(r) ? {u) 7/ ^L^. (8 b)
yu* -+■ Cr*
Man erhält daher für die drei Fälle die Resultate, wenn man an Stelle des
/u du
^ü) setzt:
(9 b)
(9 c)
(9 a)
r u a //
f <t(u)[u-Gcos 53Vw(i*'- /)] ©' cosQl'- /)- 1^+1^** 9' ')]
Die weitere Behandlung dieser Integrale, welche übrigens, wie man leicht
sieht, keinen theoretischen Schwierigkeiten unterliegt, würde an dieser Stelle zu
weit führen. Als Resultat mag jedoch hervorgehoben werden, dass die früher
erhaltenen Resultate eine sehr wesentliche Modifikation erleiden, und dass man
zu dem Schlüsse kommt, dass für die kosmischen Geschwindigkeiten weder die
DiDiON'sche noch die RoBERT'sche Formel das Widerstandsgesetz darstellen.
Dass aber durch diese Näherungsformeln die analytische Behandlung des
Problems durchaus nicht erschöpft ist. sieht man sofort an der Form der er-
haltenen Näherungen.
V. Die scheinbare Vertheilung der Meteore nach Zeit und Raum.
Ueber die Vertheilung der Meteore im Weltraum können wir natürlich nur
Schlüsse ziehen aus der Vertheilung der Meteorerscheinungen, wie sie sich
uns direkt darbieten. In dieser Beziehung hat man die Häufigkeit und die Richtung
der Meteore zu untersuchen.
Meteore sieht man in allen Nachtstunden, des Sommers und des Winters;
aber sie erscheinen nicht gleich häufig. Die grösste Zahl der Sternschnuppen
erscheint in den Morgenstunden, worauf bei der Instruction für Beobachter
besonders Rücksicht genommen werden sollte, da die meisten Beobachter nur
in der ersten Hälfte der Nacht beobachten, und dann das Wachen aufgeben;
und die meisten Sternschnuppen erscheinen in der zweiten Hälfte des Jahres 1 ).
Die Meteore erscheinen in allen möglichen Richtungen, aber doch sind gewiss«
Richtungen vorherrschend; endlich scheinen viele Meteore aus einem und dem-
selben Punkte auszustrahlen, als wenn sie hier entstehen und sich dann von dem-
selben entfernen würden.
Man hatte nicht so bald begonnen, sich mit den Sternschnuppen zu be-
schäftigen, so mussten diese Erscheinungen auch auffallen; sie bildeten anfäng-
lich ebcnsoviele Einwände gegen den kosmischen Ursprung der Meteore, und
hauptsächlich Coulvier-Gravier zog aus ihnen Argumente für den terrestrischen
l ) Jedoch nur für die Beobachtungsorte auf der nördlichen Halbkugel.
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Kometen und Meteore.
•59
Ursprung 1 ): vorherrschende Windrichtung, Zeiten der Bewölkung, der elektri-
schen Erscheinungen, u. s. w. Aber so wie bei dem CoPERNicANi'schen Systeme
alle anfanglich gegen dasselbe geltend gemachten Argumente schliesslich nur
dazu dienten, dasselbe zu bestätigen, so auch hier: alle diese Erscheinungen sind
die nothwendige Folge des kosmischen Ursprungs, wenn man auf die Erd-
bewegung Rücksicht nimmt.
Das Gesetz der stündlichen Variation der Sternschnupper wurde zuerst von
Herrick 1838 erkannt. Chladni untersuchte zwar bereits 18 19 die stündliche
Häufigkeit der Meteore; das ihm vorliegende Beobachtungsmaterial erstreckte
sich natürlich nur auf die Meteorsteinfälle und Feuerkugeln. Unter den seit
852 bis 1818 beobachteten Meteoren findet er
zwischen 12 18 0 6 12 Uhr
12 16 37 11 bis 12 Fälle.
Dass auf die Nachtstunden eine geringere Anzahl entfällt, erklärt er damit,
dass während dieser Zeit weniger Menschen im Freien sind, und schliesst, dass
ein Einfiuss der Zeit sich hierin nicht kundgiebt. Bezüglich der Vcrtheilung der
Detonationen und Meteoritenfälle nach den Tagesstunden meint auch Schmidt'),
dass eine sie darstellende Curve in Zukunft darthun werde, dass sie »weniger die
Variation jener Phänomene, sondern weit mehr die mittlere Gewohnheit der
Lebensweise der Menschen repräsentirt, von denen verschwindend wenige in
den Nachtstunden beobachten, während welcher die halbe Bevölkerung der Erde
schläft.c
Bezüglich der Vertheilung nach Jahreszeiten findet Chladni:
im Jan. Febr. März April Mai Juni
die Zahl d. Sternschnuppenfalle: 7 6 13 9—10 12 8-9
die Zahl der Feuerkugeln: 24 21 21 18 17 8
Juli August Sept. Oct. Nov. Dez.
die Zahl d. Sternschnuppenfälle: 9—11 9—10 8 10 7 7
die Zahl der Feuerkugeln: 21 27 20 23 27 23
wo die in einzelnen Monaten auftretenden Doppelzahlen daher rühren, dass sich
die Fallzeiten nicht genauer ermitteln Hessen. Auch hier schliesst Chladni, dass
sich ein Einfiuss der Jahreszeiten nicht bemerkbar macht.
Coulvier-Gravier in Paris hatte auf diese Veränderlichkeit ein besonderes
Augenmerk gerichtet, und wenn auch seine Erklärungen, nach welcher die
Meteore in der Atmosphäre entstehen, längst veraltet sind, so verdankt man ihm
doch ein werthvolles Beobachtungsmaterial. Er fand aus 12jährigen Beob-
achtungen für die durchschnittliche Anzahl der Sternschnuppen in den einzelnen
Nachtstunden die in der folgenden Tabelle eingetragenen Zahlen. Schmidt
giebt 1869 die Resultate der Zählungen während eines Zeitraumes von 27 Jahren,
während welcher 1246 Beobachtungstunden waren, in welche sich Schmidt mit
einigen Gehilfen theilfe. Ersterer beobachtete zusammen 1637, die letzteren 1594
Sternschnuppen; die Resultate sind in der zweiten Columne der folgenden
Tabelle eingetragen; als Mittel für die stündliche Anzahl findet er dabei 1162)
') Humboldt schrieb 1850 im Kosmos: »Es ist schwer, die Ursache einer solchen
stündlichen Variation, einen Einfiuss des Abstandes vom Mitternachtspunkte »u erraten«.
(Cotta 'sehe Ausgabe, 3. Band, pag. 439).
*) »Astron. Beobachtungen Uber Metcorbahnen«. pag. 54.
*) Doch sind dabei die periodischen Novembermeteore ausgeschlossen. Hatdikgsb.
(Sitiungsberichte der Wiener Academie, Bd. 55, pag. 131 und 187) versuchte eine Abhängigkeit
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i6o
Kometen und Meteore.
ist die mittlere stündliche Anzahl
nach COOXVIER- Dach Schmidt
Gravier
107 1407
131 16-32
168 17-91
15-6 18-21
13-8 1875
13*7 14-92
130 —
Die jährliche Variation wurde zuerst 1838 von Brandes bemerkt; er fand, dass
die Zahl der Sternschnuppen im Herbste grösser sei. Von den späteren Beob-
achtungen sind in der folgenden Tabelle die stündliche Anzahl der Meteore aus
12jährigen Beobachtungen von Wolf enthalten; Schmidt giebt in seinen Resul-
taten« aus den von ihm in der Zeit 1842 bis 1852 beobachteten Sternschnuppen
die mittlere Anzahl der in einem Jahre gesehenen Sternschnuppen 478 davon
entfallen auf die einzelnen Monate die in der zweiten Columne eingetragenen
Zahlen; die durchschnittliche Anzahl der Beobachtungsnächte, welche einen
Maassstab für die Güte der Atmosphäre in den einzelnen Monaten giebt, ist in
der dritten Columne eingetragen. Mit Rücksicht darauf, dass die grössere Anzahl
der Meteore der grösseren Zahl der Beobachtungsnächte entspringt, lässt sich
hieraus kein sicherer Schluss auf die Häufigkeit der Sternschnuppen ziehen, da
das Ansteigen der Zahlen ebensowohl als eine Folge der häufigeren Beobachtungen
angesehen werden kann; doch ist die grössere Häufigkeit der auf eine Nacht
entfallenden Meteore auch aus dieser Tabelle ersichtlich.
Wouaus
Schmidt
QUETRI.KT
Schmidt
jährigcnBcob-
achtungen
durchschnitt- aurchschnin - |
... , , , liehe Anzahl
liehe Anzahl i
Zahld. Nacht,
m. ausseror-
dcntl. grosser
Zusammenstellung aller
beobachteten Stcrnschnup-
penbahnec 9 ) bis 1868
stund!. Anzahl
der Meteore j
der Boobach-
Zahl v. Stern-
Schmidt
der Meteore
1
tungsnachte
schnuppen
Januar
55
17
1
11
93
15
Februar
54
5
4
12
46
3
März
5-2
11
6
14
56
7
April
46
11
6
19
76
16
Mai
4 1
12
9
7
60
15 .
Juni
5-4
14
8
6
66
28
Juli
98
45
10
14
484
800
August
12 9
188
16
68
1531
612
September
7-4
38
12
13
329
157
October
64
37
10
29
586
256
November
50
53
10
37
1134
179
Decembcr
41
29
8
17
271
92
—^?5va-
der Mcteoritenfalle nicht von der Ortsieit, sondern von der Zeit Uberhaupt tu constatiren, und
reducirte zu diesem Zwecke alle Fallzeiten auf Greenwicher Zeit Dadurch aber gelangte er nur
au dem Resultate, dass die Häufigkeit der Nachmittags falle verschwindet, indem ja »was für
einen Ort Nachmittag ist, für einen um 180° verschiedenen Vormittag ist.» Hierzu bedarf es
allerdings keiner umständlichen Reducrjonen.
') Die periodischen Novembermeteore ebenfalls ausgeschlossen.
*) Beobachtete Coordinaten des Anfangs- und Endpunktes.
In der Zeit ist die mittlere stündliche Anzahl in der Zeit
zwischen nach Cour. vier- nach Schmidt zwischen
hA Gravier
6 72 417 iq
7 C-5 5-33 "
8 70 572 15
9 63 667 16
n K £ II
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Kometen und Meteore.
Aus Quetelkt's Katalog von Meteorerscheinungen seit 1800 vor Chr. Geb.
ergiebt sich überdiess
für die Zeit Januar bis Juni Juli bis December
Die Zahl der Meteorsteinfälle 186 216
Die Zahl der Feuerkugeln 553 843
Nach den von ihm in der vorigen Tabelle mitgetheilten Beobachtungen ent-
fallen auf das erste Halbjahr 69, auf das zweite 178 Nächte mit besonders grosser
Zahl von Sternschnuppen; doch giebt dieses auch nur mehr ein allgemeines Bild
über die Vertheilung der Meteore. Eine die stündliche und jährliche Ver-
theilung berücksichtigende Zusammenstellung giebt Schmidt in den Astron. Nach-
richten, Bd. 88, pag. 321. An den Beobachtungen hatten sich nebst Schmidt noch
vier Beobachter: W (Wuri.isch), Ch (Chantzidakis), Ii" und G betheiligt. Es
beobachteten gleichzeitig:
in 136 Stunden S 2225 Meteore und IV 2606
29 „ 277 „ „ Ch 321
100 „ 1399 „ „ IV 1326
51 „ 1101 „ „ G 755
Zusammen 316 „ S 5002 „ „ — 5008
Aus den Beobachtungen wurde die stündliche Häufigkeit der Meteore für
jede volle Stunde abgeleitet, wo also 2. B. die Zeit 12* als die Stunde zwischen
11* 30« und 12*30"« anzusehen ist: es folgt 1 ) für die stündliche Häufigkeit
der Meteore.
•
6*0
7*0
8*0
9*0
10*0
11*0
13*0
14*0
15*0
16*-0
17*0
70
87
3-4
47
51
90
41
6-5
14 2
1 1*3
11-5
Februar
2-6
31
3-5
4-7
40
5-2
7-8
91
6-6
10-2
70
Man
40
41
51
51
4-6
7'6
70
90
60
7-7
April
4-7
4-4
5-9
6-5
91
8-8
8-2
8-8
8-3
Mai
44
51
6-3
6-9
7-2
7-7
80
Juni
6-0
68
68
6-8
6-4
7-8
8-8
Juli
81
8*8
121
13-4
12-4
16-0
191
230
August
127
145
17-9
251
321
37-3
24-5
25-8
Scptemb.
6-2
56
7-9
8-9
112
90
10-4
180
12-2
101
<>
October
6-3
7-3
8-7
9-9
12-3
13-8
200
25-0
17 8
290
29*
Novemb.
5-5
6*5
90
10-4
10-6
121
14-8
18*1
18-9
17-9
14-4
?1'5
Deccmb. | 6 0
62
7-7
6-7
114
140
11-2
1J-5
17-7 | 18-9
10-4
15-6
Die Zahlen dieser Tabelle wurden nun graphisch ausgeglichen, und diejenige
Zeit 7*' gesucht, für welche die sich hieraus ergebenden Monatsmittel * gelten;
das Maximum ergiebt sich für die einzelnen Monate zu den Zeiten T.
Es folgt:
in den Monaten Januar Februar März
die stündl. Häufigkeit z = 8 62 5 62 6*47
zu den Zeiten T = 11* 05 11* 60 11* 55
1510
Juli
Zeit des Maximums T
in den Monaten
die stündl. Häufigkeit z r= H 13
zu den Zeiten T = 11* 45
Zeit des Maximums T= —
April
6-40
10*60
13-75
15-75 1460
August Septb. Octob.
2060 9-81 14-15
10*80 10*76 12*30
14-60 14-60
Mai
6-05
11*15
14- 60
Nov.
13-29
11*75
15- 25
') Die periodischen Novembcrmetcorc ebenfalls ausgeschlossen.
IL
Juni
612
10*53
14-75
Dec.
1216
10*40
14-75
11
im Jahre
10-03
11*60
14-80
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i6a
Kometen und Meteore.
Als Jahresmittel ergiebt sich die stündliche Häufigkeit z = 10 in der Stunde
zwischen 11 und 12 Uhr; wollte man also die Beobachtungen abkürzen, und nur
die Mittelwerthe aus den Beobachtungen direkt erhalten, so würde es genügen,
die Beobachtungen in der Stunde zwischen 11 Uhr und 12 Uhr Nachts vorzu-
nehmen. Schmidt gelangt zu den folgenden Schlüssen:
1) Die mittlere stündliche Häufigkeit der Meteore für einen Beobachter ist
im Jahre s = 10.
2) Das mittlere Maximum der Häufigkeit trifft auf 15 Uhr.
3) Die Epoche des jedesmaligen (täglichen) Mittelwerthes von * ist 1 1 £ Uhr
Nachts.
4) Das allgemeine Minimum fällt in den Februar, das Maximum in den
August, wobei die grossen Novemberströme ausser Betracht blieben.
5) Vom Januar bis Anfang Juli ändert sich * nur wenig und erreicht im Mittel
nicht 7; dann erfolgt die rasche Zunahme mit bedeutenden Maximis im Juli
und August. Der September zeigt allgemeine Abnahme, und in den drei folgenden
Monaten wächst z wieder zum doppelten Betrage des z im ersten Halbjahre.
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Schluss No. 2 nicht mit
voller Sicherheit gezogen werden kann. Vergleicht man die Tabelle, so rindet
man zunächst im Juli und October innerhalb der Beobachtungszeiten ein fort-
währendes Ansteigen: für T ergiebt sich das Maximum erst später. Auch im
November ist das Ansteigen gegen 17 A ziemlich gut angedeutet, wenn dem Ab-
falle gegen 16* kein besonderes Gewicht beigelegt wird. Erwünscht wären jeden-
falls noch Beobachtungen aus den späteren Morgenstunden, nur mttssten dieselben
mit den übrigen Beobachtungen eine homogene Serie bilden, also auch die durch
die Dämmerung bewirkte Verminderung der Anzahl berücksichtigt wird.
Dass die Meteore vom i j. und 27. November ausgeschlossen wurden, hat
seinen Grund darin, dass die Häufigkeit der Meteore an diesen beiden Tagen
unverhältnissmässig gross ist. Die Maximalwerthe für die stündliche Anzahl
waren für die einzelnen Monate 1 ):
Im Januar:
am 2: 29
Februar: am 8: 18
März:
am 7: 30
11
April:
am 27: 20
11
Mai:
am 6: 35
11
Juni:
am 30: 24
11
Juli:
am 31: 56
Im August: am 10: 136
m n am 11: 81
11 11 am 9: 65
„ Septemb.: am 3: 28
„ October: am 16: 81
M am 15: 80
am 14: 64
Im November: am 27: 2777
» 11 am 13: 2052
11 11 am 12: 120
„ „ am 7: 46
„ December: am 6: 120
„ am 7: 82
Dass die Sternschnuppen nicht aus allen Richtungen mit gleicher Häufigkeit
kommen, hatte schon Brandes beobachtet*). Die Richtungen, nach welchen sich
die Meteore zu bewegen scheinen, waren für 34 von ihm beobachtete Meteore
in den folgenden Oktanten
nachd.Richtungzwischen 26 fc 71° 116° 161° 206° 251° 296° 341° 26° Azimuth
schienen sich zu bewegen 94 62 — 337
') Diese Maximalwerthe wurden natürlich nicht jede« Jahr, sondern nur in einem der
36 Beobachtungsjahre gefunden.
8 ) Arago hatte in seinen bereits erwähnten Instruktionen (Compt. rend. Bd. I, pag. 391)
auch auf diese Thatsachc hingewiesen.
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Kometen und Meteore.
163
Coulvier- Gravier gicbt die folgenden Zahlen:
Aus der Richtung zwischen*) 202° 247° 292° 337° 22° Azimuth
schienen zu kommen 246 293 258 202
Aus der Richtung zwischen 22° 67° 112° 157 Ä 202° Azimuth
schienen zu kommen 88 87 90 198
H. A. Newton giebt Zusammenstellungen für die Zahl der Meteore, welche in
den einzelnen Azimuthen zu sehen waren (also nicht Richtungen); die Vertheilung
war eine ziemlich gleichmässige, mit einem kleinen Ueberschuss in Südost
Brandes gab auch schon die richtige Erklärung: Die meisten Sternschnuppen
müssen entgegengesetzt der Bewegungsrichtung der Erde zu kommen scheinen:
die meisten Sternschnuppen kommen aus dem Apex; denn wenn sie kosmischen
Ursprungs sind, und sich Sternschnuppen aus allen Richtungen gleichmässig
gegen die Erde zu bewegen, so wird diese Vertheilung auf der Erde nur dann
gleichmässig erscheinen, wenn die Erde ruhend ist; sobald sich aber die Erde
gegen einen gewissen Punkt hin bewegt, so werden die hinter der Erde kommen-
den zurückbleiben, einzelne, deren Geschwindigkeit kleiner ist, wie diejenige der
Erde, werden diese gar nrcht erreichen, während vor der Erde nicht nur die-
jenigen zur Erde (in die Atmosphäre) gelangen, deren Bewegung gegen die Erde
zu gerichtet ist, sondern auch andere, welche sich mit kleinerer Geschwindigkeit
als die Erde in derselben Richtung bewegen, welche also gleichsam von der Erde
eingeholt werden. Nun findet Brandes, dass die Bewegungsrichtung der Erde im
Mittel gegen das Azimuth 228° 10' gerichtet ist*); aus dieser Richtung muss also
die Mehrzahl der Meteore zu kommen scheinen; d. h. ihre Bewegungsrichtung
muss gegen das um 180° verschiedene Azimuth 48° 10' gerichtet sein, was sich
auch aus seinen Zahlen ergiebt.
Diese Idee von Brandes wurde in sehr glücklicher Weise von Bompas 1856
zur Erklärung der stündlichen Veränderung in der Anzahl der Meteore und des
Maximums der Häufigkeit derselben in den Morgenstunden herangezogen*)
und acht Jahre später von A. S. Herschel zur Erklärung der jährlichen Ver-
änderung 4 ). '
Die Richtung gegen welche sich die Erde bewegt ist immer um 90° von der
Sonne entfernt, gegen diese zurück. Wendet man sich also mit dem Gesichte gegen
die Sonne, so hat man den Apex zur rechten Hand in 90 p Entfernung (vergl.
Fig. 256) in der Ekliptik. Vernachlässigt man zunächst die Schiefe der Ekliptik,
und nimmt die Bewegung der Erde im Aequator an, so kann auch der Apex
als im Aequator gelegen angenommen werden. Am Abend, wenn die Sonne
im Westen untergeht, ist also der Apex im Norden in seiner unteren Culmination
(unter dem Horizonte), es ist »meteorische Mitternächte Um Mitternacht, wenn
die Sonne in ihrer unteren Culmination ist, geht der Apex auf, es ist »meteorischer
Morgen«. Des Morgens ist der Apex in seiner grössten Höhe, es ist »meteorischer
') Hier sind also die Aximuthe um 180° verschieden gegen Brandes.
*) Dabei ist die Bcobachtungsxeit also twischen Abend und Mitternacht vorausgesetzt,
während welcher Zeit der Apex von der unteren Culmination (Aximuth 180°) zum Aufgangs-
punkt (Aximuth 270°) steigt. Es ist merkwürdig, dass Brandes diese Idee nicht weiter ver-
folgte; hätte er dieses gethan, so hätte er nothwendig auf das Maximum der Häufigkeit in den
Morgenstunden geführt werden müssen. Bei Coulvikr-Gravier fällt das Maximum auf 270°
wie dieses der Fall sein muss, wenn die Beobachtungen Uber die ganze Nacht vertheilt sind.
3 ) »Monthly Notices of the R. Astr. Soc«, Bd. 17, pag. 148.
*) »Monthly Notices of the R. Astr. Soc«, Bd. 24, pag. 133.
II*
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i6 4
Kometen und Meteore.
Mittage, und wenn die Sonne in ihrer oberen Culmination ist, ist der Apex im
Untergehen begriffen, es ist »meteorischer Abende 1 ). Nun kommen aber die
Sternschnuppen am zahlreichsten aus jener Halbkugel, in welcher der Apex sich
befindet; von dieser Halbkugel ist zur Zeit des »meteorischen Mittags«, also bei
Sonnenaufgang, der grösste Theil Uber dem Horizonte, und zur Zeit der
»meteorischen Mitternacht«, bei Sonnenuntergang der grösste Theil unter dem
Horizonte, zur Zeit der oberen und unteren Culmination der Sonne gerade zur
Hälfte über dem Horizonte, und zwar um Mitternacht auf der Ostseite. Daraus
folgt, dass das Maximum der Häufigkeit der Sternschnuppen um 6 Uhr Morgens
eintreten müssle. Nach den Ubereinstimmenden Angaben aller Beobachter tritt
aber das Maximum nicht um diese Zeit, sondern etwa 2 Stunden früher ein ;
diese Erscheinung ist zur Zeit noch nicht genügend erklärt.
Die Häufigkeit der Meteore ergiebt sich hier als eine Function der Zenith-
distanz des Apex; je höher der Apex Uber den Horizont steigt, desto grösser
wird die Menge der sichtbaren Sternschnuppen. In Folge des Umstandes nun,
dass der Apex sich nicht im Aequator bewegt, wird er in verschiedenen Jahres-
zeiten veischiedene Höhen erreichen. Am 21. Juni, wenn die Sonne in der
Ekliptik am höchsten steht, ist der Apex um 90° zurück, im Frühlingspunkt, es
wird also Mitte des »meteorischen Frühlings«; am 23. September steht der Apex
am höchsten; seine Deklination ist gleich der Schiefe der Ekliptik, also +23° 27',
er erreicht die grösstmögliche Höhe, es ist also Mitte des »meteorischen Sommers« ;
am 22. December ist der Apex im Herbstäquinoktium, es ist Mitte des »meteori-
schen Herbstes« und am 21. März, wenn der Apex die Deklination — 23° 27'
hat, ist Mitte des »meteorischen Winters«. Die grösste Höhe, welche der Apex
erreichen kann, ist am 23. September, morgens 6*; dann ist seine Höhe für die
Breite von Mitteleuropa ungefähr 70°; am 21. März wird seine grösste Höhe
nur ungefähr 23°; während der ganzen zweiten Hälfte des Jahres steht daher
der Apex auf der nördlichen Halbkugel höher, während der ersten Hälfte des
Jahres tiefer; daher der grössere Reichthum an Sternschnuppen in der zweiten
Hälfte des Jahres*).
Um das Verhältniss der Zahlen durch Rechnung zu bestimmen, hat man zu
beachten, dass durch die Bewegung der Erde die Richtung, aus welcher eine
Sternschnuppe kommt, geändert erscheint;
s * es ist dies eine dem Aberrationsphänomen
ähnliche Erscheinung. Ist E (Fig. 265) der
Ort der Erde, EA die Richtung nach dem
Apex, Ea die Geschwindigkeit der Erde in
ihrer Bahn, SE die Richtung der Bewegung
der Sternschnuppe, sE ihre Geschwindigkeit,
so giebt die Diagonale des aus sE, aE
construirten Paralellogramms S'E die schein-
bare Richtung und Geschwindigkeit des
(a ^ ^ Meteores. Die Richtung ES bestimmt nun
den Radianten, und es ist daher SEA = 9
die Elongation des wahren Radianten vom Apex. Da die Sternschnuppe
') Die meteorischen Tageszeiten folgen der Sonnenzeit, weil die tägliche
Apex entgegengesetzt der jährlichen Bewegung der Erde in ihrer Bahn ist.
') Coulvier-Gravirr brachte diese Häufigkeit in Beziehung zur Lage des Perihels der
Erdbahn.
iguizeo oy
Google
Kometen und Meteore.
i« 5
aus der Richtung S'E tu kommen scheint, so wird die durch das Auge ge-
legte parallele Grade die Himmelskugel in der Richtung ES' treffen; diese Richtung
bestimmt den scheinbaren Radianten, S'EA = <J» ist ihre Elongation vom
Apex. Durch die Erdbewegung werden also die Radianten aller Stern-
schnuppen dem Apex genähert.
Die scheinbare Elongation vom Apex <|> lässt sich aus der wahren 9 und
den Geschwindigkeiten Ea — G und sE = v der Erde und der Sternschnuppe
einfach berechnen; es ist:
v sin y
tangty
veosy
Umgekehrt erhält man aus der beobachteten Elongation diejenige ? aus
der Formel
sin (<p - y) = - sin 4.
Allein diese Formeln sind nur verwendbar, wenn die wahre Geschwindigkeit
r bekannt ist; die aus den Beobachtungen gefolgerte ist aber nicht die kos-
mische v, sondern die durch die Erdbewegung veränderte u 9 \ denn indem die
Erde sich in Folge ihrer Bewegung dem Meteore entgegen, oder von ihm weg-
bewegt, werden aus den durch die Beobachtungen erhaltenen Erscheinungen nur
die relativen Geschwindigkeiten erhalten. Man erhält aber aus dem wahren
Radianten und der wahren Geschwindigkeit den scheinberen Radianten und die
scheinbare Geschwindigkeit durch
v sin 9
tangty
oder
u 0 stn tj» = v sin 9
u 0 cos y = v cos <J; -+- G
G -+- vcosy
« 0 8 = G 9 -h v* -h 2Gvcosy
und aus den beobachteten Radianten und der beobachteten Geschwindigkeit die
wahren Grössen durch die Formeln:
»0 sin <J>
oder
v sin y = u 0 sin <J>
vcosf = u 0 cos 4» — G.
v* = » 0 » + G* — 2G u 0 cos <|»
Ist aber der scheinbare Radiant beobachtet, während man über die wahre
Geschwindigkeit eine Annahme zu machen in der Lage ist, so sind v
und 4» gegeben, und man erhält 9
und v aus den Formeln
Q
sin(f — 4»)— - sinty\
v
stn 9
0 stn <|*
Eine Unbestimmtheit bleibt filr
9 = 0 und 180°, da u in der Form %
auftritt, in diesem Falle wird aber
» 0 = v ± G.
Denkt man sich aus allen Punkten
der Himmelskugel Sternschnuppen
kommend gegen den Mittelpunkt
einer Kugel, in welcher sich der
Beobachter befinden soll; sei OD
(Fig. 266) die Richtung nach dem
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Kometen und Meteore.
Apex. Eine Sternschnuppe, die zur selben Zeit von C aasgeht, zu welcher de-
Beobachter von A ausging, trifft diesen in O, wenn CO die Geschwindigkeit
der Sternschnuppe und AO die Geschwindigkeit des Beobachters ist. Ist AB da
Horizont des Beobachters, so wird eine von B nach O gehende Sternschnuppe in
allen Punkten ihrer Bahn im Horizonte BA bleiben, der sich mit derselben
Geschwindigkeit in der Richtung AD bewegt, so dass der Beobachter A und die
Sternschnuppe B gleichzeitig in O ankommen. Von allen Sternschnuppen, die
sich mit derselben Geschwindigkeit CO gegen O hin bewegen, werden daher
alle über dem Horizonte BE befindlichen sichtbar, und über dem als ruhend
gedachten Horizonte B' E' erscheinen; umgekehrt: wenn der Apex £> unter den
Horizonte ist, so bleiben alle aus dem Kugeltheile BDE kommenden Stern-
schnuppen unter dem Horizont, weil sie mit diesem gleichzeitig nach O rücken
und nur diejenigen werden über dem Horizonte sichtbar, welche aus dem kleinen
Kugeltheile BEF kommen. Die Zahl der sichtbaren Sternschnuppen wird also
von der Lage von AD gegen BE, d. i. von der Höhe des Apex abhängig sein.
Denkt man sich die Sternschnuppen im Raum gleichmässig vertheilt, so
werden aus gleichen Oberflächentheilen der Kugel BDE auch eine gleiche
Anzahl Sternschnuppen fallen; die Zahl der aus irgend einem Kugeltheile, d. i.
in irgend einer Richtung fallenden Sternschnuppen ist daher der Oberfläche dieses
Theiles proportional. Die Oberfläche der Calotte BDE ist aber
2Är G//=2J?*Cff 4- OAcosz),
wenn * die Zenithdistanz des Apex ist. Ist demnach N die Gesammtzahl der
Sternschnuppen, n die Zahl der über dem Horizont sichtbaren, so ist
N=K-±Rk\ n = K-2Rr,(R 4- OAcost),
wo K ein Proportionalitätsfaktor ist, hieraus:
n ( OA \
Da nun OA : R = G : v ist, so ist
n = \n[\ 4- ^ cos .
Würde G » 0 sein, so wäre stets n = \N, d. h. es würden immer die
Hälfte aller Sternschnuppen sichtbar sein; der Faktor
G G
F*= 1 -+- - cos 9= 1 - sin H,
wenn H 90° — * die Höhe des Apex über dem Horizonte bedeutet, stellt
daher den Vergrösserungsfaktor der sichtbaren Sternschnuppenzahl dar; es ist
für v = G -|/2 :
H= 0°
F = 1-000
H= 0°
F = 1000
4- 10
1123
— 10
0-877
4-20
1*242
-20
0-758
4- 30
1-354
-30
0-646
4-40
1-455
-40
0-545
-+- 50
1-542
— 50
0-458
-h 60
1-613
— 60
0-387
4- 70
1-665
— 70
0-335
4- 80
1-697
— 80
0-303
4- 90
1-707
- 90
0-293
Di§rtized-by Google.
Kometen and Meteore.
*7
Um die Höhe des Apex zu finden, hat man zunächst seine Rectascension
und Deklination zu berechnen (vergl. pag. 128; und dann wird, wenn B die geo-
graphische Breite des Beobachtungsortes, 0 die Sternzeit der Beobachtung, also
*8 — a der Stunden winkel des Apex ist:
sinH sin B sin d -f- cos B cos d cos (8 — ä).
Die grösste Zahl der Sternschnuppen würde man, abgesehen von der durch
die Helligkeit der aufgehenden Sonne stattfindenden Störung, sehen, wenn der
Apex im Zenith ist, die geringste Anzahl, wenn er im Nadir ist. Im ersten
Falle ist //«-+- 90°, im letzten Falle — 90°; und es wird sich die Zahl der
sichtbaren Sternschnuppen in beiden Fällen verhalten, wie
Wäre v<G, so würde man keine Sternschnuppe sehen können, wenn der
Apex im Nadir ist; für — Gfö wäre das Verhältniss
()/2 1) : (|/2 — 1) = 2 4142 : 0 4142 = 5-8284.
In der folgenden Tabelle giebt der erste Theil die wahre Elongation cp
vom Apex mit dem Argu ment e: beobachtete scheinbare Elongation <\> für die
Geschwindigkeiten v = Y2 • 2, |/2 • 1, >/2 • 0, ]/l • 9, /l • 8 entsprechend den
hyperbolischen Bahnen mit den Halbaxen 5, 10, der Parabel und den Ellipsen
mit den Halbaxen 10 und 5; der zweite Theil giebt für dieselben Annahmen die
kosmischen relativen (nicht von der Erdattraction afficirten) Geschwindigkeiten u 0 ;
die zweite Tafel giebt mit dem Argumente u 9 die veränderte Geschwindigkeit u
und den Werth <D, der später erklärt wird.
V =
r —
v —
1
Vi-öc
V —
v =■ |! V = I V I V —
^1-8 6- \ i/fidViKr.Vi^G
Vl'9G
Wcrthe für <p
Werthe für u n
0°
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
160
170
180
0° o'-o
16 43-41
33 19*9
49 42*0
65 40-9
81 57
95 43-4
109 187
121 361
182 23-7
141 36 1
149 18 7
155 43 4
161 57
165 40 9
169 42-0
173 19-9
176 43 4
180 0 0
0° O'-O
16 52*9
33 39- 1
50 H O
66 19-9
81 54*6
96 42 0
110 25 5
122 48 6
133 38- 1
142 48-6
150 25 5
156 42 0
161 54-6
166 199
170 110
173 39 1
176 52-9
180 00
0° O'-O
17 32
83 59-7
50 42-3
67 2 1
82 47-9
97 45-7
III 38-6
124 8-2
135 00
144 82
151 386
157 45-7
162 47-9
167 2 t
170 42-3
173 59-7
177 3-2
180 0 0
0° O'-O
17 14*3
34 22 0
51 161
67 47 8
83 45-8
98 55-4
112 58-8
125 35-9
136 30-6
145 35-9
152 58-8
158 55-4
163 45-8
167 47-8
171 16 1
174 22 0
177 143
180 00
0° O' O
17 26-2
34 46-2
51 52-9
68 37*7
84 49- 1
100 12 2
114 27-7
127 13-6
138 1 1*5
147 13-6
154 27 7
160 12 2
164 49 1
1G8 37-7
171 52-9
174 46-2
177 26-2
180 00
2-4832 2-4491
2-4579
2-3835
2-262-
2 1028
1-9129 1-8729
1-7042 1-6619
1-4896
1-2828
1 0954
0-9355
2*4234
2-3479
2-2261
20648
1-4452
1-2367
1 0488
0-8895
0 8056 0 7611
0 7042 0-6619
j 0-6273 0-/>874
0-5707 0-5327
0-r>304l 0*4941
0-5036 0-4685
04882
04832
0 4540
04491
2*4142
2*3883
2-3118
2- 1888
20257
1-8315
1-6180
1-3988
11886
l-ooooj
0*8413
07148
0-6180
05460
04J36
0-4568
0-4325
04186
0 4142|
2*3416
2*352^2-3152
2-275« 2-2370
2 1505 2 1110
1-9854 1 9437
1-7887
1-7442
1-5724 1-5247
1-3504 1-2996
1 1381 1 0847
0-9486 0*8944
0-7908
0-66(14
0-5724
0-5031
0-4533
0-4185
0-3956
0-3824
0-3784
0-7374
0-6155
0-5247
0-4586
04115
0-3789
0-3576
0-3455
03416
i<>8 Kometen und Meteoie.
u
* !
U
u
] .
1 °
u
0
0-35
0-5152
21°37'-0
0-60
0-7091
9°32'0
1-25
1-3059
2 o 30'S
0-36
0-5221
20
49 1
0-62
0-7261
9
11
1-80
1-3538
2
19-4
0-37
0-5290
20
8-4
0-64
' 0-7433
8
32-4
! 1-35
1-4019
2
9-7
038
0-5360
19
19-8
0-66
0*7606
8
5-7
, 1-40
1-4502
2
11
0-39
0-5431
18
38-2
0-68
0-7780
7
41-2
1 1-45
1-4985
1
53-1
0-40
0-5503
17
58-5
0-70
0-7955
7
18-4
1-50
1-5469
l
45-8
(Ml
0-5576
17
20-7
0-72
0-8131
6
57-2
1-55
1-5954
1
39 2
0-42
0-5650
16
44-7
0-74
0-8309
6
374
1-60
1-6440
1
33 2
0-43
0-5725
16
10-4
! 0-76
0-8487
6
191
1-65
1-6928
1
27-7
0-44
0-5800
15
37 8
0-78
0-8667
6
1-8
1-70
1-7416
l
229
0-45
05876
15
G-6
0-80
0-8847
5
45-7
1-75
1-7904
1
18*4
0-46
05953
14
3G-8
082
0-9029
5
30-5
1-80
1-8392
1
14-2
<W
06081
14
8-3
0-84
0-9211
5
16-3
1-85
1-8882
1
10-3
048
0-6109
13
4M
0-86
09393
5
2*9
1-90
1-9372
1
6-7
0-49
0-6188
13
151
088
0-9577
4
50-5
1-95
1-9863
1
3 4
0-50
0-6267
12
50-2
0-90
09761
4
38-8
200
2-0354
1
0-2
0-51
0-6347
12
26-4
092
0-9945
4
27-7
205
2*0845
0
57-4
0-52
0-6428
12
3-6
0-94
10131
4
17-2
210
2-1337
0
548
0-53
0.6509
1 1
1 1
4.1*7
096
10317
A
%
215
21829
0-54
0-6591
11
20-8
0-98
1 0503
3
57-9
2-20
2-2322
0
500
0-55
0-6673
II
0-8
100
1 0689
3
49- 1
225
2-2815
0
47-8
a r/t
0'56
06756
10
41-6
rüo
I.II AO
rl loa
3
291
2'oU
2-O008
0
45-8
057
0G839
10
231
MO
11631
3
11-8
2-35
2-3802
0
439
0-58
0-6923
10
5-3 :
115
1-2106
2
56-8
2-40
2-4296
0
42-2
0-59
0-7007
9
48-3
1-20
1-2581
o
42-6
2-45
2-4790
0
40-5
060
07091
9
320 1
1-25
1-3059
2
30-3
2-50
1
2-5284
0
38-8
Die Dichte der Sternschnuppen in den beiden Halbkugeln, in denen sich
der Apex befindet, und in der anderen Halbkugel verhalten sich wie 5 83 : 1 ;
aber die Dichte wird nicht in allen Punkten gleich sein. Gleiche Flächen-
elemente der Kugel, welche man von O unter gleichen Gesichtswinkeln sieht,
erscheinen nämlich dem Beobachter in A ungleich, und da bei gleicher Ver-
theilung der Radianten auf gleiche Flächentheile eine gleiche Anzahl von Stern-
schnuppenradianten kommen muss, so verhalten sich die Dichten umgekehrt wie
die Gesichtswinkel, unter denen gleiche Flächentheile erscheinen; diese ver-
halten sich aber wie umgekehrt die Quadrate der Entfernung, daher ist die
Dichte der Sternschnuppen in einem Punkt C proportional AC*, d. h. proportional
dem Quadrate der relativen Geschwindigkeit, und hängt daher von der Elon-
gation vom Apex ab. Es verhalten sich demnach die Dichten der Radianten
im Apex und Antiapex wie (-j/2 -+• 1)» : ()/2 — 1)* = 33*97 : 1. .
Der Faktor F giebt ein Gesetz für die Veitheilung, aus welcher sich die
tägliche und jährliche Variation ableiten lässt. Vergleicht man die aus diesem
Gesetze folgende Anzahl mit den Beobachtungen für verschiedene Annahmen
von v, so kann man hieraus auf den wahrscheinlichsten Werth von v einen
Rückschluss ziehen. H. A. Newton 1 ) vernachlässigt für die Untersuchung der
täglichen Variation die Veränderlichkeit von d, und setzt d = 0, d. h. er nimmt
die Bewegung der Erde in der Aequatorebene an; es wird dann
cos z = c os B cos t
und da in diesem Falle der Stundenwinkel des Apex auch immer um 90° grösser
') American Journal of Sciences and Arts, III. Serie, Bd. 39, pag. 205.
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Kometen and Meteore.
169
angenommen werden kann, als derjenige der Sonne, so ist / = T + 90°, wenn
T die wahre Sonnenzeit ist; es ist also
cos s a — cos B sin T
und damit der Coefficient von N
\F= - ^ cos B sin •
Newton rechnete diesen Ausdruck für die Breiten von New Häven und
Paris für drei verschiedene Werthe von — und erhält:
v
T =
6*
9
12
15
18
Paris: B = 48° 50'
= $G v = G v = GY2
0089
0-209
0500
0791
0-911
0 171
0268
0500
0732
0829
0-268
0-336
0-500
0-664
0-732
New Häven, B -
v = \G v = G
0030
0-168
0-500
0832
0-970
0-125
0-235
0-500
0-765
0-875
= 41° 18'
v = oyi
0-235
0-311
0-500
0-687
0-765.
Je kleiner v ist, desto grösser muss selbstverständlich der Unterschied zwischen
der Zahl der am Abend und am Morgen sichtbaren Sternschnuppen sein; die
Verhältnisszahlen des Maximums und Minimums werden
für Paris 10 24 4 85 2 73
für New Häven 32 33 7 00 3 30.
Newton vergleicht nun diese Zahlen mit den von Coulvier- Gravier aus
Beobachtungen gefundenen; nach ihm ist dieses Verhältniss (vergl. pag. 160)
16-8
6-3
2-667. Daraus zieht Newton den Schluss, dass die kosmische Ge-
schwindigkeit v noch grösser sein müsse als G |/2, d. h. die Sternschnuppen be-
wegen sich mit hyperbolischen Geschwindigkeiten. Berücksichtigt man aber
das spätere, aus viel zahlreicheren Beobachtungen abgeleitete Resultat von
Schmidt, wonach dieses Verhältniss
18-75
4-17
4-497 ist, so würde folgen, dass
die Mehrzahl der beobachteten Sternschnuppen elliptische Bahnen
um die Sonne beschrieben, deren kosmische Geschwindigkeiten in der Ent-
fernung der Erde von der Sonne
grösser als die Geschwindigkeit der
Erde in ihrer Bahn, aber kleiner
als die parabolische Geschwindig-
keit ist
Dieses Resultat steht auch im
Einklänge mit einem auf ganz an-
derem Wege erhaltenen, welches
sich aus der Bewegung des Sonnen-
systems ableitet.
Das Sonnensystem bewegt sich
gegen einen Punkt, der sehr nahe
die Rectascension 260°, und die
Deklination 32° hat (Apex der
Sonnenbewegung). Sei in ("Fig. 267)
A der Aequatorpol; 0, VI, XII, XVIII der Aequator; sjir, i: 9 jt,, die Ekliptik
also 0 der Frühlingspunkt, so stellt r^, den Apex der Erdbewegung für den
(A.267.)
170
Kometen und Meteore.
December yor (wenn die Sonne in it, ist); n,, ic 6 , it 9 sind die Orte des Apex
für die Monate März, Juni, September; dabei ist As, = 66"5°. Ist n der Apex
der Sonnenbewegung (im Sternbilde des Hercules), so ist
n % A\\ = 10°; A n = 58°.
Die Geschwindigkeit der Bewegung ist nahe gleich, ftlr die Erde 29*5 km
pro Secunde, ftlr das Sonnensystem etwa 24 km, allerdings mit beträchtlichen
Unsicherheiten; es soll für die Geschwindigkeit des Sonnensystems T = 0*8 G
= 23-6 km festgehalten werden. Legt man durch II und it 6 einen grössteti
Kreis, und theilt ihn so, dass sin nil 6 : sin Il 6 Tt € = G : Y = 5 : 4 ist (vergl.
Fig. 265; es ist y = [\it 6 \ = n ß r 6 und T tritt an Stelle von v), so erhält
man in ü 6 den Ort des resultirenden Apex für den Juni. Ebenso folgen die
übrigen Orte desselben. Nun sieht man sofort, dass zwischen dem März und
September die Rectascension des resultirenden Apex kleiner ist, für die
Monate von September bis Marz hingegen grösser als diejenigen des Apex der
Erdbewegung. In den Sommermonaten wird also der resultirende Apex früher
culminiren (vor 6* Morgens), in den Wintermonaten später (nach 6* Morgens).
Wenn eine solche Verschiebung der Culmination, die im Sommer und Winter
im entgegengesetzten Sinne stattfinden würde, nicht beobachtet ist, so kann,
da eine über das ganze Jahr sich erstreckende Verfrühung des Maximums der
Häufigkeit der Sternschnuppen nicht dieser Ursache zugeschrieben werden kann,
gefolgert werden, dass die weitaus grösste Mehrzahl der beobachteten
Sternschnuppen an der Bewegung des Sonnensystems theilnimmt
In dieser Allgemeinheit ist der Satz jedoch vorläufig nicht erwiesen. Vergleicht
man die von Schmidt in der Tabelle auf pag. 160 gegebenen Zahlen, so findet
man, wie schon dort erwähnt, dass die Zeit des Maximums noch nicht mit ge-
nügender Sicherheit festgelegt ist. Eine Entscheidung hierüber muss also erst
späteren Zeiten vorbehalten bleiben. Allein auf andere Weise kann man wenigstens
Anhaltspunkte für eine Bestätigung dieses Satzes erhalten; doch muss zu diesem
Zwecke die Rechnung zu Hilfe gezogen werden.
Sind A, D, Rectascension und Deklinatien des Sonnenapex, T wie bisher
die Geschwindigkeit der Bewegung des Sonnensystems, und haben a, 8, ? die-
selbe Bedeutung für den resultirenden Apex, so ist
7 sin 8 ■= T sin D -4- G sin d = T sin D — G cos Qsin c
7 cos 6 cos a = T cos D cos A -+- G cos dcosa = r cos D cos A •+• GsütQ (J)
7 cos 8 sin a «=* T cos D sin A ■+■ G cos dsina = T cos D sin A — G cos O tos s.
Sind a©, 8® Rectascension und Deklination der Sonne, so hat man
sin 8® = sin 0 sin t
cos d® cos a® = cos © (2)
cos Ä® sin a® = sin 0 cos t
daher wird :
Y cos 4 cos 8 © cos (a© — a) = T cos D (cos AcosQ-h sin AsinQ cos s)+G sin <3cosQsin*t
^cosicosiotsin (a©— a) — Y cos D (cos AsinQ cos i— cosQsinA)+ Gcost '
und ferner folgt aus (1) mit Rücksicht auf die Beziehungen
sin D sin e -+• cos D sin A cos t — cos ß sin X
cos D cos A = cos ß cos X
wo X, ß die Länge und Breite" des Sonnenapex sind:
7» = c7« + T» _ 2G T cos ß sin (X - 0). (3a)
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«7i
Die Zenithdistanz z des resultirenden Apex folgt aas:
cos z s= sin Bsin $ 4- cos Bcos 6 cos (6 — a)
und es ist 8 «= 7*4- a®, wenn T der Stundenwinkel der Sonne, also die wahre
Sonnenzeit ist; daher
cos z = sin B sin 6 4- cos B cos h cos T cos (a© — oc) — cos B cos 8 sin Tsin (ot© — et),
daher mit Rücksicht auf (3), wenn
sitt B
[r sinD — GcosQsmt) = k
cosB
^ [T cos D (cos AcosQ + sin A sin 0 cos %) 4- Gsin 0 cos 0 sin » e] = / (4)
[ r cos D (cos A sin Qcost — cos 0 sin A) 4- G cos s] = m
gesetzt wird:
cos z = k 4- l cosT 1 — m sin T. (5)
Hier ist nun in F= (1 4- a cos z) wie leicht ersichtlich a = ^ zu setzen, und
dann ist
N 7
« = y(l + ak 4- alcosT— am sinT)\ a = ~-
Da
— = ~ (— aisin T — amcosT),
ist, so wird für die Zeit des Maximums und Minimums:
lsinT 0 + mcosT 0 = Q
und die zugehörigen Maximal- und Minimalwerthe werden:
N
*i, t = "2 0 + ak =*= a Y** **')•
Hieraus folgt das Verhältniss zwischen dem Maximum und Minimum:
«1
1 1
*s \ -\- ak — a y7*~4- «*
Man kann nun schreiben
k*=sinB'k 0 ; i cos B > J 0 ] m = cosB • m 0
und es wird daher
tangT^-^ (6)
unabhändig von der geographischen Breite. Ferner wird:
oder wenn man
setzt:
Vess 1 + a (*o sin B + Y*o m o cos 2)
"l+fl (k 0 sin B — |// 0 > 4- «(? <w -ff)
£ 0 = x *w AT
1 4- axsin (B 4- AT)
14- axsin (B — K)
(7)
(8)
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17a
Kometen and Meteore.
Berücksicht man die Formeln (2) so kann man schreiben:
Y [r sin D — GeosQ sin t]
/„ = Y [ P w ^ fM (a® — /f) + 2
«0 = Y [r«xZ>«n («© - i<) +
*w 8®
cos
sin 2 0«a 8 sj
l
Für r =- 0 wird
tangT^ = —
2 w e
1 0636,
;«2 0
sin 2 0 e
Die Maximalabweichung von T 0 = 6 Uhr und 18 Uhr findet statt für sin
= 1, oder 0 = 45°, 135°, 225°, 315°, und schwankt zwischen ± 19*8 Minuten
die Berücksichtigung der Schiefe der Ekliptik giebt daher keinen Aufschluss fir
die Verfrühung des Maximums der Sternschnuppenzahl auf die Zeit gegen 14
und 16*. Für das Verhältniss V findet man für T = 0:
V ~*~ m o = cos e> iin e2 stn > *o = — <w 0 j/« e
und da, wie man hieraus sieht, k$ -+- / 0 * 4- m 0 » = 1 ist, so wird x = 1,
cos K' = — cosQ sin t. (7 1
Um nun den Einfluss der Sonnenbewegung auf die Sternschnuppen zu be-
rechnen, müssen die Cocfficienten numerisch entwickelt werden. Man hat
A = 260°, D = -+- 32°
X = 25ö°8'-5; B = ■+- 54°56'-6
und mit der Annahme T = 0 8 (für C = 1):
7» = 1-64 [1 •+- 0 5604 j/'« (0 -h 104° 51 r *ö)].
Die Werthe von 7, k Qt / 0 , w 0 , 7* 0 (für das Minimum) T x (für das Maximum
ferner logx, K und K' sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
23°27'5;
Monat
,0
T
'0
T
i
1-590
0045
- 0O74
0 997
5* 4:w
17*43«
April . . |
10
1-572
0-049
-0-125
0992
5
31
17 31
20
1-547
0062
- O l 76
0984
5
19
17 19
30
1-514
0-084
— 0 229
0-972
5
7
17 7
40
1-473
0-114
- 0-285
0-955
1
54
16 54
Mai ... |
50
1-425
0-152
~ 0-344
0-932
4
39
16 39
60
1-371
0-198
— 0-405
0-900
4
23
16 23
70
1-312
0254
- 0-464
0-858
4
6
16 6
Juni . . <
80
1-250
0321
-0-519
0806
3
49
15 49
90
1-185
0-397
- 0-564
0-745
3
32
15 32
100
1-119
0482
— 0-592
0-675
3
15
15 15
Juli . . . <
110
1055
0-574
— 0599
0-600
3
0
15 0
120
0996
0672
- 0-579
0524
2
49
14 49
130
0-943
0 772
- 0-526
0-452
2
43
14 43
August . <
UO
0899
0-862
-0-440
0387
2
45
14 45
150
0-867
0-937
-0321
0 335
3
i)
15 5
160
0-851
0-91)2
- 0-177
0-299
3
58
15 58
September |
170
0851
1-015
— 002 1
0283
5
43
17 43
180
0-867
1-0O2
+ 0136
0-287
41
19 41
190
0898
0-960
+ 0-278
(»•310
8
47
20 47
October . |
j200
0-941
0897
4- 0-399
0-350
9
15
21 15
1-210
0-194
0-821
4-0-491
0-403
9
22
21 22
leg %
00003 87° 2T
0 0005 87 11
86
85
00007
00010
00014183
00021 '81
0-0028
0OO36
78
75
0-0047 71
0-0063
00081
0-0103
0-0130
0-0160 41 56
00184 34
00201
0-0216
00224
0-0216
00197,23
0017630
00154 37
66
61
55
49
27
12
28
15
33
18
29
69
47
54
17
26
19
15
17
10
20
18
37
36
27
37
44
1 13° 28'
113 5
III M
110 10
107 45
104 50
101 29
9
90
86
0
82 51
78 31
75 10
72 15
69 50
68 2
66 55
66 32
66 55
68
69
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4- 0-552
0-466
9*19*«
21*19«
00131
1 j 0
44
z»
7z
15
November. <
230
1118
0-649
4 0-585
0-536
9 10
21 10
0-0110
CA
50
43
«IE
75
10
l
240
1-183
0-566
4- 0-593
0-609
8 57
20 57
00090
5b
00
zz
na
78
31
(
250
1-248
0-486
4- 0-577
0-682
8 41
20 41
0-0073
Ol
*7
00
oz
Ol
DezembcT . {
260
1-311
0-411
4-0541
0-752
8 23
20 28
00058
ob
0
0
06
l
270
1-370
0-343
4-0-488
0-816
8 4
20 4
O-0O46
70
10
90
0
(
280
1-424
0-282
•h 0-4-24
0-870
7 44
19 44
00035
73
46
93
CO
58
Januar. .
29U
1-472
0-227
4- 0-353
0-914
7 24
19 24
00025
76
i»7
in
vd
l
3C0
1-513
0-180
4- 0-281
0-947
7 6
19 6
0-0019
79
42
101
29
|
310
1-546
0140
4-0 213
0-970
6 50
18 50
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83
53
107
45
330
1-590
0-080
4- 0 089
0-995
6 20
18 20
00008
85
25
110
10
340
1-599
0 060
4- 0-032
0999
6 7
18 7
0-0006
86
31
in
58
März . . |
350
1-599
0049
- 0-022
0-999
5 55
17 55
00004
87
11
113
5
360
1-590
0045
- 0-074
0-997
5 43
17 43
00003
»7
24
113
28
Rechnet man nach dieser Tabelle für die einzelnen Monate (Sonnenlänge
0 = 295°, 355° . . .) unter der Annahme v=\/2G den Werth von V, so erhält man
r = 0 8 G Beobachtet v. Schmidt
(vergl. pag. 16t)
4-2
39
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
October
November
-5 = 40*
3- 740
4090
4083
4- 053
3-858
3-444
2-983
2-613
2459
2-537
2- 837
3- 282
r = 0
B = 50°
2- 929
3- 181
3-266
3-226
3039
2-724
2-286
2- 152
2048
2096
2-300
2-610
£ = 40° B = 50°
5-650 3-688
9039 4-950
11 109 5-581 2-2
8-455 4-806 1*9
5 137 3-493 1*8
3185 2476 1*6
2082 1-787 28
1-451 1-346 2-9
1-223 1 174 2-3
1-571 1-430 4-7
2274 1-907 39
3-489 2-630 3 1
Schlüsse hieraus zu ziehen, gestattet die Unverständigkeit der Beobachtungen
nicht. Die bereits früher erwähnte Verschiebung der Zeiten für die Maxima ist
aus der Tabelle auch ihrer Grösse nach ersichtlich; sie Uberschreitet 3 Stunden;
die Verfrühung in den Sommermonaten ist damit erklärt, allein die Verspätung
erreicht ihr Maximum Ende October 1 ); bis zu den in der Tabelle angegebenen
Zeiten Air die Maxima kann natürlich nicht beobachtet werden, aber ebenso
wenig könnte ein weiteres Aufsteigen der Zahl der Sternschnuppen der Beob-
achtung entgehen.
Auch für das Verhältniss V ergiebt sich eine genügende Uebereinstimmung
mit den Beobachtungen weder unter der Annahme V = 0, noch unter der
Annahme T = 0*8 G\ im Allgemeinen zeigt sich, mit Ausnahme der Monate
Juli, August, September eine bessere Uebereinstimmung für T = 0. Hierzu
kommt aber, dass mit wachsendem v, a kleiner wird, also auch, weil für die
Maximalvergrösserung B — K negativ ist, V kleiner wird; die Uebereinstimmung
•) Es ist jedoch iu beachten, dass die grossen Novembermeteore ihr Maximum ebenfalls
vor der Culmination des Apex haben.
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»74
Kometen und Meteore.
wird also für hyperbolische Bahnen besser, gleichmässig in beiden Annahmen
fiir r.
So wird fiir v = 2:
T == Q T = 0-8 G
B = 40° 50° B = 40^ 50°
K= 2-350 2067 3952 2983;
doch sind, namentlich im ersten Halbjahre, die Beobachtungen noch zu wenig
zahlreich, um einen sicheren Schluss daraus zu ziehen.
Im Grossen und Ganzen überwiegt die Wahrscheinlichkeit T = 0, woraus
der bereits ausgesprochene Satz folgt, dass die Mehrzahl der Sternschnuppen
an der Bewegung des Sonnensystems theilnimmt. Für die Verfrühung des
Maximums der Erscheinung ist hierdurch keine Erklärung gegeben; doch folgt
dieselbe naturgemäss, wenn eine thatsächliche physische Concentration der
Sternschnuppen in der Richtung von OA (Fig. 256) weg gegen die Verlängerung
des Radiusvectors zu, also etwa in der Richtung Or (wo r nicht den Frühlings-
punkt bedeutet), stattfindet, weil dann dieser Hauptpunkt der Concentration vor
dem optischen Concentrationspunkte (dem Apex) culminirt. In der That rindet,
wie Lehman-FilhEs gezeigt hat, eine solche Concentration statt, wenn man in
Ellipsen sich bewegende Sternschnuppen annimmt, so dass auch hieraus wieder
die Annahme der Zusammengehörigkeit der Sternschnuppen mit dem Sonnen-
systeme eine Stütze erhält.
Die Richtung der Meteore wird noch etwas durch die Anziehung der Erde
geändert. Die Sternschnuppen werden in Folge der Erdanziehung Bahnen um
die Erde beschreiben, deren Form von der Geschwindigkeit abhängig ist Man
kann hierfür wieder die Fundamentalgleichung
verwenden 1 ); will man V, a und r in Einheiten des Erdhalbmessers ausdrücken,
so hat man Vsinn, asinn, rsintt, an Stelle dieser Grössen zu setzen; weiter
wird, da für m die Erdmasse zu setzen ist und die Masse des Meteores als
verschwindend klein angesehen werden kann:
und die Geschwindigkeit ergiebt sich dann für die Einheit des mittleren Sonnen-
tages. Will man dieselbe für die Secunde, so folgt mit Berücksichtigung der
Beziehungen auf pag. 148:
welche Gleichung übrigens aus den Gleichungen (4) pag. 150, wenn 4 = 0 ge-
setzt wird, sofort folgt
Nun war gefunden (pag. i5i)« 8 = « 0 8 -r- 2gr, wobei u 0 die kosmische relative
(von der Erdattraktion freie) Geschwindigkeit der Meteore bedeutet. Hieraus folgt:
') Nimmt man die Geschwindigkeit der Erde als Einheit an, so wird * = I (vergl. »All-
gemeine Einleitung in die Astronomie«, pag. 135).
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Kometen und Meteore.
•75
Die grosse Halbaxe ergiebt sich also stets negativ, die Bahnen werden
Hyperbeln sein. Es soll in der Folge der positive Werth
a = — «,
dieser Axe eingeführt werden, und dann ist
(1)
Sei nun O (Fig. 268) der Mittelpunkt der Erde, QC die von der Erdan-
ziehung nicht gestörte Bahn einer Sternschnuppe aus einem Radianten in der
Richtung AO,
und sei die durch
die Erdanzie-
hung geänderte
Bahn SM. Diese
Aenderung fin-
det in der durch
die Anfangsrich-
tung und den
Erdmittelpunkt
gelegten Ebene
statt, wird also
eine krumme
Linie in derVer-
ticalebene des
Punktes M er-
geben. DieRich-
tung der Stern-
schnuppe er-
scheint dem Be-
obachter in der
Tangente TM
dieses Punktes
an der Bahn,
wird also stets
(A.268)
mit dem Zenith einen kleineren Winkel bilden, weshalb Schiaparei.m diese
Wirkung die Zenithattraction nennt.
In dem Punkte M ist die Geschwindigkeit der Sternschnuppe u\ daher
ihre Flächengeschwindigkeit \u-rsinz, wenn r der Halbmesser der Erde und z
der Winkel ZMT t zwischen der Richtung nach dem Zenith und der Richtung
der Tangente an der Bahn, also nach dem scheinbaren Radianten, d. h.
die Zenithdistanz des scheinbaren Radianten ist. Diese Flächen-
geschwindigkeit ist gleich \k^p, wenn / der Parameter ist (vergl. den Artikel
»M. d. H.« § 12, Formel (5), folglich wird:
ursinz = Yg~^ {e* — 1)
demnach
tt> sin s 3
-
(2)
Multiplicirt man die Gleichungen (1) und (2) und zieht die Quadratwurzel,
so erhält man für die conjugirte Axe:
r u sin s
o — .
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.fj6 Kometen und Meteore.
Ist OD die Richtung der grossen Halbaxe, E der Scheitel der Hyperbel,
ED = a, so ist, weil DQ die Tangente in der Unendlichkeit, also die Asymp-
ote der Hyperbel ist, CDE= A der halbe Asymptotenwinkel, gegeben durch
b uu 0 sin z
tangA = -~ ^ (3)
und
e = sec A.
Die in Folge der Erdanziehung stattgefundene Verschiebung des Radianten
ist qMT ' = 7). Die Aufgabe ist eine rein geometrische: Für einen durch seine
Entfernung r vom Brennpunkt O gegebenen Punkt einer Hyperbel den Winkel tj
zwischen der Tangente und Asymptote zu bestimmen. Macht man DO' = DO,
so ist O' der zweite Brennpunkt; zieht man OC und O'C senkrecht zu QD>,
so ist
CD = C D = OD cos A = aecosA = a,
daher CC = 2 a. Verbindet man M mit dem zweiten Brennpunkte O', so ist
MO' = r + 2a.
Da die Tangente den Winkel zwischen den Leitstrahlen halbirt, so ist
< O' Mt = tMO = TMZ = z,
< / Mm = 1 Mq = r,
folglich <0' Mc = z — ij; O Mm = z -f- tj, und man erhält:
Mc — mc -+- Mm
O'Mcos O'Mc = CC -t- OMcos OMm
(r + 2fl)w(s-T)) = 2<i+r <w {z -h tj) (4)
aus welcher Gleichung sich tj bestimmt Setzt man für a seinen Werth aus (1)
ein, und dividirt durch r, so folgt
( 2 gr\ 2gr
(l i- -fr) cos (z - tj) = -fj h- <w f> H- tj)
oder da 2^r = «' — « 0 * ist, so wird
«» Ji» » ^ (« — rj) = « 0 » «*» i (* -f- l)
« «'« \ (z — tj) = ± » 0 j<« | (* -f- 1))
demnach:
tang\r { ^ u ± J> tang\z.
Da nun tj immer von der Ordnung der durch die Anziehung bewirkten
Aenderung in der Geschwindigkeit, also von der Ordnung u — u 0 ist, so müssen
die oberen Zeichen gewählt werden, und es ist
tang $7) = u + u ° q fang \ z. (5)
Wird für den Fall, dass die Sternschnuppe in horizontaler Richtung zur
Erde gelangt {z = 90°) die Ablenkung mit <P bezeichnet, so ist
° a u -h u Q w
tang ^ t) = /a«£* ^ <t> tang ^ «. (6 a)
Die Werthe von <I> sind in der Tabelle pag. 168 mit dem Argumente u 0
eingetragen.
<D wird am grössten, wenn u — u 0 am grössten ist, und nimmt mit u — t/ 0
ab ; u — u 0 ist am grössten im Antiapex, am kleinsten im Apex, daher wird
die Zenithattraction am stärksten im Antiapex. Die Zenithattraction wächst vom
Apex an langsam bis etwa 120°, wo sie ihren mittleren Werth erreicht, und
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Kometen und Meteore.
»77
von hier aus ziemlich rasch bis zum Antiapex, wo sie im Horizonte ungefähr
17° beträgt.
Die Zenithattraction beeinflusst aber auch die scheinbare Elongation des
Radianten; strenge genommen würde man also aus dem scheinbaren Radtanten
seine Elongation vom Apex, mit dieser die Zenithattraction zu bestimmen haben;
dadurch erhält man die corrigirte scheinbare Elongation vom Apex, mit welcher
man erst die wahre Elongation vom Apex und damit den wahren Radianten
bestimmen muss. Zu diesem Zwecke wird die Tafel auf pag. 168 stets aus-
reichend sein, da es genügt, den Radianten auf ganze Bogenminuten genau zu
erhalten. Dabei ist zu beachten, das <D mit dem Argumente <J* (scheinbare Elon-
gation vom Apex) zu entnehmen ist, z hingegen die Entfernung des wahren
Radianten. Die Berücksichtigung der Zenithattraction auf die Coordinaten des
Radianten kann daher so erfolgen, dass man aus seiner Länge und Breite oder
direkt Rectascension und Deklination Azimuth und Zenithdistanz ermittelt, letztere
um tj vermehrt, und mit der corrigirten Zenithdistanz rückwärts Rectascension
und Deklination bestimmt. Man kann jedoch diese zweimalige Coordinaten-
transformation umgehen, wenn man sich, was meist ausreicht, gestattet, tj als eine
differentielle Aenderung anzusehen; man hat dann, wenn p der parallacu'sche
Winkel ist:
Man erhält für die geographische Breite B und Sternzeit 0 der Beob-
achtung gleichzeitig * und p aus den Formeln:
sinz sinp » cosB sin (0 — ti)
sinz cos p = cos% sin B — sin% cosB cos (0 — 8).
Hier wird rechts in erster Näherung 51', ©' eingesetzt, damit z, p bestimmt,
ferner 4» aus
COS « COS® COS (8' — l).
Mit erhält man aus der Tafel pag. 167, 168: <D, damit tj, ferner All, A&>,
welche an W, 2)' angebracht werden. Diese dienen zur Bestimmung der
Coordinaten des wahren Radianten (vergl. pag. 165), welche, wenn nöthig, zur
Wiederholung der Rechnung für z und / verwandt werden.
Bei dieser Rechnung ist nun allerdings die Wirkung des Luftwiderstandes
nicht berücksichtigt: Die Rechnung kann aber auch nür auf Sternschnuppen
angewendet werden, deren scheinbare Bahnen nahe grösste Kreise sind, und
wenn dieses der Fall war, so ist immer anzunehmen, dass die Wirkung des Luft-
widerstandes auf die Form der Bahn noch nicht sehr bedeutend war. Hier kann
übrigens das bereits früher über die Wirkung der Erdanziehung erwähnte aus
den Zahlen selbst ersehen werden : Die Anziehung der Erde wird nur bedeutend
in der Nähe des Antiapex, wo die relative Geschwindigkeit bedeutend kleiner,
und demnach auch der Luftwiderstand geringer ist. Stark gekrümmte Bahnen
werden daher auch meist in der Nähe des Apex vorkommen; bei solchen
Bahnen ist aber an eine Bestimmung des Radianten Uberhaupt nicht zu denken,
oder doch wenigstens nur aus demjenigen Stücke im Anfange der Bahn, welches
ein grösster Kreis ist.
VI. Sternschnuppensch wärme. Die durchschnittliche Zahl der von
einem Beobachter per Stunde sichtbaren Meteore ist 10. Nebst der Verschieden-
heit, welche in der beobachteten Dichtigkeit der Meteore zu den verschiedenen
Tages- und Jahreszeiten auftritt, und welche sich aus der Bewegung der Erde
erklären, muss aber noch eine zweite Ursache für das Vorkommen einer grösseren
11. 12
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17»
Kometen und Meteore.
Anzahl von Sternschnuppen zu bestimmten Zeiten vorhanden sein, zu welchen
dieselbe per Stunde auf hundert und tausend steigt. Ein solcher grosser Stera-
schnuppenfall im Jahre 1799 lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf die
Sternschnuppen, und ein mit diesem im Zusammenhange stehender ebenso
grossartiger, im Jahre 1833, auf die gesetzmässige Wiederkehr derartiger
Erscheinungen.
Am 13. November 1831 hatte Capitän Berard auf der an der französischen
Küste kreuzenden Brigg »Loiretc eine bedeutende Anzahl von Sternschnuppen
beobachtet; am 12. und 13. November 1832 wurden aus Frankreich, der Schweiz
und den Niederlanden, besonders aber aus Russland grosse Sternschnuppenfälle
gemeldet. Besonders grossartig aber entfaltete sich wieder der Sternschnuppen -
fall vom 13. November 1833 in Nordamerika. Olmsted hatte über denselben
die Berichte gesammelt, und im »American Journal of Sciences and Arts»,
Bd. 25 (pag. 363) veröffentlicht. Die ausführlichsten Schilderungen sind von
einem (nicht genannten) Beobachter in Boston, der seine Wahrnehmungen schon
früher im >Boston Centinel« publicirt hatte. Er schätzte die Zahl der Stern-
schnuppen innerhalb eines Zeitraumes von 15 Minuten vor 6 Uhr auf 8660: die
Gesammtzahl der an diesem Morgen gesehenen Sternschnuppen auf über
200000. Der Fall begann zwischen 9 und 12 Uhr Abends, war am stärksten
zwischen 2 und 5 Uhr Morgens, im Maximum etwa 4 Uhr Morgens. Dieser
Beobachter weist auch schon auf den Sternschnuppenfall desselben Datums vom
Jahre 1799 in Cumana hin.
Der Bereich der aussergewöhnlich grossen Zahl der Sternschnuppen war
aber nicht sehr ausgedehnt. Capitän Parker am Schiffe »Junior«, das sich am
Eingange des Hafens von Mexiko befand (Breite 26°, westl. Länge von Green-
wich 85$ °), begann zu zählen, musste es aber aufgeben; er berichtete, dass
die Sternschnuppen nach allen Richtungen von einem festen Punkte auszugehen
schienen, der ungefähr 45° Höhe hatte, aber während der Beobachtung 5°
bis 10° zu steigen schien.
Am Schiffe »Francia«, dass sich nordöstlich von den Bcrmudasinseln befand
(in 36° Breite, 61 c westl. Länge von Greenwich), waren die Meteore sehr zahlreich,
aber ihre Zahl konnte leicht gezählt werden.
Am Schiffe »Douglas«, das sich in der Nähe der Mündung des Amazonen-
stromes befand (in 2° Breite, 41° westl. Länge) wurde bei vollständig freiem
Himmel nichts besonders Auffälliges bemerkt, desgleichen am Schiffe »St. Georg«
auf hoher See in 51£° Breite und 20° westl. Länge. Dass die Sternschnuppen
auch in Europa in grösserer Zahl beobachtet wurden, wurde schon oben
erwähnt.
Aus den Berichten aller Beobachter zieht Olmsted den bemerkenswerthen
Schluss: dass die sämmtlichen Sternschnuppen aus einem Punkte des
Himmels zu kommen schienen, welcher sich im Sternbild des
Löwen befand 1 ), und dass dieser Ausstrahlungspunkt (der Radiant)
der täglichen Bewegung folgte'). Damit war aber eine der wichtigsten
Grundlagen für die späteren Untersuchungen über die Novembermeteore und im
allgemeinen Uber die Meteorfälle gegeben.
Dieser Radiant ist nichts anderes als der bereits früher erwähnte Radiant
jeder einzelnen Sternschnuppe, der Punkt, in welchem die durch das Auge zu
l ) 1. c. Bd. 25, pag. 405.
*> 1. c. Bd. 26, pag. 140.
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Kometen und Meteore.
•79
ihrer geradlinigen Bahn gelegte Parallele die Himmelskugel trifft. Haben aber
alle Sternschnuppen denselben Radianten, so kommen sie in untereinander
parallelen Bahnen zur Erde: sie bilden einen Schwärm zusammengehöriger,
sich in parallelen oder wenigstens in der Nähe der Erde sehr nahe
parallelen Bahnen bewegender Körper, einen »Sternschnuppen*
schwärm c
Der beobachtete Radiant giebt nur die Richtung der Tangente in derjenigen
Bahnstrecke, welche eben beobachtet wurde (7V, Fig. 268). Olmsted nimmt
jedoch 1 ) einen effektiven Ausstrahlungspunkt in der aus seinen Rechnungen
folgenden Höhe von 2238 englischen Meilen (3600 km) von der Erdoberfläche an.
Es waren nun zwei Fragen zu beantworten: 1) Ist die Erscheinung des fixen
Radianten im Löwen eine dem Meteorfalle vom 13. November allein angehörige
Erscheinung, oder giebt es noch andere Radianten, aus welchen eine grössere
Anzahl von Sternschnuppen zu kommen scheint, und 2) war das Wiedereintreten
des grossen Sternschnuppenfalles 1833 am selben Datum wie 1799 eine zu-
fällige Erscheinung, oder musste man hier eine Gesetzmässigkeit vermuten 3 )?
Beide Fragen können von einander nicht getrennt werden; man fand bald,
dass es thatsächlich eine grössere Anzahl von Punkten am Himmel giebt, aus
welchen Sternschnuppen zu kommen scheinen, und »war stets an bestimmten
Tagen des Jahres; d. h. das Bild, welches die Sternschnuppen im Grossen und
Ganzen darbieten, ist zwar so, dass aus allen Punkten des Himmels Stern-
schnuppen auszustrahlen scheinen, also in allen Punkten des Himmels Radianten
gelegen sind, welche aber, ohne bestimmtes Gesetz vertheilt, jeden beliebigen
Tag des Jahres Sternschnuppen liefern, und bei denen die Ungleichmässigkeit
der Vertheilung nur eine Folge der Bewegung der Erde ist; nebst diesen
Sternschnuppen, welche, vereinzelt von verschiedenen Radianten kommend, als
sporadische bezeichnet werden, giebt es aber noch gewisse Radianten, aus denen
Sternschnuppen in grosser Zahl, in ganz bestimmten Zeiten kommen, und welche
Radianten von Sternschnuppenschwärmen oder (nach Schiaparelli) syste-
matischen Sternschnuppen bilden.
Quetelet machte schon 1836 auf den Radianten im Perseus aufmerksam,
aus welchem am 10. August eine grosse Zahl Sternschnuppen ausstrahlt. Diese
Erscheinung war übrigens schon frühzeitig bemerkt worden, wenn man auch
derselben keine weitere Bedeutung — am allerwenigsten eine astronomische bei-
legte; ihrer wurde als der »feurigen Thränen des hl. Laurentius« bereits in
alten Kirchenkalendern gedacht, welche Bezeichnung sich im Volksmunde auch
noch jetzt erhalten hat.
1836 und 1837 machten Humboldt und Herrick auf den bedeutenden Stern-
schnuppenfall am 6. Dezember aufmerksam, welcher mit einem am 6. Dezember
>) 1. c, Bd. a6, pag. 144. Die Höhe ist aus den an verschiedenen Punkten beobachteten
Orten des Radianten berechnet. Da diese Beobachtungen aus den Bahnen der Sternschnuppen
am Himmel bestehen, aus denen erst der Radiant erschlossen werden muss, so kann der
angegebene Ort Air diesen selbst um mehrere Grade fehlerhaft sein.
*) Der Sternschnuppenfall wiederholte sich in aussergewöhnlich grossartigen Dimensionen
wieder im Jahre 1866; dieses Mal aber sehr stark in Europa, wahrend er in Amerika nur
schwach war. In Greenwich zählte man um 12* 42*»: 70 Sternschnuppen in der Minute, um
1*5*»: 118, um 1*20 das Maximum von 123 Sternschnuppen in deT Minute. Fayk, der in
Paris beobachtete bemerkt dazu (Compt. rend. Bd. 63, pag. 849) : »CV qui m'a U plus frappi
ttsi qut ioutts ces itoilts sauf deux dtvergeaunt de la partit supirieure dt la consUllatum du Lion
(omme tn /8jj.<
12«
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Kometen und Meteore.
1798 beobachteten coincidirte l ). Araco fand einen fixen Radianten für den
Sternschnuppenschwarm vom 21. April; Heis einen solchen für den 26. Mai,
und für den 1. 2. und 3. Januar; Schmidt für den 29. Juli.
Hieraus kann man nun zunächst schliessen, dass solche Schwärme sich im
Welträume in Bahnen bewegen, welche die Erdbahn schneiden, und zwar in
Punkten, in welchen die Erde an den angegebenen Daten sich befindet Diesen
Schluss zog bereits Olmsted 1834 aus dem Novemberphänomen. Er erwägt noch
die Möglichkeit, dass die Sternschnuppen Satelliten der Erde wären; der von
ihm gefundenen Entfernung des Radianten von 3600 km von der Erdoberfläche:
d. i. nahe r = 9970 km = 1565 Erdhalbmessern entspricht aber die mittlere
Bewegung in einer Secunde «= 130"*7 oder eine Umlaufszeit von 9917*
= 2*45*" 17'. In diesem Falle aber müsste sich der Radiant zwischen den Gestirnen
weiter bewegt haben, und zwar der obigen mittleren Bewegung entsprechend, um
130°-7 in einer Stunde, während er nach den Beobachtungen zwischen den Ge
Stirnen fest war. Olmsted schliesst demnach, dass der Schwärm sich um die Sonne
]
bewegt"). Die Umlaufszeit des Schwarms muss aber genau — Jahre sein, da sonst
der Schwärm nicht immer zur selben Zeit die Erde begegnen würde: dann aber
wird die halbe grosse Axe in Einheiten der Erdbahnhalbaxe:
« — y=f also für « = 2, 3 0 =^ = 0*630, y= — 0 481 ...
Da aber das Aphel die Erdbahn erreichen muss, weil sonst die Sternschnuppen
nicht zur Erde gelangen könnten und das Perihel auf der anderen Seite der
Sonne liegen muss, so muss 2a mindestens gleich der Entfernung der Erde
von der Sonne, also mindestens gleich 1 sein; die Umlaufszeit kann daher nicht
IJahr sein; und daraus schliesst Olmsted, dass die Umlaufszeit ein halbes Jahr,
die halbe grosse Axe 0 630, daher die Entfernung des Perihels 0-260, also noch
etwas innerhalb des Mercurperihels sein muss. Die Bahn liegt weiter so, dass
die Richtung des Aphels nach dem Erdorte am 12. November, daher die Richtung
des Perihels gleich der geocentrischen Länge der Sonne am 12. November, also
gleich 21° Scorpion ist, und dass die Neigung der Bahn gegen die Ekliptik so
ist, dass die Richtung der Tangente an die Bahn gegen den beobachteten
Radiationspunkt geht, also etwa 7 bis 8°. Auch H. A. Newton hielt später
noch an der Annahme einer kurzen Umlaufszeit, nahe ein Jahr, fest
Gegen diese Resultate waren aber zwei Bedenken: die Erscheinung wiederholt
sich nicht alle Jahre, und wenn man die hierbei gemachte Annahme festhalten
wollte, müsste man für alle an bestimmten Daten periodisch wiederkehrenden
Sternschnuppenschwärme genau dieselbe Umlaufszeit von einem halben Jahr oder
einem Jahr annehmen. Olbers folgert daher viel richtiger, dass der November-
schwärm sich in einer viel länger gestreckten Ellipse mit einer Umlaufszeit von
mehreren Jahren in einer Bahn um die Sonne bewegt, die die Erdbahn am
13. November schneidet. Dass durch mehrere aufeinanderfolgende Jahre Stern-
schnuppen beobachtet werden, die diesem Schwärm angehören, hat seinen Grund
darin, dass die Sternschnuppen nicht in einem Punkte concentrirt, sondern über ein
') Aeltere Angaben, vor 1772, finden sich für diese Schwärme nicht.
a ) Auch Araco schliesst sich dieser Meinung an, und bezeichnet die Sternschnuppen als
eine neue planetarische Welt : » C est un notatau mondt planctaire, qul commena h st reveler ä
tums* (Compt. rend., Bd. I., pag. 395,)
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Kometen und Meteore.
181
grösseres Bahnstück vertheilt sind, so dass man »im Jahre 1834 nicht dieselben
wiederkehrenden Körperchen sah, die man im Jahre 1832 und 1833 gesehen hattest.
In der That kann man, wenn man die Erscheinungen 1833, 1799 mit der bereits
früher von Humboldt erwähnten von 1766 zusammenhält auf eine Umlaufszeit
von 33 Jahren schliessen; der Sternschnuppenfall von 1866 führt dann unmittelbar
darauf, dass 1899 wieder der Punkt der stärksten Concentration die Erde treffen
wird, und 1898 und 1900 noch bedeutende Sternschnuppenfälle als Vorläufer und
Nachzügler zu erwarten sind.
Bei den Beobachtungen der Sternschnuppen musste aber nunmehr das
Augenmerk nicht nur auf die Sternschnuppen selbst, sondern auch auf die
Radiation gerichtet werden. Bei denjenigen Beobachtungen mehrerer Stern-
schnuppen an demselben Orte oder an verschiedenen Orten, für welche sich
Radianten bestimmen Hessen, wurden diese ermittelt, und alle berechneten
Radianten in ein Verzeichniss eingetragen. Solche Radiantenverzeichnisse sind:
Greg: Verzeichniss von 56 Radianten in dem »Report of the British Asso-
ciation« für 1864 (pag. 98), nebst einer Erweiterung in der Scientific Revue für 1868.
Heis. Verzeichniss von 84 Radianten, Astron. Nachrichten, Bd. 69 (No. 1642).
Schiaparelli: Verzeichniss von 189 Radianten aus den Beobachtungen von
Zezioli; »Entwurf einer astron. Theorie der Sternschnuppen < 1866 (pag. 84).
Schmidt: Verzeichniss von 150 Radianten; in den »Astron. Beobachtungen
über Sternschnuppen«, 1869.
Endlich fasste Kleiber 1490 berechnete Radianten, welche von Corder,
D enning, Greg, Gruber, Heis, Konkoly, Neumayf.r, Schiaparelli, Schmidt,
Tupmann, Zezioli in 26049 Nächten beobachtet worden waren, in einem
Radianten-Katalog zusammen.
Untersuchungen über die Vertheilung der Radianten rühren wieder von dem
um die Meteorastronomie hoch verdienten Schmidt her. Er giebt die folgende
Zusammenstellung der in seinem Kataloge vorkommenden Radianten:
Im Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec.
Sicher bestimmte Rad. 1 0 0 1 2018 26 9 12 52
Genäherte Radianten 3 1 1 0 0888179 612
Zwischen der Anzahl der Radianten einer Nacht, und der stündlichen Häufig-
keit der Sternschnuppen findet Schmidt die folgende Beziehung:
für «=1 23 4 5 6 7
Radianten in einer Nacht ist die stündliche Häufigkeit der Sternschnuppen
$ = 4-7 6-7 99 138 210 220 308
aus 25 325 338 185 121 51 61 Beobachtungen').
Reducirt man diese für» Radianten gültigen Zahlen auf einen Radianten, so folgt für
««= 1 2 3 4 5 6 7
- = 47 33 33 3-4 42 3-7 4-4
«
im Mittel als Anzahl der von einem Radianten stündlich ausgehenden Stern-
schnuppen 3*9.
Noch ausgedehntere Untersuchungen über die Vertheilung der Radianten
hat Tillo ') gestützt auf den KLEiBEß'schen Radiantenkatalog, vorgenommen.
Die 1490 Radianten vertheilen sich auf die einzelnen Monate folgendermaasscn:
') SchumaCHkr's Jahrbuch für 1837, pag. 60.
•) Artron. Nachrichten, Bd. 88, pag. 341.
*) Bulletin Artronomique, Bd. 5, pag. 237 und 283.
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Kometen und Meteore.
Im Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept Oct. Nov. Dec.
Zahl d. Radianten 1 ) 106 95 136 180 108 115 238 306 188 219 169 115
in % 5 4 4 8 6 9 9 1 5 5 5 8 12 0 15 5 9'6 11 '0 8 6 5*8
Zahl der Tage in % 5 4 6 1 5 6 7 6 5 5 5 9 10-9 13 4 12 4 1P0 8'6 7 6
Zahl d. Meteore in & 3 4 2 2 2 1 6 8 2 6 2 9 121 38 1 5-1 8 5 113 4-9
Um die Vertheilung der Radianten auf der Himmelskugel zu untersuchen,
wird diese durch Deklinationskreise und Parallelkreise von 30° zu 30° getheilt,
und für jeden Monat die Zahl der Radianten untersucht, welche in eines dieser
Viereck
allen
Füi
wird diese Tafel:
-+- 60° + 30«
0°
30
I 60
90
120
II 150
180
210
m 240
270
300
IV 330
360
34
33
26
53
63
57
47
40
39
— 30° — 60° Zu-
sammen
7
(0
5
2
0
2
20
19
16
34
89
36
33
32
30
4
4
6
2
4
1
143
146
129
93
98
89
In
f. alle nördf.
Meteore
10-2
10
9
•3 |
•3'
29-8
6-6
6
6-3
1
•8 \ 19
für alle De-
klinationen
9-6
98
8-7
J 28-1
6-2
6
6
•6 1 18-8
■0^
13
21
35
42
50
86
23
88
29
307
58
50
47
565
25
34
46
43
36
413
17
10
17
3
3
4
27
18
19
144
3
4
3
3t
100
118
188
61 1
8 0 \ 23-0
8-9 '
6- 7
7- 9
9-3
23 9
154
146
136
1490
9-4
9 4 \ 27 !
8-7 J
10-8
9
9
\
•1 '
29-2
Die Zahl der Nächte, in weiden während des ganzen Zeitraumes, über den
sich der Catalog erstreckt, Sternschnuppen aus diesen Radianten beobachtet
wurden, ist in der folgenden Tabelle eingetragen:
8 = + 90° +60
631
517
405
360
30«
0° - 30° - 60
1227
1191
1015
208
418
380
252
605
859
790
512
712
469
384
341
572
297
1005
783
788
992
858
783
607
564
558
SU
562
636
210
121
42
80
103
125
359
229
374
60
0
32
90
123
28
zu-
sammen
8120
2687
2227
In Procenten
f. alle nördl.
Meteore
12-6
II
9-5
für alle De-
klinationen
•6 , 121 *
2 1 38-3 10-4 1 310
•s i 8-5 >
1839
1998
1618
7 4 7-0.
7-8 J 21-7 7 7 \
6-5 ' «•« '
7-0
7-7 } 0 -
6-2
56
66
121
1767
1578
2120
60,
57 1
72 '
189
6-8 x
6-0 1 20-9
81'
657
632
810
294
178
492
80
103
63
2377
2268
2450
4966 | 9735 | 7920 j 2607 | 821 |
26049
8-9
8-8
8-4
261
91
8
9-4
•7 J 27 S
') Die Gesammuabl beträgt hier 1975, indem 485 in mehreren
Radianten wiederholt angeführt erscheinen.
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Kometen und Meteore.
Dach der Deklination geordnet entfallen:
Zwischen 8= -h 90° 4-80° H- 70° -h 60° + 50° 4-40° -4-30°
In ft: 39 59 110 128 131 119
Zwischen 8 = 30 c 20° 4-10° 0 — 10° und darunter:
In #: 10 8 11-5 7-4 5 0 6-7
Nach der Stellung zur Sonne vertheilen sich die Radianten folgender-
maassen 1 ) (in Procenten):
Im Heiion Im Antiapex Im Anthelion Im Apex
315° 45° 135° 225°
330 *'\ 60 150 *'* -240 9 *
0 90 II 180 \*l 270 l H
30 "** 120 b 'l 210 300 II
45 07 135 42 225 90 315 23
Zusammen 5*4 12'5 47 0 35 1
Es sind daher im Antiapex nur etwa der dritte Theil wie im Apex, tn diesem
aber etwas weniger als im Anthelion; dabei ist aber zu bedenken, dass, da der
Ort des Apex von dem Orte der Sonne nur um 90° absteht, in dem Oktanten
270° bis 315° die Zahl der Radiationspunkte in dein Maasse verringert werden muss,
als die Gegend näher zur Sonne rückt.
Bei der Vergleichung der von verschiedenen Beobachtern gefundenen
Radianten zeigt sich, dass nebst einer grossen Zahl von sporadischen Meteoren
sich auch einzelne Radianten finden, die sich innerhalb der Unsicherheit, welche
der Bestimmung derselben aus den Beobachtungen zugeschrieben werden darf,
als identisch ergeben, welche sich überdiess durch mehrere Nächte erhalten,
welche also den Charakter der früher erwähnten Radianten im Löwen und im
Perseus tragen, wenn auch das Phänomen für das blosse Auge nicht so auffällig
zu Tage tritt. So fand Schmidt von 150 in seinem Kataloge aufgenommenen
Kadianten 26 identisch mit von Heis beobachteten, 45 identisch mit GREG'schen,
und 17 mit von Neumayer bestimmten Radianten.
Die grosse Mehrzahl der Schwärme ist nicht so sehr hervorstechend durch
Zahl und Helligkeit der Sternschnuppen, als durch ihre regelmässige Wiederkehr
an ganz bestimmten Tagen.
Ob es auch Sternschnuppenschwärme giebt, welche die Erdbahn nicht
schneiden, kann natürlich nicht behauptet, weil nicht erwiesen werden; solche
Schwärme müssten, um gesehen zu werden, wenn sie nicht in der Atmosphäre
eines anderen Himmelskörpers zum Leuchten kommen, selbstleuchtend sein;
wenn sie aber in der Atmosphäre eines anderen Himmelskörpers in grosser Zahl
zum Leuchten kommen, so können sie bei diesem eine Erhöhung der Licht-
intensität, ähnlich wie bei Lichtausbrüchen bewirken. Es ist nicht unmöglich,
dass z. B. der zwei Monate nach dem Periheldurchgange erfolgte Lichtausbruch
des Kometen 1888 I auf eine solche Ursache zurückzuführen ist. Für den
Kometen 1884 I machte Chapel 9 ) die Bemerkung, dass er am 13. Januar durch
den Schwärm der Bieliden und am 19. Januar durch den Schwärm vom 6. bis
13. December gegangen sei.
Ueber die Beobachtung eines thatsächlich teleskopischen Meteorschwarms
belichtet Schmidt in seinen »Resultaten« (pag. 173). Während der Tagesbeob-
>) Die Zahlen zwischen 30° und 60°, zwischen 120° und 150° sind hier halbirt, um
die Quadranten gemäss der Stellung zur Sonne besser zu trennen.
*) Compt. rerul., Bd. 98, pag. 591.
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Kometen und Meteore.
achtungen des Polarsternes am 16. Mai, sah er im Fernrohre einen Strom von
feinen Lichtpunkten in ausserordentlich grosser Menge, die das Fadennetz unter
einem Winkel von 40° durchschnitten, und aus dem HEis'schen Nordpol-
radianten tt — 353°, 8 = -+- 85° zu kommen schienen. Schmidt hält diese
Lichtpunkte Air einen Meteorstroro.
Von grossen Sternschnuppenschwärmen sind in erster Linie die 4 folgenden
zu erwähnen, wobei das Datum: die »FallzeiU vorangesetzt ist:
1) April 18. 19. 20. Radiant: a = 267°; 8 = -4- 33 °, in der Nähe des
hellen Sterns Wega in der Leier; der Schwärm wird aus diesem Grunde auch
die Lyraiden genannt.
2) August 10. it. 12. Radiant: ot = 45°, 8 = H- 57° in der Nähe des
Algol im Sternbild des Perseus, daher auch Perseiden (im Volkesmunde die
Thränen des hl. Laurentius) genannt. Bei diesem Schwärm ist jedoch zu be-
merken, dass hier weniger von einem Radianten, als von einer Radiationsgegend
gesprochen werden muss, welche sich nördlich und östlich von dem Algol
hin erstreckt. Nebst dem erwähnten Hauptradianten sieht man zur selben
Zeit stets noch eine grössere Anzahl anderer Radianten in der Umgebung thätig 1 );
hierzu kommt, dass auch die Fallzeit sich bedeutend länger erstreckt, als bei
anderen Strömen; zwischen 2. und 12. August sieht man unausgesetzt eine
auffallend grosse, wenn auch nicht so übermässige Anzahl von Sternschnuppen;
selbst schon von Ende Juli angefangen kann man, und zwar aus derselben
Radiationsgegend, eine erhöhte Anzahl von Sternschnuppen beobachten, welche
jedoch von Schmidt als ein besonderer, nicht zu den Perseiden gehöriger Schwann
angesehen werden.
Coul vier- Gravier glaubt bemerkt zu haben, dass der Augustschwarm von
Jahr zu Jahr an Intensität abnimmt; Quetelet führt, um dieses zu untersuchen,
die Mittelwerthe für die Anzahl der beobachteten Sternschnuppen zwischen 1837
und 1853 an, und hält aus denselben diese Behauptung für bestätigt. Zieht man
aus den Beobachtungen an verschiedenen Stationen das Mittel, so findet man:
August
8.
9-
IQ.
11.
12.
Zahl der Beob-
achtungsorte
1837
655
2
1838
530
1
1839
28-3
54- 1
1, 2
1840
148-7
620
1. 1
1841
870
68*0
1
1842
77'4
63*5
124-7
1, 3, 6
184S
640
l
1846
27-6
1
1847
480
ms
66-7
1. 1. 1
1849
82-0
50-8
880
1, 1. 1
I850
80-0
80-2
555
820
1, 5, 3, 1,
1853
24*4
69-7
242
1. 2, l
Aus diesen Zahlen scheint jedoch eine Verminderung der Intensität nicht
hervorzugehen; allerdings scheint nicht jedes Jahr dieselbe Intensität zu heirschen,
aber eher eine Andeutung von Stellen stärkerer Verdichtung aufzutreten, wenn
sich auch eine Gesetzmässigkeit nicht verräth.
*) Man gebraucht das Wort »die Thatigkeit« eines Radianten für die Erscheinung, das«
von ihm Sternschnuppen tu kommen scheinen.
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i8 5
3) November 13. 14. 15. Radiant: o« 149°, 9 =3 ■+- 21° in der Nähe des
Regulus im Sternbilde des Löwen, daher Leoniden genannt. Der zuerst be-
kannte und reichste Sternschnuppenschwarm.
4) November 27. Radiant: a = 24°, 3 = -+- 44°. Im Sternbilde der An-
dromeda, daher Andromediden und aus einem später ersichtlichen Grunde
auch Bieliden genannt
Andere bemerkenswerthe Sternschnuppenfälle finden statt:
2. 3. Januar; Radiant im Hercules am 16.— 24. October; Radiant im
19. 20. Februar; Radiant im Hercules Orion (Orioniden)
12. — 15. April; Radiant in der Leier „ 8. — 12. December; Radiant in
25. — 31. Juli; Radiant im Schwan den Zwillingen (Geminiden).
Ueber die mittlere Helligkeit der einzelnen Ströme giebt Schmidt 1 ) die
folgenden Daten:
»>
»>
für den Strom vom
1. — 5. Januar
B = 414
aus
13 Beobachtungen
19. 20. Februar
4-80
n
44
'»
20. 21. April
371
11
13
(meist Lyraiden)
25. — 31. Juli
422
11
84
»
(Vorläufer der Perseiden)
7. — 13. August
399
11
75
»»
(meist Perseiden'
17.— 24. October
348
1»
49
11
12.— 13. November
3-31
11
12
11
(meist Leoniden)
11.— 12. December
390
11
14
11
Ein besonderer Unterschied der Helligkeit gegen die Helligkeit der spora-
dischen Meteore in den einzelnen Monaten ist dabei nur für die Lyraiden, den
Otionstrom und die Leoniden, welche etwa um eine halbe Grössenklasse heller
sind. Auch die Perseiden sind durchschnittlich nicht heller wie die sporadischen
Juli- und August-Meteore.
Newton hat im Jahre 1863*) aus den älteren Erscheinungen diejenigen
herausgesucht, welche der Zeit nach mit diesen Schwärmen identisch sind, indem
er die Zeitangaben mittels der Länge des siderischen Jahres auf den Gregoriani-
schen Kalender und die Epoche 1850 reducirte. Er findet die folgenden An-
gaben von bedeutenden Sternschnuppenfällen als zusammengehörig:
1) Die Lyraiden: 687 und 15 v. Chr. Geb., dann n. Chr. Geb.: 582, 1093,
1094, 1095, 1096, 1122, 1123, 1803 ziemlich genau coincidirend zwischen April 19
und 21.
2) Die Perseiden: n. Chr. Geb.: 830, 833, 835, 841, 924, 925, 926, 933,
1243, I 45 I ziemlich genau zwischen August 8 und 10 fallend; nur 933 giebt
die Rechnung August 6— 11; ausserdem noch in der Nähe die folgenden vier
Einzelangaben: nach Chr. Geb.: 36 Juli 21, 784 Juli 29, 714 August 3, und
865 August 19. Hier kann noch von einer Ausdehnung der Radiation über
mehrere Tage in der jetzt beobachteten Art nicht gesprochen werden.
3) Die Leoniden: n. Chr. Geb.: 585, 902, 1582, 1698, 1799, 1833, No-
vember 11 — 13.
4) Für die Bieliden findet sich keine ältere Angabe.
Newton reducirt auch die übrigen Sternschnuppen aus Quetelet's Katalog
und findet die folgenden Resultate:
») Astr. Nachrichten, Bd 88, pag. 348.
•) American Journal of Science and Art», II. Serie, Bd. 36.
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i86
Kc
»meten und
Meteore
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954
31 :
934
•1
: 1565
t „ 26:
839 '
1 >i
3»
: 1002
Hiernach gruppiren sich die Sternschmppenfälle um gewisse Daten, von
denen die auffälligsten durch Klammern verbunden sind. Insbesondere ist hervor-
zuheben, dass nebst den oben erwähnten beiden Schwärmen von 585 und 902
deren Datum (reducirt) auf den 12. bezw. 11. November fällt, sich von 855 an
eine Reihe von Daten findet, die sehr wohl mit den späteren Novemberphänomenen
1582, 1698, 1799, 1833 vereinbar sind, wenn man eine sucsessive Verspätung in
der Fallzeit annimmt. Newton nimmt dafür einen Tag in 70 Jahren. Nun
fand zwischen dem 11. November 1799 und 12. November 1833 eine Verspätung
von einem Tage statt, und ebenso wieder bis zum 13. November 1866, für
welche Humboldt und Olbers eine Erklärung in der Verschiebung des
Knotens der Bahn gaben. Durch die Störungen, welche die Planeten auf
die übrigen sich um die Sonne bewegenden Himmelskörper ausüben, wird näm-
lich die Bahnfage geändert. Hierfür wurden bereits in der >a)lgemeinen Ein-
leitung in die Astronomie« Formeln entwickelt (Formel 3, pag. 110), welche
auch hier angewendet werden können, wenn man nur unter ([, 0, D bezw. die
Länge des gestörten, des störenden Himmelskörpers, und die Elongation der
beiden versteht. Das seculare Glied ist übrigens von diesen Grössen frei, und
daher von dem Orte des Himmelskörpers in der Bahn unabhängig. Dabei
ist o» = dfo das Differential der Störung in der Knotenlänge, ot das Differential
der Bewegung des gestörten Körpers in Länge. Es ist aber zu beachten, dass
diese beiden Grössen im entgegengesetzten Sinne zu nehmen sind: o im Sinne
der directen Bewegung, o> im Sinne der retrograden Bewegung (wie aus Fig. 40
pag. 108 folgt) 3 ). Ist daher die Bewegung des gestörten Körpers direct, so ist
die Secularbewegung des Knoten ' v das constante Glied in Formel 3) retrograd.
Da nun das Verspäten der Sternschnuppen des Novemberschwarmes auf ein
') 11 18 December 27, reducirt auf 1850: 11 19 Januar 5.
9 ) Vielleicht zu den Lyraidcn gehörig.
*) Daran wird auch nichts geändert, wenn man den anziehenden (störenden) Körper statt
in der Richtung BS in der entgegengesetzten Richtung (rechts von E) annimmt, denn die
Störung äussert sich in der Differenz der Anziehung auf den Körper E und S; da der gestörte
Körper dann weiter vom störenden Körper entfernt ist, als der Centraikörper, so wird letzterer
stärker angezogen, so dass die Differenz der Anziehungen sich gleichsam in einer Abstossung,
wieder im Sinne RS offenbart.
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Kometen un<1 Meteore.
Vorrücken der Knotenlinie (zu einem Orte, wo sich die Erde in einem späteren
Datum befindet), deutet, so schloss schon Humboldt, dass die Meteore des
Novemberschwarms in ihrer Bahn retrograd sein mlissen, eine Vermutung, die
sich später auch bestätigte.
Die Störungen, welche die sich in elliptischen, parabolischen oder hyper*
boiischen Bahnen um die Sonne bewegenden Sternschnuppenschwärme erleiden,
sind, solange sie sich den störenden Himmelskörpern nicht allzusehr nähern,
so gross oder so klein auch die Sternschnuppen sind, ganz von derselben Art,
wie die Störungen aller andern Himmelskörper. Ihre Berechnung kann auch auf die»
selbe Art erfolgen, und gehört nicht hierher. Nebst diesen Störungen erleiden aber
die Sternschnuppen, ebenso wie diejenigen Kometen, welche sich einem Planeten
auf sehr kleine Distanzen nähern, weitaus grössere Störungen, welche aber bei
den periodischen Schwärmen genau derselben Art sind, wie sie bereits bei den
sporadischen Meteoren angeführt wurden: Geschwindigkeitsänderungen und
Aenderungen der Radianten (Zenithattraction).
Infolge der Zenithattraction können nun aber diejenigen Sternschnuppen des
Schwanns, welche bei einem Umlaufe sehr nahe bei der Erde vorbeigehen, so
weit aus ihrer Bahn abgelenkt werden, dass sie ihre Umlaufszeit beträchtlich
ändern 1 ). So kann für den Novcmberschwarm, dessen Umlaufszeit 33 J Jahre
beträgt, durch die Erdanziehung diese Umlaufszeit auf 28f Jahre verkürzt oder
auch auf 50 Jahre verlängert werden; eine parabolische Bahn kann durch die
Erdanziehung in einen elliptischen Strom verwandelt werden, für welchen die
Umlaufszeiten je nach der Entfernung, bis zu welcher sich der Strom der Erde
nähert, selbstverständlich verschieden sind Nähert sich der Strom zur Entfernung
p, so wird die Halbaxe a und Umlaufszeit /'gegeben durch 2 ):
für p=\ 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Erdradien
wird ö=2 65 5 04 7 43 9 90 12 46 14 77 1719 19 64 22 08 24 45 Erdbahnhalbax.
7=4-31 H'31 20 26 3115 43 98 56-76 71-27 87 04 103 75 120 90 Jahre.
Dadurch werden dann diese Theile aus der Sternschnuppenwolke abgelöst,
sie eilen vor oder bleiben zurück, treten theilweise auch aus dem ganzen
Schwarme heraus, sodass dieser in die Länge gezogen und verbreitert wird. Im
l^ufe der Jnhre bei wiederholten Vorübergängen muss dann durch die fort-
währende Zerstreuung eine Vertheilung des Sternschnuppenschwarmes und eine
Verringerung der Dichtigkeit entstehen. Diese Zerstreuung ist aber um so grösser,
je grösser die Zenithattraction ist, d. h. sie ist stärker für Ströme, die aus dem
Antiapex kommen, welche sich also direkt bewegen. Daher kommt es, dass der
sich retrograd in geringer Neigung bewegende Strom der Leoniden (Entfernung
des Radianten vom Apex etwa 14°), so wenig zerstreut wird, und daher mit so
grosser Regelmässigkeit nach je 33^ Jahren mit seinem Maximum auftritt, während
die Zerstreung des Stromes sich auf etwa 3 Jahre, d. i. ungefähr ^ seiner Bahn-
länge erstreckt. Mehr zerstreut ist der Strom der Perseiden, für welchen der
Abstand des Radianten vom Apex 40° ist; dieses würde aber noch nicht hin-
reichen, die sonderbaren Erscheinungen der grossen räumlichen und zeitlichen
') TwiNiNG (American Journal of Sciences, II. Serie, Bd. 33, pag. 255) bemerkt, dass durch
die Zenithattraction auch der Knoten eine retrograde Bewegung erhält, indem die Sternschnuppen
schneller, also früher, d. h. an einem etwas zurückliegenden Punkte der Erdbahn , zur Erde ge-
langen; doch betrifft dieses natürlich nur die zur Erde oder in unmittelbarste Nähe derselben
gelangenden Meteore, nicht aber den ganzen Schwärm.
*) SCHIAPAKELLI, 1. C, pag. 153.
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i88
Kometen und Meteore.
Zerstreuung dieses Stromes zu erklären. Weniger intensiv, fast unauffällig sind
die stark zerstreuten Ströme der Lyraiden (Elongation des Radianten vom Apex
57°) und der Bieliden (Elongation des Radianten vom Apex 115°). Namentlich
der letztere Strom scheint in stetiger Auflösung begriffen zu sein.
Ganz ähnliche Wirkungen müssen natürlich auch die anderen Planeten
hervorbringen; nur wird bei ihnen die Wirkung in dem Maasse kleiner, als die
Masse und die Entfernung von der Sonne kleiner wird, d. h. je kleiner die
Wirkungssphäre ist Schiaparelu giebt die folgende Tafel 1 ):
Aequi-
tor-
hnlb-
messer
Ma?5C
Rela-
tive
Ströme aus dem Antiapcx
Bc- Zcnith-
s-chlcu- attiaction
nigte
Geschwintligk.
Mcrcur
Venu»
Erde.
Mnrs.
Jupiter
Saturn
Uranus
Neptun
0- 390
0969
1- 000
0545
0 08
19483'"! -2012!»
0 8« 14432
1-0O 12120
0-12 | 9818
11-640 338-0O i 5314
10010 10100 1 3924
4-790
4 450
17-00
1800
2767
2227
17717
164*2
11129
00419
35694
21221
2257 i
im
I lorironte
1°52'
12 22
17 20
7 10
79 56
77 27
75 1
78 45
Ströme aus dem Apex
Be-
schleu-
nigte
Gc«-cliwinriigk.
Rela-
tive
Zcnith-
attraetion
im
Horizonte
. 1 13558
113671
7-30! 83081 83743
1174 70642 71520
2- 15 57224 57465
20651 30971 67686
h314 22873
3830
6349
12890
42212
26512
25898
0° 3'
0 35
0 42
0 14
40 48
33 6
27 22
37 5
608
333
113
187
Dabei ist als Einheit der Entfernung der Erdhalbmesser, als Einheit der
Masse die Erdmasse gewählt; in der mit E überschriebenen Colonne ist die
äusserste Distanz (in Erdradien ) angesetzt, bis zu welcher sich der Körper nähern
muss, um eine Ablenkung von 4° im Horizonte zu erfahren.
Je kleiner die Wirkungssphäre ist, desto geringer ist die Aenderung der
Geschwindigkeit, desto geringer daher auch die Zenithattraction; dieses ist bei
den inneren Planeten der Fall. Für die äusseren Planeten, deren Geschwindig-
keiten nur mässig sind, werden hingegen die relativen Geschwindigkeiten aus ver-
schiedenen Theilen des Himmels nicht sehr verschieden, daher gleicht sich der
Unterschied zwischen den Strömen aus dem Apex und Antiapex aus.
Bei dem Anlegen von Radiantenverzeichnissen muss man nothwendig jene
Radianten zusammenziehen, welche am Himmel nur so weit von einander liegen,
dass man die Unterschiede ab aus Beobachtungsfehlern entstanden ansehen
kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der wahre Radiant fest ist, nicht aber
der scheinbare, von der Erdbewegung afficirte. Es genügt, den Werth des
scheinbaren Radianten aus demjenigen des wahren Radianten zu suchen, und
den Einfluss einer Veränderung des Apex auf den Ort des scheinbaren Radianten
zu bestimmen, um sich von dem Fortrücken des letzteren von einem Tage zum
anderen zu überzeugen. Auf diesen Umstand hat schon Ermann*) im Jahre 1840
hingewiesen. In den bisher festgehaltenen Bezeichnungen wird, wenn noch mit
g die Rotationsgeschwindigkeit der Erde am Aequator, also g cos B die Rotations-
geschwindigkeit in der Breite B, und a, 6 die Rectascension und Deklination
des Punktes, gegen welchen die Erdrotation zu stattfindet, bedeuten:
v cos %cos S) G cos a cos d -f- geos B cos a cos 3 = u Q cos %' cos £>'
v sin ü c os SS) ■+- G sin a cos d -4- g cos B sin a cos $ = u 0 sin $f cos S)'
v sin $5 -h G sin d 4- g cos B sin 6 = » 0 sin 2>'.
«) 1. c, P *g. 156.
*) Astron. Nachrichten, Bd. 17, pag. 8.
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Kometen und Meteore.
189
Aendern sich nun die Grössen a, d, a, 6 so werden sich auch bei constanten
Werthen von v, SH, $ die Grössen u 0 , §(', 5)' ändern. Die Untersuchung wird am
einfachsten, wenn man die Gleichungen auf die Ekliptik bezieht; dann ist an
Stelle von % 2), a, ä, W £': 1', B, /, 0 (weil die Breite des Apex Null ist),
■1?', 93' zu setzen. Die Richtung der Erdrotation ist senkrecht auf den Meridian
gegen die Westseite zu, und parallel zum Aequator; also die Rectascension des
Apex der Erdrotation gleich der um 90° verminderten Sternzeit 9, und die
Declination Null, also a = 9 — 90°, 6 = 0; hieraus folgt fttr die Länge und
Breite (X und ß)
cos ß cos X = -+■ sin 9
cos ß sin X = — cos 9 cos t
sin ß = cos 9 sin e
und damit:
u 0 cos g' cos 33' = v cos ? cos f& -4- G cos l •+■ g cos B sin 9
u 0 sin cos SB' = v sin t? cos SB -+- G sin l — g cos B cos 9 cos %
u 0 sin 93' = v sin SB -t- g cos B cos 9 sin t.
Durch Differentiation dieser Gleichungen bei constanten v, ?, 33, G, g, t,
B erhält man:
cos V cos SB' A* 0 — u 0 sin ?' cos 93' AS' — u 0 cos ?' sin 93' A93' =
— ' G sin /A/ -+- g cos B cos 9 A9
sin 2' cos 93' A» 0 -+- » 0 cos Ö' <w 93'Atf' — « 0 sin 2' 93' AS' =
-+- G cos IM -+- geos B sin 9 <w s A9
j/ä 93' A« 0 -+- « 0 cos SB'ASB' = — 9 sin *A9,
folglich^):
« 0 <w 93' A8' = -h G cos (/ — 2') M — g cos B [sin ?' cos 9 — cos 2' sin 9 cos •] A9
« 0 A©' = G sin (/ - 2') i/« %>'M— gcosB [{cos 2' <w 9 -+-
4- sin 2' «'« 9 <w e) sin SB' -+- «'» 9 f/« e <w SB']A9.
Nun ist g — , wenn p der Etdhalbmesser, und <n die Anzahl der mittleren
o
Zeitsecunden in einem Sterntage ist; ferner G = jr^ , wenn R die mittlere Ent-
fernung der Erde von der Sonne, T die Länge des Beobachtungsjahres, und to l
die Anzahl der mittleren Zeitsecundcn in einem mittleren Sonnentage also
^ » 1 002738 ist; daher ist
G r 1 o>
P
und da ^ = sin rr® ist, wobei ir® die mittlere Acquatoreal- Horizontalparallaxe
der Sonne bedeutet, so wird
g — G — Tsin jr® = 0 0165 G = 460 m\
soll A9 in Stunden ausdrückt werden, so hat man 15^=0 247 G oder hinreichend
genau \G zu substituiren; man kann daher schreiben:
*w33'A2' = — [*«(/ — 2')A/- i^^^/jm^A9]
A93' — [j/Vi(/— 2')*/«93'A/ - | cos B(cos p sin SB' «'« 9 «* c cos 93') A 9]
A9 in Stunden; M, AI*', ASB' in Graden,
') Ermann erhält A93' von M unabhängig, weil et A« 0 vernachlässigt.
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190 Kometen und Meteore.
wobei / und q eine einfache geometrische Bedeutung haben : es ist / der Winkel
zwischen dem Meridian und dem Breitenkreis des scheinbaren Radianten, und q
die Breite des Durchschnittspunktes dieser beiden Kreise.
Q
Da nun — < 1 ist, so wird bei einer z. B. 3 stündigen Beobachtung cos 33' A 2'
und noch nicht £° sein. Man sieht übrigens hieraus auch, dass man die
vong abhängige Verschiebung des Radianten, die sogenannte »tägliche Aberration*
desselben, gnnz übergehen kann 1 ). Für die Verschiebung des Radianten, welche
in Folge der Aenderung des Apex eintritt, hat man daher:
cosWW^ G cos(l-
u o
A5LV = - 6 - sin (l - «')«'* Ö'A/.
"0
Da der Apex täglich um nahe 1° fortrückt, so erhält man die tägliche
Veränderung des Radiationspunktes, indem man A/= 1° setzt. Man wird
daher den Radianten nicht für längere Zeit als constant ansehen dürfen.
Hierauf hat bereits Schmidt aufmerksam gemacht; doch kann man Mittelwerthe
für mehrere oder einzelne Tage nur nehmen, wenn für jeden Tag eine genügende
Anzahl von Bestimmungen vorliegt; da dieses jedoch bisher nicht der Fall ist,
so muss man sich jetzt noch mit Mittelwerthen aus mehreren und selbst einer
grösseren Reihe von Tagen begnügen. Immerhin wäre es angezeigt, die
Radianten mehrerer Tage, ehe sie zu einem Mittel vereinigt werden,
auf eine gemeinschaftliche Epoche zu reduciren.
In aller Strenge aber dürfte man dann nicht die zuletzt abgeleiteten Formeln
anwenden, sondern wie dieses v. Niessl zuerst gethan hat 1 ), auf die kosmische
Verschiebung des wahren Radianten Rücksicht nehmen, welcher aber erst aus
der Betrachtung der Bahnen, welche die Meteorströme um die Sonne beschreiben,
hervorgeht.
VII. Bestimmung der Meteorbnhnen. Die Bestimmung der Bahn eines
Meteorschwarmes unterscheidet sich wesentlich von der Bestimmung einer
Planeten- oder Kometenbahn dadurch, dass man nicht drei oder mehr Positions-
bestimmungen hat, sondern nur den Radiationspunkt, die Richlung aus
') Denkt man sich den wahren Radianten bereits wegen der Bewegung der Erde in ihrer
Bahn corrigirt (mit Ausschluss der von g abhängigen Glieder), und sucht dann noch die Correction
wegen g, so kann man A(w 0 tos 93' cos 8') = geos 33 sin 0, u. s. w. betrachten; man erhält dann in
genau derselben Weise
cos 93' A8' = — — tos B [sm 8w/8' + tot 9 tos 8' tos t]
«0
A 93' = — — cos B {{sm 9 cos 8' — tos 9 sm 8' tos e) sin 93' - tos 9 sin t cos 93'1.
»0
Dabei ist der Cocfficient, wenn man die Aenderung gleich in Graden erhalten will:
0*945
Die Formeln werden hier noch einfacher, wenn man sofort die Verschiebung in Rectascension
und Declination sucht; di>nn ist e = 0, und man hat:
«vS'AST = - tos ß tos (ß - «')
«0
ASV = — tos ß sin (9 — «') sin
«0
*) Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften, Bd. 83, png. 96.
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Kometen und Meteore.
igt
welcher die Meteore zu kommen scheinen. Ein zweites Datum ist allerdings
die Beobachtungszeit; diese giebt den Ort der Erde, also den Schnittpunkt der
Sternschnnppenbahn mit der Ekliptik , d. i. den Knoten, und zwar den auf-
steigenden oder niedersteigenden Knoten. Die Entscheidung hierüber ist nicht
schwer. Ist die Breite 50 des Radiationspunktes positiv, so kommt der Schwärm
aus der Richtung der positiven Breiten zu denen der negativen, der beobachtete
Schnittpunkt mit der Ekliptik ist daher der niedersteigende Knoten, und die
Richtung des aufsteigenden Knotens befindet sich in der Richtung der Sonne;
es ist also die Länge des autsteigenden Knotens gleich dei Sonnenlänge 0;
ist hingegen die Breite 35 des Radiationspunktes negativ, so wird die Länge
des aufsteigenden Knotens 180° -+- 0. Angenommen wird nun, man habe den
scheinbaren Radiationspunkt direct aus den Beobachtungen abgeleitet, was ja
keine Schwierigkeit hat, wenn man die Schnittpunkte der scheinbaren Bahnen
einer grösseren Zahl von Sternschnuppen an der Himmelskugel in einen Globus
oder eine Sternkarte einträgt. Dieses graphische Verfahren wird bei dem jetzigen
Stand der Genauigkeit der Sternschnuppenbeobachtungen stets ausreichen. Aus
diesem scheinbaren Radianten ist zunächst der wahre Radiant zu bestimmen.
Dazu können aber die auf pag. 189 angegebenen Formeln nicht dienen,
weil dieselben die Kenntniss von u 0 , der relativen kosmischen Geschwindigkeit
voraussetzen. Kennt man diese (ebenfalls aus den Beobachtungen), so hat man
alle zur Berechnung nöthigen Daten. Allein man kennt nur Mittelwerthe aus ver-
einzelt erhaltenen Beobachtungen an verschiedenen Punkten, und gerade für die
Meteorschwärme ist es zunächst unmöglich, oder wenigstens nicht leichter als
für vereinzelte Meteore Bestimmungen von absoluten Höhen zu machen, da die
ungewöhnlich grosse Zahl der nahe gleichzeitig erscheinenden Meteore eine
Identifikation der an verschiedenen Punkten gemachten Beobachtungen erschwert.
Man ist dann auf gewisse Annahmen über die wahren kosmischen Geschwindig-
keiten angewiesen. Unmittelbar gegeben ist diese dort, wo die Umlaufszeit
des Schwarmes bekannt ist; dieser Fall findet z. B. bei den Leoniden statt;
die Umlaufszeit ist für sie 33*25 Jahre, daher die grosse Axe 10*34; hiernach
wird die Geschwindigkeit in der Entfernung r = R = 0*9911 (für November 13):
V R a'
0)
daher für die Novembermeteore (Ä-= 0*991 1 für den 13. November) «r== |/ 1*9212 •=
1*3861. Ist umgekehrt aus der beobachteten relativen Geschwindigkeit u 0 die
wahre Geschwindigkeit v gerechnet, so erhält man
a = ~2 (2)
wobei v in Einheiten der Geschwindigkeit der
Erdbahn auszudrücken ist, also wenn dieselbe
in Kilometern gefunden wurde:
(v) Kilometer
tf — — — -■ — .
29*6
Sei E (Fig. 269) der Nordpol der Ekliptik
A der Apex, S' der scheinbare Radiant; nach
Fig. 265 ist dann AS' = <|> und man findet und die Neigung 7 des grössten
Kreises AS' gegen die Ekliptik aus dem Dreiecke AES\ in welchem AE= 90 3 ,
ES' = 90° - AS' = < AES' S'AE= 90° - 7 »st:
(A. 269.)
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192
Kometen und Meteore.
cos <|» — cos 93' cos (?' — /)
sin stnf = sin (3)
sin cos y = cos 93' sin (?' — /).
Da <J* < 180° angenommen werden kann, so wird sin stets positiv zu
nehmen sein.
Nun ist der wahre Radiant (vergl. Fig. 265) in der Ebene Apex — Beobachter
— scheinbarer Radiant gelegen, also an der Himmelskugel der wahre Radiant
S in dem grössten Kreise AS'\ sei derselbe S, so ist AS = 9 und
sin ( f - *) = | x/V» 4,. (4)
In dieser Formel ist jedoch, wenn die Excentricität der Erdbahn nicht ver-
nachlässigt wird, G die wahre Geschwindigkeit der Erde, in Einheiten der mittleren
Geschwindigkeit, also
R ~ 1
oder ausreichend genau mit Vernachlässigung der zweiten Potenzen der Excentri-
citäten •)
0 = \- (4a)
Dann folgt aus dem Dreiecke ESA, in welchem EA = 90°, AS = <p,
ES = 90° - 93, SEA = 2 - / ist:
cos 93 sin (? — /) = «« f rttf y
<vx 33 cos (2 — /) = w ? (5)
x/w 93 = x/*« ff sin >
Dann sind die Compnnenten der wahren Geschwindigkeit v nach den drei
Axen, von denen die A"-Axe nach dem Frühlingspunkte gerichtet ist:
^ = — v c os © cos 8
^ = -t/,r*x93x<»e (6)
dz
j - = — v sin 93.
Die Coordinaten der Sternschnuppen zur Zeit der Beobachtung sind identisch
mit den Coordinaten der Erde; sind also 0, R, Länge und Radiusvector der
Sonne, so ist
X = — R COS 0
y = — RsinQ
z -* 0.
Da nun (vergl. d. Art. >M. d. H.«)
dy dx , g-
x ~dt-y Tt = *o v7«*<
y Ii ~ * % = VP sin & sini
dz dx r- . .
x — z -jf = *o VP cos ß xi« 1
') Setit man = 1 -f- a, so ist et von der Ordnung der Excentricität, daher
\~* Vi - o' 1
1 + a .ff*
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Kometen und Mcte*re. '93
ist, wobei / der Parameter der Bahn, ft, / Knoten und Neigung derselben, und
Jk 9 , da man es mit einer heliocen tri sehen Bahn zu thun hat, die Constante des
Sonnensystems ist. Wählt man aber für v als Einheit die mittlere Geschwindig-
keit der Erde in ihrer Bahn, so ist k 0 = 1, daher
Yp cos i = RvcosQ sin (8 — 0)
Yp sin Q» sin < = RvsinSb sin 0
Yp cos & sin i = Rv sinfd cos 0.
Nun ist aber, wenn der Kürze halber alle auf den Fall »93 positive bezüg-
lichen Formeln mit a, alle auf den Fall >8 negativ« bezüglichen mit b bezeichnet
werden :
ft = 0 (Ia) ft=18O° + 0 (Ib).
Setzt man dieses in die zuletzt erhaltenen Formeln ein, so werden die letzten
beiden identisch, und man erhält:
YJcos i= RvcosSÖ sin (8 — 0) Yp cos i — Rvcos® sin ($ — 0)
Yp sin i = Rv sin 33 Yp sin / = - Rvsin® (Ub) '
Hieraus werden i und p bekannt; da v und a nach (2) gleichzeitig bekannt
werden, so folgt dann
1) für den Fall der Parabel: die Periheldistanz q = |
p
2) „ der Ellipse: cos* <p, = ~, e = sin?, (III)
p
3) „ der Hyperbel: e =1+^.
Aus der Gleichung des Kegelschnittes:
\+ecosV
in welcher V die wahre Anomalie bedeutet, folgt
dr k a e sin V
-d'-^YT- < 7 >
Es ist aber
dr dx dy dt
r Ti = X Tt y Tt * * ~dt
und da für den Augenblick der Beobachtung r = R ist, mit Rücksicht auf (6)
und (7)
demnach
esin V= Yt vcos — 0)
*wK«J-l.
Im Augenblicke der Beobachtung stehen aber die Sternschnuppen des
Schwarmes im Knoten, es ist also — V der Abstand des Perihels vom Knoten,
im Falle a) vom niedersteigenden, im Falle b) vom aufsteigenden; es ist daher
der Abstand des Perihels vom Knoten:
»«180°- V (a); w = — V (b)
und folglich die Länge des Perihels in beiden Fällen:
* = 180° - V+ 0. (V)
Die Durchgangszeit durch das Perihel ist belanglos, da sie bei einem
Schwärm für die einzelnen Sternschnuppen nicht dieselbe ist.
Vatnrruco, A.txonomk. IL I 3
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i 94
Beispiel: Ei sei Juli 28 5: 8' «= 329° 5'; 33' = — 17° 24' beobachtet.
Man hat für diesen Tag (vergl. pag. 129):
/ — 36° 13'; 0 — 135° 48'; log R = 00065; Äff (7 — 9*9935.
In Ermangelung irgend welcher Kenntnisse über die Geschwindigkeit, wird
1/1
also eine parabolische Bewegung angenommen, also
logv = 01472; Äff —
Die weitere Rechnung wird:
8' — / = 292° 52'
log cos (8' — /) = 9 5895
A>1 cos 33' — 9*9797
Aff*m (8' = 9-9644,.
Äff «« 4» jm 7 = 9-4757«
log sin tycost = 9*944 1*
log sin ^ — 9 9679
Äff w <ji — 95692
% «« (9 - <|,) = 9-8142
9-8463.
8 — 0= 160° 31'
Äff cos (8 — 0) — 9*9744,.
Äff <w 8 = 9-9788
log um ^ -0) =»9 5231
logü »«01537
Äff «* 33 - 9-4837«
log-yfpsin i = 9-6374
9-8584
logYpcos i = 9-6556
^y7= 9-7972
Äff- ^ = 9-5914
logYpv = 9-9444
Ä^ w8f«(«-0)- 9-9532«
95879
Suötr =
01994
log sin V =
9-8976.
Äff T «»
9-7873.
K= -
127° 49'
ß =
305° 48'
43 48
n an
73 37
iogq =
9-2934
<|, 68° 14'
<p = 108 55
log sin 7 = 9-5078*
log sin <p = 9*9759
log cos 7 = 9-9762«
log cos 33 cos (8 — /) = 9-5108.
9-9733
Äff cos 33 ;w (8 — /) = 99521,
8-/= 250° 6'
8 = 286 19
53 = — 17 44
Würde man eine Ellipse voraussetzen mit der Halbaxe gleich 5, so wäre
(2 1\ G
^ — - ) = 0-2480, logv = 0-1240; log — = 98694
log sin ( 9 - = 9-8373 (8 - 0) = 157° 39' log^Jv => 9-9269
<p=lll°40' Äff<w(8-0)= 9-5661* Äff 33 w(8-0)= 99454
log sin 7 = 9-5078, Äff cos 33 = 9 9796
log sin <p = 9-9682 Äff w**(8-0)= 9 5801
log cos 1 = 9-9762*
logcos&cos&—l)— 9-5673.
9-9648
logcos?bsin($ - /)= 9-9444,
8 — / = 247° 14'
8 = 283 27
13 = — 17 25
logRv** 01305
Äff 33 = 9-4760.
Äff y£7«* 1 = 9-6065,
9-8873
log yp cos i = 9-6902
Äff }/p = 9-8029
logp « 9-6058
8-9068
Äff w = 9-4534
9-5993
Subtr =
0-1807
Äff***! K =
9-8726,
log c cos
9-7800,
r= —
128° 56*
ft =
305° 48'
39 31
1t =
74 44
Äff a =
0-6990
Äff * «
9-9817
:ized by-Geo^-* -4
Kometen und Meteore.
'95
Die Rechnung lässt sich jedoch noch in bequemerer Weise anordnen. Be-
rücksichtigt man, dass / « 0 -t- «o — 90°, und » ein kleiner Winkel ist, dessen
Sinus man mit dem Bogen und dessen Cosinus man mit der Einheit vertauschen
kann, so erhält man aus (5):
+ cos 33 cos (8 — 0) -+- tos 33 sin (8 — Q) - n s= sin f cos ^
— cos 33 sin (8 — 0) -H cos 33 cos (8 — 0)-» 9,
daher mit Rücksicht auf die Formeln pag. 165, und wenn man in den Coeffi-
cienten von <d die ersten Näherungen einführt (die zweiten Potenzen von o
vernachlässigt):
v cos 33 cos (8 — 0) + *o*»» <|<»n+o (* 0 cos «|» — G)
v cos $b sin (% — O) — u 0 cos + G + m (u 0 sin cos 7)
v sin 33 =» -r- »o sin sin 7.
Entwickelt man in ähnlicher Weise die Formeln (3) und setzt die Werthe
in diese Gleichungen ein, so erhält man:
v cos 33 cos (8 — 0) = u 0 cos 33' cos (8' — ©) — «
* cos 33 (8 — 0) = G + u 0 cos 33' sin (8' — 0)
vsinfQ = k 0 x/»33'
indem sich alle Übrigen von der ersten Potenz von o> abhängigen Glieder weg-
heben. Hier ist noch die Kenntniss von u 0 nöthig; es ist aber:
u 9 ' = G*+ v*+ 1Gvcosy = G* v*-r 2Gvcos®cos($ — /)
== G* -r- v* — 2Gv cos 93 sin (8 — 0 — »)
— G> v' — 2G» [w 33 sin (8 — 0) — » cos 33 (8 — 0)]
«= C-t- p»— 2G*H- %u il Gcos 4»
oder
» 0 « c?w4» ± y G* cos* <|.-r- — g w «i< ± y»* — g* 8 4».
Hieraus folgt, dass der Minimalwerth von v, welcher ein reelles u 0 giebt,
d. h. welcher mit dem beobachteten Radiationspunkte bestehen kann, v = G sinty
ist; eine Bemerkung, die bereits Er man 1840 gemacht hat Es ist dieses jedoch
nur eine rein geometrische Beziehung, welche besagt, dass in Fig. 265 as > aa'
sein muss; in der That lässt sich sonst in der angegebenen Elongation <J» kein
Punkt s finden.
Ist v > Gsinty, so sind drei Fälle zu unterscheiden:
a) Ist *tfv* — G'sin*ty< G cos und | < 90°, so giebt es zwei Lösungen
für * 0 ; dieses findet statt, wenn v' — G*sin*ty< G'cos'ty oder v < G ist; es
sind die beiden Strecken Ea, 2?ß, wenn a, ß die Schnittpunkte des aus a als
Mittelpunkt mit dem Halbmesser oa =* aß v beschriebenen Kreisbogens mit
ES sind.
b) Ist v < G sin) und cos) negativ, also <|> > 90° [in Fig. 265 ES die Richtung
der Sternschnuppe und •< (S) EA = tj»], so sind beide Losungen für u Q negativ,
also, da u 9 eine wesentlich positive Grösse sein muss, überhaupt keine brauch-
baren Lösungen: die beiden Schnittpunkte fallen in die Verlängerung der
Geschwindigkeitsrichtung.
c) Ist y» 1 — G'sin* ) > G cos <|>, also v > G, so kann nur das obere
Zeichen genommen werden, und es giebt nur eine Lösung
u 0 = Gcos) + y»» - G'sin') (8)
für «}» < 90° der von E entferntere Punkt s' und für ) > 90° der in der Richtung
des Radianten gelegene Punkt (*').
«*•
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196
Kometen und Meteore.
Der entere Fall entspricht einer elliptischen Bewegung, für welche die
Halbaxe kleiner als die Erdbahnhalbaxe ist; da nämlich
2 12 1
=« ^ - 1, also »' - G» = 1 - -
ist, so wird v < G, wenn a < 1 ist. Erman schliesst diesen Fall nicht aus und
hätte daher folgerichtig für jene Fälle, in denen er (für den Augustschwarm)
v = 0*557, 0*774, 0*990 annimmt, beide Lösungen untersuchen müssen 1 ).
Schliesst man nach den jetzigen Kenntnissen von der Geschwindigkeit der
Meteore diesen Fall aus, so erhält man nur eine positive, brauchbare Lösung
in Formel (8). Der Ausdruck unter dem Wurzelzeichen wird:
G>fM>*+ - G* = -+- 1 - |.
Für den Fall, dass der absolute Werth von a nicht sehr klein angenommen
wird, was bei Sternschnuppenschwärmen stets der Fall sein wird, kann man
nach Potenzen von ^ entwickeln. Führt man cos = cos ?&' cos (V — f) ein, und
setzt:
cos 33' cos (V — I)
= cotang %,
so folgt
'° = V 1 C ~^R^ ~ \ = cota *g* ■+■ y cosec* z — ^ =
— cotang z -+- <• * p 1 —
(. s . «Vi 4 * sin* z \
1 - i — * ^ ~^»~ * • J
z sin z sin 1 z , sin* z
- cotang g - i~ 4 - ~^r~ * • •
Da » 0 positiv sein muss, so wird z < 180° zu nehmen sein; also im
oder zweiten Quadranten, je nachdem cotang z positiv oder negativ ist.
Die Convergenz dieses Ausdruckes wird noch erhöht durch das Auftreten
von sin* z im Zähler*). Man hat daher zu rechnen:
cos 33' cos (?' — /) . ton0
-~ «= cotang z\ z < 180°
■t/~ sin* z
u Q = cotang z <wtts p 1 —
z sinz r , /«'«>s\ t /fw*s\" j
= «**«• 2 - l> + H^rj + H-jt) + • • J
Ist u 0 direkt gegeben, so wird der Werth bei der Rechnung sofort benützt.
Weiter die Formeln a) oder b) je nachdem 33' positiv oder negativ ist;
oder
') Die zweite Lösung giebt, wie die unten folgenden Formeln n zeigen, einen »ehr kleinen
Werth der Neigung. Hierauf machte zuerst Peirck in den »Transaction» of the American.
Philosophie»! Society, Bd. 8* aufmerksam.
, . I t
") Für a = 00 erbalt man hieraus den bekannten Werth für die Parabel : « e = cotang — •
•
vergL v. Oppolzek : Lehrbuch zur Bahnbestimmung von Planeten und Kometen I. Bd., 2. Aufl.,
pag. 350. Es mag bemerkt werden, dass dort in den Ausdrücken IV das Zuzatzglied u> fehlt,
welches nicht ohne Einfluss auf die Uebcrcinstimmung der Resultate fllr t aus den Formeln III
und IV bleibt.
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Kometen und Meteore.
a-o (Ia)
yfpcosi=l+Ru 0 cos%'sin(V-3)
yfpsini~Ru 0 smW C
Für die Parabel:
ft = 180°-+- 0
Yfcosi=\ + Ru 0 cos&sin (8'- 0)
fllr die Ellipse: cos^ t <
für die Hyperbel: e* = l + •£
<r xm y = yp[u oCO s 93' (8' - 0) - ^]
(IIb)
(TO)
* = 180°- K+0.
Es soll das frühere Beispiel gerechnet werden. Es wird:
(IV)
(V)
8' — / = 292° 52'
23' =-17 24
8'- 0 = 203 17
log cos (8* - /) = 9-5897
comp log R^ 9 9935
log cos®' = 9*9797
hgsin(V — 0)« 9-5969.
Ätf <w(Z' — 0) = 9-963 1«
log cotang $ = 9*5627
log z = 69° 56'
log p = 9 5944
« = -+- 25' =• 0 00727
log cos 93' cos (8' - 0) = 9-9428«
logu 0 cos&cos(V-®) = 0 098 L
A^» = 7-8615
Subtr = 00025
^»o""8'<w(8'--0)-«d = 0-1006*
% ^ = 9-5879
5i^/r 0-1 995
Ay-M* F = 9*8978«
A^<w F = 9-7874«
F= -127° 48'
« 0 = tt»Ajfi£-|s = 0*1553
log sin 93' = 9-4757»
logu 0 R*= 01618
Zog <w 23' j/'« (8' — 0) = 9-5766*
Ru 0 cos Wsin{V - 0) = 9-7384»
= 9-9172
<<5f YP c °* 9*6565
9*8584
log yp sin 1 = 9-6375
lo ? Yp^ 9-7972
Für die elliptische Bewegung mit der Halbaxe a 5 wird die Rechnung:
ß — 305° 48'
i— 43 48
k= 73 36
? =. 9-2934
hgsin 2 — 9*9728
9 0000
. 1
89728
Ag- 10480 = 0 0204
logCorrekt = 8*9932
log cotang-^ = 0- 1 553
S»#r = 9-9691
hgu 0 =01244
(sin % z\
00441
0039
048Ö
log sin®' = 9*4757«
logu 0 R=* 01 309
hg cos & sin{$ - 0) = 9 5766«
hgRutCos®rin<p-0) = 97075«
^ = 9-9823
logYpcosi*- 9-6898
9-8871
Atf vT"«»» = 96066
y7 = 98027
9*6054
£ = 8-9064
log cos = 9-4532
log = 01244
log tos &tos (8' — 0) =» 9-9428«
log « 0 tos 8' w («' — 0) = 0 0672»
logt» = 7-8615
Si^/r = 0 0026
^[Vw^'-O)-«] «= 0 0698«
log ^ = 9-5989
.Sid/r = 01813 ft = 305° 48'
log tsin V= 9-8727, s : — 39 33
9-8909 x = 74 44
V= 9-7802« log**= 0-G990
r=— 128° 56' Äff*-* 9-9818
Wären die Gleichungen II und IV von einander unabhängig, so würden
sich hieraus, wenn man für u 0 seinen Werth substituirt, und dann die Glei-
chungen II quadrirt und addirt und ebenso die Gleichungen IV, zwei Glei-
chungen zwischen p, c, a ergeben, oder da p «= a (1 — c*) ist, zwei Gleichungen
zwischen e und a, so dass diese aus dem gegebenen Radianten bestimmt werden
könnten. Dieses kann aber nicht sein, da ja die Axe nur von der Grosse der
Geschwindigkeit, nicht aber von der Richtung abhängig ist Hieraus folgt, dass
diese vier Gleichungen nicht von einander unabhängig sind; in der That lässt
sich dies auch direkt zeigen. Geht man zu diesem Zwecke von den Gleichungen
auf pag. 193 aus, so erhält man:
/ = /?» v* [cos» 93«Vi» (8 - 0) + sm' ö]
c* — pv*tos*$tos' (8-0) -r- l)'.
Substituirt man
und setzt Kürze halber
«v»8«*»(8-0)-wm»© = w; w»8«*»(8-0)-»
so folgt:
R
Setzt man weiter x = — , so folgt :
£ = (2 — x) M
, -**=*< s -->" + (£- 1 )'-
P
Elimmirt man ~, so erhält man die Gleichung
1 — (2 — (2 — *)' *tn + [(% — x)m — 1]»
oder
(2 — *) [(2 — x) m (m -+■ n) — 2 m -+- m x] — 0,
welche Gleichung, da m -+■ n = 1 ist, eine Identität ergiebt.
Die gefundenen Formeln reichen aus, um die umgekehrte Aufgabe zu lösen:
Aus den gegebenen Elementen eines Sternschnuppenschwarmes seinen Radiations-
punkt zu bestimmen.
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Kometen tmd Meteore. 199
Als Elemente können angenommen weiden: ft, i, n, p, e) für die Parabel
ist / = 1, / = 2?; für die Ellipse ist p = a (1 — *») und für die Hyperbel
/ = a (** — 1); man kann daher aus zwei dieser drei Grossen die dritte leicht
finden. Nun muss
0 *» ß (Ia) oder 0 = 180° + Q> (Ib)
sein. Mit diesen Sonnenlängen erhält man dann
F« 180° -+- 0 — k
und aus den Ephemeriden den zur Sonnenlänge 0 gehörigen Radiusvector R.
Zur wahren Anomalie V gehören nun zwei Radien vectoren r, je nachdem
man die Sonnenlänge aus (Ia) oder (Ib) verwendet; es ist
Soll nun der Stemschnuppenschwarm die Erde schneiden, so muss r =■ R
sein; der zweite Werth wird verworfen; wird r = R für die Sonnenlänge aus
Ia, so ist der Stemschnuppenschwarm im niedersteigenden Knoten beobachtet;
wenn für Ib, so ist die Beobachtung im aufsteigenden Knoten. Dann folgt
weiter: .
u 9 cosWtos{y -Q) = i in '
YP w1
u a cos »' sin (*' - 0) - ~ 1 (nia)
». cos W cos (8 ( -0) - ^=^+
« 0 «* («' -0) «= ^ tf y "~ 1
« 0 sin 53'
Y±sin±
(Mb)
Beispiel: Es sei A = 245° 63'
12 33
* — 108 58
logp = 01794
Äsr#- 9 8785
0- 245° 53' und 0 « 65° 53'
316 55 136 55
logr = 9-9986 0-4949;
es ist daher der zweite Werth zu verwerfen; die Erde wird vom Schwann in
seinem niedersteigenden Knoten getroffen, und zwar am 28. November, zu welcher
Zeit die Sonnenlänge den angegebenen Werth hat; für dieses Datum ist log R
= 9*9958 und » = -1- 46*9' = 0*0136; die weitere Rechnung wird:
log sin 9*8635« log cos i « 9.9895
log e sin V = 97420, log Yp 0 0897
log-/p^ 0 0897 log sin i 9 3370
Arü^r« 9 .6523 ^ ™ * s 00792
*/p " log{Yp€osi—\)*m 9-3011
/«f • = 8 1385 log R — 9 9958
^ ^ = 9-9866 Atf- y7 *'» ' — 9 -*267
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200
Kometen und Meteore.
kgu^cosW cos(V — O) = 9-6389»
9 9577
logu^cosWsin (g'— 0) = 9-3053
logu 0 ccs*& •= 9-6812
9-9414
hgu 0 sin®' = 9-4309
(¥' -0) = 155° 7'
8'= 41 0 26°37'
33' = -+- 29 20 ° der 2)'* + 42 37
Ä^r « 0 = 9*7408
Hier wäre noch die Zenithattraction zu berücksichtigen; man erhält mit dem
Argumente u 0 = 0 5506 aus der Tafel pag. 168: <D = 10° 59 7'; die Berechnung
der Veränderung des scheinbaren Radianten erfordert aber die Kenntniss der
Zenithdistanz, und kann daher nur von Fall zu Fall durchgeführt werden.
Die scheinbare Elongation des Radianten vom Apex ist gegeben durch
cos 4, = cos®' cos (2* — 0) und ergiebt sich <|> ■= 112° 14'; damit erhält man
für die wahre Elongation und wahre Geschwindigkeit nach den Formeln pag. 165:
? — 157° 18'; logv = 0-1204; man erhält direkt mit dem Werthe loga = 0 5476
die Geschwindigkeit v = y — — : log v = 01 198 in genügender Ueberein-
VIII. Stellare Schwärme. Für die Berechnung der Sternschnuppenschwärme
legt man, sofern nicht durch die Umlaufszeit eine Kenntniss der Geschwindig-
keit erlangt wird, die parabolische Geschwindigkeit zu Grunde. Man reicht
damit zumeist aus, und kann diese Näherung mit demselben Recht anwenden,
wie man bei der Bestimmung von ersten Kometenbahnen die Parabel zu Grunde
legt Allein in vielen Fällen wird man dadurch doch in einen Fehler ver-
fallen; für detonirende Meteore und zur Erde fallende Meteormassen hat man
fast ausnahmslos Geschwindigkeiten gefunden, die die parabolischen weit über-
treffen. Das Meteor von Pultusk hatte nach Galle eine Geschwindigkeit von
7*28 deutsche Meilen, d. i. nahe 55 km. v. Niessl giebt eine Zusammenstellung
der von ihm berechneten, und in verschiedenen Bänden der Sitzungsberichte
der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien publicirten Resultate 1 ) in seiner
Abhandlung »Ueber die Periheldistanzen und andere Bahnelemente jener Meteoriten,
deren Fallgeschwindigkeiten mit einiger Sicherheit beobachtet werden konnten *).
Die Geschwindigkeiten ergaben sich zu 53 bis 150 km, im Durchschnitte zu
75 km. Hierdurch scheint sich eine neuerliche Trennung zwischen den Meteo-
riten und Sternschnuppen zu ergeben, und thatsächlich spricht auch Schiaparelu
von zwei Arten von Körpern: Kometen und Sternschnuppen, die in paraboli-
schen Bahnen und Meteoriten, »Boten der Sternenweltc, die in hyperbolischen
Bahnen zu uns kommen*).
Der Unterschied fällt aber wieder, wenn man die Erscheinung näher be-
trachtet: Es giebt kosmische Körper, die sich mit verschiedenen Geschwindig-
keiten bewegen; je grösser die kosmische Geschwindigkeit, desto grösser die
Wahrscheinlichkeit, dass sie tiefer in die Atmosphäre eindringen, oder zur Erde
fallen; folglich werden in die tieferen Regionen der Atmosphäre und zur Erde
') Vergl. Bd. 75, 79, 83, 88, 93, 96, 97, 98.
a ) Verhandlungen des naturforschenden Verein« in Brünn, Bd. 29.
3 ) 1. c, pag. 219 und 222.
Stimmung.
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Kometen und Meteore.
nur jene gelangen, deren kosmische Geschwindigkeiten eben die grössten sind,
also, die sich in hyperbolischen Bahnen bewegen.
Hierin ist auch eine sehr einfache Erklärung der Erscheinung gelegen, dass
zu den Zeiten der grossen SternschnuppenfäUe so wenig detonirende Meteore
und Meteoritenfälle zu verzeichnen sind; diese Erscheinung wird um so auf-
fälliger, je mehr Aufmerksamkeit man den Meteorerscheinungen zuwendet. Nun
ist aber die Detonation eine secundäre Erscheinung, welche von der Zusammen»
pressung der Luft (Umsetzung der Wärme in Bewegung) herrührt, und hängt
wesentlich von der Entfernung des Meteors ab. Detonationen können daher
nur bei den tief nach unten gelangenden Meteoren, also bei jenen, welche mit
grosser Geschwindigkeit in die Atmosphäre gelangen, auftreten. In der That
haben sich auch bei den grossen Sternschnuppenfällen noch am meisten
Meteoritenfälle zur Zeit der Leoniden, die aus der Nähe des Apex (vergl. pag. 187)
kommen, gezeigt
Wenn die Meteorite nun auch wahrscheinlich stellaren Ursprungs, als nicht
zum Sonnensystem gehörig anzusehen sind, so zeigt ihre chemische Beschaffen-
heit, dass sie sich nichtsdestoweniger ihrer Zusammensetzung nach von den dem
Sonnensystem angehörigen Körpern nicht unterscheiden; hieraus einen Grund
gegen ihren stellaren Ursprung zu schöpfen, ist aber durchaus unzulässig, da
man ja bei den Untersuchungen über die Fixsternspectra genau zu denselben
Resultaten gelangt. Dass sie aber stellaren Ursprungs sind, zeigt auch noch eine
eingehendere Untersuchung ihrer Radianten.
Es zeigt sich, dass gewisse Radiationspunkte durch mehrere Wochen, selbst
durch Monate, ihren Ort am Himmel unverändert beibehalten, stationär
bleiben. Beispiele von stationären Radianten führt Denntng aus seinen
Beobachtungen 1877 und 1885 an:
Zwischen Juli 13 bis September 22: V = 7°: 2>' « + 12°
27 „ December 4 30 -h 36
30 „ November 7 31 18
Juni 26 „ „ 30 60 -+- 50
August 21 „ September 21 61 +36
„ October 9 „ October 29 92 -H 15.
NrxssL führt 1 ) die folgenden Meteore mit nahe demselben Radianten an:
3. Juni 1883, 7. Juni 1878, 17. Juni 1877, 13. Juli 1879: 81' = 249°, ©' = — 20°;
dieser Radiant findet sich auch noch im Monate Mai und August und zwar am
18. Mai 1874, 20. Mai 1869, 20. August 1864, 11. August 187 1, 19. August 1847,
31. August 1871.
Ferner den Radianten &' = 21 0 , 2)' = -+- 19° bei den Meteoren vom
5. September 1863, 19. September 1861, 25. September 1862, 15. October 1889,
19. October 1877; den Radianten: £' = 216°, 33' = -t- 4° bei den Meteoren vom
11. April 1871, 21. April 1877, 12. Mai 1878; hiermit im Zusammenhange stehen
die beiden Radianten: tf' = 193°; = 17° vom 5. September 1872, und
= 138°, 23' = -h 36° vom 26. September 1865 und 27. September 1870«).
Ferner die Radianten:
1» »
tt tt
11
') Astron- Nachr. Bd. 107, No. 2566.
*} Kosmischer Ausgangspunkt: 8 0 = 182°, « 0 = + 4 C
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Kometen und Meteore.
100 c ,
109
114
86°,
90
86
25'
28°
26
22
28°
28
44
für das Meteor vom 27. November 1862
24. December 1873
17. Januar 1894
14. Mai 1867
9. Juni 1888
11. „ 1867 l ).
»»
Tüpmann untersuchte zuerst die Bedingungen, unter denen ein
stationär sein könne, und fand 8 ) als Bedingung hierfür: schwache Breite, direkte
Bewegung, Periheldistanz des Condensationscentrums nahe 1, und die Lage
des Radianten für die Mitte der Zeit der Ausstrahlung nahe dem Antiapex.
Eine ausführliche Untersuchung dieser Erscheinung gab v. Niessl '). Die
Aufgabe ist zunächst: aus der kosmischen Richtung und Geschwindigkeit eines in
die Breite gezogenen Schwanns, der die Erdbahn in einem ziemlich ausgedehnten
Bereiche trifft, die Bahnelemente und den scheinbaren Radianten zu finden,
welche den verschiedenen Knoten entsprechen. Auf Grund der im Früheren hier
erhaltenen Resultate kann die Ableitung folgendermaassen geführt werden:
Da es sich um Schwärme handelt, welche aus dem Weltraum kommen, so
werden die Bahnen Hyperbeln sein, deren Asymptote die Richtung im Welt-
raum giebt. Sei also (Fig. 268)
MM' die Erdbahn, O die Sonne,
SM die Bahn eines Sternschnup-
penschwarms, welcher die Erde
in M schneidet, so ist Q D die
Richtung, aus welcher der
Schwärm kommt, und diese
Richtung ist bestimmt durch die
Parallele OA, welche mit der
grossen Axe, d. i. mit der Richtung nach dem Perihele E den Winkel 180° — A
einschliesst Ist nun ? 0 die heliocentrische Länge, S3 0 die heliocentrische Breite
der Richtung OA, also des kosmischen Ausgangspunktes (für den stellaren Schwärm
identisch mit der geocentrischen Länge und Breite der Richtung Mq), und ist
derselbe dargestellt durch den Punkt A (Fig. 270) in der Bahn &>A der Stern-
schnuppe, so ist der Abstand dieses Punktes von dem Perihel E gleich 180° — A,
also AE = 180° — A
Ist A P ein Stück der Ekliptik, und AP senkrecht darauf, so ist
PQ, AP= a 0
und man erhält, wenn man den Bogen Q> A = T nennt und diesen in der
Richtung der Bewegung der Himmelskörper von 0° bis 860° zählt:
sin isin V =5 sin 33 0
cos i sin V = cos $5 0 sin (8 0 — ft) ( 1 )
cos? — cos% 0 cos (? 0 — ft).
Nun ist wie früher:
ft=0 (2a) oder ft - 180° -+- O (2b)
* = r- (180° -A)+a = r + A + &- iso°
V= 180° — n-4-0,
(A. 270.)
also
v= 0 _ r - a - a.
(3)
') Kosmischer Ausgangspunkt: 8 0 = 83 °, © 0 = + 2°.
•) Monthly Notices, Bd. 38, pag. 115.
y •Sitzungsberichte der kais. Acadcmie der Wissenschaften in Wien*, Bd. 83, pag. 26.
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Kometen und Meteore. 203
Hiermit sind die Elemente *, ß, it, V durch ? 0 , © 0 , 0, ^ ersetzt, und es
sind noch e, p, a und A durch 0, .tf, v auszudrücken.
Man hat aber
""VT 1 !; ee »v=t_ x .
In Folge der einfachen Beziehung zwischen v und a wird es gestattet sein,
a an Stelle von t» beizubehalten; man hat nur zu berücksichtigen, dass für die
Hyperbel a negativ ist; settt man, um mit positiven Grössen zu rechnen, a = — a lf
so ist
Dann wird
e cos (0 _ r - ft - Ä) = * l 1} - 1 .
Substituirt man für e = e % — 1 = tang^A und setzt Kürze halber
0 _ r - ft «. - w, (5)
wobei also
a/ = -H T (6a) oder w = 180° + T (6b)
ist, so wird:
tu — sin w tätig A «= ^ Awi^* i4 — 1
tangA~Y^ cos * w (~Y^ sinlwdLy^sin'iw +2}.
Setzt man daher:
]/~^«t; zsm\w ~* tongy (7)
so wird
/afltf- A-= ±.1*c0s\w fang (45° ^: ^>) (8)
wobei, was für das Folgende zu beachten ist, Correspondenz der Zeichen
stattfinden muss. Dann wird 1 )
ic = I\+ A -f- ft — 180°; P= — (w + A)
emmseeA; p «= a i tang % A (9)
V7— ± /2~Ä <w i w A«tf (45° =p } v).
Setzt man die Wertbe für t, V, p, i m die Formeln m, pag. 199 ein, so
erhält man für einen von einem gegebenen kosmischen Ausgangspunkt £ 0 , $ 0
mit der Geschwindigkeit v (grosse Axe a x ) kommenden Strom den scheinbaren
Radianten 8\ 33' in demjenigen Punkte der Erdbahn, für welchen die Sonnen-
länge 0 ist; die dazu dienenden Formeln sind (1), (2), (4), (5), (7), (8) und (9).
Hiernach kann man sehr einfach die Aenderungen d%', d^& bestimmen,
welche der scheinbare Radiant bei constantem kosmischen Ausgangspunkt $J 0 , S3 0
in Folge der Veränderung des Erdortes (Aenderung der Sonnenlänge um dQ)
erfährt
Aus (2) folgt:
da = dO,
sodann aus (1):
') Dass hier YF besonders eingeführt ist, hat seinen Grund darin, dass in dem Faktor für
8', ©' nicht /, sondern ^"auftritt; das durch das Ausziehen der Quadratwuitel entstehende
Doppclaeichcn ist aber, gemäss dem Werthe für ta»g A nicht beliebig mit dem Zeichen von y
sondern es findet wieder Correspondem der Zeichen statt.
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204 Kometen und Meteore.
sin icos TdT -+- cos i sin T di = 0
cos icos TdT — sin i sin T di = — cos T d®
— sinTdT = -+- cos i sinT dQ
und daraus
dT = — cosidQ
di = -+- sin i cotwdQ (10)
dw = // r.
Für das Weitere kann man R während des Zeitraums, während dessen man
die Veränderung des Radianten sucht, constant nehmen; dann ist dR = 0, da x
= 0, d. h. alle Sternschnuppen beschreiben Bahnen mit derselben Halbaxe 1 );
dann folgt aus (7) und (8):
dy = ■+■ \ t cos \ w cos* y dT
Tol^Ä = ~ T C0S * W cos* (45^ \y) ^ Xtang (45 ° T * J) " n * Wdr
und nach einigen leichten Reductionen
m = ^ {lang \ w =fc J u>)
d A = ^ m sin 2 A cos i d Q *
und weiter
dV=(\-\m sin 2 ^) <w idQ
de = m sin A fang A cos i d 3 (12)
<ty = 2pmcosidQ.
Differenzirt man jetzt die Formeln III (pag. 199), so folgt:
du Q cos S' cos (tf' - 0) — u 0 sin 23' cos (8' — 0) d®
- u 0 cos 39' sin (8' - 0) (dV -dQ) = l dQ)
du 0 cos ©' sin (?' - O) - u 0 sin ©' sin (?' - 0) d&
-h «o m 33' cos (8' - 0) (</*' -dO) = ^dQ ° 3)
</« 0 m 23' + « 0 m ©' <f 8' = ± ™ ^0.
sin V de e sin V dp ecos V d V
~ ~yfdQ ~^~J^p z ~äö' k "yfäö
. cos i dp /— . . di
n -* TS -^""»73 (")
wobei
und damit
^ * 0 rf8' = [-I*«»V«(« , -©)-5 J / Ä ^^^ (15)
»x8'(rf«'-rf0)- [-!«*« (2"-0) H- ^ <w (8'-0)]</0.
') Ein genähertes Bild von dem Ausseben eines solchen Schwanns erhält man, wenn
man sich in Fig. 268 eine Reihe von Hyperbeln mit parallelen Asymptoten in der Richtung OA
und mit den Perihelien in £?, E", £"'. . . zeichnet, und die Figur um OA als Axe dreht;
die Erdbahn MM' muss nicht in der Zeichnungsfläche liegen, sondern in einer die Zeichnungsfläche
in MO schneidenden Ebene; alle die Erdbahn treffenden Hyperbeln haben dann gleiche
Halbaxen ED, ED', E" D" . . .
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Kometen und Meteore. 205
Durch Substitution von (10) und (12) in <U) erhält man nach einigen Re-
eos * cosi , . _ .
I™ —= Im smtv -+- e cos V) — —r= [cos w -+- (m — tang A) sin w]
Yp Yp _
11 = Yp {m cos* i — cot tu sin* i) = — |// [cot w — (m H- *?/«/) rtw s /]
HI = ypsin i cos i (m + «/).
Es ist aber:
m — Arag- A = \ tang \ tu ± ^ siny cot \w^. 2-ccos±w tang (45° =f IjO
demnach
(»1 — tang A) sin w = sin*\w± siny cos % \w^.2 sinw cot\w tangy tang (45°:p^y)
= 1 — cos* \ w (1 siny dt 4 tangy tang (45° qp ^.y)].
Setzt man daher:
sin* (45° =f i.)0 ± 2 tangy tang (45° zp *>) = 1 - * K,
oder 1 )
K = 2 <w* (45° m \y) zsz 4 Aj W Any (45° =f i^)» H6)
so wird
(m — /a»^ A)sinw = 1 — 2 ;m } w 1 (I — i K).
Weiter ist:
«1 -+- cotw = } tang\ w±.\ siny cot\ w + \ cot\ w —\ tang \w=cot\w sin * (45 0 ± $y).
Demnach wird
t cosi • , w
I = -+- -7= rf*' \w- Y
II = — Yp\cotw — cot\w cos* isin* (45° ± $ v)] (17)
III = -h yjsin i cos i cot \ w sin* (45 0 ±. \y).
Um nun die Rechnung durchzuführen, hat man die Werthe für c, V, p, i,
in die Gleichungen III (pag. 199) zu setzen. Man erhält:
mi /Q , ~ x stc A sin (10 -f- A)
«0 cos © cos (£' - O) = >L -+- «o =
Yp
sin w •+■ cos w\f iL-
sin w -+- cos w tang A * a,
7= — -t- co = 7= -+- o».
Yp Yp
Man hat daher zu rechnen: [Für S3 0 positiv die Formeln (a); für S 0 negativ
die Formeln (b)l:
sin i sin w = sin §3 0 sin i sin w = — sin © 0
cos i sin w => cos 33 0 sm (8 0 — 0) (I a) <w 1 w = cos 93 0 im (2 0 — 0) (I b)
cos w = w 33 0 rar (8 0 — 0) cos w = cos 33 0 cos (? 0 — 0)
1 1 / .i?
± yTtf cos * «p Aw^ (45° T i-V)
«'» W COS W o»
«o w ©' w (2* - 0) — —
y7 Y*l arc V
u 0 cos 33' sin («' - 0) = VZf^i L (IIIa)
« 0 j/n so = — ^ —
') K wird für die Parabel gleich 1 ; und da gemäss den Gleichungen (7) y ftir grosse Werthe
von a x nur klein bleibt, so wird Y nur wenig von der Einheit verschieden sein; man kann
leicht mit dem Argumente y eine Tafel für Y rechnen.
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206 Kometen und Meteore.
™, <~. ^ v stnw cosu
u 0 cos 33' cos (8' — O) = 7= ■+■
~\fti cos i — 1
«o <w 33' x*V» (8' - 0) = K/ ^ - (mb)
. YT sin i
u 0 sin 23' = — ^ —
/ ist stets positiv zwischen 0° und 180°; aus den Formeln III folgt daher,
dass u 0 und Yp gleichbezeichnet sein müssen, also YP stets positiv; hieraus
folgt, dass in II die oberen Zeichen zu nehmen sind; wenn w< 180° ist, und
die unteren, wenn w >> 180° ist, und zwar sowohl in dem ganzen Ausdrucke,
als auch in tang (45° dz ^y), weil, wie erwähnt, Correspondenz der Zeichen
stattfinden muss. Aus der dritten Gleichung (I) folgt aber, dass w > 180° ist,
jenachdem (8 0 — 0) $ 180° oder 8 0 $ 180° «+■ 0 ist, d. h. je nachdem der
kosmische Ausgangspunkt rechts oder links (in der Nacht westlich oder östlich)
vom Anthelion liegt
Die Berechnung von </8', erfolgt dann nach den Formeln (16), (17)
und (15).
Als Beispiel soll der Fall einer parabolischen Geschwindigkeit mit dem
kosmischen Ausgangspunkt in der Ekliptik genommen werden. Es ist dann:
<*i - «>, y = 0,
und man hat:
aus I: i = 0, w - 8 0 — 0
aus II: Yp de cos ± w
(stets positiv; die oberen Zeichen für w < 180°; die unteren für w> 180°)
aus HI: »' = 0;
, a , _ sinw c» -i/~2 . _ w
«o^(e'-0) = --^-4-— p ==F yjiStntw+ arcl ,
u 0 sin (8' - 0) - >£_i - ± ]/l W * «r - 1
(18)
Aus (16): y= l; aus (17): I = ^|^; II = l y^Aw^ *«/; m - 0
oder: I = ± —/==cos\w\ dz —== sm Iw.
Y2H J R ylÄ *
Aus (15): <f*93' = 0;
u 0 (dV -<rO) = ± *w (i w - (8' - 0)] d®.
Multiplicirt man die Gleichungen (18) mit cos(V — 0) und *m(8' —0) und
addirt, so folgt
u o - =F [| w - (8' - O)] - ^ (8' — 0) -+• ~-p<"(«' - 0)-
demnach
m = T 70 "'" * • _ (? ' - 0 » - i '™ < 8 ' - 0 > + <" < 8 ' - 0) -
Soll der Radiant stationär sein, so muss </8'— 0 sein; hieraus folgt:
( T yö""* • + i^r) (? ' " 3) " (* T vh * •) (8 ' " 0) (I9)
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Kometen und Meteore. 307
Multipliern man diese Gleichung mit u Q und setzt für u 0 cos (8' — 0),
* 0 */*(?' — 0) ihre Ausdrücke aus (18) ein, und führt die Multiplikation aus,
so erhält man:
cos\ w - ± }X VRV* + ^ =F ^~ ~J, s*t»)
oder wenn R = 1 a gesetzt wird:
2)/2 o) . ,
Das zweite Glied hängt von der Sonnenlänge selbst ab; abgesehen von
diesem Gliede wird daher
für cos = + : = 38° 56'5 (und 321° 3* 5)
für cos \w x = — ^jp : a/, = 321 0 3'5 (und 38° 56'5).
Dass das obere Zeichen für w x < 180°, das andere für w x > 180° gilt,
wird hier gegenstandslos, da die auszuschliessenden Werthe in Folge des Umstandes,
dass y = 0 ist, sich mit den beizubehaltenden decken.
Ein stationärer Radiant kann also in der Ekliptik nur auftreten, wenn der
kosmische Ausgangspunkt ? 0 , $ 0 die Elongation 39° nach Osten oder Westen
von der Sonne hat. Dann ist mit Vernachlässigung der von der Excentricität
der Erdbahn abhängigen Glieder:
y7=H- 1 /2w 19° 28*
— YH cos 160 32; logp = 0 2499.
Man kann 8' — 0 unmittelbar erhalten, wenn man für sin $ 10, cos $ w die
Ausdrücke aus (18) in (19) substituirt; man erhält dann nach gehöriger Re-
duetion und Vernachlässigung der von der Excentricität der Erdbahn abhängigen
Glieder:
sin (8' - 0) _ «o
und aus (18) durch Quadriren:
«o = Y$ =F 2 föcos\w = -|/f .
Es ist daher u 0 «= 0 57735; — 0 = 35° 16' oder 144° 44'. Diese beiden
Werthe entsprechen den beiden kosmischen Ausgangspunkten w l , w t \ es ist
aber hieraus nicht ersichtlich, wie die Werthe zusammengehören. Setzt man
aber für w unmittelbar in die Gleichung (18) ein, so sieht man, dass, da \fp
positiv sein muss, cos (?' 0) negativ ist für w < 180°, dass sich daher
fürg o -0= 38°56'5 8' — 0 = J44° 44' \
für g 0 — 0=321 3 5 8' — 0 = 35 16 | *
u 0 = 057735
entsprechen. Der zweite scheinbare Radiant liegt der Sonne sehr nahe, und es
können daher nur äusserst helle Meteore, die aus demselben kommen, gesehen
werden ; es bleibt also nur der erstere, der aber durch einen ganzen Monat
stationär erscheinen kann. Für denselben kosmischen Ausgangspunkt ? 0 33 0
werden sich daher auch nach den verschiedenen Sonnenlängen verschiedene
scheinbare Radianten 8' 93' ergeben; es ist mithin möglich, dass aus ganz ver-
schiedenen scheinbaren Radianten kommende Meteore aus demselben kosmischen
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208
Kometen und Meteore.
Ausgangspunkte kommen können; dahin gehören z. B. die auf pag. aoi an-
geführten Fälle 1 ).
Eine genauere Untersuchung im allgemeinen Falle, wenn S3 0 nicht Null ist,
ist selbstverständlich weniger einfach und muss hier Ubergangen werden. Es
zeigt sich, dass kein ausserhalb der Ekliptik liegender Radiant stationär sowohl
in Länge als in Breite bleiben kann; dass aber die Veränderungen sehr klein
sein können, kann aus der folgenden Tafel von v. Niessl 2 ) ersehen werden,
welche die Verschiebung im grössten Kreise für verschiedene Elongationen
und Breiten für </Q = 1°, also täglich, in Graden ausgedrückt, giebt.
* j -o
V
90°
1-20°
150°
©• -
o
0
0°
0-45
0-09
20
1*84
0-66
40
2-2*2
L«
60
317
1-76
80 |
677
377,
0-63
065
070
085
091
1 32 1 23 1-51
0-43 0 13
O-l5j0-33
0-25
036
0-49
036
0-43
049
0 54|0 53jO 53 0 53
Im Pole der Ekliptik ist für v = -|/2 2
die tägliche Verschiebung o© 0° 53
0-43 0-50
0-50
0-51
0-52
0-53| 0-53
25
0°-42
0-01 110-33
0-33
0-34
041 |o-34 0-34
006
o-u
0 33 0 23
030
3
0°34.
Die Resultate können kurz zusammengefasst werden:
1) Die Verschiebungen werden um so kleiner, je grösser die Geschwindig-
keiten sind; scheinbar stationäre Radianten setzen grosse Geschwindigkeiten,
daher hyperbolische Bahnen voraus.
2) Die kleinsten Verschiebungen finden stets in der Nähe des Anthelions,
in kleinen Breiten statt, und können bei grösseren Geschwindigkeiten selbst in
mittleren Breiten noch durch mehrere Wochen scheinbar stationäre Radianten
ergeben.
C. Beziehungen zwischen Kometen und Meteoren.
Sieht man von jenen historischen oder vielleicht mehr prähistorischen Ver-
gleichen der Kometen und Meteore, welche beide Klassen von Körpern in die
Luftregion versetzten, ab, so treten in späterer Zeit zunächst die Vergleiche von
Kepler, Cardan u. A. entgegen, welche sich auf die äusseren Erscheinungen:
die Vergänglichkeit derselben, den Glanz, den Schweif u. s. w., stützen. Chladni
hatte 1819 die Meteorite als Trümmer einer vergangenen Welt betrachtet; dazu
wurde er vornehmlich durch zwei Gründe veranlasst; der erste Grund war darin
gelegen, dass er die damaligen Untersuchungen über die Massenverluste, welche
die Kometen in der Sonnennähe durch die Ausstrahlungen in den Schweifen
erleiden, mit dem Vorhandensein von kleinen Körperchen im Welträume in
') Es muss jedoch erwähnt werden, dass man hierbei wesentlich auf Annahmen Uber
kosmische Geschwindigkeiten angewiesen ist, und durch Variation dieser Geschwindigkeiten ent-
sprechende Coincidcnzcn her) eifuhren kann; die angeführten Fälle können also durchaus nicht
als wirklich rusammenßehöriR erklärt werden, sondern nur als unter gewissen Annahmen Uber
die Geschwindigkeiten möglicherweise zusammengehörig.
*) L c, pag. 140.
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Kometen und Meteore. 209
einen Zusammenhang zu bringen versuchte; der zweite Grund lag in der damals
von Olbers angenommenen Hypothese, dass die vier bis dahin entdeckten
kleinen Planeten: Ceres, Pallas, Juno und Vesta Trümmer eines grösseren Welt-
körpers wären 1 ). Auch die bereits erwähnte Meinung von Laplace, dass die
Meteoriten Satelliten der Erde wären, gehört hierher.
In diesem Stadium der Vermuthungen blieben die Beziehungen zwischen
den Kometen und Meteoren lange Zeit, ohne dass man auch nur den ge-
ringsten Beweis filr diese Zusammengehörigkeit gehabt hätte: die früher be-
kannt gewordenen Theilungen von Kometenkernen, mehrfachen Kernen, blieben
vergessen oder doch wenigstens unbeachtet.
Die erste auffällige Erscheinung, welche eine Bestätigung dieser Ansicht zu
enthalten schien, war die im Jahre 1846 beobachtete Theilung des BiELA'schen
Kometen. Als derselbe in den beiden folgenden Periheldurchgängen 1859 und
1865 nicht zu sehen war, war die, ebenso unerwiesene Vermuthung naheliegend,
dass weitere Theilungen stattgefunden hätten und die Theile sich in irgend
einer Weise im Welträume weiterbewegten, als Meteorschwärme, ähnlich den
Perseiden und Leoniden.
Auch die Frage nach der Berechnung der Bahnen der Schwärme war ihrer
Lösung noch nicht weit entgegengetreten, und nach den ersten Rechnungen
Erman's über die Perseiden wurde lange nichts wesentliches hinzugefügt. Erst
Schiaparelli war durch seine weiteren Untersuchungen unter der Voraussetzung
des kosmischen Ursprungs der Meteore auf die parabolische oder der paraboli-
schen ähnliche Bewegung der Meteore um die Sonne geführt worden, und hatte
im Jahre 1866 unter dieser Voraussetzung die Bahn der Perseiden berechnet.
Dass aber nicht auch diese Rechnung resultatlos verlief, hat wohl hauptsächlich
darin seinen Grund, dass vier Jahre vorher der für die Meteorastronomie deshalb
vielleicht als epochemachend zu bezeichnende Komet 1862 III beobachtet
worden war. Die um dieselbe Zeit publicirten Resultate von v. Oppolzer über
diesen Kometen ergaben Elemente, deren Aehnlichkeit mit seinen Elementen
der Perseiden Schiaparelli auf den Gedanken eines Zusammenhangs des Stern-
schnuppenschwarmes der Perseiden mit dem Kometen 1862 III brachte. Die
Resultate waren:
Elemente der Perseiden nach Schiaparelli Elemente d. Kometen (224) (1862 III)
Radiant: «' = 44°, S>' = + 56°; . rx
xt j tt« £. i 1 a ' „. nach v. Oppolzer
Maximum der Häufigkeit August 10'75
Durchgang durch das Perihel: Juli 23 62 T= 1862 August 22 9
Durchgang durch d. niedersteigenden Knoten :
August 10-75 ~~
it = 292° 54' ic = 290° 13'
ft = 138 16 ß = 137 27
1= 115 57 / = 113 34
q = 09643 q — 09626
U= 108 Jahre U= 1215 Jahre.
Mit der Periode von 108 Jahren war Schiaparelli auf die Identität der
bereits von H. A. Newton erwähnten älteren Erscheinungen (vergl. pag. 185) ge-
führt, denen er noch die Erscheinungen von 1029, 1779, 1784, 1789 hinzufügte.
') Ueber Feuenneteorc, pag. 412.
14
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2IO
Kometen und Meteore.
Schiaparelli und gleichzeitig Le Verrier hatten überdies die Bahn der Leoniden
berechnet — und im selben Jahre noch erschien der zweite in dieser Richtung
denkwürdige Komet (238), dessen Elemente, von v. Oppolzer berechnet, von
C. W. F. Peters sofort als mit denjenigen des Schwarmes der Leoniden identisch
erkannt wurden. Die Resultate waren:
Elemente der Leoniden nach Schiaparelli 1 ) Elemente des Kometen (238) (1866 1)
H. A. Newton hatte schon früher gefunden, dass die Knotenbewegung des
Schwanns jährlich l'*711 direkt ist; indem auf die Präcession 0**837 entfällt,
verbleibt eine direkte Knotenbewegung von 0'*874; dass der Schwärm eine
retrograde Bewegung besitzt, ergab sich übrigens aus der Bahnbestimmung von
selbst, und so schloss Le Verrier'), dass der Schwärm nicht immer dem Sonnen-
system angehört haben könne; da nun die einfache Sonnenattraction unter
allen Umständen die Bahn eines aus dem Welträume kommenden Körpers
immer in eine hyperbolische Bahn lenkt, so kann nur durch die störende
Wirkung eines Planeten diejenige Aenderung seiner Geschwindigkeit stattgefunden
haben, welche seine Bahn in eine elliptische Form brachte, und Le Verrier fand,
dass diese störende Wirkung auf den Novemberschwarm im Jahre 126 n. Chr.
Geb. durch Uranus stattgefunden haben müsse. Dieser Schluss wurde nun durch
die bald darauf gefundene Beziehung zu dem Kometen (238) stark erschüttert;
allein ehe weitere Schlüsse gezogen werden, muss die im Jahre 1899 statt-
findende Wiederkehr des Kometen abgewartet werden.
Es war schon früher erwähnt worden 9 ) dass Newton für den Schwärm an
der Umlaufszeit von nahe einem Jahre festhielt; er nahm für dieselbe 354*62 Tage,
sodass 34 Umläufe des Schwarmes nahe gleich 33 Umläufen der Erde wären.
Um über die Richtigkeit der einen oder anderen Annahme zu entscheiden, be-
rechnete nun Adams die Secularstörungen des Kometen durch Jupiter, Saturn
und Uranus nach der GAUss'schen Metbode; die Störungen müssen natür-
lich verschieden sein, wenn die Umlaufszeit nahe 1 Jahr oder wenn dieselbe
33 Jahre ist; die Rechnung ergab eine Bestätigung der letzteren Annahme,
indem sich mit dieser die Secularstörungen für die Dauer eines Umlaufs
(33£ Jahr) durch Jupiter 20', durch Saturn 74/, durch Uranus 14/, zusammen 29',
also jährlich 0'*872, übereinstimmend mit den Beobachtungen ergab 4 ).
') Die Resultate von Le Verrier (Compt. rend. Bd. 64, pag. 248) sind gam ähnlich, nur
in der Neigung findet sich eine stärkere Abweichung.
3 ) Compt. rend. Bd. 64, pag. 94.
*) Vergl. pag. 180; die Elemente von Le Verrier und Schiaparelli gründen sich auf die
Voraus sctiung, dass die Umlaufsrcit 3 4 Jahr wäre, aus welcher die Geschwindigkeit folgte.
*) Compt. rend., Bd. 64, pag. 651.
Radiant: V = 143° 12', 33'= 10° 16';
Maximum der Häufigkeit: Nov. 13, 13* 11*"
nach v. Oppolzer
7 = November 10092
it = 46° 30'*5
ß =■ 231 28*2
i = 162. 15*5
q = 0-9873
e = 0*9046
a = 10*340
*/= 33*25 Jahre
r= Januar 11-160
ic— 42°24'*2
ß = 231 26 1
i— 162 41-9
q = 0*9765
e = 0*9054
a = 10-324
U = 33 176 Jahre.
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Kometen und Meteore.
Sil
Im folgenden Jahre (1867) berechnete Galle die Elemente der Lyraiden;
bald nach dem Erscheinen des Kometen (220) hatte Pape auf die ungemein grosse
Annäherung des Kometen an die Erde aufmerksam gemacht 1 ). Nach den
definitiven Elementen von v. Oppolzer ergiebt sich diese Entfernung zu 0*0022 Erd-
bahnhalbmessern, im aufsteigenden Knoten, dessen Länge 30° v also der Stellung
der Erde am 20. April entspricht Hiermit war der erste Anknüpfungspunkt für
die Beziehungen zwischen den Lyraiden und diesem Kometen gegeben, und in
Her That ergab die Rechnung eine Uebereinstimmung der Bahnelemente.
Diese sind:
Elemente der Lyraiden nach Galle
Radiant = 281 0 6, 23' = -+- 57 ° 0
ir= 236°
ß = 30
/ = 89
log q = 9 980
loga = 1-746
e = 0-9829
Elemente des Kometen (220) (1861I)
nach v. Oppolzer
k = 243°
ft — 30
i=80
log q = 9-964
bga = 1-746
e = 0-9835
Der im Jahre 1836 von Humboldt und Herrick erwähnte Strom vom
6. December hatte sich 1847 wieder am 6. December wiederholt; ausserdem wurde
dann 1839 ein spärlicher Fall (nur 12 Sternschnuppen) aus demselben Radianten
am 27. und 29. November von Capocci beobachtet; ebenso 1850 zwischen
dem 26. und 29. November von Heis; 1852 November 28 und 1866 November 30
von Herschel und 1867 November 30 von Zezioli. 1872 und 1885 traten am
27. November ausserordentlich reiche Sternschnuppenfälle auf, und endlich 1892
dieses mal wieder mit 4 Tagen Verfrühung (am 23. November).
1867 wies nun d'Arrest auf den Zusammenhang dieses Schwanns mit dem
BiELA'schen Kometen hin (daher der Name Bieliden), welcher seit 1852 ver-
schwunden war. Auf pag. 199 ist für diesen Kometen der Radiant aus den
Elementen berechnet; der Radiant der Andromediden ist: «' = 24°, 2)' =
44°, also sehr nahe der dort gefundene Radiant.
Es muss hier noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Schwärme
nicht an einem einzigen Tage erscheinen; Corrigan rechnete 1 ) für die er-
wähnten vier Schwärme die folgenden Bahnen mit den den verschiedenen
Tagen entsprechenden Radianten:
Lyraiden.
Scheinbarer
Radiant
Wahrer
Radiant
April 18
«'«W-O; $'=+33°-5
«=210-5; $=+55-7
April 19
«'=-267°0; S>'=+83°0
«=222-9, $=+581
April 20
«'=274°-0; ®'=-r-38°-5
«=233-8; 35=4-61-0
Komet
1861I
1t
A
i
1
255° 42'
29 5
71 21
0-8478
248° 54'
30 4
77 29
0-8944
240° 34'
81 3
81 29
0-9402
243*42'
30 16
79 46
0-9270
Astron. Nachrichten, Bd. 55, pag. 206.
*) Sidereal Messenger, Bd. 5, pag. 146 und 147.
14*
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212
Kometen und Meteore.
Perseiden.
Scheinbarer
Radiant
Wahrer
Radiant
Juli 26
«'= 27°0;2>'=4-55 6 -0
« =859-1; $=4-81-3
August 10
3l'=45°-0; $'=+57°0
«=85-2; ® = 4-838
August 19
«'= 68°-0; ®'=.+57°-0
««=114-8; $=4-78-5
Komet
1862
m
a
274° 27'
124 4
109 56
09491
290° 49'
188 26
114 11
09555
Leoniden.
282° 35'
147 5
117 7
0-8664
290° 32'
137 46
113 34
0-9626
Scheinbarer
Radiant
Wahrer
Radiant
November 13
1H'=148 o 0;®'=4-23 o 0
«1=150 8; ® =+28-9
November 14
«'=149°0; $'=+21°-0
21 =151-5; ©=4-26-3
November 16
«'=150°-0;S>'=4-22°-0
U =151-8; $=4-28-5
Komet
1866 I
TT
a
i
1
49° 32'
281 50
164 17
0-9884
50° 5'
232 49
166 21
0-9882
57° 22'
284 50
164 11
0-9876
42° 24'
231 26
162 42
0-9765
Andromediden.
T.
a
1
108° 16'
245 67
13 8
0-8578
108° 58'
246 53
12 33
0-8606
In wieweit die Veränderlichkeit desselben Radianten innerhalb dieser wetten
Grenzen thatsächlich den Beobachtungen entspricht, lässt sich allerdings durch
den blossen Anblick nicht constatiren, und mtisste Gegenstand einer besonderen
Untersuchung sein.
Seilher sind noch eine grosse Zahl von Kometenbahnen mit Radianten ver-
glichen worden. Eine ausführliche Zusammenstellung gab H er sc h EL 1878 l ),
welche im folgenden abgekürzt wiedergegeben wird.
In der ersten Columne ist der Name des Kometen in der üblichen Bezeichnung
in der zweiten das Zeichen ß oder V je nachdem er sich im aufsteigenden oder
niedersteigenden Knoten der Erde stark nähert, nebst der Entfernung der Bahnen
in Einheiten der Erdbahnhalbaxe, positiv oder negativ, je nachdem der Komet
innerhalb oder ausserhalb der Erdbahn vorbeigeht; in der dritten und vierten
Columne das Datum, zu welchem sich die Erde in dem Knoten der Kometen«
bahn befindet, nach welchem die Reihenfolge angeordnet ist, und der aus den
Elementen berechnete Radiant $(\ in der fünften Columne die diesem Datum
entsprechenden Daten von Sternschnuppenfällen; in der sechsten Columne der
Radiant $f, und in der letzten Columne die Berufung auf den Beobachter
oder das Radiantenverzeichniss. Dabei bedeutet:
') Monthly Notices, Bd. 38, pag. 369.
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Kometen und Meteore.
C: Corder Hk: Herrick
D: Dknza N: Neumeyer
D t : Denking Sch: Schmidt
D f : Radianten von TuPMANN'schen und T: Tupmann
anderen Meteorbahnen nachDENNiNG GH: Katalog von Greg und Herschei.
Gr: Gruber HN: Katalog von Heis und Neumeyer
H: Heis SZ: Katalog von Schiaparelli nach
Beobachtungen von Zkzioli.
Name
Erdnahe
Komet
1
1
Meteore
Autorität
Datum
Radiant
Datum
Radiant
179a n
°J-r-007
Januar 5
194° +24° 5
Januar 11 — 12
4-3"
t-25
183° 4- 28°
180° 4- 35°
183° 4- 36°
S. Z.
T.
G. H.
1860 I\
f\ A Alf
4i — 0045
Januar 6
187°— 22°
Januar \
Februar (
188° — 26°
D,. T.
184O I
ft-0-04
Janaar 20
128°-5-28°f»
Januar 5
»»
145°— 25°
145° —40°
T.
H N.
1746
?J 4-0-07
Januar 16
60° 4- 40°
Januar 28
67° 4- 25"
S. Z.
Decemb. 20 (?)
65° 4- 20°
Februar 6
G. H.
1759 in
ft— 005
00
Januar 19
210°- 15°
Januar 5— 1 1
Februar 3-10
210°— 6°
T.
219°- 23°
T.
Februar 17
0100 1 *> 0
£10 — lO
T.
Januar I
204° — 10°
D,. T.
;
Februar \
210°- 13°
D r
1672
Januar 20
256° 4- 20°
Januar ') \
251°4-23°
1857 1
°J-r-0-03
Februar 2
261 °+ 23°
Februar /
D,.
1833
°J+0"04
Januar 27
185° 4- 25°
Januar 28— 31
3*
135° bis 140°;
4- 40°
134° 4- 40°
G. H.
S. Z.
1833")
OO A*01
U — ü*3fl
Februar 12
144 + a4
Februar 3
.. 13
153° 4- 21°
133° 4- 26°
s. z.
s. z.
1718
ft 4-0-04
Januar 29
208°-5 - 31°
Februar 3 — 10
Jan. — Febr.
198°— 22°
213°— 32°
T.
D,. T.
1699 1
ü + 0-12
Februar 14
266° 4- 9°
Februar 13 3 )
260° 0°
T.
1797
?j4-0-27
Februar 18
211°+ 9°
Februar 13
März 2—3
205° 4- 4°
209° 4- 18°
T.
T.
184s m
?J4-O06
Februar 26
283°-4°-5
Februar 10
290°- 12°
T.
1746
tf-0-03
Februar 25
33° 4- 33°-5
Februar 20 \
bis März l J
33° 4- 36°
*
D r
1231
y+o-06
März 10
32° 4- 31°
Februar bis!
März 12 J
28° 4- 35°
D,. S.
1590
ft-0-30
März 8
275°- 38°
März 7*)
270° - 22°
T.
») Weiter entfernt ist der Radiant für den Kometen 1863 V Januar 24; 272° 4- 25°
und für den Kometen 1810 «tf Januar 29: 277° 4- 21°.
*) Mit Verschiebung des Knotens.
3 ) In der Nähe noch filr Februar 13—15 die Radianten Air die Kometen 1858 IV, 272°
4- 18°, und 1799 II: 264° 4- 17°.
4 ) In deT Nähe die Radianten für den Kometen: 1506 Q, 4- 043; Februar 6; 2CG° 5— 37°
und für den Kometen 1877 I — 0*185; März 27: 273°— 40°.
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214
Kometen und Meteore.
Name
Komet
Meteore
Autorität
Erdnähe
Datum
| Radiant
Datum
Radiant
1864 V
tJ + 0-115
Märt 1
250°-5-12°-5
Mar* T
235°— 15°
T.
Märt 3—25
247°- 3°
S. Z., G. H.
1862 IV
tJ — 0013
Märe 16
249°-5+l°
Märt 7
Märt 14, 15
Märt 2 — 7
246° 0°
266°+ 6°
246° 4- 16°
T.
T.
T.
1 00 j
00 u "
MHrz 16
IVA cU£ 1 W
907° 4Ä 0, /i
Märt
Märt Ii — 19
192°— 38°
203°5— 30°-5
H. N.
T.
I763
TJ-t-UUZ
.ti.irz 1 0
Ol* O^&l 0
Märt 15 bis l )l
30*>° -4- 37°
G. H.
t*nn TTT
Auril ~* a
319° 4- 19°
April 20 (
1550
Mir. In
fwlMTZ ty
1 U iD
März
174° — 30°
H. N.
1264
ft- 0 02
Märt 25
182 °-5- 28°
1877 I
ß- 0-185
Märt 27
273° - 40°
April
280° - 38°
H. N.
961
9J+0-27
Märt 23
308° -f- 12°
: Märt s ) 1 — 19
oOr-5-4- 12°-5
D,.
1857 v
ty — 0-28
April 4
302° -f- 11°
3A4. 0 -1- 12 0
D,.
1847 1
- 0 95
April Ii
231°-5-r- 27°
April 13
März 27— Mai 22
Mär* 1 ** A r» «>n
April 11—30
9Q1 0 _1_ 07°
234° 4- 29°
223° -1- 40°
241°'54-24°-5
S. Z.
S. Z.
G. H.
Di-
April 12 bis
235 bis 240°
G. H.
Juni 30
April 1 — 13
235° 4- 25°
D • S
1830 1
ß-0-08
April 15
U6°-5- 36°
April
März
126°— 42°
125° - 38°
H. N.
H N
1743 n
tf — 0-80
Märt 26
290°+ l°-5
Man 25*) bis 1
290°— 10°
G. H.
180g III
- 0 27
April 15
307° + 4°
April 30 j
1861 1
4-0-01
April 20
270°D4- 32°
April 19 — 21
April 20 — 22
277° -f- 34°
272° 4- 32°
Lyraiden
D,.
1748 II
?J— 011
April 22
255°-5+27°-5
April 23
April 2£
Märt 15— Ap.23
o^n 0 _l tn 0
i50U ■+■ w
260° 4- 24°
268° 4- 25°
S. Z.
s. z.
G. H.
April I— 13
255° 4- 27°
D,; S.
1844 n
9J-008
April 21
288°-54- 5°
April 19—23
287°+ 22°
Dj.
Mai 2 |
285° -f- 12°
T.
298° -f- 5°
T.
tflei TT
1053 11
Op (\-fY7
XJ — UTJl
April 19 — 27
286° 4- 5°
rj
u r
1737 I
ft— 0-13
April 12
Mai
Märt 20 -Mai 29
223°- 12°
227°— 5°
SCH*
G. IL
8371
1835 III
ft-f-0-03
y — 0-06
Mai 1
Mai 4
334°-5- 16°
337° 0
Apr. 30 bisl
Mai 2, 3. i
326° — 2°-5
T.
1618 III
y 4-010
Juni 10
273°-5 4- 0°-5
Juni 10—13
273°— 3°
D,; S.
Juni
Juni
Juni
282°— 3°
266°- 12°
269°- 11°
SCH.
SCH.
H. N.
') In der Nähe auch die Radianten für die Kometen 1845 I und 1854 V (Februar 13
u. 25) und für die Kometen 1580 u. 1784 II (April 12 u. 26).
3 ) In der Nähe auch die Radianten für die Kometen 1763 (Märt 18); 961 (Märt 23);
1857 V (April 4) u. 1825 I (April 9).
3 ) In der Nähe auch der Radiant für den Kometen 1790 III (April 24): 319° 4- 19°.
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Kometen und Meteore.
Name
ErdnShc
Komet
Datum
| Radiant
Meteore
Datum 1 Radiant
A. u 1 0 n t Ü t
1781 I
ty— 019
Juni 14
338°-+- 57°
Mai 26 — Juni 13
Mai 1— 31
Juni
837° 4- 59°
325° 4- 55°
333° 4- 42°
D,.; S.
H.
H.
1850 1
y + 0-065
Juni 24
312°-54-60°-5
Mai 26— Juni 13
Juni 1 1 — Juli 1 1
Juli 1 — 15
Juli 16—31
Juli 8
Juli 13
312° 4- 68°
315° 4- 60°
316° 4- 54°
320° 4- 70°
288° 4- 64°
338° 4- 65°
D l .; S.
G. H.
H.
H.
S. Z.
S. Z.
18640
1864 II 1 )
ty 0 00
y-o-05
Juni 20
Juni 27
8°+ 5°
12° 4- 6°
Juli
Juli
Juli
7° 4- 4°
18° 0°
0°4- 17°
SCH.
SCH.
1822 IV
y 4-014
Juni 25
348°-54- 28°
Juli
Juli 18
345° 4- 25°
342 ° 4- 23°
SCH.
S. Z.
1822 m
177** 11
ty 4-0-11
jj — UTjy
Juni 30
Juli 13
342° 4- 14°
04 riO 1 100
Juni 1 — 13
Juni
Juni 28
Juni 29 bisl
August 24 J
Juli 1-6
343° 4- 16°
335° 4- 10°
338° 4- 13°
330° bis 345°
4- 14°
337° 4- 1°
D,.; S.
SCH.
T.
G. H.
C.
770
^ 4-0-20
Juli 8
89° 4- 45°
Juni 1 — 13
Juli 6—20
35*4-47°
36° 4- 47°
D r ; S.
D,.
1770 1
1770 1 1 )
ü-r-002
tf — 022
Juli 8
August 6
276°- 21° ö
283° — 20°
Juni 29 bis Juli 6
Juli — August
Juli 18 bis 1
August 31 1
283°- 13°
266°- 12°
285°- 25°
T.
SCH.
SCH.
• m <•% m TT
1737 II
U - UVZO
Juli 29
175 9 4- 71°
Ende Juli
165° 4- 62°
* » • m-f •
G. H.
568
568')
ß-0-01
ß-0-06
Juli 23
August 5
262°-5 - 33°
259° - 36°
Juli
Augu't
August
258° - 20°
250°- 35°
266° -42°
N.
N.
SCH.
1764
t862in
1870 I
ü-011
°j4-002
TJ4-0-03
JuK 25
August 10
August 12
49°4-45°-5
43°4-57°-5
48°-54- 53°
Juli 12—20
Aufruit 7—12
47° 4- 45°
44° 4-56°
D.
PerseYden
1853 m
tJ-0-69
August 12
299° 4- 80°
Juli24—AUg.II
Ulli 16 — Auff. ti
Juli 28 — Scpt 10
r
August 10 — 22
315° 4- 87°
ol 5 4- 84 5
359 ° 4- 89°
270° 4- 83°
S Z.
H.
G. H.
T.
1877 11
a + 0-30
August 9
32° - 18°-5
August 1— 12
26° - 6°
SCH.
1852 11
1827 n
1858
£4-0018
ß-016
ft-011
August 10
August 11
August 26
40°-5-13°-5
48°— 8°
65°— 22°
i
August
1
55° - 18°
SCH.
0 Mit geändertem Knoten.
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2l6
Kometen und Meteore«
Name
Erdnahe
1862 II
1862 II 1 )
>746 a )
1780 II
1808 II
1797
1596
1845 HI
1854 IV
1858 VI
1763
961
1769
1769«)
1683
1830 III
1847 VI
1723
1825 n
1580
1779
185011
1842 11
1848 1
t?- 0-025
ty +003
a+o-03
y - 018
Datum
Radiant
Meteore
Datum Radiant
August 7
August 19
August 22
August 14
ß+007
ft-009
a ~ 0 25
Sl ~ 0 36
&+002
y-o-29
A-003
ft-0-03
tf+0-78
15— 002
W +0-175
tf-015
IS — 0-265
ft + 0065
ft+;oi8
a - 002
tf-O-22
y— ou
y — 0-23
August 16
August 23
August 27
August 31
September 10
September 8
September 20
Septb. 26, 27
September 19
September 28
September 19
September 30
October 4
October 9
October 7
October 16
October 19
October 19
October 21
October 25
41° + 11°-5|
47°-5+ 13° !
57°+ 21°
August 10
August 4, 22
August 3—15
August 3 — 12
August 20—25
Septemb. 3—30
3°-5+ 38° 5 Juli 28 — Sept. 3
. August 2 — 1 1
Juli 27— Aug. 23
August 8 — 13
August 1 — 31
August 29
August 31
August
August 20 — 25
September
Septemb. 3—27
47°+ 18°
40°+ 30°
55° + 26°
89° + 6°
92°-5 0°
49°- 9°
47°-5- 6°
53°- 16°
100° + 59°
44°-5- 24°
62°— 13°
17°-5+ 18°
24°-5+17°-5
Aug., Sept.Octb.
Septb. 1— 15
145°+49°-5
172°-5+ 68
54°+52°-5
112°-5- 7°
134° +77°
61°-7 ( °
39°-29°-5
2°+ 54°
81°+ 57°
78° + 60°
Septb. 13—15
Septb. 3—27
Septb. 1 — 10
Sept 17 bis
Oct. 21
September
Octb. I — 15
October
Octb. 11— 16
October 14
Octb. 1— 15
Sept.20-Oct.29
Octb. 5—6
Octb. 12, 13
October
Octb. 22—28
Octb., Novemb
September 28
Octb. 14 — 25
c . .„ M 83° bis 92°;
Sp..i 7 -Nov.24 +5()0bis 550
October 15, 16
55° + 7°
53°+ 1°
51°+ 14°
Ibisl5°+36
10°+ 42°
7° + 32°
2°+ 29°
11°+ 30°
78° + 23°
85°- 15°
53°+ 1°
53°+ 1°
55°- 6°
66°— 22°
101° + 57°
99° +57°
40° - 8°
65°+ 6°
66°— 22°
17°+ 9°
21°+ 18°
15°+ 11°
142°+ 67°
51° + 61°
115°- 10°
107°1 — 2°-5
110°+ 6°
105° + 81°
161°+84°
54°- 14°
76°-5 - 10°
40°- 30°
5° + 53°
15°+ 52°
83°+ 54°
90°+ 58°
Autorität
86°+ 45°
S. Z. ; T.
T.
G. H.
SCH.
Seil.; T.
SCH.
G. H.
D.
T.
D.; T.
Sch.
T.
T.
SCH«
T.
SCH.
SCH.
D x ; T., S.
D,; S.
Sch.
T.
Sch.
Sch.
Sch.
D,.
Sch.
H.
Sch.
T.
T.
H.
Di-
T.
T.
Sch.
Sch.
D,.
S. Z.
D,.
G. H.
T.
') Mit geändertem Knoten.
a ) Nkwton hat hier irrthUmlich 1864 II.
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Kometen und Meteore.
"739
«757
«757 ')
1857 IV
1695
1864 IV
1097
837 I
1582
1821
1866 I
1813I
1852 III
1702
1798 II
ty+008
tf-O-33
tf-012
October 8
Octobcr 29
October 14
November 1
tf+ 0-045 October 16
- 0 0G
tf-f-O-34
V 00(?)
November 1
November 4
November 9
ft + 0-03 Novembern
V- 0015
ft- 0-30
ü 4- 0005
November 13
November 24
November 28
ü-007
tJ-014
November 27
Dccember 2
209 o -5+42 o -. r )
205° + 48°
l04°-5 + 27°
Octb. 3 — 20
November 7
19°-5+19° | October 17
30°+2G° Octb. 19-27
November 3
Nov. 9-10
278° -f- 53° Isept. 17- Oct.25
318° + 53°
Nov. 1- 13
Nov. 7-25
Nov. 1 — 15
Nov. 13— Dec.io
Nov.21— Dec.20
Octb. 20 — 26
Octb. 22 — 27
Octb. 21 — 25
Octb. 18—27
November
Oct.25— Nov. 23
Nov. 16, 17
Octb. 16—31
Oct. 19— Nov. 10
October 24
November 10
Octb. 10 — 27
November
Nov. 7—17
Nov. 7—10
Oct. 17- Nov. 13
Octb. 10 — 27
Octb. 18—27
Nov. 20 — Dec. 8
Nov. 13, 14
Nov. 19, 20
Nov.25-Dec.21
89° + 36°
8(.;
:°
19°-5
150°-5-r-23°-5
147° 0°
23°-4-r-43°
56° + 20°
162°+34°-5
December
November 27
142°+ 44°
160° + 40°
24°-f-2ß°-5
33°+ 21°
30° 4- 22°
23°+ 10°
317° 4- 57°
282°+ 57° 1
307°H-53°I
299° 4- 50°
279° 4- 56°
201 °+ 44°
208° 4- 43°
99° + 26°
109°-5 + 25 0, 2
111° ■+• 29°
108° + 12°l
113° + 14°i
110°+ 23°
106° 4- 23°
72° -+-44°
71° + 43°
77° + 45°
87° + 47
71°+ 31°
82° + 45
75° + 45°
86° 86°
90° + 15°
79° + 13°
93° + 17°
80° 4-23°
149° + 23°
149° + 22°
Autorität
G. II.
T.
Gr.
Sch.
T.
C.
Sch.
H.
IV
Hk.
Gr.
S. Z.
Sch«
D r
C.
H.
D.
s. z.
s. z.
Sch.
C.
G. 11.
Sch.
Sch.
D,.
Leo rnden
i - . „ 1 148° ■+■ 2°
Oct.31_Dec.12 134° + 6° G. H.
•46° +16° Sch.
25° + 43° 1 Andr °-
1 mediden
24° + 43° 1 D ,.
17° + 48° \ 8. Z.
25° + 40° 1
64° -+- 18° \
57° 4- 2G° \
20° l
Nov. 16—17
November 30
December 6
Oct.25 — Nov.21
Nov.28-Dec.24
November 10
Nov.22 — Dec.14
Nov. 20 — Dec. 13
December 9
Dec. 5—14
70°
79° 24° \
155° -+- S6°
154° 26<
S2<
•) Mit geändertem Knoten.
2l8
Kometen und Meteore.
Name
Komet
Meteore
Autorität
Erdnähe I
Datum
Radiant
u aluin
1818 I
V9 — (1-20
35<)° -4- 53°
Nov. Dec.
342° + 62°
D
iXl 2
December 6
200° -4-68 c v)
Dec Januar
Nov.25— Dec. 14
209° + 67°
210° + 67°
D,.
C.
I 7A1 I
XI— 0025
NnwmhiT 1 "2
Oct.18— Nov. 10
23° + 8°
Greg
1743 I ')
A— 014
December 21
11°- 2°*5
December
4° + 4°
SCH.
.fi.A VIT
jj -t-t j vj
¥~^r»f» ff •> V *9
UCC 12 — I /
äIAJ tj -f- t t)
Dec. Januar
207° + 5°
D,.
1858 I
December 20
221 0 n 0
l/Hii JflllUill
Dec. 1 — 15
240° +70°
223° -+- 78°
D,.
H.
1680
ÜO'i
December 26
132°+21°-5
December 9
135° + 37°
S. Z.
December
146°-f-16°l
Dec. -Januar
117°-+-13°l
Dec. 21 — Jan. 5
130° + 20°
D.
December
130° + 30°
SCH.
December 12
136° + 80°
H.
Die Zahl der Kometen und Sternschnuppen, welche hier in einer Beziehung
stehen, erscheint demnach ganz bedeutend; aber, wie dieses schon bei einer
anderen Gelegenheit bei den Kometen bemerkt wurde, muss sich wohl die
Zahl der anscheinend zusammengehörigen Bahnen und Radianten in dem Maasse
erhöhen, als die Beobachtungen zahlreicher werden. Die Sicherheit der Kometen-
bahnen ist bis auf jenen Grad der Genauigkeit, welcher für diese Identifikation
nothwendig ist, schon vorhanden; nicht dasselbe gilt von den Radiationspunkten.
In vielen Fällen wird man auch in dem obigen Verzeichnisse Radianten neben-
einandergestellt finden, die um mehrere Grade von einander abweichen, und
oft ist die Uebereinstimmung nur als eine sehr massige zu bezeichnen. Erst
wenn es möglich sein wird, genauere Bestimmungen für die Radianten zu er-
halten, wozu, auch schon nach dem jetzigen Stande der Beobachtungen, die
Reduction der Radianten verschiedener Nächte auf eine gemeinschaftliche Epoche
unerlässlich ist, wobei man, zunächst von stellaren Schwärmen absehend, die
Formeln von pag. 189 verwenden kann, wird man über die wirkliche Zusammen-
gehörigkeit entscheiden können.
Ein unleugbarer Zusammenhang ist aber unter den vielen Strömen und
Kometenbahnen doch bisher nur für vier nachgewiesen: lür die Lyraiden,
Perseiden, Leoniden und Bieliden; bei den anderen muss erst die Zukunft die
Entscheidung bringen.
Sucht man aus der Tafel auf pag. 94 diejenigen Kometen heraus, die der
Erde sehr nahe kommen, so erhält man die folgenden vierzehn:
19. —
4G. 1680
76. 1763
84. -
136- 1822 IV Pons
169. 1845 UI Colla
Grösste Erdnähe
Halley 0050
Kirch 0 005
Messier 0 025
Biela 0*011 Bielt Jen
01 30
0050
175. 1846 VII Brorsen 0 057
Grösste Erdnähe
195. 1853 II Schweizer 0*073
201. 18541V Klinkerfues 0 016
220. 1861 I Thatcher 0*002 Lyraiden
224. 1862 III Tuttle
238. 1866 I Tempel
250. 187 1 IV Tempel
308. 1889 IV Davidson
0005
0 007 leoniden
0-063
0 040
>) Mit geänderten Knoten.
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Kometen und Meteore.
219
Der nachgewiesene Zusammenhang bezieht sich also auf vier Kometen, für
welche die grösste Erdnähe kleiner als 0015 bleibt; für den Kometen 1680 ist
der Zusammenhang mit den Decembermeteoren sehr wahrscheinlich, aber
immerhin bleibt dabei die Ursache der geringen Zahl der Sternschnuppen noch
zu erörtern.
Wird die Entfernung wesentlich grösser, so kann ein Theil des Schwanns
die Erde nur dann treffen, wenn dieser sehr ausgedehnt ist, dann wird aber der
Radiant nicht fest bleiben, und es werden mehrere nahe bei einandcrliegende
Radianten an aufeinanderfolgenden Tagen beobachtet werden ; sehr nahe
liegende Radianten können dann demselben Schwarme angehören. Die Ent-
fernung 0*01 Erdbahnhalbmesser ist noch etwa 233 Erdhalbmesser; der Schwärm
muss also immerhin schon eine sehr beträchtliche Ausdehnung haben, wenn er
sich selbst in dieser Bahn bewegend Theile in die Erdatmosphäre abgeben
soll, die bis auf 150 km Höhe herabsteigen. So kann es wohl auch vorkommen,
dass einzelne Sternschnuppen von minder ausgedehnten Schwärmen in den
obersten Regionen der Atmosphäre die Erde streifen, und es wird kein aus-
gesprochener Sternschnuppenfall von grossem Reichthum zu sehen sein; dieser Fall
mag bei dem Kometen (46) vorliegen. Nichtsdestoweniger wird die Wirkung der
Erde auf den Schwärm in dieser Entfernung noch ziemlich beträchtlich sein,
und es können auch Bahnänderungen für denjenigen Theil des Schwarms, der
an der Erde vorübergeht, auftreten, während der übrige Theil nicht weiter be-
rührt wird. Hat nun der Sternschnuppenschwarm an einzelnen Stellen eine
grössere Ausdehnung in der Breite, so kann von dem Wulste, wenn dieser an
der Erde vorübergeht, selbst ein neuer, kleinerer Schwärm abgetrennt werden.
Noch mehr ist dieses der Fall bei den Wirkungen der äusseren Planeten,
deren Wirkungssphäre bedeutend grösser ist; dadurch kann es auch kommen,
dass ein der Erde sehr nahe kommender Schwärm in den aufeinanderfolgenden
Erscheinungen, inzwischen gestört durch einen anderen Planeten, ein verändertes
Bild darbietet. Ein solcher Fall würde eintreten, wenn z. B. der Komet (201)
als Theil eines grossen Schwarms gedacht wird. Dieser Schwärm müsste, da
er sich dem Jupiter auf 0*13 nähert (vergl. die Tafel auf pag. 94), vollständig
aufgelöst werden, und der aufgelöste Theil kann in die Gegend der Erde nur
als sporadischer Schwärm kommen. Das Fehlen eines Sternschnuppenschwarms,
welcher diesem sich der Erde ebenfalls stark nähernden Kometen entspricht, ist
daher ebensowenig direkt ein Zeichen, dass dieser Komet eine Ausnahme gegen
die anderen macht.
Diesem Kometen zunächst kommt, was Annäherung an einen grossen Pla-
neten betrifft, der Komet (220), welcher sich dem Saturn auf 0'3 nähert, und
der Komet (46), welcher sich dem Jupiter auf 0*4 nähert. Thatsächlich ent-
spricht dem ersten Kometen der mit den Leoniden an Zahl kaum vergleichbare
Strom der Lyraiden; für den zweiten Kometen ist hierin ein zweiter Grund
für das schwache Auftreten des ihm entsprechenden Stroms vom 26. December
gelegen.
Callandrrau *) hat auch den Fall in Untersuchung gezogen, dass durch die
Anziehung eines Planeten die Bahn eines Sternschnuppenschwarms vollständig
geändert würde, und die in der Invariante K der Bahn auftretenden Bahn-
elemente durch die Coordinaten des Radianten ersetzt, so dass man eine Bedingung
•) Compt. rend. Bd. 112, pag. 1303.
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220
Kometen und Meteore.
erhält, welche zwischen zwei Radianten erfüllt sein muss, wenn diese demselben
Schwärm entsprechen sollen. Die Bedingung lautet:
0 = { (l 4- ~ - K) [sin* ö» -+- ccs* 2V sin* (** - 0;] H- 1 -
-Acos*®sin*V'-®)^\ - -p) -H (l 4- -
|l - (l - [sin* Ü3' 4- w» 23' (*' - 0)]} .
Bei der Unsicherheit der Radianlenbestimmung und der geringen Ver-
änderlichkeit der Invariante wird diese Gleichung wohl nur ein rein theoretisches
Interesse beanspruchen können.
Erscheinungen der erwähnten Art können nun die mitunter auffallende
Aehnlichkeit zwischen den Radianten einzelner nicht periodischer Kometen mit
Radianten von Sternschnuppen erklären, welche nur einmal oder wenigstens
nicht oft und nicht auffällig genug hervortraten, und als grosse Schwärme im
Sinne der vier zuerst angeführten nicht bezeichnet werden können.
Betrachtet man die Tabelle von Herschel etwas genauer, so findet man
eine sehr bemerkenswerthe Aehnlichkeit mit einzelnen der dort angeführten
beobachteten Sternschnupperfälle bei den folgenden Kometen, die sich der Erde
auf weniger als 0*06 Erdbahnhalbmesser nähern können 1 ).
Komet Fallzeit Komet Fallzeit
9. 1097 November 1 87. 1779 October 19
10. 1231 März 10 133. 1821 Novembern
11. 1264 März 25 153. 1833 Januar 27
31. 1582 Novemberg 206. 1857 1 Februar 2
43. 1672 Januar 20 219. 1860 IV Januar 6
58. 17 18 Januar 29 225. 1862 IV März 16
65. 1743 I November 13 233. 1864 II Juni 20
— 1746 Februar 25 L niedersteigenden u. 235. 1864 IV October 16
August 22 >• autsteigend. Knoten 245. 1870 I August 12
73. 1759 HI Januar 19
Hingegen kann bei anderen Kometen, deren kleinste Entfernung von der
Erde ebenfalls 0 06 nicht erreicht, der Zusammenhang mit den Sternschnuppen
nicht behauptet werden, d. i. bei den Kometen'):
47: 1683 März 16 (d. Annäherung Sept. 19 ist nicht so bedeutend;
103: 1790 III April 24
156: 1840 I Januar 20
223: 1862 II August 7.
Andererseits findet sich eine bemerkenswerthe Aehnlichkeit zwischen den
berechneten Radianten von Kometenbahnen und den beobachteten Sternschnuppen-
radianten bei den folgenden Kometen, die von der Erde ziemlich weit vorUber-
*) Zur Erleichterung des Auffindens in der Tabelle ist die Knotenlänge (Fallzeit) hiniu-
8 ) Von den beiden Kometen von 568 und 961, deren Entfernungen — 0*06 und — 0*03 be-
rechnet sind, kann natürlich abgesehen werden; für die Entfernung wurde hier 0*06 als Grenze
angenommen, da dieselbe durch massige Acndcrung in den Elementen wesenüich geändert
werden kann; so sind auch die ausserordentlichen Annäherungen der vier Kometen (213) (0*0),
(•225) (- 0013) und (ll) bezw. (87) je — 0*02) durchaus nicht sicher verbürgt.
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Kometen und Meteore. »*»
gehen (wobei jedoch nur die Kometen nach 1 500 berücksichtigt sind), und zwar
bei den Kometen für welche elliptische Bahnen berechnet wurden:
124. 181 2 December6 (kürzeste Entfernung — 0 23)
136. 1822 IV Juni 25
175. 1846 VII December 12
208. 1857 IV October 14 (kürzeste Entfernung — 0*26)
209. 1857 V April 4 (kürzeste Entfernung — 0 28).
Bei dem Kometen (124) bemerkt Lehmann Filhes, dass die Abweichung im
Radianten durch eine geringfügige Aenderung im Knoten beseitigt werden kann.
Ferner bei den parabolischen Kometen:
27: 1556 März 19
35: 1596 Februar 23 i. niedersteigend. Knoten, kürzeste Entf. +14 u.
August 27 i. aufsteigenden Knoten, küneste Entf. -0 25
37: 1618 Juni 10
51: 1695 November 1
55: 1702 November 27
59: 1723 October 9
63: 1739 October 22
70: 1748 II April 22
71: 1757 October 29
81: 1770 I August 6
82: 1770 II Juli 13
89: 1780 II August 14
90: 1781 I Juni 14
111: 1798 II December 2
125: 1813 I November 24 (kürzeste Entfernung — 0 30)
135: 1822 III Juni 30
160: 1842 II October 21
177: 1847 I April 11 (kürzeste Entfernung — 0 95)
187: 1850 I Juni 24
188: 1850 II October 19
213: 1858 VI September 8
261: 1877 I März 27.
Bei den Kometen (70) und (177) ist die Differenz in den Radianten kleiner
als 1°, bei den Kometen (90) und (213) kleiner als 2°, und bei den Kometen (37),
(135), (187) (kleinste Entfernung 0065), und (209) kleiner als 3°.
In diesem Falle muss man wohl, wenn man den Zusammenhang aufrecht
erhalten will, wie er z. B. bei den letzt erwähnten acht Kometen kaum zu leugnen
ist, ausserordentlich breite Ströme annehmen; insbesondere mag der Strom
hervorgehoben werden, der mit dem Kometen (177) jedenfalls zu identificiren ist
Der Komet geht an der Erde in der Entfernung von nahe einer Sonnenweite
vorüber; hier wird man unmittelbar auf die Idee geführt, dass sich nicht der
Schwärm in der Bahn des Kometen, sondern der Komet als ein besonderes
Glied, allerdings als ein besonders hervorragendes Glied in der Bahn des aus-
gedehnten Schwarms bewegt, von welchem ausserdem trotz der grossen Entfernung
noch immer sehr häufig kleinere Theile als Sternschnuppen in die Erdatmosphäre
gelangen.
Ueber die Art des Zusammenhanges zwischen Kometen und Meteoren ist
man vorläufig ebenfalls nur auf Vermuthungen angewiesen. Da sich Kometen
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222
Kometen und Meteore.
und Meteore in denselben Bahnen bewegen, so haben vorzugsweise zwei Hypo-
thesen Platz gefunden: diejenige von der Bildung der Kometen aus Meteoren
und von dem Zerfalle von Kometen zu Meteoren.
Gegenwärtig ist fast allgemein die Hypothese angenommen, dass die von
Kometen weggestossenen Theile die Sternschnuppen bilden. An sich ist diese
Hypothese gestützt nicht nur durch die Schweifbildung der Kometen, sondern
auch durch den wirklich beobachteten Zerfall einzelner Kometen. Aber die
Schwierigkeit ist dabei die, dass die Kometenschweife nicht in der Bahn,
sondern, namentlich in der Sonnennähe nahe senkrecht zu derselben, in der
Richtung des Radiusvectors sind. Fave 1 ) glaubt diese Schwierigkeit dadurch zu
beheben, dass er annimmt, dass nicht alle Partikel von dem Kometen durch
den Schweif in den Weltraum gehen , sondern einzelne Theile in der Nähe
bleiben , welche dieselbe Bahn beschreiben. Dieses widerspricht aber geradezu
der Annahme der abstossenden Kraft, wenn man nicht, was viel correkter ist,
annimmt, dass sich die den Kometen entsprechenden Meteortheile von dem
Kometenschweife selbst durchaus unterscheiden.
Bredichin löste diese Schwierigkeit in anderer Weise; er behauptete, dass
die Sternschnuppen geradezu aus ganz bestimmten Theilcn der Ausströmungen,
nämlich aus den anomalen Kometenschweifen entstehen; eine Meinung,
der sich später auch andere anschlössen. Man müsste aber hinzufügen: aus
anomalen Kometenschweifen, die in der Richtung der Bahn liegen; da
solche aber nur äusserst selten (insbesondere z. B. bei dem Kometen 1894 I)
beobachtet wurden, so ist die Meinung Bkk.dichin's wohl kaum in diesem Sinne
zu verstehen. H. A. Newton, der noch 1865 die Sternschnuppen nicht als die
Fragmente einer vergangenen Welt, sondern eher als das Material fiir eine
zukünftige ansah 2 ), sieht 1894 die Sternschnuppen als diejenigen Theile eines
Kometen an, welche nicht in den Schweif gestossen werden, sondern dem
Kometen in seiner Bahn folgen 8 ). Endlich findet man auch die Meinung, dass
wenn in einem Meteorstrom sich kein Komet bewegt, dieses ein Zeichen ist,
dass der letztere schon ganz aufgelöst ist.
In dieser Allgemeinheit kann der Satz wohl nicht behauptet werden. Man
kann wohl sagen, dass durch den Zerfall von Kometen jene Körperchen ent-
stehen, die als Sternschnuppen in deren Bahnen um die Sonne kreisen: dass
aber alle Sternschnuppen so entstanden sein müssen, ist unrichtig. Im Gegen-
theil scheinen grosse und kleine Körper in buntem Durcheinander um die Sonne
zu schwärmen: von den kleinsten, unsichtbaren, die in die Erdatmosphäre ge-
langend, dort als teleskopische Meteore oder auch überhaupt gar nicht sichtbar
werden, durch die Gruppe der Sternschnuppen von den verschiedenen GrÖssen-
klassen und den grossen Feuerkugeln, von denen oft trotz der ausserordentlichen
Menge des verdampften Materials noch kolossale Stücke als Ueben-este zur Erde
fallen, hindurch, bis zu den grössten, nicht mehr mit den Sternschnuppen
selbst, sondern vielmehr mit den planetarischen Massen vergleichbaren Körpern,
welche die Kometen bilden 4 ). Dieser qualitativen Zusammengehörigkeit, welche
nur einen Unterschied in der Grösse postulirt, hat Kirkwood durch die Wahl
des Namens Ausdruck gegeben; ganz ähnlich, wie man die kleinen Planeten
') Compt. rend., Bd. 64, pag. 553
") American. Journ. of Sciences nnd Arts, II. Serie, Bd. 39, pag. 207.
? ) Ibid. III. Serie, Bd. 47, p.ig. 152.
*) Non ad unam natura formam opus suutn praestat, sed ipsa varietate se jactat (Sknbca).
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Kometin und Meteore.
als Planetoiden bezeichnet, hat Kirkwood iür die Meteoie den sehr passenden
Namen Kometoiden vorgeschlagen; doch hat sich dieser Name nicht eingebürgert.
Dabei ist eine Disgregation der Kometen zu Sternschnuppen ebenso wenig
ausgeschlossen, wie eine Aggregation von Sternschnuppen zu Kometen, und
dass in einzelnen Fällen periodische, früher nie gesehene Kometen sich durch
Aggregaten von in ihren Bahnen kreisenden Kometoiden gebildet haben, ist
nicht unwahrscheinlich. Dass man die Kometoiden nicht sieht, hat seinen Grund
darin, dass sie der Lage ihrer Bahn nach nicht in die Erdatmosphäre gelangen.
Diese Annahme wird auch wesentlich dadurch gestützt, dass sich in einer
und derselben Bahn oft mehrere Kometen von ganz verschiedenem Aussehen:
grosse und kleine Kometen bewegen, wie sich dieses in den »Kometensystemen«
zeigt Dass ihre Bahnen nicht identisch sind, "hat seinen Grund in äusseren
Störungen, Massenanziehungen der Sonne oder der Planeten, gegen welche die-
selben ja eine verschiedene Lage und verschiedene Entfernungen haben. In
solchen Kometensystemen erblickt man eben die grössten unter den zahlreichen
kleinen Körperchen, welche sich in diesen Bahnen bewegen; Körper, deren
Dimensionen jedenfalls so gross sind, dass sie unter einem für ihre Beleuchtungs-
intensität entsprechenden Gesichtswinkel erscheinen, um gesehen zu werden.
Auch in den Sternschnuppenschwärmen muss die Umlaufszeit aller Meteore nicht
dieselbe sein; für die aufgelösten Schwärme war dieses bereits erwähnt; in dem
Schwärm der Leoniden hat Kirkwood überdies drei Concentrationscentra, drei
zusammenhängende Schwärme mit etwas verschiedener Umlaufszeit erkannt, der
Hauptschwarm hat eine Umlaufszeit von 3325 Jahren, der zweite eine solche
von 33*31 Jahren, der dritte von 33" 11 Jahren. Zum ersten Schwarme gehört der
Komet (238), welcher vielleicht ein Beispiel für die Aggregation eines Kometen
aus Meteoren giebt. Dieser Komet, der sich in derselben Bahn, man könnte
sagen, mitten unter dem Hauptschwarm der Leoniden bewegt, wurde vor 1866
nie gesehen; man kann daher auf seine Wiederkehr 1899 wohl gespannt sein.
Der zweite Schwärm bewegt sich nahe 12 Jahre später, der dritte nahe 20 Jahre
später in der Bahn. Eine Bestätigung dieser Ansicht bleibt noch abzuwarten.
Das Verschwinden des BiELx'schen Kometen wurde so gedeutet, dass aus
ihm der Meteorschwarm der Bieliden entstand. Wieder aber kann man nur be-
haupten, ein Schwärm aus der Reihe der Andromediden; denn Andromediden
wurden schon beobachtet, lange bevor der BiELA'sche Komet sich theilte, und
dass die Andromediden von 1798 und 1838 von einem Fragmente des Kometen
herrühren sollten, ist wohl möglich, aber nicht gerade nothwendig. Schulhof
meint, dass diese beiden Schwärme von einem Fragmente herrühren müssten,
welches dem Kometen im Jahre 1798 um 4 Monate, 1838 um 7 Monate voran-
ging und sich wahrscheinlich 1772 (dem ersten Erscheinen der Bieliden) ab-
getrennt hat Es bleiben aber noch die Kometoiden von 1830, 1847, welche
von dem Kometen sehr weit entfernt waren, und selbst die grossen Fälle von
1872, 1885, 1892 können, wie Schulhof zugiebt, nicht von den beiden Kernen
herrühren, in welche der Komet im Jahre 1846 und 1852 zerfallen war; diese
bilden also offenbar, da ihre Umlaufszeit mit derjenigen des BiELA'schen Kometen
stimmt 1 ), einen selbständigen Schwärm, ein zweites Concentrationscentrum, das
von dem BiELA'scben Kometen völlig unabhängig ist
') Bezüglich der ausserordentlich reichen Stern schnuppen Hille in den Jahren 1798 und
1838 hat bereits d' Arrest hervorgehoben, dass sie gerade um 6 Imlaufsieiten des BlKt.A'schcn
Kometen auseinanderliegeo.
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32 4
Kometen und Meteore.
Aehnliche Verhältnisse zeigen sich nach Schulhof bei den Leoniden.
Newton identificirte den Kometen vom Jahre 1366 mit dem Kometen (238) und
Hind fand durch Discussion von chinesischen Beobachtungen diese Annahme
gerechtfertigt. Im Jahre 1366 ging aber der Komet Anfangs October durch sein
Perihel, 1866 im Januar. Daraus schliesst Schulhof auf die Möglichkeit, dass
die Umlaufszeiten des Schwarms und des Kometen nicht genau gleich, und der
Unterschied (33 25 Jahre für den Strom, und 3318 Jahre für den Kometen) reell
wäre. In der That können sich Schwärm und Komet von einander ganz un-
abhängig bewegen, und jedes Theilchen des Schwarms hat eigentlich für sich
seine eigene Umlaufszeit. Immerhin aber ist es schwer, die Umlaufszeit eines
Schwarms, der sich über ein Gebiet ausdehnt, welches nahe ^ seiner ganzen
Bahn ausfüllt, auf einer, kleinen Bruchtheil des Jahres genau zu bestimmen.
Je nachdem man dem Bereiche der grössten Verdichtung eine mehr oder weniger
grosse Ausdehnung giebt, kann die Abweichung auch in weitere Grenzen ein-
geschlossen werden.
Das Verschwinden des BiELA'schen Kometen ist keine alleinstehende That-
sache, und ist nur deshalb als eine erwiesene Thatsache angesehen worden,
weil man den Zerfall desselben in zwei Theile als den Beginn zu seiner Auf-
lösung ansah. Es giebt aber eine grössere Anzahl von als periodisch erkannten
Kometen, die nach einer oder nach einigen wenigen Erscheinungen nicht wieder
gesehen wurden. Es sind dieses (vergl. pag. 70) die Kometen (45), der nach
seiner ersten Erscheinung verschwunden blieb, bis er nach 31 Umläufen neuer-
dings entdeckt wurde, dann wieder in den nächsten neun Umläufen nicht gesehen
wurde; die Kometen (65), (79), (92), (132), (174), die nur einmal gesehen wurden
(von den späteren Kometen, bei welchen nur die zweite Erscheinung nach ihrer
Entdeckung nicht beobachtet werden konnte, kann natürlich vorläufig abgesehen
werden), der Komet (171), der seit 1879 nicht wiedergefunden wurde, und end-
lich der Komet (189), der bei seiner letzten Erscheinung durch seine ausser-
ordentliche Verminderung der Helligkeit auffiel. Hier scheint man es mit
einem Zerfalle zu thun zu haben, der aber nicht vollständig ist, sondern mit
einer partiellen Auflösung, welche eine bedeutende Schwächung der Licht-
intensität zur Folge hat, und einer späteren neuerlichen Aggregation, mit
Vei Stärkung der Lichtintensität.
In dieser Form offenbaren sich die Kometen, oder eigentlich einzelne Ko-
meten als ephemere Erscheinungen einer anderen Art: sie entstehen nicht als
ephemere Erscheinungen im Luftkreise, sondern als ephemere Erscheinungen im
Welträume, und unterscheiden sich von den Planeten durch ihre geringere Con-
sistenz. Aus kleinen Körpern bestehend, über deren Kleinheit oder Grösse wir
keinerlei sichere Anzeichen haben, bilden sich dieselben durch Vereinigung, viel-
leicht durch eine sehr lose Vereinigung von solchen kleinen Körpern, die erst
durch äussere Kräfte, namentlich durch die Sonnenwärme in der Sonnennähe
wesentlich gelockert, aufgehoben wird, so dass man einen Zerfall des Kometen
in mehrere Kerne und selbst mehrere selbständige Kometen wahrnimmt, welche
sich, je nach der Beschaffenheit und den weiterhin wirkenden Kräften bei der
Entfernung von der Sonne wieder in einen einzigen Körper vereinigen, oder
selbst in Theile zerfallen, in grössere, die selbständig ihre Bahnen als Kometen
beschreiben, oder auch in ganz kleine Kometoiden.
Die Materie, aus welcher die Kometen bestehen, ist durch spectroskopische
Untersuchungen schon genähert bekannt. Nicht dasselbe gilt von den Stern-
schnuppen. Für letztere hingegen kann man zwei verschiedene Gattungen an-
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Kometen and Meteort. 225
'■ i
nehmen, welche nach den Meteoritenfällen unzweideutig erwiesen sind: die
metallischen (Meteoreisen) und die nicht metallischen (Meteorsteine). Während
nun die Massenanziehung der Sonne auf beide Klassen von Körpern gleichartig
ist, kann die Wirkung der elektrischen Thätigkeit gewiss nicht die gleiche sein ;
von dieser werden die metallischen Körper mehr beeinflusst, und indem sie
selbst in einen Zustand starker Ladung versetzt werden müssen, denn es ist vorerst
kein Grund vorhanden, im Welträume andere Wirkungen anzunehmen, als wie wir
dieselben auf der Erde kennen, so werden die mit Elektricität und wahrscheinlich
auch mit Magnetismus geladenen metallischen Kometoiden aufeinander wirken, und
zwar lediglich in Folge ihres elektrischen und magnetischen Zustandes, während
die Massenanziehung derselben gegenüber der weitaus Überwiegenden Sonnen-
anziehung verschwindet: dadurch wird eine Aggregation von Meteoreisen zu
grösseren Körpern stattfinden können. Damit stimmt auch überein, dass man
im Kometenspectrum, wo man nicht bloss das charakteristische Kohlenwasser-
stoffspectrum fand, die Eisenlinien hervortreten sah. Umgekehrt wird es dann, wenn
die elektrische Ladung in grösseren Entfernungen von der Sonne gegenüber
der Massenanziehung zurücktritt, von der Intensität der letzteren, bezw. von der
Massenanziehung äusserer Körper auf die zusammenhängenden Kometentheile
abhängig sein, ob dieser Zusammenhang weiter bestehen kann, oder gelöst wird.
So können innerhalb ausgedehnter Meteorschwärme mit Halbaxen, welche
Umlaufszeiten von mehreren hundert Jahren entsprechen, Kometen entstehen
und vergehen, und die Sternschnuppen sind gleichzeitig die Bausteine für eine
neue Welt, und das Resultat des Zerfalles einer gewesenen.
Gleichzeitig ist hierbei nicht zu übersehen, dass wenn die elektrischen
Ladungen die Ursachen dieser Aggregationen und Bildungen von Kometen sind,
dieselben auch gleichzeitig zu Entladungen Anlass geben können und müssen,
welche sich dem Auge in den Kometenschweifen darbieten.
Es ist nun allerdings keine absolute Bedingung für den Zusammenhang von
Kometen und Meteoren, dass jeder Komet sich als ein Glied in einem Stern-
schnuppenschwarme bewege. Dehnt man aber diese Aggregation auch auf die
kurz periodischen Kometen aus, so kommt man, da alle sich nahe in der Ebene
der Ekliptik und in einem Gürtel von nicht zu grosser Breite bewegen, zu dem
Resultate, dass sich ein einziger Ring von Meteoriten nahe in der Ekliptik und
in dem Zwischenraum zwischen Mars und Jupiter bewegt. Dass dieses nicht
ausgeschlossen ist, ist klar; hier liegt wieder ein Bindeglied zwischen den Kometen
und den kleinen Planeten. Die Erhöhung der optischen Kraft der Fernröhre
bringt immer neue Glieder dieses Ringes, kleine Planeten und kurz periodische
Kometen, zu unserer Kenntniss.
Nicht anders aber steht es mit den nicht periodischen Kometen; wenn jeder
dieser Kometen ein Aggregationscentrum von Meteoren wäre, so müssten sich
den fortgesetzten aufmerksamen Beobachtungen, wenn auch nicht jetzt, so doch
in späteren Zeiträumen und mit lichtstärkeren Instrumenten auch jene Fälle von
Kometoiden offenbaren, die sich in den zugehörigen Bahnen bewegen, aber ihrer
UnaurTälligkeit wegen sich der planlosen Beobachtung entziehen. So werden
bereits seit einigen Jahren für alle neu erscheinenden Kometen die Radianten
gerechnet; wenn das Resultat bisher noch negativ ist, so kann deshalb noch
nicht geschlossen werden, dass die Kometen, welche zu den Aggregationscentren
zu zählen sind, zu den Ausnahmen gehören: denn vorläufig entziehen sich alle
Meteore, welche nicht in die Atmosphäre gelangen, und welche von Newton
mit dem Namen Meteoride belegt wurden, sofern sie nicht eine schon ziem-
VaLWTWU, Agronomie. IL 15
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Kometen und Meteore.
lieh beträchtliche Grösse haben, so dass sie mit den Kometen oder kleinen
Planeten verglichen werden können, der Beobachtung.
Man darf nicht vergessen, dass man sich hier noch auf dem Gebiete der
Spekulation bewegt. Die Meinung, welche die Kometen für primäre Körper er-
klärt, welche, durch äussere Kräfte affizirt, zerfallen, Sternschnuppenschwärme
bilden, die durch die Erde oder irgend einen anderen Planeten gestört, auf-
gelöste, in die Länge und Breite gezogene Ströme geben, kann als durch zahl-
reiche Thatsachen der Beobachtung bestätigt angesehen werden. Nicht minder
aber sprechen andere Thatsachen dafUr, dass man, bei anderen Kometen, nicht
von einem Zerfalle sprechen kann, sondern von einer Neubildung. Und die
Frage, warum ist ein Komet nach seiner ersten Erscheinung oder nach einer
Reihe von Erscheinungen nicht wiedergesehen worden, ist nicht mehr und nicht
weniger berechtigt, als die Frage, warum ist er nicht früher gesehen worden?
Bei der Beantwortung dieser Frage darf man sich jedoch nicht von dem Gedanken
leiten lassen, dass dabei eine den Kometen speeifische Erscheinung vorliegt.
Eine Reihe von kleinen Planeten wurde nach ihrer ersten Opposition oder nach
einigen Oppositionen nicht wiedergesehen, und trotz der Mannigfaltigkeit der
Natur in den Details ist kein Grund vorhanden, hier eine für beide Klassen
von Objecten verschiedene Ursache anzunehmen. Die nächstliegende Ursache
bleibt aber die, dass man es mit einem Kreislauf der Erscheinungen zu thun
hat, mit keiner fortwährenden Neubildung und keinem fortwährenden Zerfalle,
sondern mit einem Wechsel von Erscheinungen theil weise constituirender, theil-
weise destruirender Art
Auch die Planeten sind in diesen Kreislauf mit eingeschlossen, indem sie
durch die Meteorfälle nothwendig Massen aufnehmen. Wenn auch nur die
wenigsten Meteore zur Erde gelangen, so darf deshalb nicht Ubersehen werden,
dass jede in den Dunstkreis der Atmosphäre gelangte Masse als mit der Erde
vereinigt zu denken ist, und deren Masse vergrössert: denn sie lässt ihre ganze
Masse in Dampfform oder in Form von kosmischem Staub, der sich langsam
zur Erde niederschlägt, zurück. Man hat daher für die Massenvermehrung nicht
nur die Gesammtzahl der Meteorfälle, sondern die Gesammtzahl der Stern-
schnuppenfalle zu berücksichtigen. Dass andererseits eine Ausstrahlung von
Materie in den Weltraum stattfindet, stattfinden muss, folgt unmittelbar aus der
jedem gasförmigen, flüssigen oder festen Körper eigenen Tension, vermöge deren
er, wenn nicht ein gewisser äusserer Druck auf ihr lastet, Theile in Dampftorm
abgiebt, sich theilweise verflüchtigt. Dieser äussere Druck kann aber bei den
Weltkörpern nur durch einen erfüllten Weltraum gedacht werden, und der noth-
wendige Druck regulirt sich durch die Menge der Ausstrahlung von selbst Ob
die Aufsaugung von Materie aus dem Weltraum oder die Ausstrahlung der
Materie in den Weltraum sich gegenseitig das Gleichgewicht halten, oder ob
eine derselben vorherrscht, kann nur durch astronomische Beobachtungen ent-
schieden werden. Durch die Aufsaugung von Massen muss in erster Linie eine
Verzögerung der Translations- und Rotationsbewegungen auftreten. Für die Erde
speciell müsste sich die Verzögerung der Rotationsbewegung in Form einer
Secularbeschleunigung der Translationsbewegungen der anderen Himmelskörper,
in erster Linie beim Monde offenbaren. Auch wurde diese Erscheinung in glück-
licher Weise von v. Oppolzer zur Erklärung des Umstandes herangezogen, dass
die beobachtete Secularbeschleunigung des Mondes grösser ist, als die aus der
Theorie der allgemeinen Anziehung sich ergebende. Doch ist man bei der nume-
rischen Bestimmung, vorläufig wenigstens, auch nur auf Vermuthungen angewiesen.
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Kometen und Meteore.
227
Nicht minder wichtig ist die Betrachtung der zweiten Gattung von Strömen,
der stellaren Ströme. Hier hat man es nicht mit Himmelskörpern zu thun,
die dem Sonnensystem angehören; es sind Schwärme, welche an der Bewegung
des Sonnensystems nicht theilnehmen, und durch die Anziehung der Sonne auf
kurze Zeit dem Sonnensystem einverleibt, dasselbe wieder verlassen. Ein Unter-
schied bezüglich ihrer Stellung zu den Kometen kann jedoch nicht angenommen
werden, denn sie stehen zu den sich in hyperbolischen Bahnen bewegenden
Kometen in derselhen Beziehung, wie die planetaren Schwärme zu den sich in
elliptischen Bahnen bewegenden Kometen.
Bezüglich der stellaren Schwärme ist jedoch eine noch grössere Vorsicht
geboten. Man hat in vielen Fällen bereits eine grössere Anzahl von identischen
Radianten für lange Zeiträume, aber die erscheinenden Sternschnuppen tragen
dabei doch den Charakter von sporadischen Sternschnuppen. Zumeist erscheinen
während einer Nacht nur einige wenige Meteore aus einem gewissen Radianten,
wenn auch durch längere Zeiträume hindurch, durch viele Nächte immer aus
demselben Radianten; eigentlich stellare Schwärme, d. i. Sternschnuppen in
grösserer Zahl, die aus einem stationären Radianten kommen, sind selten. Da
ist es denn nicht ausgeschlossen, dass hin und wieder, wie schon erwähnt Radianten,
die in Folge der zulässigen Beobachtungsfehler für identisch gehalten werden,
bei genauerer Bestimmung derselben sich als verschiedene ergeben würden;
Uberhaupt ist die zulässige Zahl der Radianten um so grösser, je mehr dieselben
getrennt werden, d. h. je weiter die Genauigkeit der Beobachtung eine Differen-
zirung gestattet. Bei dem heutigen Stande der doch nur sehr rohen Stern-
schnuppenbeobachtungen ergiebt sich daher eine überwiegende Wahrscheinlich-
keit zu Gunsten der Identität von beobachteten Radianten, und damit eine er-
höhte Wahrscheinlichkeit für planetare oder stellare Sternschnuppenschwärme.
Nichtsdestoweniger muss das Vorhandensein von Radianten in Betracht ge-
zogen werden, welche, nach Ausscheidung der den Schwärmen angehöngen
Radianten, regellos nach allen Richtungen vertheilt sind, und den eigentlich
sporadischen Meteoren angehören. Trotz der grossen Zahl der Radianten der
ersten Klasse bleibt die von Schiaparelli erkannte Thatsache im Grossen und
Ganzen die, dass ider Apex als das hauptsächlichste Condensationscentrum der
Meteorschauer anzusehen ist, und dass alle Anomalien in der Vertheilung der
Ströme nicht hinreichen, dieses Merkmal zu verwischen c t).
Eine gewisse Rectifikation hat dieser Satz allerdings in der auffälligen Er-
scheinung der Verspätung des Maximums der Sternschnuppenfälle erfahren müssen,
wodurch sich, wie schon Schiaparelli erklärt, unleugbar nebst diesem optischen
ein physisches Condensationscentrum offenbart. Allein es tritt hier nur eine
theilweise Verschiebung, eine resultirende aus zwei Wirkungen auf, von denen
die eine, die Wirkung des optischen Condensationscentrums, immerhin auf
eine ausserordentlich gTosse Zahl von sporadischen, regellos vertheilten
Meteoren weist
Dass diese Meteore, vereinzelt ohne Wirkung auf die grossen Himmelskörper,
in ihrer ganzen Menge aber eine nicht unbeträchtliche Wirkung auf die Bewegung
der Himmelskörper ausüben können, ist selbstverständlich. Walker bemerkte
schon 1864, dass man i n den um die Sonne kreisenden Meteoren den Wider-
stand zu suchen hat, welcher die Anomalie in der Bewegung des ENCxYschen
Kometen erzeugt. Faye hat diese Idee spater dahin erläutert, dass man es in
«5 #
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aa8 Kosmogonie.
diesem Falle mit einem sich bewegenden wiederstehenden Mittel zu thun
hat, mit dessen Theorie er sich übrigens schon früher (1860 und 1861) be-
schäftigt hatte. Dem widersprechen aber zwei Thatsachen: Dieses von Faye
supponirte widerstehende Mittel setzt nämlich eine durchweg rechtläufige Be-
wegung aller Sternschnuppen voraus, und zweitens eine Geschwindigkeit, welche
kreisförmigen oder nahe kreisförmigen Bahnen entspricht. Beide Voraussetzungen
sind durch die Erscheinungen widerlegt. Selbst wenn man Sternschnuppen
sich in Strömen bewegend annimmt, so sind diese Schwärme ebenso wie die
sie begleitenden Kometen nicht durchweg rechtläufig, und die Geschwindigkeit
ist in allen Fällen weit grösser als die einer kreisförmigen Bahn entsprechende,
in einer überaus grossen Zahl von Fällen auch grösser wie die einer parabo-
lischen Bahn entsprechende. Will man also die Sternschnuppen als die das
widerstehende Mittel bildenden Körperchen ansehen, so hat man sie als in
regellosen Bahnen sich bewegend anzusehen, ähnlich den hypothetischen Be-
wegungen, welchen nach der Voraussetzung der kinetischen Gastheorie die Mole-
küle jedes Gases unterliegen. Die in diesen Bewegungen begriffenen, sporadischen
Sternschnuppen stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu den Kometen ;
sie sind Theile desselben Weltganzen , und können zur Vergrösserung der
Kometen wie der Planetenmassen und zur Beeinflussung ihrer Bewegungen
führen, aber nur regellos, wie ihre Vertheilung ist: kosmisch derselben Art,
sind sie immerhin in Rücksicht auf ihre Weltstellung von den Sternschnuppen-
schwärmen zu trennen. N. Herz.
KosmOgOtlie. Einleitung. Wenn es auch zu keiner Zeit an Ver-
suchen, über die Entstehung des Weltalls Klarheit zu gewinnen, gefehlt hat, so
konnten diese doch so lange nur dichterischen oder geschichtlich-philosophischen
Werth haben, als die Naturwissenschaft noch nicht Über genügendes Beobachtungs-
material und einwandsfreie Methoden, es zu bearbeiten, verfügte. Die in den
Schöpfungsgeschichten und den philosophischen Systemen niedergelegten Welt-
bildungshypothesen gaben demnach den Aufschluss, den sie geben wollten,
in keiner Weise und können höchstens, worauf Faye 1 ) zuerst aufmerksam ge-
macht hat, dazu dienen, den Umfang der naturwissenschaftlichen Kenntnisse,
welche ihre Urheber besassen, bestimmen zu lassen. So ist denn auch noch
die Kosmogonie des Cartesius 8 ) trotz mancher brauchbarer Einzelheiten, viel
zu sehr durch vorgefasste Meinungen beeinflusst, als dass sie jetzt noch Be-
deutung haben könnte, und der erste Versuch dieser Art, mit dem wir uns hier
zu beschäftigen haben, ist derjenige, welchen Kant') 1755 in seiner anonymen,
') Faye, Sur l'hypothese de Laplacb, Compt. rend. XC, pag. 566. — Sur l'origine du
Systeme solaire, Compt. rend. XC, pag. 637. — Sur l'origine du Monde, Theorie« cosroographiques
des Ancicns et des Modernes. 2. Ed. Paris 1885, pag. 8 ff.
•) Renatj CARTESn, Principia Pbilosophiae. Ult. Ed. Amstelodaroi 1692.
3 ) Kant, Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels oder Versuch von der
Verfassung und dem mechanischen Ursprung des ganzen Weltgebttudes nach NEWTON'schen
Grundsätzen abgehandelt. Königsberg und Leipzig J. Fr. Petersen 1755. Im Auszuge von
Gensichkn 1791 nur bis pag. 94 der Originalausgabe nochmals abgedruckt unter Beifügung
dreier Abhandlungen von \V. Herschel und Anmerkungen von Sommer. (Von Kant durch-
gesehen und genehmigt.) Neu herausgegeben 1798 von M. F. In der Ausgabe der Werke
Kant's von Rosenkranz und Schubert befindet sie sich im 6. Bande. Sie bildet 1890 von
H. Ebert herausgegeben das 12. Heft der Classiker der exakten Wissenschaften. — Einzig
möglicher Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes. 1763. Sämmtliche Werke
herausgegeben von Hartenstein II, pag. 180 ff.
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Kosmogonie.
229
Friedrich dem Grossen gewidmeten »Naturgeschichte des Himmels« veröffent-
licht hat Nach ihrem ersten Auftreten freilich blieb diese merkwürdige Schrift
so unbekannt, dass noch im Jahre 1761 Lambert 1 ) in seinen >kosmologischen
Briefen« eine Anzahl der von dem Königsberger Professor bereits behandelten
Fragen nur nach Zweckmässigkeitsgründen, die nach des Verfassers eigenem
Geständniss keine grosse Tragweite hatten, glaubte beantworten zu können, und
erst nachdem Laplace's') »Exposition du Systeme du Monde« die allgemeine
Aufmerksamkeit auf kosmologische Ideen gelenkt hatte, entdeckte man, dass
das Werk Kant's reich an solchen war, die mit denen des französischen Geo-
meters zum Theil übereinkamen. Doch ist der Unterschied in den An-
schauungen beider grossen Gelehrten immerhin ein so beträchtlicher, dass es
nicht angemessen erscheint, sie als KANT-LAPLAtE'sche Weltbildungshypothese
zusammenzuwerfen, wie dies üblich geworden ist 3 ).
Seit dem Bekanntwerden der Arbeit Kant's ist die Frage nach der Ent-
stehung der Welt nicht wieder von der Tagesordnung verschwunden. Spätere
Arbeiten haben Neues dem Vorhandenen zugefügt oder sie haben, namentlich
seit Helmholtz 4 ) und Ritter») das Princip von der Erhaltung der Energie und
die kinetische Gastheorie auf die Lehren Kant's und Laplace's anwendeten,
Unhaltbares ausgeschieden. Darüber hat man aber vielfach aus dem Auge ver-
loren, dass eine gerechte Würdigung der Verdienste Kant's um die Weltbildungs-
theorie nicht den heutigen Standpunkt der Wissenschaft als Maassstab anlegen
darf, sondern auf den der Mitte des vorigen Jahrhunderts zurückgehen muss.
Wir werden demnach am zweckmässigsten ein Bild der geschichtlichen Ent-
wickelung der Lehre und ihres gegenwärtigen Standpunktes erhalten, wenn wir,
stets von den Ansichten Kant's ausgehend, deren Fortbildung bis zur Gegen-
wart verfolgen und nacheinander das Wesen des Urstoffes, die Nebelmassen und
Fixsternsysteme, die Fixsterne und unser Sonnensystem betrachten, um schliesslich
auf die Quellen der Sonnenwärme noch etwas näher einzugehen.
Vorher jedoch sei die Bemerkung gestattet, dass Versuche, wie der Duprel's 6 ),
die Lehre Ch. Darwtn's auf die Entstehung der Himmelskörper anzuwenden,
völlig aussichtslos erscheinen. Fehlen doch den Himmelskörpern und den sie
zusammensetzenden Massentheilchen die Grundbedingungen aller individuellen
Fortentwickelung, wie die Möglichkeit der Anpassung an gegebene Verhältnisse
und die der Vererbung erworbener Eigenschaften. Wenn Kant 7 ) (pag. 18)
') Lambert, Kosmologische Briefe. Augspurg 176 1, pag. 70 und 102.
*) Laplacb, Oeuvres. Paris 1846 VI, Note VII. Die «Exposition du Systeme du Monde«
erschien zuerst 1796.
*) So Helmholtz. Populäre wissenschaftliche Vorträge. 3. Heft. Braunschw. 1876,
pag. 101. — Schopenhauer, Parerga II, pag. 117. — C. Braun, Die Kosmogonie vom Stand-
punkte christlicher Wissenschaft. 1889, pag. 49 ft. — Lampa, Naturkräfte u. Naturgesetze,
Wien 1895, pag. 117 ff. etc. Schematische Zusammenstellungen beider Hypothesen gehen
Zöllner, Natur der Kometen. Leipz. 1872, pag. 460, und G. Eberhard, die Kosmogonie von
Kant, Publicationen der v. KUFFNER'schen Sternwarte in Wien. III. Bd. Herausg. von
L. de Ball, Wien 1894, pag. XX VIII ff.
4 ) Helkholtz, Populäre Vorträge. Braunschw. 187 1 und 1876. 2. Heft, pag. 120 u.
134. 3. Heft, pag. 101.
5 ) Ritter, Untersuchungen Uber die Höhe der Atmosphäie und die Constitution gas-
förmiger Weltkörper. Wied. Ann. V-VIII, X-XIV, XX.
6 ) DUPREL, Die Planetcnbewohner und die Ncbularhypothese. Leipzig 1880. Ent-
wickelungsgeschichte des Weltalls. Leipzig 1882.
7 ) Ich eitire nach dem Abdruck in Heft 12 der Clnssiker der cxaclen Naturwissenschaften.
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Kosmogonie.
sagt, »dass die Theilchen ihre Bewegung untereinander so lange einschränken,
bis sie alle nach einer Richtung fortgehen«, so ist das gewiss doch etwas ganz
Anderes, als eine solche Anpassung oder eine direkte Auslese im Sinne Dar-
win's, wie Ebert (pag. 99) und Eberhard (pag. VII) annehmen.
1) Das Wesen des Urstoffes,
Soll eine Weltbildungshypothese nicht von vornherein gegenstandslos sein,
so darf sie nicht mit Newton») die Welt, wie sie ist, aus der Hand des
Schöpfers hervorgehen lassen. Aber ebenso wenig kann sie mit dem absoluten
Nichts beginnen. Sie muss unter allen Umständen ein von Anfang Gege-
benes voraussetzen. Darüber, dass dies der noch nicht diiferenzirte, mit
Anziehungs- und Abstossu ngskräften ausgerüstete Stoff war, sind alle
Forscher, welche sich mit dem Gegenstand beschäftigt haben, einig. Während
nun Kant (pag. 17) als anziehende Kraft nur die Gravitation voraussetzte,
fügte man später auch die molekularen Kräfte hinzu und brachte sie zugleich
mit der Wärme in die Verbindung, die die kinetische Gastheorie fordert. Die
Entdeckung der Fähigkeit der Wärme, chemische Verbindungen zu dissoeiiren,
führte dann weiter zu der Annahme, dass der noch nicht differenzirte Stoff aus
den unverbundenen Elementen bestanden haben möchte, ja, als die Fortschritte
der Spectralanalyse es als möglich erscheinen Hessen, dass die in gegenwärtiger
Zeit als Elemente angesprochenen Körper noch zusammengesetzter Natur seien,
da lag es nahe, sie als aus einem einzigen oder einigen wenigen Stoffen ge-
bildet anzusehen, welche somit im eigentlichen Sinne des Wortes die Urstoffe
wären. Zu der nämlichen Ansicht führten Crookes 1 ) Versuche, die er mit den
»seltenen«, namentlich Yttrium und Samarium enthaltenden Erden im äusserst
luftverdünnten Raum unter Anwendung des Inductionsfunkens und des Spektro-
skops anstellte und deren Ergebnisse er zum Gegenstand eines am 18. Fe-
bruar 1887 in der Royal Institution gehaltenen Vortrag machte. Danach sollen
die bisher als Elemente angesehenen Stoffe aus einem Grundstoff, dem >Pro-
tyle 8 )« gebildet sein, aus dem sich die Atome zusammenballen, wie die Flocken
aus den Niederschlägen oder die Wirbelringe aus Rauch. Indem die neuen Ge-
bilde auf das Protyle weiter verdichtend wirkten, beschleunigten sie den Fort-
gang der Atombildung. Als erstes Element entstand der Wasserstoff, der die
einfachste Structur bei niedrigstem Atomgewicht aufweist; ihm folgten der Reihe
nach Lithium, Beryllium, Bor, Kohlenstoff, Stickstoff Sauerstoff, Fluor, Natrium,
Magnesium, Aluminium, Silicium, Phosphor, Schwefel, Chlor etc., so dass die
Elemente, aus denen die organische Welt besteht, zu den am frühesten auf-
tretenden gehören. Ging diese Atombildung hinreichend langsam vor sich, so
entstanden scharf ausgeprägte Elemente, wurde sie durch irgend eine Ursache
beschleunigt, so konnten Gruppen einander ähnlicher Stoffe zum Vorschein
kommen, wofür die Eisen, Nickel und Kobalt enthaltende ein Beispiel ist. Die
graphische Darstellungsweise Reinolds' (Crookes a. a. O., pag. 24), welche die
Atomgewichte als Abscissen, die Phasen der abnehmenden Schwingungsweite
eines Pendels, dessen Schwingungsmittelpunkt auf der Abscisse fortschreitet, als
>) Newtoni, Philosophiae naturalis Principia mathematic*. Ed altera. Colon. Allo-
brog. 176a T. ID. pag. 672.
*) Crookm, Die Genesis der Elemente, ein Vortrag, gehalten in der Royal Institution tu
London. Deutsch von Deusle. Braunschw. 1888.
•) Nach der Ableitung aus izph und üXrj hätte man die Bezeichnung »die Prohylc« er-
warten sollen.
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Kosmogonie.
231
Ordinalen benutzt, giebt zugleich über das elektrische, vielleicht auch magne-
tische Verhalten der Körper und ihre Stellung im Newland-Mendelejeff' sehen
System Aufschluss. Dass Grünwald 1 ) zu ähnlichen Ergebnissen durch Unter-
suchung der Gasspectren kam, darf hier freilich nicht als Bekräftigung
herangezogen werden, da nach Kaiser's 3 ) Kritik diese Ergebnisse schwerlich
gerechtfertigt sind. Die Frage, was dem Protyle voranging, beantwortet Crookes
nicht, er deutet nur an, dass dies Elemente mit negativem Aequivalent gewesen
sein könnten, vielleicht auch die Elektricität, die nach Helmholtz 3 ) möglichenfalls
aus Atomen bestehe und aus dem Lichtäther gebildet sein könne. Dieser setze
demnach in seinen abgeleiteten Formen das Weltall zusammen. Mehrere Ent-
deckungen der neuesten Zeit namentlich auf chemischem Gebiete dürften freilich
eine Modinkation einiger dieser Annahmen fordern.
2) Die Nebelmassen und Fixsternsysteme.
Wenn Crookes auch die Ursache, die das Protyle zur Verdichtung an-
regte, im Dunkeln Hess, so hat er mit seiner Hypothese einen Schritt weiter
zu thun versucht, als alle seine Vorgänger. Denn diese beschränken sich da-
rauf, aus der Voraussetzung eines mit Kräften ausgestatteten Urnebels oder
Feuernebels die Entstehung von Weltkörpern mit rotirender und
in bestimmter Richtung foitschreitender Bewegung, wie es die Fix-
sterne sind, zu erklären.
Dass solche Nebelmassen, deren Theilchen gasförmig sind, in der That be-
stehen, ist durch die Spectroskopie bewiesen worden, dass der Weltraum
»geradezu ausgefüllt ist mit mehr oder weniger ausgedehnten Gebilden sehr
dünn verstreuter Materie, < die vermuthlich in physikalischer Beziehung sehr ver-
schiedene Constitutionen aufweisen, hat die Himmelsphotographie Uber jeden
Zweifel erhoben 4 ). Aber es giebt auch eine Anzahl Nebel, welche sich bei ge-
nügend starker Vergrösserung in Sterne auflösen, und die Beobachtung solcher
war es, welche William Herschel») eine Ansicht wieder aufnehmen Hess, die
Kamt bereits dreissig Jahre vorher auf eine Arbeit von Wricht 8 ) gestützt aus-
gesprochen hatte (pag. 11). Danach sollen alle Nebelflecke Fixstern Systeme
sein, die so weit von uns entfernt sind, dass die einzelnen Sterne nicht mehr als
solche erkannt werden können, ihr Licht zu einem gemeinschaftlichen hellen
Scheine zusammenfliesst. Diese wie Inseln im Weltall verstreuten Sternmassen
sollten Systeme bilden, welche Räume von verschiedenster Form einnähmen.
Auch unsere Sonne gehöre einem solchen von linsenförmiger Gestalt an.
Für das in der Richtung seiner grössten Ausdehnung blickende Auge fliesse
das Licht der dort befindlichen Sterne zusammen und erscheine am Himmel
als eine Zone von grösserer Helligkeit, wie die Umgebung, erscheine als uns
*} Grünwald, Ueber die merkwürdigen Beziehungen zwischen dem Spectrum des Wasser-
dampfes und den Linienspectren des Wasserstoffs und Sauerstoffs, sowie Uber die chemische
Stractur der beiden letzteren und ihre Dissociation in der Sonnenatmosphäre. Astron. Nachr.
1887. Na 2797. — Mathematische Spectralanalyse des Magnesiums und der Kohle. Sitzungsber.
der Akademie der Wissenschaften zu Wien. 1887. XCV1. Abt II, pag. 1154. — Spectral-
analyse des Cadmiums. Ebenda. 1889. XCVIH. Abt II. 967.
*} Kaiseh, Chemiker-Zeitung 1889, No. 100 und 102.
*) Helmholtz, Faradav- Vorlesung 1881.
*) H. Sezliger, Ueber den neuen Stern im Sternbild Auriga. Astron. Nachr. 1892,
No. 3x18.
*) W. Hkrschel, On some observations tending to investigate the construetion of the
heavens. Philosophical Transactions of the Royal Society. 1784.
«) WftlGHT, An original Theory of the Univers. London 1750.
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32
Kosmogonie.
Milchstrasse. Ein solches System besitze eine rotirende Bewegung, die einen
Mittelpunkt voraussetze, und zwar sollte diese nach Kant's Vermuthung (pag. 7)
für unser Sonnensystem im Sirius liegen. Wegen des grossen Radius erscheine
uns diese Rotation nicht als solche, sondern sie mache sich in einer fort-
schreitenden Bewegung unserer Sonne bemerkbar» wie Kant bereits
annahm. Wenn nun auch Sirius als Centraisonne nicht beibehalten werden
konnte, so ist es bekannt, dass man erst in neuerer Zeit von den Bestrebungen
zurückgekommen ist, ihn durch eine andere zu ersetzen.
Die Annahme Kant's und Hrrschel's konnte in ihrer Allgemeinheit nicht
beibehalten werden, nachdem die gasförmige Natur vieler Nebel unzweifelhaft
dargethan worden war. Man hielt diese nun für in der Bildung begriffene
Fixsternsysteme und wurde in diesem Glauben durch die von einigen von ihnen
mit Hilfe der Photographie erhaltenen Bilder nur bestärkt. So zeigt der von
Roberts 1 ) am 26. November 1892 photographirte Nebel M 77 Ceti einen dich-
teren sternförmigen Kern mit einem ebenfalls starke Verdichtungen aufweisen-
den Ringe, der von demselben Astronomen") am 14. April 1893 photographisch
aufgenommene H 1 168 Ursae majoris Spiralform mit einem Stern in der Mitte
und mit Windungen, von denen jede in Sterne aufgelöst ist. Von diesen Sternen
sind einige scharf begrenzt, während sich die anderen in allen Stadien der Ent-
wickelung zu befinden scheinen. Auch im berühmten Sternhaufen im Hercules,
in dem Nebel der Andromeda zeigen photographische Aufnahmen deutlich Sterne
mit nebelartiger Umgebung, und Nebeltheile mit sternartiger Verdichtung, die
die verschiedenen Stadien der Entwickelung darstellen mögen.
Soll ein Nebel über weite Räume ausgebreitet werden, so muss er eine
grosse Menge von Energie zugeführt erhalten, die er dann bei seiner Ver-
dichtung wieder ausgiebt. Kant und Laplace legten seinen Theilchen nur die
Eigenschaft der Schwere bei, um die Möglichkeit seiner Verdichtung zu erklären,
wenn auch der französische Forscher sich den Nebel als im höchsten Grade
erhitzt vorstellt, während Helmholtz in der von Anfang an vorhandenen beträcht-
lichen Wärmemenge in Uebereinstimmung mit dem Princip der Erhaltung der
Energie den in Nebel enthaltenen Kraftvorrath sieht Zur Erklärung dieser Wärme
blieb nun nichts übrig, als die beim Zusammentreffen zweier Nebel auftretende
Stosswirkung heranzuziehen. Das that zuerst 1870 Lane*), indem er aber zugleich
daraufhinwies, dass die Contraction einer Nebelmasse, welche in Folge ihrer durch
Stoss erzeugten Erhitzung weit über ihr früheres Volumen ausgedehnt worden sei,
nachher keineswegs nur eine durch Abkühlung hervorgerufene Volumverminderung
zeigen könne. Der 1877 von Croll 4 ) gemachte Versuch, durch dieselbe An-
nahme die kosmischen Nebeln inne wohnenden Wärmemengen zu erklären,
scheiterte daran, dass er seinen Rechnungen Geschwindigkeiten zu Grunde legte,
wie sie im Weltenraum nicht vorkommen. So blieb es Ritter vorbehalten, mit
Vermeidung dieses Fehlers an der Hand der Errungenschaften der kinetischen
Gastheorie das Problem in einer Weise zu behandeln, die bei grossem Reich-
thum ihrer Ergebnisse auch die Erklärung vieler an den kosmischen Nebeln ge-
machten Beobachtungen liefert. Danach muss sogleich nach dem Zusammenstoss
l ) Roberts, Monthly Noticcs of thc Royal Astronomical Society 1893. v °l- LIA.
P*g. 33i.
*) Roberts, Ebcndas. 1893. Vol. LIV, pag. 92.
3 ) Lank, On theorctical temperature of thc Suo. Sillitnana Journal, Juli 1870.
*) Croll, Philosophical Magazine. 1878, Ser. V, T. VI, pag. 1. Quarterly Journal of
Science 1877, LV. Ueber die Unnahbarkeit der gemachten Annahme vergl. auch R. C. Wolf ;
Los hypntheses cosraogoniques. Bulletin attronomique 1884, T. I, 1885, T. II.
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Kosmogonie.
die innere Wärme so gross werden, dass die von ihr hervorgerufene Expansion
die Massentheilchen des Nebels in heftige Bewegung versetzt. In Folge ihrer
Trägheit überschreiten sie dabei ihre dem Zusammenwirken der Expansion und
Cohäsion entsprechende Gleichgewichtslage und die so entstehende übermässige
Ausdehnung muss Abkühlung hervorrufen. Dann tritt die Gravitation wieder
in Wirkung, die Theilchen gehen aber wieder nach der anderen Seite über die
Gleichgewichtslage hinaus, die innere Wärme und mit ihr die Leuchtkraft wird
wieder erhöht, und so muss sich der geschilderte Vorgang in regelmässigen
Schwingungen, Pulsationen, wiederholen. Weniger glücklich dürfte die Annahme
Lockver's 1 ) und G. H. Darwin's 2 ) sein, die einen Meteorschwarm voraussetzt,
welcher sich durch Verdichtung bis zum Verdampfen erhitzte und so den kos-
mischen Nebel erzeugte.
Ein auf die obige Weise durch den Zusammenstoss eingeleiteter Neu-
bildungsprocess kann nun auf doppelte Art seinen Abschluss finden. Je nachdem
er in einer nach Innen oder nach Aussen gerichteten Bewegung der Massen-
theilchen endet, müssen centripetale und centrifugale Gebilde entstehen.
Zu den letzteren gehören vielleicht die spiralförmigen Nebel, deren Eigen-
thümlichkeiten unter der Voraussetzung eines excentrischen Stosses sich erklären
lassen. Ihre sich ausbreitenden Massentheilchen können sich im Räume zer-
streuen und Ritter denkt daran, dass sie, wenigstens zum Theil, den Stoff für
die Kometen und Meteore lieferte. Doch ist es auch denkbar, dass die nach
Aussen gerichtete Bewegung der Massentheilchen eines centrifugalen Nebels bei
zunehmender Entfernung vom Mittelpunkt auf umherschwärmende Stofftheilchen
stossen, welche ihre Bewegung hemmen, so dass bei fortschreitender Verdünnung
der im Innern gelegenen Regionen ringförmige Nebel entstehen können.
Ebenso würde die Bildung strahlenförmiger Nebel und Sternhaufen ver-
ständlich werden, vielleicht auch die Existenz der Milchstrasse und das
Verschwinden von Nebeln aus ähnlichen Vorgängen zu erklären sein. Noch
in langsamen Schwingungen begriffene Gebilde sind vielleicht die zuerst von
Winneock*) beobachteten periodischen Nebel (Ritter XII, 461.)
3) Die Fixsterne.
Sollten sich aus den kosmischen Nebelmassen Fixsternsysteme bilden, so
mussten sich einzelne Parthieen ablösen und ihr Verdichtungsprocess musste
zur Bildung von Fixsternen führen. Diesen Vorgang denkt sich Kant,
der übrigens weder Doppelsterne, noch vielfache Sterne kannte, folgendermaassen.
Den solche Nebel bildenden Atomen kommen abstossende und anziehende Kräfte
zu, die letzteren treten in verschiedener Stärke auf. Die in geringerer Menge
vorhandenen, mit stärkerer Anziehung begabten Atome werden einerseits mit
grösserer Kraft nach dem Mittelpunkt der Anziehung hinstreben, andererseits
aber eine Anzahl anderer um sich sammeln und so zunächst zu kleineren Atom-
gruppen zusammentreten, die sich durch dieselbe Wirkung je länger, je mehr
vergrössern. So kommen, wie Kant es ausdrückt, >Klumpenc zu Stande, welche
sich nach dem Mittelpunkt zu bewegen suchen. Da aber die Zurückstossungs-
kraft der auf ihrem Wege liegenden Theilchen und Gruppen sie hindert, dies
in gerader Linie zu thun, so werden sie seitlich abgelenkt und ertheilen der
•) Lock Y KR, The metcoric hypothesis. London 1890. Bulletin astronomique. T. V.
pag. 408 and T. VIII, pag. 225.
") G. H. Darwin, Philosophical Transactions of the Royal Society. 1889, V. 180, pag. 1.
3 ) Win NECKE, Astron. Nachr. No. 2293.
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»34
Kosmogonie.
ganzen chaotischen Masse mit der Zeit eine langsame Rotation um eine durch
jenen Mittelpunkt gehende Axe. Das setzt allerdings voraus, dass die einzelnen
Antriebe in einer bestimmten Drehungsrichtung überwiegen und dass das der
Fall sein wird, ist in hohem Grade wahrscheinlich. Das geringste, nach einer
Seite hin auftretende Uebergewicht muss aber eine Drehung in einem bestimmten
Sinne hervorrufen und so eine Rotation des Nebels verursachen. Ist diese
nun eingetreten, so werden eine Anzahl solcher Theilchen oder Gruppen in
> freier Cirkelbewegung« in den Abständen vom Rotationsmittelpunkt verharren,
in denen ihre Schwere der Centrifugalkraft gleich ist. Alle diejenigen aber, die
nicht in diese Bewegung hinein gezogen sind, setzen ihre Bahn zum Mittelpunkte
fort, bis auch sie eine rotirende Bewegung erhalten oder bis sie an der Bildung
des Centraikörpers Theil nehmen. Die gegenseitige Anziehung der letzteren
wird diesem eine Kugelform ertheilen, während sich die rotirenden Theilchen
in eine flache Scheibenform ordnen, die ihr Entstehen dem Umstand verdankt,
dass an alle diejenigen von ihnen, welche nicht in der Aequatorebene liegen,
eine in diese sie zu ziehen strebende Kraftcomponente angreift.
Diese Entwickelung Kant's ist aber unannehmbar, weil sie gegen das Princip
der Erhaltung der Flächen verstösst. Indessen darf man dessen Nichtberück-
sichtigung dem Königsberger Philosophen nicht zu hoch anrechnen. War auch
das genannte Gesetz 1746 von Eut.er 1 ) und Danfel Bernoulu 9 ), sodann in einer
1750 veröffentlichten Abhandlung noch einmal von d'Arcv 1 ) aufgestellt worden,
so war dies in einer Form geschehen, welche seine Gültigkeit für den vor-
liegenden Fall nicht so ohne Weiteres hervortreten Hess 4 ). Laplace (pag. 471)
vermied diesen Fehler, indem er die rotirende Bewegung des Urnebels als mit
ihm gegeben voraussetzte. Ihm folgte Helmholtz (II, pag. 119), der sich sonst
eng an Kant anschliesst Ritter (XII, pag. 459) ist dagegen der Ansicht, dass
>so lange man an der Kant-Laplace' sehen Hypothese festhält, nach welcher
die Sonnenoberfläche ursprünglich bis Über die Neptunsbahn hinaus sich erstreckt
haben musstec, die Annahme nicht wohl umgangen werden kann, dass unser
Sonnensystem >durch den Zusammenstoss von zwei oder mehreren kosmischen
Wolken, welche vor dem Stosse bereits gewisse interstellare Anfangsgeschwindig-
keiten besassenc, entstanden sei. Dieselbe Forderung stellt er mit der bereits
für die veränderlichen Nebel ausgeführten Begründung auch für die Entstehung
der veränderlichen Sterne, während er >gegen die Annahme, dass unter den un-
veränderlich leuchtenden Fixsternen der eine oder andere durch allmähliche
Verdichtung einer einzelnen kosmischen Wolke entstanden sein könnte«, keinen
wesentlichen Einwand zu erheben vermag.
Gegen diese Stosstheorie sind zweierlei Einwände gemacht worden, einmal
der, dass die grösste Wärmemenge bereits ausgestrahlt gewesen sein müsse, ehe
sich die Körper des betreffenden Systems ausbilden konnten, und sodann der
andere, dass ein solches Zusammentreffen noch nie beobachtet worden sei. Bei
dem ersten Einwand ist aber übersehen, dass die Bildung des Systemes und die
') EulEr, Solutio problcmatis mechanici de motu corporum tubis mobilibus inclusorum,
Opuscula varii Argumenti. Bd. II. 1746.
') D. Bkrnoulli, Nouveau probleme de mecanique resolu. Abhandlangen der Akademie
der Wissenschaften zu Berlin. Bd. I. 1746.
3 ) D'AaCY , Probleme de Dynamique. Memoire« de l'Academie Francaise. Paris 1750,
pag- 344- 3ÖI.
*) Dühring, Kritische Geschichte der allgemeinen Principien der Mechanik. 3. Aufl.
Leipzig 1887, pag. 281.
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235
Wärmeausstrahlung ja der nämliche Vorgang ist Gegen den zweiten führt
Ritter an, dass die an der Erdoberfläche beobachteten Meteoritenfälle, die
höchst wahrscheinlich auch auf der Sonne vorkommen, ja nichts anderes sind,
als gelegentliche Zusammenstösse von Theilen der im Weltenraume zerstreuten
Materie. Dem ist zuzufügen, dass wenn wir annehmen müssen, wie sogleich
näher begründet werden soll, dass die Fixsterne gleichaltrig sind, solche Ereig-
nisse überhaupt nicht mehr stattfinden werden. Indessen liegen auch Beob-
achtungen vor, die vielleicht auf einen zukünftigen oder aber auf einen thatsäch-
lichen Zusammenstoss hindeuten. So sind möglichenfalls die Doppelnebel Ge-
bilde, für welche eine solche Katastrophe in verhältnissmässig naher Aussicht
stellt, so hat man von verschiedenen Seiten das mehrmalige Wiederaufleuchten
des neuen, im December 1891 erschienenen Sternes im Fuhrmann auf solche
Zusammenstösse zurückgeführt. Vogel 1 ) macht darauf aufmerksam, dass die
dabei beobachteten Erscheinungen sehr wohl ihre Erklärung in der Annahme
finden würden, dass ein Körper von der Grössenordnung unserer Sonne durch
das System eines andern ebensolchen gegangen und mit einigen von dessen
Gliedern zusammengestossen sei, wählend Seeliger*) meint, derselbe Zweck
werde durch die Unterstellung erreicht, dass ein solcher Körper verschieden
dichte Parthieen eines Nebels durchzogen habe. Dabei dürfen wir jedoch zu
bemerken nicht unterlassen, dass Huggins 3 ) und Berberich 4 ) diese Annahmen
nicht für nöthig erachten, sondern das mehrfache Aufleuchten der Nova Aurigae
durch Gasausbrüche, die dort stattfanden, erklären zu können glauben.
Die Fixsterne werden als Endgebilde der sich verdichtenden centripetalen
Nebel angesprochen werden müssen, es wird von deren Form und Grösse ab-
hängen, ob sich ein einzelner oder mehrere bilden. Die Theilchen eines ur-
sprünglich kugelförmigen Nebels können sich zu einer grossen Zahl kleiner
Körper vereinigen und aus solchen sind vielleicht die kugelförmigen Sternhaufen
im Hercules und in den Jagdhunden entstanden (Faye). Hatte der Nebel von
vornherein, oder in Folge seiner Rotation eine abgeplattete Gestalt erhalten, so
konnten mehrere grössere Stoffanhäufungen zu Stande kommen, wie sie die
doppelten und vielfachen Sterne zeigen, oder es trat im Mittelpunkt ein einziger
Körper von grosser Masse auf, ausser ihm aber entstehen eine grössere oder geringere
Anzahl rasch erlöschender Begleiter, welche der Centraikörper zwingt, ihn nach
dem dritten K EPPLEJt'schcn Gesetz zu umkreisen, es entstehen Sonnensysteme.
Fassen wir zunächst den Centraikörper ins Auge, der durch die Verdichtung
der in die Mitte des Systemes gelangenden Nebelmassen sich bildete, so werden
bei diesem Vorgange in derselben Weise, wie wir dies bei den Nebeln gesehen
haben, pulsirende Bewegungen Platz greifen, die eine abwechselnde Erhitzung
und Abkühlung und in Folge davon ein periodisches Aufleuchten zeigen müssen.
Während die Dauer einer Pulsation im Laufe der Zeiten sich nicht ändert, nimmt
ihre Amplitude, je nach der Menge der schwingenden Stofftheilchen, in kürzeren
oder längeren Zeiträumen ab. Auf solche Weise würden die veränderlichen
Sterne von nicht zu kurzen Perioden entstehen, die ihre Veränderlichkeit mit
der Zeit verlieren müssen. Veränderliche Sterne von sehr langen Perioden
würden vielleicht in manchen Fällen als plötzlich aufleuchtende erscheinen können
») H. C. Vogel, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1893.
*) H. S seliger, a. a. O.
*) W. Huggims, Naturwissenschaftliche Rundschau. 1893. VIII, pag. 389.
*) Berberich, Ebendas. 1893. VIII, pag. 307.
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Kosmogonie.
(Ritter VIII, 181, XII, 459, XIII, 366), welche Annahme dem Ergebniss der
spectralanalytischen Forschung wenigstens nicht widerspräche. Veränderliche
Sterne von kurzer Periode werden dagegen nach den an Algol gemachten Beob-
achtungen vielfache oder Doppelsterne mit schwach leuchtenden oder dunkeln
Begleitern sein. War die den Fixstern bildende Nebelmasse nicht gleichförmig
vertheilt, so können im Innern der ihn bildenden Gaskugel noch untergeordnete
Schwingungen der Massentheilchen eintreten, welche die Ursache von secundären
Maximis und Minimis der Helligkeit würden.
Demnach zerfallt die Erscheinungsdauer eines Fixsterns in drei Abschnitte
(Ritter XX, 158). Während der ersten wird nur ein Theil der durch die
Gravitationsarbeit erzeugten Wärme ausgestrahlt; der Rest wird verwendet, um
seine innere Wärme und Oberflächentemperatur zu erhöhen. Da alsdann die
Dichtigkeit des Sterns noch gering ist, so werden Strahlen, die aus seinem
Innern austreten, kaum Absorption erleiden, da aber auch seine Temperatur
noch sehr niedrig ist, so wird die ausgesendete Lichtmenge nicht gross und
namentlich arm an brechbaren Strahlen sein. Erfolgt nun die Zustandsänderung
des Sterns am Anfange dieses Abschnittes sehr langsam, so nimmt sie gegen
dessen Ende, wenn der Stern beginnt, helleres Licht auszustrahlen, an Ge-
schwindigkeit zu, bis ein Maximum der Helligkeit und der Menge der ausgegebenen
brechbareren Strahlen erreicht, der Stern in den zweiten Abschnitt seines Be-
stehens getreten ist. Dieser geht noch über den Zeitpunkt hinaus, in welchem
sich ein centraler dichter Kern zu gestalten beginnt. In ihm nehmen zunächst
die Oberflächentemperatur und die innere Wärme fortwährend zu, auch dann
noch, wenn die Stärke des ausgestrahlten Lichts bereits abzunehmen beginnt
und die anfangs noch erfolgende Zustandsänderung langsamer geworden ist
So lange die umgebenden Gasschichten noch immer heisser werden, ist es
möglich, dass das Spectrum eines solchen in seiner Anfangsperiode befindlichen
Sterns die Wasserstoff- und Heliumlinien hell zeigen kann. Je mehr sich aber
nun jene Gasschichten abkühlen und gleichzeitig verdünnter werden, in um so
reicherem Maasse durchdringen die vom Kern ausgehenden Strahlen die Hülle,
indem diese aber Strahlen bestimmter Brechbarkeit absorbirt, zeigt der Stern
nunmehr ein dem der Sonne ähnliches Spectrum. Dieser Zustand zeigt die
längste Dauer und ist dadurch ausgezeichnet, dass sich, während er anhält, die
Oberflächentemperatur des Fixsterns nicht merklich ändert. Ihr absoluter Werth
ist um so grösser, je grösser die Masse des Sterns ist, und da ein Körper von
höherer Temperatur brechbarere Strahlen in grösserer Menge aussendet, als ein
solcher von weniger hoher, so müssen die weissen Sterne eine grössere Masse
haben, wie die gelben, damit stimmt Uberein, dass die Masse des Sirius vierzehn
Mal grösser ist, wie die der Sonne 1 ). Erst wenn im dritten Abschnitt der
Existenz eines Sterns Oberflächentemperatur und Wärmestrahlung in steter Ab-
nahme begriffen sind, strahlt der Stern wieder, wie im Anfang, nur wenig brechbare
Strahlen aus, das Spectrum seines Lichtes unterscheidet sich aber von dem,
welches es damals zeigte, durch das Auftreten breiter Absorptionsbanden, die
auf das Vorhandensein von Verbindungen in seiner Atmosphäre hinweisen.
Auch die Zustandsänderung in diesem Abschnitte erfolgt nur langsam. Aus
dem Spectrum des Lichtes, welches ein Stern ausstrahlt, lässt sich demnach
auf sein Alter schliessen, freilich nur auf sein relatives, da er seine ZuStands-
änderungen um so rascher durchläuft, je kleiner seine Masse ist.
') Nf.wcomb, Toj ulätc Astronomie. Deutsch von Engrlmann. Leipzig 1881, pag. 498.
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Kosmogonie. 337
In den geschilderten Zuständen der Entwickelung eines Sterns erkennt man
unschwer die vier Sterntypen, welche Secchi 1 ), oder die drei, welche Vogel»)
aus spectralanalytischen Beobachtungen abstrahirt haben. Auch Hesse es sich mit
dem beschriebenen Verlauf des Farbenwechsels in Einklang bringen, wenn die
Schriftsteller des Alterthums den Sirius einen rothen Stern nennen. Aber auch
das Zahlenverhältniss der Sterne der verschiedenen Klassen, welches Vogel' s
Untersuchungen ergeben haben, stimmt damit überein. Unter 3702 Sternen
einer bestimmten Himmelszone gehörten 2165 der ersten, 1240 der zweiten
und nur 297 der dritten Klasse an. Bei der langen Zeit, während welcher
der Stern in dem ersten Theil der ersten Periode seines Bestehens verharrt,
werden eine grosse Menge Sterne gleichzeitig in ihrem ersten noch dunkeln
Zustand sein, viel weniger in dem bereits zu grösserer Helligkeit fortge-
schrittenen. Sie bilden die beiden Abtheilungen a und b der VocEL'schen
Klasse I, jene mit 2155, diese mit nur 10 Einzelkörpern. Aus demselben
Grunde wird die zweite Periode, in der sich die Sterne der Klasse II nach Vogel
befinden, lange dauern, demnach reich an Beispielen sein. In der That wurden
von solchen 1240 gefunden. Obgleich nun auch die dritte Periode oder die
Klasse III Vogel's eine grosse Zahl von Sternen enthalten muss, so kann ihre
geringe Zahl von 279 nicht überraschen, da die meisten derselben in Folge
ihrer vorgeschrittenen Abkühlung ihre Leuchtkraft mehr oder weniger einge-
büsst haben. Vielleicht ist es dann auch nicht zu gewagt, die Fixsterne für
nahezu gleichaltrig zu halten und in denen, welche ihrem Erlöschen nahe sind,
solche von geringer Masse zu sehen. Die von Pierson 3 ) aus der Beobachtung
der Farben von Doppelsternen gezogenen Schlüsse führen allerdings zu entgegen-
gesetzten Anschauungen. Da sie aber mit den Erfahrungen der Physik in Wider-
spruch stehen, so werden sie einer erneuten Prüfung unterzogen werden müssen.
4) Unser Sonnensystem.
Kant und Laplace stimmen, wie wir gesehen haben, darin überein, dass
der Nebel, aus welchem sich die Sonne und ihre Planeten bildeten, Rotation
besass und eine flache Scheibe darstellte. Ehe er sich in einzelne Körper
differenzirte, reichte er bis über die Neptunsbahn hinaus, die Frage Radau's 4 )
aber, ob sich die beiden Forscher ihn aus staubförmigen Theilchen oder aus
Gasmolekülen bestehend dachten, ist aus ihren Schriften nicht zu beantworten.
Doch sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass sie iür die Stosstheorie bedeutungs-
los ist. »Da die Verdampfungswärme der bekannten festen Substanzen nur wenige
hundert Wärmeeinheiten pro Kilogramm beträgt, während die beim Zusammen-
stosse grosser kosmischer Massen pro Kilogramm entwickelte Wärmemenge nach
Hunderttausenden oder Millionen von Wärmeeinheiten sich beziffert, so darf es
bei der vorliegenden Untersuchung als gleichgültig betrachtet werden, ob die
zusammenstossenden Massen im festen oder im gasförmigen Zustande sich be-
fanden.« (Ritter XII, 452.) So würde die Sonne in derselben Weise gebildet
sein, wie die übrigen Fixsterne auch.
Wenden wir uns nun zur Betrachtung der Entstehung der Planeten, so
rinden wir hinsichtlich dieser Frage zwischen den Lehren Kant's und Laplace's
') Secchi, Die Sonne. Deutsch von Schellen. Braunschweig 1873, pag. 775.
*) H. C. Vogel, Publicationen des astrophysikalischen Observatoriums tu Potsdam. 1883.
III, pag. 127.
s ) Pierson, Bulletin astronomique 1891. T. VIII, pag. 559.
*) Radau, Bulletin astronomique 1885. T. II, pag. 309.
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*3«
Kosmogonic.
wesentliche Unterschiede. Nach Kant (pag. 21) sind die Keime der Planeten
die untergeordneten Centren der Anziehung, welche wir bereits erwähnten. Da
bei ihrer Bildung die schwereren Theilchen durch die Menge der Widerstand
leistenden andern zur Sonne hindurch dringen und nicht leicht von ihrem Wege
abgebeugt werden, als die weniger schweren, so nehmen sie ihre kreisförmige
Bewegung erst in grösserer Nähe der Sonne an. Die unteren Planeten sind
also die dichteren, eine Thatsache, zu deren Erklärung Newton nur anzuführen
wusste, dass sie in Folge dieser Eigenschaft die stärkere Erhitzung besser aus-
halten könnten. Wäre das der Grund, so müsste ja, wie Kant mit Recht be-
merkt, die Sonne alle Planeten an Dichtigkeit übertreffen, was nicht der Fall
sei und auch nicht der Fall sein könne, da der Centraikörper aus Theilchen
aller Art bestehen müsse.
Nehmen nun die Dichtigkeiten der Planeten in der Richtung nach der Sonne
zu, so müssen ihre Massen in derselben Richtung abnehmen, weil unter sonst
gleichen Verhältnissen die Anziehungssphäre eines Planeten durch die Sonne um
so weniger eingeschränkt wird, je weiter entfernt er sich von ihr befindet, weil
ferner die Kreise, welche die Zonen der entfernteren begrenzen, grösser sind,
und weil endlich aus demselben Grunde der Raum zwischen den zwei Flächen
grösster Abweichung bei gleicher Anzahl der Grade, in grösserer Entfernung
grösser ist. Diese zu erwartende Anordnung wird nun aber gestört durch die
Einwirkung der entstehenden Körper aufeinander, die zur Folge haben muss,
dass ein grösserer Planet in seiner Nachbarschaft die Bildung verhältnissmässig
kleinerer bewirkt, wofür der mächtige Jupiter in Mitten seiner beiden kleineren
Nachbarn Saturn und Mars — die Asteroiden und die beiden äussersten Pla-
neten waren noch nicht entdeckt, als Kant seine Naturgeschichte des Himmels
schrieb — ein einleuchtendes Beispiel liefern.
Wären alle materiellen Theilchen, welche von Anfang an sich in den
äusseren Theilen des Nebels befanden, zur Bildung der Planeten verwendet
worden, so müsste sich die Masse der Sonne zu der Gesammtmasse der Pla-
neten, wie 17:1 verhalten. In Wahrheit aber ist dieses Verhältniss 650:1 (ge-
nauer 745:1). Es sind somit nicht alle Theilchen des Nebels in Rotation ge-
treten, vielmehr haben sich solche aus allen, auch aus den obersten Regionen
zur Sonne begeben. Daraus muss geschlossen werden, dass die Sonne und die
Planeten aus denselben Stoffen bestehen, ein Schluss, den die Spectralanalyse
bestätigt hat. Dabei ist jedoch nicht zu Ubersehen, dass der Verdichtungs-
process auch der Planeten keineswegs für abgeschlossen zu halten ist, und
damit stimmt das Ergebniss der Untersuchung Ritter's (XX, pag. 6x9 ff.) Uber-
ein, dass die kleinen Planeten in ihrer Zustandsänderung der Sonne voran-
geeilt, die grösseren hinter ihr zurückgeblieben sind. Auch die Dichtigkeit, die
der Urnebel gehabt haben müsse, berechnet Kant, doch gehen die von seinen
Nachfolgern dafür erhaltenen Werthe noch weit über die seinigen hinaus.
Näher denkt sich der Königsberger Weise die Entstehung der Planeten so,
dass sich durch den Zusammenlauf einiger Elemente, »welche sich durch die
gewöhnlichen Gesetze des Zusammenhanges vereinigen«, der erste »Klumpen«
bildet, sobald dieser eine solche Grösse erreicht hat, »dass die NEWTON'sche
Anziehung an ihm vermögend geworden« ist, zieht er Theilchen auch aus
grösserer Entf ernung heran. Vor jedem möglichen Lehrbegriffe, findet Kant,
hat der seinige das voraus, dass »der Ursprung der Massen zugleich den Ur-
sprung der Bewegung und die Stellung der Kreise in eben demselben Zeitpunkt
darstellt« . Denn »die Planeten bilden sich aus Theilchen, welche in der Höhe,
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Kosmogonie.
239
da sie schweben, genaue Bewegungen zu Cirkelkreisen haben : also werden die
aus ihnen zusammengesetzten Massen eben dieselben Bewegungen, in eben dem
Grade, nach eben derselben Richtung fortsetzen!, (pag. 20.)
Laplace (pag. 473) stellt sich dagegen die Entstehung der Planeten folgender-
maassen vor. Die Grenze der ursprünglichen Nebelmasse war da, wo die
Cenlrifugalkraft und die Gravitation sich im Gleichgewicht hielten. Als sie sich
abkühlte, zog sie sich zusammen, während im Einklang mit dem Princip der
Flächen die Rotationsgeschwindigkeit der sich dem Mittelpunkt nähernden Theil-
chen wuchs. Dabei blieben diejenigen zurück, deren Schwerkraft durch die
Centrifugalkraft aufgehoben wurde — bildeten sich eine Anzahl concentrischer
Gasringe, welche um den gemeinschaftlichen Mittelpunkt kreisten. Bei regel-
mässig fortschreitender Abkühlung wären sie zu flüssigen, ja festen geworden,
die geringste Störung aber verhinderte dies. Sie zerbrachen und die Bruch
stücke vereinigten sich mit der Zeit zu Planeten.
Aus der Art ihrer Entstehung erklären nun Kant und Laplace die Rotation
der Planeten um ihre Axen und deren Drehungssinn. Da nach des französischen
Astronomen Ansicht der Centraikörper zur Zeit ihrer Bildung noch nicht vor-
handen war, so musste die Anziehung im umgekehrten Verhältniss der ersten
Potenz des Halbmessers des betreffenden Ringes erfolgen, seine inneren Theile
also eine geringere Geschwindigkeit haben, als seine äusseren und die Rotation
der aus ihnen entstehenden Planeten somit, wie es bei den sechs unteren in
der That der Fall ist, rechtläufig sein. Kant aber hätte, da er bei der Ent-
stehung der Planeten die NEWTON'sche Anziehung und somit das Vorhandensein
des Centraikörpers voraussetzt, den entgegengesetzten Schluss ziehen müssen.
Dass er gleichwohl die rechtläufige Rotation annimmt, ist offenbar ein Fehler,
und selbst Zöllner 1 ) muss bei aller Bewunderung für den grossen Philosophen
bekennen, dass er diese Schlussfolgerung nicht verstehe. Darin liegt auch wohl
der Grund, dass man Kant's Ansicht vielfach dahin ausgelegt hat, dass die fertig
gebildete Sonne die Nebelringe, welche die Geburtsstätten der Planeten wurden,
abgeworfen habe. Wie Helmholtz (III, pag. 123) diesen Theil der Kant' sehen
Hypothese auffasst, wird nicht recht klar.
An Einwendungen gegen die Ideen Kant/s und Laplace's hat es nicht ge-
fehlt. Wolf 1 ) ist der Ansicht, dass die Ringe sich überhaupt nicht hätten bilden
können, während Kuikwood*) glaubt, dass in der geschilderten Weise keine
Planeten entstehen konnten, sondern nur eine grosse Menge kleiner Körperchen
in dem die Sonne umgebenden Raum. Ritter (XX, pag. 918) wiederum hält
dafür, dass nicht die Entstehung der Ringe, wohl aber die der Planeten aus den
Ringen einer besonderen Erklärung bedürfe, die er, wie folgt, giebt Während
die in der Oberflächenschicht einer ruhenden Gaskugel von grosser Masse ent-
stehenden Condensationsprodukte sofort in heissere Regionen herabsinken und
sich hier wieder auflösen roussten, so mussten in dem rotirenden System diese
Produkte schon vor der Abtrennung der Ringe vorhanden gewesen sein, weil
sie sich durch starke Ausstrahlung von der Oberfläche in reichlicher Fülle bilden
konnten, ihre Schwere aber durch die Condensationsprodukte aufgehoben wurde.
') Zöllner, Photometrische Untersuchungen. Lciptig 1865, pag. 224.
*) R. C. Wolf, Les Hypothese* cosmogoniques. Bulletin astionomique 1884. T. I. 1885.
T. II, siehe T. I, pag. 590.
*) Kirjcwooi), Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, T. XXIX, pag. 96. —
Proceedings of the American philosophica! Society April 1880.
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Kosmogonic.
Die condensirten Massen zogen aber noch nicht condensirte an sich heran und
nur unter besonders günstigen Umständen konnte die Condensation der Ring-
masse eine ziemlich vollständige werden und so zur Entstehung einer grösseren
Menge kleiner Körper, wie die Asteroiden, Veranlassung geben. Dass bei der
Bildung der letzteren die anziehende Wirkung des benachbarten gTÖssten
Planeten eine entscheidende Rolle spielte, indem er die Ausbildung eines hin-
reichend kräftigen Mittelpunktes der Anziehung verhinderte, nahm Laplace
(pag. 474) an, der freilich nur vier Asteroiden kannte, hielt aber auch die von
Olbers zuerst ausgesprochene Ansicht, diese kleinen Weltkörper verdankten ihre
Entstehung einem zersprungenen Planeten, keineswegs für unmöglich. Neuer-
dings haben sich Kirkwood und Hornstein 1 ) der Ansicht von Laplace an-
geschlossen.
Den wichtigsten Einwand gegen die Meinung, dass die Planeten früher wie
die Sonne entstanden sein müssten, bildet die aller Wahrscheinlichkeit nach vor-
handene rückläufige Bewegung des Neptun und Uranus. Es ist Faye's Verdienst,
diese Schwierigkeit gehoben zu haben. Nach seiner Schilderung gestaltete sich
die Bildung des Planeten in der folgenden Weise (pag. 266). Die Bewegung der
Ringe in ihrer Gesammtheit Hess den Molekülen genügend lange Zeit, ihrer
gegenseitigen Anziehung zu gehorchen und sich nach einem in der Meridian-
schicht gelegenen Mittelpunkte hinzubewegen. Endlich aber hatten die in den
Ringen vorhandenen Bedingungen zur Hervorbringung von Wirbeln zur Folge, dass
sie sich in solche auflösten. Von diesen nahmen die stärkeren die schwächeren
auf, sei es durch Attraction, sei es, dass sie sie vermöge ihrer grösseren Ge-
schwindigkeit einholten. Da aber die Centrifugalkraft der in ihnen rottenden,
* noch homogenen Masse immerhin nur gering war, so bildeten die Wirbel sich
zu Kugeln aus, deren Axe mehr oder weniger senkrecht zu der Ebene des
Ringes lag. Unterdessen setzten die Theilchen, welche von jenen Wirbeln nicht
ergriffen wurden, ihren Weg langsam zum Mittelpunkte fort, und wuchsen dort
zur Sonne heian, welche je länger, je mehr ihre Anziehung auf ihre Umgebung
geltend machte. Nun ist allgemein die die Theilchen nach dem Mittelpunkt
ziehende Kraft
kzm " + 7?»
wo r den Abstand vom Mittelpunkt, a und b Constante bedeuten. Ist hier
b = 0, so wird k = ar, und dieser Ausdruck giebt die Grösse der Kraft für die
Zeiten vor der Ausbildung des Centraikörpers. Wird dagegen a — 0, so wird
* = ^ und hierdurch i.t die Kreit „.ch dem Art**, der Sonne bestimmt.
In den Zeiträumen nun, wo k *= ar war, entstanden die sechs untersten Planeten
und die Asteroiden, die Bildung des Neptun und möglicherweise des Uranus er-
b
folgte dagegen, nachdem k den Werth von — j erhalten hatte. Die Rotations-
verhältnisse des Uranus sind freilich noch nicht genügend aufgeklärt. Haben
doch die Bestrebungen Schiaparelli's 1 ) und Young's*), eine Abplattung des
Planeten nachzuweisen, zu keinem Resultate geführt, während Seeliger 4 ) und
•) Hornstein, Sitzungsberichte der Academie der Wissenschaften zu Wien, Mathem.-
Naturw. Classe, II. Abt. LXXXIV, pag. 7.
*) S ein apar ULLI, Astron. Nachr. No. 2526.
*) Yoi'NG, Astron. Nachr. No. 2545.
*) H. Sebligek, SiUungsber. der Academie der Wissenschaften in München. 1864, pag. 267.
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Kosmogonie.
2 4 I
Meyer 1 ) keine, Lamey 1 ) eine sehr veränderliche Abplattung fanden. Man wird
demnach einstweilen die aus der Rotationsebene der Satelliten gefolgerte Lage
der Axe beibehalten müssen, wonach sie in die Ebene seiner Bahn fällt. Diese
aber erklärt Faye's Theorie leicht, indem sie die Entstehung des Uranus in die
Zeit setzt, wo weder a noch b Null waren. Die zu dem Planeten zusammen-
tretenden Theilchen mussten alsdann in sich mehr und mehr verstärkendem
Maasse den Sinn seiner Axendrehung ändern und dabei seine Aequatorebene
nach und nach in ihre jetzige Axe heben. Sollte sich die noch sehr unwahr-
scheinliche Bestimmung der Neigung der Uranusaxe zu 58° bei rechtläufiger
Rotation durch Henry*) bestätigen, so würde man nur die Annahme machen
müssen, dass die Bildung des Uranus ebenfalls in die Periode vor Entstehung
der Sonne falle, der FAYE'schen Theorie aber würde daraus durchaus keine
Schwierigkeit erwachsen. In jedem Fall würde sie das abweichende Verhalten
des Uranus zwangloser erklären, als dies die Annahme Radau's (pag. 315) zu
thun im Stande ist, welcher die zur Sonne sich langsam bewegenden Theilchen
dazu heranzieht. Ist es doch nicht einzusehen, warum ähnliche Einwirkungen
die übrigen Planelen nicht erfahren haben sollten. Die sehr complicirte Theorie
Roche's*) wird durch die FAYE'sche vollends unnöthig gemacht.
Die Neigungen und Excentricitäten der Planetenbahnen finden
in den vorgeführten Theorieen ihre Erklärungen nicht. Den Grund der ersteren
sieht Kant in Störungen, welche die sich bildenden Anziehungscentren auf-
einander ausgeübt haben sollen. Nach Trowbridüe 5 ) dagegen soll sich, während
sich die Planeten bildeten, auf der einen Seite der Aequatorebene des Nebels
mehr Masse befunden haben, wie auf der andern, und dadurch soll seine
Rotationsaxe dauernd langsam gedreht worden sein. Dieselbe Einwirkung
habe dann die Axen der zurückgelassenen Ringe ein wenig gegen einander
geneigt. Da aber auf solche Weise die starke Neigung der Mercursbahn,
sowie diejenigen der Bahnen einiger Asteroiden nicht entstanden sein können,
so suchen Leverrier 6 ) und Tissandier 7 ) den Grund für diese in den Störungen,
welche die Sonne und Venus auf Merkur, Jupiter, Saturn, Mars, Erde und Venus
auf die Asteroiden ausüben mussten.
Um die Excentricitäten der Planetenbahnen zu erklären, ging Kant (pag. 31)
von der Ansicht aus, dass sie mit der Entfernung von der Sonne wüchsen. Die
kleineren der unteren Planeten wollte er aus der Breite der Zonen, welche zu
deren Bildung das Material geliefert hätten, herleiten, während die grösseren der
oberen ihren Grund zumeist in der stark excentrischen Bewegung der zur Sonne
sinkenden schwereren Theilchen haben sollten. Die ausnahmsweise grossen
Excentricitäten des Merkur und Mars leitete er aus der Wirkung der Sonne und
des Jupiter her. Laplace (pag. 475) schreibt die Abweichung von der Kreisbahn
zufälligen Verschiedenheiten in der Temperatur und der Dichtigkeit der Massen
der Ringe zu. Faye (pag. 363) glaubt dagegen, dass unter den ursprünglichen
Bedingungen unseres Sonnensystemes eine gewesen sei, welche die Excentricität
verursacht habe, da es nach den Grundsätzen der Mechanik gleichgültig wäre,
») Mbveb, Astron. Nachr. No. 2534.
») Lamey, Coinpt. rend. T. C, pag. 1372.
*) Henry, Balletin astronomique, T. II, pag. 321.
*) Roche, Essai sur la Constitution du Systeme Solaire. Montpellier 1873.
*) Teowbridgk, Suujman's Journal, Ser. 2, T. XXXVIII, pag. 358.
•) Leverrier, Annales de l'obseTratoire de Paris. T. II, pag. 365.
T ) Tbsandikr, Compt. rend. T. XCIV, pag. 947.
Vaiätwu, Astronomie. 11. l6
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2+2
Kosmogonie.
ob die ursprüngliche Form der Ringe kreisförmig oder elliptisch wurde, setzt
also als gegeben voraus, was erklärt werden soll. Eberhard (pag. VIII) beruft
sich ohne weiteres auf das Gravitationsgesetz, was nur statthaft sein würde,
wenn die Sonne früher, wie alle Planeten entstanden wäre.
Für die Neigung der Axen der Planeten macht Kant (pag. 69) Unregel-
mässigkeiten verantwortlich, die zur Zeit ihrer Erstarrung vorhanden waren.
Namentlich hätten sich seiner Meinung nach in der Gegend des Aequators Hohl-
räume bilden müssen, in welche die Rinde mit der Zeit einsank. Das so ge-
störte Gleichgewicht hätte sich dann nur durch eine Drehung der Axe wieder
herstellen können. Dagegen hat aber G. H. Darwin 1 ) geltend gemacht, dass
die Grösse der Axenneigung durch diese Wirkung der Gebirge sich allein nicht
erklären lasse. Darwin und Simon*) ziehen deshalb zur Erklärung der Axen-
neigung die Anziehung der Sonne auf die zur Zeit ihrer Bildung noch sehr ab-
geplatteten, vielleicht gar noch mit Ringen umgebenen Planeten heran. Dann
müssen sie freilich die weiteren Annahmen machen, dass Jupiter damals bereits
zur Kugel ausgebildet war, während die Wirkung der Sonne auf das complicirte
System des Saturns trotz dessen grosser Entfernung besonders stark auftrat.
Ueber die Lagen der Axen von Uranus und Neptun liegen noch nicht genügend
genaue Bestimmungen vor, um Uber sie eine Entscheidung treffen zu können.
Warum jedoch der jetzt wohl noch flüssige Jupiter mit setner raschen Axen-
drehung und bedeutenden Abplattung eine Kugelgestalt so frühe erhalten haben
soll, ist nicht einzusehen.
Um die Entstehung der Satelliten zu erklären, setzt Kant (pag. 34 ff.)
eine weitere Sphäre der Anziehungskraft der Planeten voraus, welche den ihr folgen-
den Theilchen eine genügende Fallgeschwindigkeit ertheilen konnte, um zu freiem
Umschwung zu gelangen, dann aber auch eine zur Bildung dieser Weltkörper aus-
reichende Stoffmenge. Laplace (pag. 477) erörtert seine Ideen am Beispiel
des Erdmondes. Bereits im gasförmigen Zustand musste dieser ein Sphäroid
bilden, dessen grosse Axe sich bei der leichten Verschiebbarkeit der Theilchen
stets gegen den Planeten richtete. Wenn nun auch Anfangs Revolution und
Rotation nicht genau gleich waren, so wurden sie es je länger je mehr, da die
Anziehungskraft des Planeten unausgesetzt auf dies Verhältniss hinarbeitete und
mit um so grösserer Geschwindigkeit, je mehr auf dem sich verflüssigenden
Planeten die Wirkung der Fluth auf seine Rotation hervortrat. Die merkwürdige
Beziehung zwischen den Jupitersmonden, dass die mittlere Bewegung des
zweiten vermehrt um die doppelte des ersten so gross ist, wie die dreifache des
dritten, leitet Laplace aus dem Widerstand her, den unmittelbar nach ihrer Ent-
stehung die in ihrer Umgebung in sehr verdünntem Zustand noch vorhandene
Materie diesen Bewegungen entgegensetzte. Da jener Widerstand auf die ein-
zelnen Monde in verschiedener Weise einwirkte, so musste sich das angegebene,
durch ihre Anziehung geforderte Verhältniss ausbilden und immer mehr festigen.
Gegen diese Annahme wendet Roche (pag. 123) jedoch ein, dass die Monde
erst hätten entstehen können, als ihre Planeten bereits in ihrer Bildung weit
fortgeschritten waren. Wäre das nicht der Fall, so müssten ihre Abstände von
den Planeten grösser sein. Nur der Erdmond bilde eine Ausnahme. Er ver-
danke seine Entstehung Nebelmassen, welche von dem grossen ursprünglichen
Erdnebel abgelöst, in einem Zustand vorgeschrittener Erkaltung in die dabei
•) G. H. Darwin, »The Observatoryc. T. I, pag. 135.
») Simon, Annales de l'&ole Normale. 1869. I. T. VI, pag. 73.
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Kosmogonie.
*43
um die Erde gebildete Nebelringmasse eingetreten und hier der Kern einer Ver-
dichtung geworden sei, welche je länger je mehr an der Bewegung der Erde
theilgenommen und sie nach deren vollständiger Verdichtung beibehalten habe.
Auch hier wird wohl die Ansicht Fayb's die annehmbarste sein, wonach sich die
Vorgänge bei Bildung der Planeten lediglich wiederholen. Wie diese Weltkörper
sogleich, nachdem sie entstanden waren, ihre früher viel weiteren Bahnen in
Folge der Gravitation und des Widerstandes der übrigens zur Sonne sinkenden
Theilchen einschränkten, bis der Raum von solchen gesäubert war, so auch die
Monde, ja es ist neuerdings die Ansicht ausgesprochen worden, dass dieser
Process noch nicht beendigt sei, dass jetzt vielmehr kosmischer Staub und
Meteore die Rolle des widerstehenden Mittels übernommen hätten 1 ). Die ab-
weichende Bewegung der Marsmonde lässt sich freilich auf solche Weise nicht
erklären, während die Entdeckung Schiaparelu's'), dass Rotation und Revolution
des Merkur und vielleicht der Venus von gleicher Dauer sind, geeignet sein
dürfte, jene Annahme zu stützen.
Die Forschungen der jüngsten Zeit haben, eine Idee Cassini's wieder auf-
nehmend, das merkwürdigste Gebilde des Planetensystemes, den Ring des
Saturn, in die engste Beziehung zu den Satelliten der Planeten gebracht 1 ).
Sie haben gezeigt, dass er nur dann sich im Gleichgewicht halten kann, wenn
er aus einer grossen Anzahl kleiner Satelliten besteht, und so stellt ihn Ritter
in Parallele mit dem Ringe der Asteroiden. Faye glaubt zwar, dass ihn seine
Rotationsgeschwindigkeit, die verhältnissmassig grosse Masse des Satum und die
Leichtigkeit, mit der sich seine concentrischen Schichten gegen einander ver-
schieben können, in den Stand setzen würde, den störenden Wirkungen der
Saturnsmonde Widerstand zu leisten, auch wenn er aus gleichmässig vertheilte m
Stoffe bestehe und sieht in ihm einen der ursprünglichen Nebelringe, der durch
besonders günstige Umstände der Zerstörung entgangen sei. Er schliesst sich
damit Laplace's Ansicht an, während Kant (pag. 42), von der Annahme aus-
gehend, dass die äussersten Planeten Uebergänge zu den Kometen darstellten
und erst im Laufe der Zeiten ihre ursprünglich stark elliptischen Bahnen in
mehr kreisförmige verwandelt hätten, ihn für einen vom Planeten aufgestiegenen,
so zu sagen stabil gewordenen Kometenschweif erklärt, der Form und Lage der
Umdrehung des Planeten verdankt. Die eigenthümlichen Rotations- und Grössen-
verhältnisse des Planeten im Gegensatz zu andern erklärten, warum sich nur an
ihm ein Ring gebildet habe. Es ist Kant und Laplace immer zu grossem Ver-
dienst angerechnet worden, dass sie vor Herschel aus den beobachteten
Umlaufszeiten eines Saturnstrabanten die Umlaufszeit der Theile des Ringes be-
rechnet hätten. Unter Anwendung der Formel
wo T die Umlaufszeit eines Saturnstrabanten, R den Halbmesser von dessen
') Oppolzek, Astron. Nachr. No. 2573. — Kleiber, Ebenda». No. 2657 und 2664. —
Newton, »Naturforscher« 1885. XVIII, pag. 427.
') Schiaparkixi , Astron. Nachr. 1889. No. 2944. — Atti della Reale Accademia dei
Lincei 1889, Ser. 4, Vol. V, pag. 283. — Reale Institute Lombardo. Rendiconti 1890, pag. 2,
Vol. XXm. - Bulletin de l'Academie Royale Belgique 1890, Ser. 3, T. XX, pag. 535, T. XXI,
P»*- 45*-
') Maxwell, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. 1859. — Hirn,
Memoire «ur les condirJons de l'equilibre cur la nature probable de Saturne, pag. 31. —
Mxye«, ArchiTes des Sciences physiques et naturelle«. Ser. 3, T. X, pag. 73.
i6»
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244
Kosmogonie.
Bahn, p den Halbmesser des Saturn und r den des inneren Ringes bedeutet,
findet Kant (pag. 44 ff.) die Umlaufszeit des inneren Ringes zu etwa 10, die des
äusseren zu etwa 15 Stunden. Dabei darf man freilich nicht Ubersehen, dass er
mittelst derselben Formel unter Benutzung CASSim'scher Beobachtungsdaten die
Umlaufszeit des Saturns selbst zu 6* 23"« 53* erhielt, dass aber die obige Formel
einen von dem wirklichen viel stärker abweichenden Werth giebt, wenn man die
Ergebnisse neuerer Beobachtungen zu Grunde legt.
Die Kometen hielt Laplace (pag. 475) für Körper, welche unserem Planeten-
system fremd sind und von System zu System irren. Dadurch erklärt es sich,
dass sie in jedem Sinne und unter den verschiedensten Neigungen ihrer Bahnen
zum Sonnenäquator sich bewegen, und dass ihre Excentricität eine sehr grosse
ist. Kant (pag. 33) und Faye (pag. 271) sehen dagegen in den Kometen Reste
des Urnebels, welche aus so weit vom Centrum gelegenen Gegenden stammen,
dass ihre Bahnen Ellipsen von grosser Excentricität wurden und sie dieselben
sowohl im Sinne der Planetenbewegung, als auch im umgekehrten durchlaufen
können. Durch Einwirkung der Planeten können ihre Umlaufszeiten verkürzt,
sie selbst zu periodischen Kometen verwandelt werden. So ordnen beide
Forscher die Entstehung und Bewegungsart der Kometen zwanglos in das Ganze
ihrer Hypothesen ein, ohne dass sie wie Lagrangb 1 ) die Annahme machen
müssten, die Kometen seien von den Planeten abgeschleudert. Die Wahr-
scheinlichkeit dieser Annahme prüfte Faye 1 ) zum Ueberfluss noch dadurch, dass
er untersuchte, ob die Kometenbahnen mit solchen von Planeten irgend welche
Uebereinstimmung zeigen. Das negative Resultat dieser Untersuchung macht
auch Proctor's Annahme der Abstammung der periodischen Kometen von den
Planeten unannehmbar.
Dagegen glaubt der französische Akademiker die Ansicht Lacranoe's für
den Ursprung der Aerolithen festhalten zu sollen. Ihrer Zusammensetzung
nach sind sie Bruchstücke, die aus den tieferen Schichten einer der Erde ähnlich
zusammengesetzten Kugel stammen. Sie können also nur von der Erde oder
dem Monde abgeleitet werden. Namentlich die Krater des letzteren scheinen
in früheren Perioden Explosionskrater gewesen zu sein, die vulkanischen Aus-
brüchen von der grössten Heftigkeit ihren Ursprung verdanken. Haben sie doch
die Mondrinde auf weite Strecken hin gespalten! Jetzt ist ihre Thätigkeit längst
erloschen. Das Ergebniss der Untersuchungen von Aerolithenbahnen, welche
Newton 3 ) anstellte, lässt sich mit Faye's Ansicht wohl vereinigen. Von 265
solcher Fälle konnten 1 16 zu Bahnbestimmungen benutzt werden, und diese er-
gaben sämmtlich rechtläufige Bewegungen. Freilich wären dann die Aerolithen
von den Meteoren scharf zu unterscheiden, von denen die periodischen,
die sich in Kometenbahnen bewegen, diesen Weltkörpern angeschlossen werden
müssen.
Mehr Uebereinstimmung zeigen die Ansichten der Forscher, die sich darüber
ausgesprochen haben, hinsichtlich des Zodiakallichtes. Kant (pag. 53) hielt
dasselbe für einen die Sonne umgebenden Ring, der entweder in ähnlicher
Weise, wie der Ring des Saturn von diesem aufstieg, sich von der Sonne, viel-
leicht als Verbrennungsprodukt, losgelöst habe, oder aus Theilchen bestehe,
welche nach vollendeter Bildung des Sonnensystemes mit geschwächter, aber
») Lagrange, Memoire lu au Bureau des Longitudes dans la Seance du 29. Janv. 1812.
») Faye, Compt. rend. 1888, T. CVI, pag. 1703.
*\ Newton, American Journal of Science. 1888, Ser. 3, V, 36, pag. 1.
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Kosmogonie.
245
an seiner Rotation theilnehmenden Bewegung herabsanken und durch eine ab-
stossende Wirkung der Sonnenstrahlen an ihrem gegenwärtigen Orte gehalten
werden. Die letztere Ansicht theilen Laplace (pag. 476) und Helmholtz (II,
pag. 119). Der erstere spricht sich zwar vorsichtig dahin aus, dass wenn in den
von der Sonnenatmosphäre verlassenen Zonen Theilchen von so grosser Flüchtig-
keit zurückgeblieben seien, dass sie sich weder mit dem Centraikörper, noch
mit einem der Planeten hätten vereinigen können, diese die Erscheinungen des
Zodiakallichtes bieten mussten, ohne der Planetenbewegung einen merklichen
Widerstand entgegenzusetzen, entweder weil ihre Dichtigkeit eine zu geringe
sei, oder weil ihre Bewegung mit der der Planeten übereinstimme. Danach
würde die Substanz, die der Träger des Zodiakallichtes ist, einen etwa linsen-
förmigen Raum in der Umgebung ausfüllen und nach Helmholtz aus staubförmig
zerstreuten Theilchen bestehen, welche sich nach dem Gravitationsgesetz be-
wegen.
Von der Zusammenstellung einiger das absolute Alter der Sonne und
der Planeten gebenden Zahlen sehe ich ab, da sie allzu grosse Unterschiede
zeigen. Namentlich bieten die für das Alter der Erde aus kosmogonischen
Voraussetzungen erhaltenen Bestimmungen viel kleinere Zeiträume, als sie die
Geologen aus der Dicke der abgelagerten Schichten gefolgert haben. Wenn
auch Fayb's Theorie (pag. 279) diese Schwierigkeit zu heben im Stande sein
dürfte, so ist es doch fraglich, ob eine solche in Wirklichkeit besteht, und ob
die seinen geologischen Zeitbestimmungen zu Grunde liegende Voraussetzung,
zu allen Erdperioden seien gleiche Zeiten zur Ablagerung gleich dicker Schichten
nothwendig gewesen, genügend begründet ist.
5) Die Quellen der Sonnenwärme.
Wenn auch die Annahmen der Entstehung der Sonne aus dem Urnebel
ihre hohe Anfangstemperatur erklärt, so bleibt doch noch die weitere Frage zu
beantworten, aus welcher Quelle sie die enorme Wärmemenge, die sie Jahr für
Jahr ausstrahlt und ausgestrahlt hat, deckt. Mit dieser Aufgabe haben sich eine
Anzahl der berühmtesten Gelehrten in eingehender Weise beschäftigt. Kant
(pag. 70) sah die Quelle der Sonnenwärme, ohne jedoch viel Gewicht auf diese
Annahme zu legen, in einem Verbrennungsvorgang 1 ). Er dachte sich, dass in
dem ursprünglichen Gemenge der den Nebel bildenden Theilchen jeder Art
sich auch befänden > heranschwebende Sorten vorzüglicher Leichtigkeit, die durch
die Widerstrebung des Raumes gehindert durch ihren Fall zu der gehörigen
Schnelligkeit der periodischen Umwendungen nicht durchdringen und die folglich
in der Mattigkeit ihres Schwunges insgesammt zu dem Centraikörper herab-
gestürzt werden.« Diese sind die feuernährenden Bestandtheile, welche auf der
Oberfläche der Sonne verbrennen, während die Vermengung mit schwereren
und dichteren Sorten von Elementen die Heftigkeit des Verbrennungsvorganges
mildern. Die aus den Höhlungen des Sonnenkörpers nachdrängenden Theil-
chen des brennbaren Stoffes sollen die Flammen nähren, während die durch die
Heftigkeit der Hitze zerstreuten vielleicht, wie bereits erwähnt wurde, den Stoff
zum Zodiakallicht liefern. Folgt hieraus einerseits, dass dieses »unschätzbare
Feuer, das die Natur zur Fackel der Welt aufgesteckt« hat, nicht ewig währen
kann, so wird auch andererseits klar, warum der Mittelpunkt eines jeden Planeten-
systems von einem flammenden Körper eingenommen wird. Diese Hypothese
«) Kant, Naturgeschichte de« Himmels. Ausgabe Ton 1798, pag. 71. Anm. a.
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Kosniogonie.
Kant's, zu deren gerechter Würdigung man wohl im Auge behalten muss, dass
sie fast 30 Jahre vor Lavoisier's Erklärung der Verbrennung ersonnen wurde,
ist freilich in entsprechend abgeänderter Form von William Siemfns 1 ) neuer-
dings wieder aufgenommen worden. Als Wärmequelle der Sonne betrachtet
Sir William die Verbrennung von Wasserstoff und von Kohlenwasserstoffen in
Sauerstoff, dessen Vorhandensein auf der Sonne er voraussetzt. Indem die Pro-
dukte dieser Verbrennung vom Sonnenäquator in anhaltendem Strome weg
geschleudert werden, werden sie durch die Wirkung der sie in einiger Ent-
fernung von ihrem Ausgangsort treffenden Sonnenstrahlen wieder dissociirt und
strömen in diesem Zustand wieder an den Polen der Sonne ein, um von Neuem
verbrannt zu werden und denselben Kreislauf abermals zu durchlaufen. Das
hohe elektrische Potential, welches die Sonne durch die Reibung der sich an
ihrer Oberfläche bewegenden Gasmassen, auf deren Weg die ;die Sonnenflecken
enthaltenden Zonen liegen, erhält, wird dann vielleicht Ursache des Zodiakal-
lichtes. Ohne das Gewicht mancher gegen die Hypothese seines Bruders
geltend gemachter Gründe zu verkennen, ist Werner von Siemens") geneigt, sie
anzunehmen. Indessen unterlasse er nicht, den wichtigsten Einwand dagegen
dadurch zu beseitigen, dass er wie J.aplace den Theilchen, welche von der
Sonne ausgestossen in die Nähe von Planeten gelangen, eine nach den Keppler-
schen Gesetzen geregelte Umdrehung um den Centraikörper zuschreibt. Er be-
nutzt alsdann das sich ergebende hohe Potential der Sonne, um die elektrischen
und magnetischen Eigenschaften des Erdkörpers, die Elektricität der Gewitter-
wolken etc. zu erklären.
Die Stosswirkung hat zuerst Button >) zur Deckung des Wärmeverbrauchs
der Sonne herangezogen, die nämliche Ansicht vertrat neuerdings Robert Mayer 4 ).
Danach sollen eine solche Wirkung meteorische Körper ausüben, die in dauern-
dem Strome auf die Sonne stürzen. Wenn nun auch aus den irdischen Zählun-
gen der Meteore gezeigt werden konnte, dass die Menge der in der Umgebung
der Sonne vorhandenen derartigen Körperchen hinreichen würde, um deren ge-
waltigen Wärmeheerd zu speisen, und sich deshalb auch Lord Kelvin (William
Thomson) anfänglich dieser Annahme zuneigte, so schloss der berühmte englische
Gelehrte sich doch später dem dritten in Vorschlag gebrachten Erklärungs-
versuche an, der in der immer fortschreitenden Verdichtung die Vorraths-
kammer sieht, aus welcher die Sonne ihren Wärmebedarf deckt Hatte doch
Hf.lmholtz gezeigt, dass diese Annahme als nothwendige Folgerung der Welt-
bildungshypothese das Vorhandensein der Sonnenwärme am zwanglosesten er-
klärte. Nach seiner Rechnung (II, pag. 135) würde eine Verkürzung des Halb-
messers der Sonne um 60 m hinreichen, um deren Wärmeverbrauch für den
Zeitraum eines Jahres zu decken, eine Verkürzung des Sonnenhalbmessers um
0 0001 denselben Zweck für 2289 Jahre erfüllen. Der Ansicht Helmholtz's hat
sich Ritter angeschlossen und sie weiter geführt (XI, pag. 993). Unter der
Voraussetzung, dass die Sonne aus einem einatomigen Gase bestehe, welches
die Eigenschaften eines idealen Gases besitzt, erhält er statt des obigen Werthes
•) William Siemeks, Ueber die Erhaltung der Sonnenenergie. Deutsch von Worms,
Berlin 1885.
*) Werner Siemens, Wied. Ann. 1883, XX, pag. to8.
") Button, Histoire naturelle generale et particuliere. T. I und SuppL T. IX und X,
Pam 1778.
*) Mayer, Die Mechanik der Warme in gesammelten Schriften. 3. Aufl. herausg. von
Weyrauch. Stuttgart 1893, P*fr 160 ff.
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Längenbestimmung.
247
von 60 m sogar nur einen solchen von 50 m, wobei der davon verschiedene
Zustand der chemischen Elemente in der jedenfalls nur dünnen Oberflächen-
schicht jedoch vernachlässigt worden ist. Die aus allen diesen Annahmen sich
ergebenden Verkürzungen des Sonnenhalbmessers sind so klein, dass sie sich
der direkten Beobachtung entziehen mussten. Mit der von Ritter, wie bereits
oben erwähnt wurde, gezogenen Folgerung einer gegenwärtig unveränderlichen
Oberflächentemperatur der Sonne stimmt auch Aitken's 1 ) Annahme Über die
Quelle der Sonnenwärme überein, nur begründet sie der englische Forscher wohl
weniger zwingend mit der sich im Laufe der Zeiten ändernden chemischen
Constitution der Sonne.
Aus allen diesen Theorieen ergiebt sich der für die Zukunft unserer Erde
wenig erfreuliche Schluss, dass der Energievorrath der Sonne ein beschränkter
ist, also mit der Zeit ihre Wärmestrahlung eine immer geringere werden muss.
Man hat ihn auf verschiedene Weise zu entkräften gesucht. Poisson») Hess zu
diesem Zwecke das Sonnensystem durch verschieden warme Theile des Welten-
raumes wandern, von denen der eine wieder ersetzen sollte, was der andere
zurückbehalten hätte. Riemann») weist darauf hin, dass möglicher Weise der
Raum nicht allseitig in geraden, sondern in krummen, in sich zurücklaufenden
Linien ausgebreitet sei, auf denen die ausgestrahlte Wärme zu ihrer Quelle wohl
zurückkehren könne. Rankine 4 ) endlich denkt sich den vom Aether erfüllten
Raum von einem ätherleeren umgeben. Indem die an der Grenze beider an-
kommenden Aetherwellen zurückgeworfen werden, kehren sie auf demselben
Wege zurück, auf dem sie ausgestrahlt werden. Indessen sind das Hypothesen,
mit denen die exakte Naturwissenschaft schwerlich sich befreunden dürfte. Da
sie über die Grenzen der Kosmogonie hinausgehen, so genügt es hier, auf sie
hingewiesen zu haben. E. Gerland.
Längenbestimmung. Die Länge eines Ortes auf der Erdoberfläche
kann als der Winkel deßnirt werden, welchen der Meridian desselben mit einem
als Anfangsmeridian gewählten anderen Meridian am Pol bildet; der Längen -
unterschied zweier Orte als der Winkel, welchen die Meridiane der beiden Orte
am Fol mit einander bilden, und dieser ist gleich dem Unterschied der Zeiten,
welche an den beiden Orten in demselben Augenblick beobachtet werden.
Sind PS, PM, PO, PM' (die Figur ist leicht herzustellen) eine Anzahl Stunden
kreise oder Meridiane, und sei in S der Sonnenmittelpunkt, so sind die Winkel
am Pol P SPM, SPO, SPM\ die Stundenwinkel der Sonne oder die Sonnen-
zeit für die durch M, O, AT bezeichneten Orte. Es ist also der Winkel MPO
gleich dem Unterschied der im gleichen Augenblick stattfindenden Zeiten in M
und O, gleich der Länge des Ortes M gegen den Ort O. Nehmen wir den
Meridian PO als Anfangsmeridian, so ist damit jener Winkel schlechthin die
Länge des Ortes M. Nehmen wir ferner an, dass M, S westlich von O, da-
gegen M' östlich von O liegt, so ist der Winkel MPO als westliche Länge des
Ortes M gegen O, der Winkel OPM' als östliche Länge des Ortes M' gegen
') Aitken, Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. 1888. Vol. XIV. pag. 118.
*) Poisson, Theorie mathematique de la Cbaleur. Paris 1835.
») Riem ANN, Gesammelte mathematische Werke. Leiprig 1876, pag. 226, vergl. Newcomb,
P«g- 583.
<) RANKDfE, Annales de Chimie et de Physique. Se>. 5. T - OT ,88a ' P 1 *" 5*8
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24»
Längenbestimmung.
O zu bezeichnen. Nennen wir die Ortszeiten für M, O, Af' der Reihe nach
T, T„, T\ und Z«, die westliche Länge, L a die östliche, so ist
L w =T a -T
und
Z„ = T - T a
oder wenn wir die Östliche Länge negativ nehmen, können wir allgemein
L = T 0 — T setzen, wo nun mit T allgemein die Ortszeit eines östlich oder
westlich vom Anfangsmeridian gelegenen Ortes ist und wobei dann auch die
Zeiten immer westlich und astronomisch, d. h. von 0* bis 24* gezählt werden.
Dieser Ausdruck L = T ü — T ist übrigens, wie leicht ersichtlich, nicht nur
gültig für Sonnenzeit, sondern für jede beliebige Zeit. Mit S bezeichnen wir
dann einfach irgend einen Punkt der Sphäre und T 0 und T sind die Stunden-
winkel dieses Punktes für die beiden Meridiane, deren Längendifferenz L ist.
Was den nullten Meridian betrifft, so wird allgemein bekanntlich jetzt der
Greenwicher als solcher angesehen, wenngleich die verschiedenen astronomischen
Tafeln und Ephemeridensammlungen auch verschiedene Nullmeridiane zu Grunde
legen, für welche die betreffende Sammlung berechnet ist, so nimmt das
»Berliner Astron. Jahrbuch« Berlin, die »Connaissance des Tempsc Paris u. s. w.
als Anfangsmeridian an.
Aus der obigen Definition der Länge ergiebt sich, dass die Bestimmung
derselben in einer doppelten Operation zu bestehen hat, 1) in der Ermittelung
der Zeit an den Orten, deren Längendifferenz zu ermitteln ist, mag nun der
nullte Meridian direkt oder ein anderer in Betracht kommen, und 2) in der Ver-
gleichung der Zeit an den beiden Orten.
Diese Aufgabe lässt sich in sehr verschiedener Weise lösen. Man kann
Signale, Erscheinungen, die für beide Orte in dem gleichen absoluten Zeit-
moment sichtbar sind, an beiden Orten beobachten und die Zeitangaben der
genau berichtigten Uhren mit einander vergleichen, der Unterschied dieser Zeit-
angaben liefert sofort die Längendifferenz. Als solche Signale kann man
terrestrische, die aber nur auf kurze Entfernungen sichtbar sein werden, annehmen,
oder himmlische, und für letztere ist wieder nicht immer die gleichzeitige Beob-
achtung nöthig, wenn nämlich an Stelle der einen die Berechnung treten kann,
wann ein solches Phänomen am nullten Meridian eintreffen muss, und wenn man
sich auf Grund der astronomischen Theorieen auf diese Vorausberechnung ver-
lassen kann. Insbesondere eignen sich hierfür verschiedene Erscheinungen, die
die Satelliten des Jupiter und unser Mond verursachen, sowie sich auch die
rasche Bewegung des Mondes für die Längenbestimmung verwenden lässt. Die
wichtigsten dieser Methoden sollen hier später angeführt werden, sie liefern aber
sämmtlich nicht den höchsten Grad der Genauigkeit und können nur zur An-
wendung kommen, wenn zwei andere Methoden durch die Umstände nicht be-
nutzt werden können. Diese Methoden beruhen darauf, dass man an der einen
Station den Stand und Gang einer tragbaren Uhr, eines Chronometers, so genau
als möglich nach Stembeobachtungen ermittelt, darauf unter Inachtnahme aller
Vorsichtsmaassregeln, wie sie auch in dem Artikel »Chronometer« angegeben
sind, mit dem Chronometer an die andere Station reist, und hier wiederum den
Sund und Gang des Chronometers durch Sternbeobachtungen ermittelt. Hat
sich der Gang nicht in der Zwischenzeit geändert, so wird der nach dem Stand
an der ersten Station und dem daselbst ermittelten Gang für die Beobachtungs-
zeit an der zweiten Station berechnete Stand verglichen mit dem hier direkt
beobachteten, sofort die Längendifterenz ergeben. Diese Methode der Chronometer-
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Längenbestimmung.
249
Übertragung führt, namentlich unter Anwendung einer grossen Zahl von Chrono-
metern, zu guten Resultaten. Die äusserste Genauigkeit, wie sie z. B. bei den
Längenbestimmungen unter ständigen Sternwarten oder für die Zwecke der
internationalen Erdmessung gefordert wird, ergiebt die Benutzung der telegraphi-
schen Uhrvergleichung, indem man an den beiden Stationen die Correctionen
der Uhren genau beobachtet und dann unmittelbar nach oder zwischen diesen
Beobachtungen die Uhren unter direkter Einschaltung in die Linie mit einander
vergleicht, indem die Beobachter an beiden Stationen sich gleichsam zurufen,
welche Zeit für genau verabredete Momente die genau berichtigten Uhren
zeigen.
Zunächst mag nun mit der Besprechung dieser genauesten Methode, die
zugleich die einfachste ist, sobald Telegraphenleitung zur Verfügung steht, be-
gonnen werden.
Auch hier kann man in verschiedener Weise vorgehen, denn wenn auch die
telegraphische Methode darauf beruht, dass an beiden Orten die Correction der
Uhren aufs genaueste ermittelt und diese durch elektrische Signale mit einander
verglichen werden, so ist doch in der Verbindung dieser beiden Operationen und
in der Anordnung jeder einzelnen eine gewisse Mannigfaltigkeit möglich. Man
kann nämlich entweder beide Operationen so zusammenlegen, dass eine eigent-
liche Signalabgabe ganz fortfällt, indem die Sternbeobachtungen selbst hierzu
verwandt werden, oder man kann bei einer Trennung beider Operationen die
Signale als Coincidenzbeobachtungen zwischen der Stationsuhr und einer ein-
geschalteten Hiltsuhr auffassen, oder sie unabhängig als registrirte Signale ab-
geben. Alle Methoden haben Anwendung gefunden, die letzte ist diejenige,
welche sich als die zweckmässigste herausgearbeitet hat und demgemäss in neuester
Zeit fast ausschliesslich gebraucht wird.
Für alle diese Methoden wird vorausgesetzt, dass an jeder Station ein
Registrirapparat vorhanden ist, dessen doppelte Elektromagnete einmal mit der
Beobachtungsuhr verbunden sind, sodass diese von Secunde zu Secunde ein
Zeichen auf dem sich abrollenden Papierstreifen oder Bogen markirt, sodann
mit einem Handtaster, mit dem der Beobachter auf demselben Streifen oder
Bogen ober- oder unterhalb der Uhrsignale ein Zeichen für den Moment des
Stemdurchganges durch einen Faden des Passageninstrumentes giebt. Femer
muss die Telegraphenleitung zwischen beiden Beobachtungsstationen zur Ver-
fügung stehen, und zwar als vollkommen direkte, bei der keine Uebertragung
irgend welcher Art stattfindet.
Man kann nun in solchem Falle dieselben Sterne in der Art an beiden
Stationen beobachten, dass zunächst an der östlich gelegenen, wo der Stern
früher in den Meridian tritt als an der westlichen, die Durchgänge regristrirt
werden, die sich dann auf beiden Registrirapparaten verzeichnen ; sodann wird
an der westlichen Station, sobald die Sterne in diesen Meridian eintreten, jeder
Fadendurchgang registrirt und zwar wieder mit Markirung auf beiden Apparaten.
Man hat in dieser Weise eine doppelte Bestimmung der Längendifferenz, indem
einmal auf der östlichen Station, bezw. dem östlichen Registrirapparat unter
Einschaltung der östlichen Uhr allein nach dieser der Durchgang desselben
Sternes über die beiden Meridiane verzeichnet ist, sodann dasselbe auf der west-
lichen Station.
Nennen wir die auf den Mittelfaden reducirten Fadendurchgänge, die für die
Instrumentalfehler des östlichen Passageninstrumentes corrigirt sein sollen, T„,
die an der westlichen Station beobachteten und ebenso behandelten Durchgänge
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Lringenbcstimmung.
T w , so würde die Differenz T w — T 0 die Längendifferenz sein, wenn der Uhr-
gang null wäre und keine Zeit für die Uebertragung des Stromes verloren ginge.
Der Uhrgang muss aber, wenn er besteht, was meistens der Fall sein wird, in
Rechnung gezogen werden, da die Durchgangszeiten ja in einem um die Längen-
differenz verschiedenen Zeitmoment wahrgenommen werden. Nennen wir den
stündlichen Uhrgang y„ (für die östliche Station) und drücken die Längendifferenz
L in Stunden aus, so haben wir, um auf T e zu reduciren, von T*, noch Ly c ab-
zuziehen, oder die entsprechende Grösse zu T 0 zu addiren, um auf Tw zu re-
duciren. Ferner ist zu beachten, dass wenn wir wieder Apparat und Uhr auf
der östlichen Station annehmen, dass dann die Beobachtungen an der westlichen
Station in Folge der endlichen Stromgeschwindigkeit (worunter hier überhaupt
die Zeit bis zum Ansprechen des Apparates verstanden wird) zu spät markirt
werden müssen, es wird also T w und ebenso die Längendifferenz um eine Grösse
t zu gross erscheinen, sodass die an der östlichen Station gewonnene Längen-
differenz
L„ = T«, — T 0 -H Ly 0 = L -h x
ist. Nun liefert aber der westliche Apparat ebenfalls eine Längenbestimmung,
nennen wir das hier gewonnene Resultat L w , so haben wir
Lu. = T n , — T 0 -+- Ly w = L - t,
wo dann mil y w der stündliche Gang der westlichen Stationsuhr bezeichnet wird.
Hier werden nämlich in Folge der »Stromzeit« die Signale der östlichen Station
zu spät und daher die Längendifferenz zu klein erhalten. Nimmt man nun aus
beiden Bestimmungen das Mittel, so hat man
L = % (L„ ■+- ZJ),
es ist dasselbe also von der Stromzeit vollkommen frei.
Bei allen Methoden spielt die sogen, »persönliche Gleichungc des Beob-
achters eine grosse Rolle. Das beste ist natürlich dieselbe zu elimtniren, was
dadurch geschieht, dass die Beobachter die Stationen austauschen, d. h. einige
Abende etwa in der Combination Ao»t, <#Wc« beobachten, dann einige, ungefähr die
doppelte Zahl der Abende erster Combination in der Combination A WnU B^,
dann wieder wie anfangs Ao«, ßw*n- Das Mittel aus allen diesen Bestimmungen
wird frei von der persönlichen Gleichung sein. Es ist aber bei dem Wechsel
der Beobachter zugleich von Wichtigkeit, dass die Beobachter auch ihr Instru-
ment mitnehmen, da sich herausgestellt hat, dass die persönliche Gleichung in
Abhängigkeit vom Instrument, vom Fadennetz, des Sternbildes, der Beleuchtung
u. s. w. steht. Kann man nicht diese Elimination bewerkstelligen, so bleibt
nur übrig, die persönliche Gleichung durch gemeinschaftliche Beobachtungen
zu bestimmen, was aber dann vor und nach der Längenbestimmung selbst zu
geschehen hat, um eine etwaige Veränderung derselben in der Zwischenzeit in
Rechnung ziehen zu können. Uebrigens wird unter Anwendung der Repsold-
schen Registriroculare (s. den Artikel »persönliche Gleichungc) diese Fehlerquelle
auf ein Minimum reducirt.
So bequem die Methode scheint, so haftet ihr doch ein wesentlicher Uebel-
stand an, der auch zur Folge hatte, dass man von ihrer häufigen Anwendung
abgekommen ist. Man gebraucht nämlich die Telegraphenleitung während eines
grossen Theils des Abends, was in der Regel mit Schwierigkeiten des all-
gemeinen Verkehrs wegen, dem die Leitungen zu dienen haben, verbunden ist.
Für vollständige Zeitbestimmungen zu einer Längenbestimmung muss in der Regel
auf 16—20 Zeit- und einige Polsterne gerechnet werden, letztere zur Ermittelung
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Längenbestimmung.
251
der Instrumentalfehler, und hierzu sind wieder etwa zwei Stunden nöthig, so
lange muss also unter allen Umständen die Leitung verfügbar sein. Es kommt
aber noch ferner hinzu, dass wenn die Längendifferenz gross ist, die Zeit für
die Leitungsbenutzung noch um eben soviel vergrössert wird, da die Sterne um
die Längendifferenz später in den westlichen Meridian eintreten. Ist die Längen-
differenz aber nicht sehr bedeutend, so wird es schwer werden, die zu beob-
achtenden Sterne derartig auszuwählen, dass die Beobachtungen an den beiden
Stationen sich nicht gegenseitig auf dem Registrirstreifen stören. Endlich wird
man von dem Ort des Sternes nur dann unabhängig, wenn es gelingt, an beiden
Stationen dieselben Stcme zu beobachten; misslingt dagegen an einer Station
die Beobachtung eines Sternes, so hat auch die gelungene Beobachtung auf der
andern Station keinen Werth, vorausgesetzt, dass man nicht ein anderes Reductions-
verfahren anwenden will, indem man unter Berücksichtigung der Rectascension
des Sternes aus jedem einzelnen Stem einen Uhrstand ableitet und aus dem
Mittel dieser dann die Längendifferenz berechnet, ein Verfahren, welches aber
auf einen der Hauptvorzüge dieser Methode, der vollständigen Elimination der
Rectascension der Sterne, von vornherein verzichtet.
Beispiel. Im Jahre 1863 wurde zwischen der Sternwarte Leipzig und dem
temporären Observatorium Dablitz bei Prag eine Längen bestimmung unter An-
wendung verschiedener Methoden, auch der eben besprochenen Registrirmethode
ausgeführt. In der folgenden Tabelle werden die Beobachtungen vom 5. October
mitgetheilt, und zwar unter I die Beobachtungen nach dem Dablitzer, unter II
die nach dem Leipziger Registrirstreifen. Die Bedeutung der in den einzelnen
Columnen befindlichen Ziffern ist durch die Ueberschriften klar, nur sei bemerkt,
dass die in der 3. und 6. Columne gegebenen Correctionen des Instrumentes
aus der hier nicht mitgetheilten Verbindung der Zeitsterne und Polsterne ab-
geleitet wurden.
Durchgangs-
Corr.
Stern
Durchgangs-
Corr.
otem
Dablitt
des
teit
des
im
seit
des
im
tu in us
Sternes
Dablitz
Iottr.
Meridian
Leiptig
Instr.
Meridian
Leiptig
1863 October 5
1. Dablittex I
nstrmn.
Kreislage Ost; Leipziger Instrum.
Kreislage West.
1
22* 44~31;06
—1*19
29* -87
22* 52« 48* 48
— 0*-60
47* -98
-8« 18*11
2
22 48 24*5
-0-96
23-99
22 56 4307
-0-92
4215
1816
3
22 58 10-67
-0 95
9-72
23 6 28-99
-094
2805
18-33
4
23 0 86-06
— 104
35-02
23 8 54-01
-0-76
53-25
18-23
5
23 3 36-03
—0-99
35-04
23 11 53-87
—0-86
5301
17-97
11
23 45 17 41
-0-85
16-56
23 53 35-60
-117
34-43
17-87
IS
23 50 8 03
—117
6-86
23 58 25-65
-054
2511
18-25
Mittel
-8- 18*131
Dabl. Iottr.
KreisL West; Leipz. Instr. KreisL
Ost.
6
23* 14« 57' -45
-0*-26
57*19 1
•23* 22« 14* 95
+0*50
15* -45
—B- 18* -26
7
23 16 50-06
-0-27
49-79
23 25 7-90
-M>05
7-95
1816
8
23 19 86-92
-0-27
36-65
23 27 54-87
-013
54-74
1809
9
23 29 42-76
—0-27
42-48
28 38 0-87
—016
0-71
1823
w 1
28 83 25-49
-0-26
25-23 |
23 4L 42-95
+038 |
43-33
18-10
Mittel -8* 18-168
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2,2
Numm.
Durchgangs-
Corr.
Stem
Durchgangs-
Corr.
Stern
Dablitz
des
zeit
des
im
teil
des
im
minus
Sternes
Dablitz
Instr.
Meridian
Leipzig
Instr.
Meridian
Leipzig
U. Dabl. Instr. Kreisl. Ost; Leipz. Instr. Kreisl. West.
1
22* 31»« 49' 80
-l'-19
48*61
22*40- 7" 17
-0--50
6* 67
-8*- 18* 06
2
22 35 43 68
—0-96
42 72
22 44 1*75
—092
0-83
18*11
22 45 29-36
-0-95
28-41
22 53 47-60
—0-94
46-66
4
22 47 64-72
— 104
53-68
22 56 12-63
—0-76
11-87
18-19
5
22 50 54-78
-0-99
53-74
22 59 12-43
—0-86
11-57
17-83
11
23 32 35-75
-0-85
34 90
23 40 53-90
— 117
52-73
17 83
12
23 37 26 33
-117
25-16
23 45 43-94
—0-54
43-40
18-24
Mittel
-8- 18* 073
Dabl. Instr.
Kreisl. West; Leipz. Instr. Kreisl. Ost.
c
23* l« 16*01
-0*26
15' -75
23* 9-3JK-45
4-0* -50
33* -95
— O*** lO* «V
7
23 4 8-6 1
-027
8-34
23 12 26-36
+005
26-41
ISA7
IOUI
8
23 6 5542
-0-27
55 15
23 15 13 33
-013
1320
18-05
9
23 17 1-20
-0-27
093
23 25 19 27
-016
1911
18 18
10
23 20 43 92
-0-26
43-66
23 29 1-84
-T-0-38
1-72
18*06
Mitte
—8»* 18* - 1 12
Mittel aus beiden Kreislagen I —8** 18**149, Corr. f. Uhrgang -+-0* 032
II —8 18*092 —0018
Li — 8- 18" 117
Lu — 8 18110
In diesen Werthen für L steckt nun noch der Unterschied der persönlichen
Gleichungen der Beobachter und die Stromzeit; wenn man erstere mit p, letztere
mit s bezeichnet, so würde man haben
— 8* 18'* 117 = / + p H- s
— 8 18 * 110 = I + p — s,
sodass das Mittel aus beiden Werthen, — 8»* 1 8 jr * 113 von der Stromzeit, nicht
aber von der persönlichen Gleichung frei ist. Letztere ist durch Wechsel der
Beobachter bei dieser Längenbestimmung eliminirt.
Die beiden anderen Methoden, bei denen der elektrische Telegraph zur
Anwendung kommt, können als Coincidenz- und Signalmethode bezeichnet werden.
Der Unterschied liegt nur in der Vergleichung der Uhren.
Für die Coincidenzmethode gebraucht man auf jeder Station noch eine Hilfs-
uhr, deren Gang so regulirt ist, dass sie im Zeitraum von etwa 2 bis 3 Minuten
einen Schlag gegen die Beobachtungsuhr gewinnt bezw. verliert. Hat man näm-
lich z. B. zwei Secundenuhren, von denen die eine nach mittlerer Zeit, die
andere nach Sternzeit regulirt ist, so gewinnt die letztere in einem Tag gegen
die erstere 3 m 56* = 236* oder Pendelschläge. Fallen also in einem gegebenen
Augenblick die Schläge beider Uhren genau zusammen, so werden sie bald
auseinander gehen, um nach etwas weniger als 6 Minuten wiederum zusammen
zu fallen, wobei dann die Sternzeituhr eine Secunde gegen die mittlere Zeituhr
gewonnen hat. Will man zwei solche Uhren mit einander vergleichen, so ge-
schieht dies am schärfsten durch die Beobachtung einer sogen. Coincidenz, d. h.
des Momentes, wo die Schläge zusammenfallen. Mit einiger Uebung lässt sich
diese Beobachtung sehr genau machen, man hört nämlich bei der Coincidenz
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hin genbe»timroung.
nur einen Schlag, wogegen das Auseinandergehen der Schläge sehr auffallend
hervortritt. Da nun aber auf ca. 350 Secunden der Unterschied zwischen beiden
Uhren eine Secunde beträgt, so würde bei 35 Secunden die Abweichung nur
0M betragen, es lässt sich aber namentlich bei präcisem metallischem Schlage
der Uhren das Auseinandergehen schon nach einigen Secunden deutlich hören,
sodass der Fehler einer einzelnen Coincidenzbeobachtung kaum 0* '02 betragen
kann. Es ist daher in der Astronomie bei Uhrenvergleichungen die Coincidenz-
beobachtung die gebräuchlichste. Das seltene Eintreffen einer Coincidenz, nach
jeweils 6 Minuten, wird durch die grosse Sicherheit aufgewogen, da andere
Vergleichungsarten, z. B. indem man Signale nach der zu vergleichenden Uhr
auf dem mit der Normaluhr verbundenen Registrirapparat giebt, wobei in weit
kürzerer Zeit die Vergleichung bewirkt wird, oder indem man besondere
Coincidenzzwischenuhren verwendet, die (s. weiter unten) in geringen Intervallen
in 6 bis 12 Secuntlen Coincidenzen geben, entweder mit starken systematischen
und für die gerade vorliegende Beobachtungsreihe constanten Fehlern, oder mit
starken sonstigen Unsicherheiten behaftet sind.
Diese Coincidenzbeobachtungen hat man nun bei den Längenbestimmungen
in der folgenden Weise verwandt. Sei auf der einen Station A neben der Haupt-
uhr U die Hilfsuhr C aufgestellt und diese in der Art mit der Telegraphen-
leitung verbunden, dass jeder ihrer Schläge ein Relais auf der Station B zum
Ansprechen bringt, wo sich die Hauptuhr U' befindet. Zu gewisser Zeit wird
nun der Stromschluss auf A hergestellt und hier (zu wiederholten Malen, um die
Sicherheit der Beobachtung zu erhöhen) das Zusammenfallen der Schläge der
Uhren U und C beobachtet und notirt, zu gleicher Zeit wird auch auf B das
Zusammenfallen der Schläge des die Uhr C vertretenden Relais' mit denen der
Uhr U' beobachtet und notirt. Es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass wenn die
Uhren U und U' genau richtig gehen, oder ihre Fehler genau ermittelt sind, die
auf die gleichen Zeitmomente reducirten Coincidenzen in ihrer Differenz den
Längenunterschied geben müssen. In dieser ist nun noch die oben erwähnte
sogen. Stromzeit enthalten, indem die Schläge von C um die Strorrzeit verspätet
in B eintreffen. Man wird daher auch in B neben CT noch eine Coincidenzuhr
aufstellen, und diese ebenso wie in B mit U 1 auch in A mit U vergleichen
Was die Beobachtung der Coincidenzen betrifft, so kann man diese auch
anstatt nach dem Gehör durch Selbstregistrirung ermitteln, indem man die
Coincidenzuhr mit dem Tasterelectromagneten des Registrirapparates verbindet.
Hat man bei der Zeitbestimmung die Registrirmethode angewandt, so wird auf
diese Weise die Einführung einer Beobachtung, bei der das Gehör die Haupt-
rolle spielt, vermieden. Denn wenn auch starke persönliche Fehler bei der
Erfassung der Coincidenz nicht in Betracht kommen, so wird doch jede ou
mögliche Quelle solcher Fehler zu umgehen oder zu eliminiren sein.
Wenn der gegenseitige Stand der beiden Hauptuhren nahe bekannt ist,
was in der Regel sehr bald der Fall sein wird, so kann man dann von einem
beliebigen Schlage der Coincidenzuhr ausgehen und leicht die den folgenden
Coincidenzen zwischen Haupt- und Coincidenzuhr entsprechenden Secunden
nach letzterer durch Weiterzählen angeben, ohne Gefahr zu laufen, etwa die eine
Secunde zu einer falschen der Hauptuhr zu zählen. Es ist dann einfach, die
Coincidenzen eines jeden Abends auf ein nahe der Mitte sämmtlicher Coincidenzen
gelegenes Zeitmoment zu reduciren. Wenn nämlich T dieses Zeitmoment, / die
Secunde der beobachteten Coincidenz nach der Coincidenzuhr bezeichnet, und
T und /' die entsprechenden Momente nach der Hauptuhr, ferner u. das Ver-
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«54
hältniss der Serunde der Coincidenzuhr zu der der Hauptuhr, also die Länge
einer Coincidenzuhrsecunde ausgedrückt in Hauptuhrsecunden, so ist
T = t ■+■ (T — f) vl.
Hier lässt sich ja aus der beobachteten Zwischenzeit zwischen der ersten
und letzten Coincidenz bestimmen.
Ein Uebelstand dieser Methode liegt ebenfalls in der langen Benutzung der
Leitungen, da zur erforderlichen Genauigkeit eine grössere Anzahl Coincidenzen
beobachtet werden müssen, und in dem Zeitverlust, der durch die zwischen den
Coincidenzen nutzlos verfliessenden Pausen, entsteht, endlich in der Schwierigkeit,
den Relaisanschlag zn einem scharf zu beobachtenden Uhrschlag zu gestalten.
Beispiel. Bei der schon vorher erwähnten Längenbestimmung Leipzig-
Dablitz wurde auch die Methode der Coincidenzen angewandt. Am 5. October
fanden folgende Beobachtungen statt:
I. Die Coincidenzuhr in Dabli z.
a) Dablitz
Coincidenzen gehört
nach der
Hauptuhr Coincidenzuhr
1*
1
1
1
1
1
0-45'
3
5
8
10
13
13
36
9
36
0
- 28'
+ 121
265
419
567
712
b) Leipzig
Coincidenzen gehört
nach der
Hauptuhr Coincidenzuhr
0*48-31'
0 50 58
0
0
53
55
0 58
1 0
21
47
13
38
0*
148
292
439
586
732
II. Die Coincidenzuhr in Leipzig
a) Dablitz
Coincidenzen gehöit
nach der
Hauptuhr Coincidenzuhr
\ h 15- 13'
b) Leipzig
Coincidenzen gehöit
nach der
Hauptuhr Coincidenzuhr
1
1
1
1
1
18
21
24
27
30
18
17
15
19
22
— 11'
4-175
355
534
719
903
1*
2*
5
8
11
14
17
42'
45
47
47
46
46
0*
184
367
548
728
909
Werden nun diese Angaben mit dem Reductionsfactor, der sich z. B. aus
den Beobachtungen unter Ia ergiebt, wenn man die erste und letzte Beobachtung
von einander abzieht, nämlich 12- 15' = 735' der Hauptuhr gleich 740 Schlägen
der Coincidenzuhr, auf eine bestimmte Zeit reducirt, so erhält man
reducirt auf 350'
für
n
reducirt auf 450*
für
Dablitz
1* 7- 0M5
046
0-43
047
0-47
044
Mittel 1* 7- 0"45
Leipzig-Dablitz
Leipzig
0*54- 18"61
18-62
18-60
1861
1862
18-62
0* 54- 18"61
— 12- 41' 84
Dablitz
1*22-51"47
51-49
51-48
5146
51-48
51-48
1* 22- 51"48
— 12-41"95
Leipzig
1* 10- 9"53
9*54
9-54
9-54
9-53
9 52
1* 10- 9*-53
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Längenbestitnaiung.
255
Zu diesen Unterschieden Leipzig-Dablitz hat man nun noch den durch die
Zeitbestimmungen gefundenen Unterschied der Uhrzeiten in Dablitz und Leipzig
unter Berücksichtigung des Ganges hinzuzufügen. Derselbe ist für den Unter-
schied I (1*12) -+- 4" 24*10, für den Unterschied II (1* 41) -I- 4~ 24"17, sodass
darnach für die Längendifferenz die Werthe
LI — 8- 17' -74
L U — 8 17 78
folgen.
Die in neuester Zeit am allgemeinsten zur Anwendung kommende Methode
ist, wie schon vorher angedeutet, die Signalmethode, der vorigen ähnlich in der
Anwendung der Operationen. Der Unterschied liegt in der Art der Uhren»
vergleichung. An Stelle der einzuschaltenden Coincidenzuhr tritt der Handtaster,
mit dem eine Reihe auf einander folgender Signale gegeben werden, die an
beiden Stationen gleichzeitig gehört und nach den Schlägen der Hauptuhr auf-
gefasst werden. In der Regel wird dies Signal nicht mehr nach dem Gehör
mit der Hauptuhr beobachtet, sondern es wird auf dem Registrirapparat beider
Stationen aufgefangen, wo es sich dann neben den Secundenpunkten der Haupt-
uhr verzeichnet. Mit aller wünschenswerten Schärfe kann dann dies Signal
abgelesen werden. Es liegt auf d«;r Hand, dass dies Verfahren dasjenige ist,
welches in der allerkürzesten Zeit und unter Vermeidung aller persönlichen
Auflassungsfehler ausgeführt werden kann. Man kann die Signale in 1 —2 Secunden-
intervall geben, erhält also im Zeitraum einer Minute ohne Schwierigkeit 30 Sig-
nale. Und da zur Elimination der Stromzeit die Signale von beiden Stationen
gegeben werden müssen, wird man in 2 Minuten die Vergleichung vollenden
können, also für die ganze Operation der elektrischen Vergleichung, wenn sonst
alle Maassnahmen gut getroffen und verabredet sind, die Telegraphenleitung
kaum länger als 5 Minuten benöthigen.
Es sind nun aber hier noch eine Reihe von Vorsichtsmaassregeln zu treffen,
welche das vollkommene Gelingen dieser Operation erst gewährleisten. Voraus-
gesetzt wird, dass die Zeilbestimmungen registrirt werden, und zwar local, dass
der Beobachter in A die Fadenantritte der Sterne auf dem eigenen Registrir-
apparat verzeichnet, wie der in B seine Beobachtungen auf dem in B befind-
lichen Apparat. Zu einer vollkommenen Zeitbestimmung gehören nach der
Methode der Beobachtung im Meridian etwa 6—8 gleichmässig auf beide Kreis-
lagen vertheilte Zeit- (Süd-)sterne und ein Polstern mit Umlegung, und zwar
wird man die Sterne so anordnen, dass der Polstern in die Mitte fällt, also
erst 3—4 Zeitsterne in einer Kreislage beobachtet werden, dann ein Polstern
zur Hälfte in der gleichen Lage, zur zweiten Hälfte in der anderen, in welcher
dann die übrigen 3—4 Zeitsterne angeschlossen werden. Nach einer solchen
vollständigen Zeitbestimmung erfolgt darauf die Uhrvergleichung beider Stationen
durch elektrische Signale unter Benutzung der Telegraphenleitung. Um nun
von einem Uhrgang der beiden Stationsuhren unabhängig zu sein, ist es not-
wendig, gleich nach dem Signalaustausch eine zweite Zeitbestimmung in gleicher
Anordnung wie die erste vorzunehmen, sodass die Uhrvergleichung gerade von
zwei unabhängigen Zeitbestimmungen eingeschlossen ist Hiermit ist dann eine
Längenbestimmung durchgeführt. Man wird aber in der Praxis zur Erhöhung
der Genauigkeit eine nochmalige Bestimmung an diese erste unmittelbar an-
schliessen, indem man nach der zweiten Zeitbestimmung einen zweiten Signal-
wechsel vornimmt, dem dann zum Schluss eine dritte Zeitbestimmung zu folgen
hat. Da bei dieser Anordnung die zweite Zeitbestimmung in beide Resultate
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a$6
Langeobestimmung.
eingeht, so ist es nothwendig, durch Hinzufügung einiger Sterne ihre Sicherheit
zu erhöhen, wenn man es nicht überhaupt vorzieht, um zwei ganz unabhängige
Endresultate zu erhalten, an die zweite Zeitbestimmung sofort, oder nach kleiner
Pause, eine dritte anzuschliessen, auf welche dann erst der zweite Signalwechsel
mit der unmittelbar anschliessenden vierten Zeitbestimmung zu folgen hat Es
hat also ein mehrfacher Uebergang vom Localregistriren auf den Signalwechsel
stattzufinden, und da hierbei entsprechend der kurzen Leitung im Beobachtungs-
raum und der langen zwischen beiden Stationen mit sehr verschiedenen Strom-
quellen gearbeitet werden muss, so ist es unbedingtes Erforderniss, dass die zur
Erzielung gleicher Wirkungen auf die Empfangsapparate nöthigen Operationen
leicht und rasch auszuführen sind. Es müssen sowohl beim Localregistriren als
auch beim Signalwechsel und zwar bei letzterem sowohl bei ankommenden als
abgehenden Strom stets Ströme ganz gleicher Intensität durch das mit einer
Localbatterie und dem Signalanker des Registrirapparates verbundene Relais
gehen. Wenn dies nämlich nicht der Fall ist, so ist das gleichmässige Ansprechen
des Signalankers bei den verschiedenen Operationen nicht gesichert, und nur
unter dieser Annahme wird das Resultat der Längenbestimmungen im Mittel aus
den entsprechend angeordneten Beobachtungen als frei angesehen werden dürfen
von den unter der Bezeichnung der Stromzeit inbegriffenen Verzögerungen, die
zwischen dem Stromschluss und dem Signalempfang vorkommen. Es ist, um
diese gleiche Relaisthätigkeit zu erzielen, übrigens auch nothwendig, dass der
abgehende und ankommende Strom das Relais in gleicher Richtung durchläuft,
was erreicht wird, wenn an den beiden Stationen die entgegengesetzten Pole der
Linienbatterie mit dem »Erddraht verbunden werden. In den »Veröffentlichungen
des Königl. Preuss. Geodätischen Institutsc sind die Hauptnormen mitgetheilt,
welche sich auf Grund der bei den zahlreichen Längenbestimmungen gemachten
Erfahrungen als nothwendig zu beachtende Regeln ergeben haben, und die
ausserordentliche Genauigkeit, welche genannte Behörde bei ihren Arbeiten er-
reicht hat, ist ein Beweis für die Richtigkeit solcher Regeln.
Um die Stromstärke jeweils festsetzen und controliren zu können, ist die
Einschaltung einer Tangentenbussole und zur Regulirung der Stromstärke die
eines Rheostaten erforderlich. Die sonstigen Hilfsapparate, Galvanoskop, Blitz-
ableiter, ein Schreibapparat mit getrenntem Taster gehören selbstredend in den
Stromkreis, wie die Uhr und der Chronograph. Die Linienbatterie ist am besten
getrennt von der Localbatterie zu halten, doch kann man natürlich auch als
letztere eine Anzahl Elemente von der Linienbatterie abzweigen. Um rasch von
der einen Operation auf die andere übergehen zu können, bedarf es ferner
eines dreifachen Kurbelumschalters, dessen einfache Drehung die Leitung für
Localregistrirung, für Signalwechsel und für die geschäftliche Correspondenz
schaltet
Bei der raschen Veränderlichkeit der Stromstärke, die nicht allein von Tag
zu Tag zu bemerken ist, müssen für den abgehenden und ankommenden Strom
die einzuschaltenden Widerstandsgrössen jedes Mal neu bestimmt werden, was
in der Weise geschieht, dass erst die eine Station den Strom 1 — 2 Minuten lang
beständig schliesst und beide Stationen während dieser Zeit die Widerstands-
grössen so lange variiren, bis die Tangentenbussole den Normalausschlag giebt.
Hierauf wird man von der anderen Station aus ebenso verfahren, und man kann
nun jedes Mal bei Abgang und Ankunft der Signale den so ermittelten Wider-
stand einschalten. In gleicher Weise muss auch vor der Zeitbestimmung für die
Localregistrirung die Widerstandsgrösse ermittelt werden.
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Längenbestimmung.
»57
Die galvanischen Apparate sind nun erfährungsgemäss so zu wählen, dass
die Tangentenbussole bei Anwendung eines MEiDiNGER'schen Elementes von
mittlerer Grösse und bei Einschaltung von 10 km Widerstand einen Nadel«
ausschlag von 45—60° zeigt, dass der Rheostat von 1 — 10000 Ohm (0*1—1200 im
Leitungslänge) von Einheit zu Einheit regulirbar ist. Die Linienbatterie muss
unter allen Umständen sehr kräftig genommen werden, die Localbatterie em>
sprechend schwächer, jedoch so, dass bei der ersten Berührung der Relais-
contacte die Signale auf dem Registrirapparat erfolgen; für den Durchgang
durch die Uhr ist ein möglichst schwacher Strom zu nehmen.
Was die Stromzeit betrifft, so haben die von Th. Albrecht am Rön. Preuss.
Geodät. Institut angestellten Untersuchungen zu dem Resultat geführt, dass man
für dieselbe angenähert den Ausdruck
0 = O"O0O0208 L + 0*0000000206 L*
annehmen kann, wo L die Leitungslänge in Kilometern bedeutet. Es ist abge-
leitet aus sämmtlichen Längenbestimmungen, die 1874 — 1884 vom Geodätischen
Institut unter Anwendung gleicher Apparate und gleicher Beobachtungsmethoden
ausgeführt wurden, und wo Leitungen von 146 km— 1230 Am Länge in Benutzung
kamen. Die Einzelwerthe für diese Längenbestimmungen und die Darstellung
der Stromzeit durch obige Formel giebt folgende Tabelle:
Jahr der
Länge
Stromzeit
Beob.-
Längenbestimmung
Aus-
der
Rechn.
führung
Leitung
Beobachtung
Rechnung
Brocken-Göttingen
1874
146*-«
+ 0*002
4- 0* 004
— 0**002
Manoheim-Strassburg . .
1876
167
0O03
0-004
— o-ooi
Brocken-Leipzig ....
1874
229
0010
0-006
+ 0-004
Altona- Wilhelmsbaven . .
1878
234
0-006
0006
0-000
Berün-SwinemUnde .
1883
245
0*008
0006
+ 0-002
Berlin-Göttingen ....
1874
403
0011
0012
— 0-üOl
Bonn-Wilhelmshaven . .
1878
416
0016
0-013
+ 0 003
Kiel-Swinetnunde ....
1883
448
0-013
0-014
-0001
Strassburg-Bonn ....
1876
467
0-OI6
0-014
+ 0-002
1878
536
0019
0017
+ 0-002
Berlin-Warschau ....
1884
666
0-024
0-023
+ 0 001
SwinemUnde-Königsberg
1884
673
0022
0024
— 0O02
1877
680
0-O23
0024
-0-001
1877
706
0024
0025
— 0 001
Königsberg- Warschau . .
1884
766
0020
0028
- 0 008
Berlin-Strassburg ....
1876
778
0030
0029
+ 0-001
1877
1230
0-059
0057
+ 0002
Die Darstellung der Beobachtungen durch die obige Formel ist also eine
sehr gute, so dass man nicht zweifeln kann, dass letztere als empirischer Aus-
druck der Wirklichkeit entspricht. Es ist aber doch hervorzuheben, dass sie bei
der Abhängigkeit der Stromzeit von den benutzten Apparaten immerhin nur für
die hier angewandten gilt, dass bei Benutzung anderer Apparate wohl die Formel
sich anders gestalten kann, wenngleich anzunehmen ist, dass die hier gegebene
auch für andere Fälle einen Anhaltspunkt liefert. Das in der Formel auftretende
quadratische Glied wird aber als die Wirkung der Verzögerung angesehen werden
können, die durch das allmähliche Anwachsen der Stromstärke bis zur vollen
Intensität an der Endstation gegenüber den Verhältnissen an der Abgangsstation
VAiaamma, Aatraaoaic. IL 17
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358 L&Dgtnbestimmung.
entsteht. Denn wenn wir mit U,„ und U a die Uhrdifferenzen bezeichnen, die
sich aus den Ablesungen der von der westlichen und östlichen Station gegebenen
Signale auf den Registrirstreifen ergeben, mit r, und rj die Verzögerung der
Relais auf der östlichen und westlichen Station bei den von der östlichen Station,
mit rj und r w bei den von der westlichen Station gegebenen Signalen, so ist
der Ausdruck für die Fortpflanzungszeit des elektrischen Stromes
— U 0 r a — rj r K , — rj
s - — 2— + —3— + 2
Bei langen Leitungen wird nun die durch vorgenommenen Ausgleich der
Stromstärken möglichst erstrebte Gleichheit von r 0 und r 0 \ r w und rj doch
nicht in Strenge erreicht werden, und es werden wegen der allmählich ansteigen-
den Stromstärke die Werthe von r 0 ' und rj stets grösser sein als die r, und
r Wi und zwar desto mehr, je länger die Leitung ist.
Es mag nicht unerwähnt bleiben, dass Albrecht auch darüber gelegentlich
Untersuchungen anstellte, in wiefern sich eine Abhängigkeit dieser Stromzeit
von der Stärke der in Anwendung gekommenen Batterie zeigte. Bei zwei
Längenbestimmungen zwischen Berlin und Bonn, und Bonn und Paris war die
eigentliche Linienbatterie aus 140 MEiDiNCER'schen Elementen mittlerer Grösse
zusammengesetzt Sie wurde dann auf das möglichst geringe Maass reducirt,
sodass aber der Signalwechsel noch in normaler Weise vorgenommen werden
konnte. Bei möglichst empfindlicher Relaisstellung genügten noch 15 Elemente
zum Signalwechsel, es bestand aber dabei nur ein ganz geringer Spielraum für
die Stellung der Relais, sodass sich die Bedingung, diese Stellung so zu wählen,
dass sie bereits im ersten Stadium des Anwachsens des Stromes functionirte,
nicht ganz erfüllen liess. Im Uebrigen wurde auch hier für thunlichsten Aus-
gleich der Stromstärken bei abgehendem und ankommendem Strom gesorgt.
Es ergaben sich folgende 4 bezw. 6 Bestimmungen an verschiedenen Tagen:
140 Elemente
15 Elemente
Differenz
Berlin-Bonn, Stromzeit
=* -+- 0-024
-h 0"030
-1- 0* 006
0 021
0028
-h 0-007
0032
0032
0000
0026
0-035
+ 0-009
Bonn-Paris
-1- 0 029
4- 0 045
-1- 0016
0-030
0 047
-4- 0017
0035
0044
-+• 0009
0-027
0040
-4- 001 3
0030
0 049
-+- 0019
0024
0057
-1- 0 023
Im Mittel findet sich also bei Berlin-Bonn eine Verzögerung von 0* 006, bei
Bonn-Paris eine solche von 0"016. Da beide Leitungen sehr nahe gleich lang
waren, spricht sich in diesem Unterschied zwischen beiden Resultaten nicht eine
Abhängigkeit von der Länge der Leitung aus, sie wird vielmehr, da die Ver-
suche gleichzeitig von Bonn ausgingen, in der Verschiedenheit der in Berlin
und Paris angewandten Apparate liegen. Sie liefern aber vor allem das wich-
tige Resultat, dass wenn bei einer Abschwächung der Batterie auf den 9- Theil
die Differenz der Stromzeit nur etwa 0*-01 beträgt, von den vorübergehenden
Einflüssen der Witterung auf die Leitungswiderstände unter Beobachtung mög-
lichster Ausgleichung der Stromstärken, wie oben angegeben, kein nennens-
werter, schädlicher Einfluss auf die Resultate der Längenbestimmungen selbst
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Län genbefttimmung.
259
L =
zu befürchten ist. (Vergl. hierüber Albrkcht's Mittheilungen in den »Astron.
Nachr.c, in den »Veröffentlichungen des Geodät Instituts 1883— 84c, und seine
»Formeln und Hilfstafeln für geograph. Ortsbestimmungenc)
Soll schliesslich der Ausdruck für die Berechnung der Längendifferenz unter
Anwendung der telegraphischen Methode gegeben werden, so folgt derselbe in
einfacher Weise. Es seien dazu U 0 und U w die aus den Zeitbestimmungen
hervorgegangenen Uhrstände auf der östlichen und westlichen Station mit dem
event. Uhrgang reducirt auf die Zeit der Mitte des Signalwechsels oder auf einen
sonstigen gleichen Zeitmoment, R e und R w die Verzögerung der Relais beim
Localregistriren, r e und rj die bei den von der östlichen Station aus gegebenen
Signalen, rf und r w die auf die westliche Station bezüglichen Grössen, sodass
der Index für den ankommenden Strom gilt, endlich seien die Uhrdifferenzen
bei den von der östlichen und der westlichen Station aus gegebenen Signalen
d e und ärv, so * st die Längendifferenz L
Ist nun durch den Ausgleich der Stromstärken i?„ r„ « rj und R w — r w
rj und wird die Stromzeit überhaupt durch das Hin- und Herregistriren eli-
minirt, so fallen damit ja die letzten beiden Glieder fort. Will man dagegen
noch die persönliche Gleichung berücksichtigen, oder dieselbe andererseits aus
den Abend wert hen ermitteln, so findet sich
wo dann P, die persönliche Gleichung, so zu verstehen ist, dass man Beobachter
auf der östlichen Station, weniger Beobachter auf der westlichen Station nimmt.
Treten nun die Einzelwerthe verschiedener Abende zusammen, so wird man in
der Regel letztere nicht als gleichwertig ansehen dürfen, da auf der einen oder
anderen Station oder auf beiden die Uhrstände nicht immer mit gleicher Sicher-
heit erhalten werden, indem der eine oder andere Stern verloren geht, oder
durch die Luftbeschaffenheit und sonstige Störungen Unsicherheiten hinzutreten
können; dabei ist noch zu beachten, dass die Beobachtungen der Polsteme zur
Ermittelung des Azimuthfehlers der benutzten Instrumente führen, also ebenso-
wohl wie die Zeitsterne, welche direkt zur Bestimmung des Uhrstandes führen,
bei einer Gewichtsbestimmung hinsichtlich der abendlich erreichten Sicherheit
herangezogen werden müssen. Nach Oppolzer kann man für die Bestimmung
des Gewichtes der Uhrstände die Formel
c _ P*
0*7/ -+- 03«
verwenden, wo p und * die Zahl der beobachteten Pol- bezw. Zeitsterne be-
zeichnen. Das Gewicht der Längenbestimmung selbst setzt sich dann aus den
so ermittelten Gewichten der Zeitbestimmung an der östlichen und westlichen
Station zusammen, und lautet
^Tff
und das Endresultat der Längenbestimmung aus allen Abenden wird das unter
Berücksichtigung dieser Gewichte gebildete Mittel sein.
Die Längenbestimmung aus Chronometerübertragungen, auf welche
Methode nun im folgenden näher eingegangen werden soll, wurde zuerst von
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a69
Liln Kenbestimmung.
Schumacher zur Ausführung gebracht, indem er im Jahre 1817 die Längendifferenz
zwischen Hamburg und Kopenhagen auf diesem Wege zu bestimmen versuchte.
Das Resultat, welches er mit Benutzung zweier Chronometer erhielt, zeigte aber
■noch von einem im Jahre 1820 wiederholten Versuch mit drei Chronometern eine
Abweichung von etwa 8 Secunden. Auch eine Reise im Jahre 1821 mit 5 Chrono-
metern Hess grosse Unsicherheilen in den Ergebnissen der einzelnen Uhren.
Indessen lag die Unsicherheit ersichtlich in der Schwierigkeit der Reise, welche
theils zu Wagen, theils mit Segelschiff bei stürmischem Wetter viele Tage in
Anspruch nahm, Umstände, welche die gegen jeden Stoss empfindlichen Chrono-
meter nicht vertragen konnten. Es trat dies deutlich hervor, als Schumacher
noch in dem gleichen Jahre durch Zahrtmann eine Reise mit sechs Chronometern
unter Benutzung des Dampfschiffes von Kiel nach Kopenhagen, und anderweitiger
Uebertragung von Kiel nach Hamburg ausführen liess. Hier waren die grössten
Abweichungen unter den sechs Chronometern nur eine Secunde, wogegen die
Rückreise mit vier der gleichen Chronometer aber unter Benutzung einer um
Skagen herumgehenden Brigg, die 1 1 Tage unterwegs war, zu Einzeliesultaten
führte, die fast 18 Secunden von einander differirten. Es geht schon aus diesen
ersten grösseren Versuchsreisen hervor, dass man auf genaue Längenbestimmungen
nur rechnen kann, wenn die Reisen schnell und unter grosser Schonung der
Chronometer bewirkt werden können. Selbstverständlich wird man auch nur
ausgesucht gute Uhren und eine grosse Anzahl verwenden, ausserdem die Reisen
thunlichst mehrmals wiederholen. Diese Bedingungen haben Veranlassung zu
sehr ausgedehnten Chronometerexpeditionen gegeben. Die erste derartige kam
im Jahre 1824 zur Ausführung, wo die englische Admiralität ein Dampfschiff aus-
rüsten liess, um einestheils die Längendifferenzen zwischen dänischen und engli-
schen Dreieckspunkten und einigen sonst wichtigen Häfen der Nordsee zu be-
stimmen, sodann zur Untersuchung anderer für die Marine wichtiger Fragen, die
hier nicht in Betracht kommen. Das Schiff erhielt 28 Chronometer, und da
Helgoland eine Referenzstation bildete, wo ein passageres Observatorium zur
gleichen Verbindung mit Altona errichtet war, so wurden jenen 28 englischen
Chronometern noch 9 dänische hinzugefügt, von denen sich aber im Laufe der
Reise 2 unbrauchbar erwiesen, sodass im ganzen 35 Chronometer zur Verfügung
standen. Das Schiff war vom 30. Juni bis 10. September unterwegs, und wieder-
holte in dieser Zeit die Vergleichungen an den einzelnen in Betracht kommenden
Häfen häufiger, sodass z. B. die Längendifferenz Altona-Helgoland achtmal durch
die 7 dänischen, viermal durch die 28 englischen Chronometer bestimmt wurde,
und die zwischen Helgoland und Greenwich viermal durch die 7 dänischen und
sechsmal durch die 28 englischen. Die hierbei erreichte Genauigkeit entsprach,
was die Uebereinstimmung der einzelnen Reisen und Chronometer betrifft, allen
Wünschen und Erwartungen.
Eine zweite grosse Chronometerexpedition wurde in Russland unter der
Leitung des Generals Schubert ausgeführt, um die Längen der für die Schiff-
fahrt wichtigsten Häfen der Ostsee zu bestimmen. Auch Preussen, Dänemark
und Schweden waren durch die Antheilnahme der auf ihren Gebieten belegenen
Sternwarten an diesem Unternehmen betheiligt. Ein russisches Kriegsdampf-
schiff war besonders dazu ausgerüstet und machte während eines Zeitraums von
115 Tagen im Jahre 1833 eine dreimalige Reise mit Anlaufen aller im Programm
aufgenommenen Häfen. Nicht weniger als 56 Chronometer kamen zur Ver-
wendung. Zum ersten Mal wurde bei diesen Längenbestimmungen auch auf die
Ermittelung der persönlichen Gleichung Bedacht genommen, denn auch diese
:»
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Langenbestimmung.
muss, was schon Schumacher gelegentlich der ersten Expedition erwähnte, m
sofem von Bedeutung sein, als die Chronometer vor der Abreise mit der nach
den daselbst erhaltenen Beobachtungen regulirten Pendeluhr und nach der An-
kunft an dem nächsten Ort mit der dortigen Zeit verglichen werden, die im All-
gemeinen wenigstens von einem anderen Beobachter bestimmt wurde. Zu einem
ganz genauen Resultat gehört übrigens auch noch streng genommen die An-
stellung einheitlicher Zeitbestimmungen, d. h. unter Anwendung derselben Sterne
und gleicher Rectascensionen.
Hiernach sind vielfach kleinere Verbindungen vorgenommen worden, da
diese Methode ohne Zweilei zu den besten Ergebnissen führt, so lange nicht die
telegraphische Längenbestimmung möglich ist und wenn die Benutzung terrestri-
scher Signale versagt. Die grössten derartigen Unternehmungen gingen aber
von Russland aus, wo nach der Gründung der grossen Centraisternwarte Pulkowa
die Anschlüsse an andere Hauptsternwarten mit äusserster Genauigkeit zu er-
streben waren. Die hauptsächlichsten Bestimmungen der Art waren die Chrono-
meterexpeditionen zwischen Pulkowa und Altona im Jahre 1843, sodann die sich
fast unmittelbar anschliessende zwischen Altona und Greenwich im Jahre 1844,
wodurch Pulkowa mit Greenwich verbunden wurde. Später, im Jahre 1854, folgte
dann die zur grossen russischen Breitengradmessung gehörige Verbindung zwischen
Pulkowa und Dorpat In den drei auf diese Unternehmungen bezüglichen aus-
führlichen Werken ist alles gesagt, was zur Ausführung einer Längenbestimmung
auf dem Wege der Chronometerübertragung gehört. In neuester Zeit hat die
Methode auch noch Anwendung gefunden, so bei Gelegenheit der Expeditionen
zur Beobachtung der Venusvorübergänge, wo insbesondere von Lord Lindsay
eine Längenbestimmung zwischen Mauritius und Aden durch 50 Chronometer
ermittelt wurde, wogegen an anderen Stationen nur eine geringe Zahl Chrono-
meter zur Verfügung stand, wo denn auch durch mehrfache Reisen die erforder-
liche Genauigkeit erreicht werden musste, die aber nicht den Resultaten an die
Seite gestellt werden kann, welche auf den genannten russischen Expeditionen
erlangt wurde.
Für die erste der genannten russischen Expeditionen waren insgesammt
86 Chronometer zur Verfügung, von denen aber einige ausgeschieden wurden
oder zur Vergleichung der Chronometer unter einander dienten, sodass im
Ganzen 81 verblieben. Die Vergleichung bei einer so ungeheuren Zahl von
Uhren erforderte eine beträchtliche Zeit und wäre kaum mit genügender Genauig-
keit durchführbar gewesen, wenn man die gewöhnlichen Coincidenzen zwischen
Sternzeit und mittlerer Zeit hätte anwenden wollen. Es kam daher hier ein
130-Schläger, eine Uhr, die 130 Schlage in einer Minute macht, wo sich also
die Coincidenzen sehr rasch folgen, zur Verwendung. Die ganze Vergleichung
war damit in etwa einer Stunde vollendet und konnte auch täglich während der
Reise gemacht werden, sodass man über etwaige Sprünge im Gang Aofschluss
erhielt. Die Reise selbst wurde natürlich mit der erdenklichsten Sorgfalt unter-
nommen, sie setzte sich aus mehreren Theilen zusammen und bestand erstens
aus einer Wagenfahrt von etwa 40 km von Pulkowa nach dem Halen Oranien-
baum, zweitens aus einer Bootfahrt von dem Hafen nach Kronstadt, wo ein
Dampfschiff nach Travemünde bereit lag; drittens folgte die Seefahrt von Kron-
stadt nach Travemünde und vieitens wieder eine Wagenfahrt von etwa 80 km
von Travemünde nach Altona. Der Vorgang war folgender. Unmittelbar vor
der Abreise von Pulkowa wurden die Chronometer mit der dortigen Normal-
pendeluhr verglichen; sofort nach Ankunft an Bord des Schiffes geschah eine
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Längenbestitnmung.
Vergleichung durch einen in Kronstadt an einer dortigen temporären Stern-
warte angestellten Astronomen. Auch in LUbeck befand sich ein kleines Ob-
servatorium, wo die Vergleichungen aufs Neue vorgenommen wurden; endlich
geschah unmittelbar nach der Ankunft in Altona die Vergleichung mit der dor-
tigen Normaluhr. Nach kurzem Aufenthalt in Altona von etwa 1—2 Tagen
erfolgte die Rückreise, auf welcher die Vergleichungen ebenso, nur natürlich
in umgekehrter Reihenfolge, vorgenommen wurden. Kein Tag verging ohne
Vergleichung, selbst wenn sich die Chronometer an demselben Ort und in
Ruhe befanden. Diese Reise, welche hin und her mit der Pause in Altona und
einer etwas längeren in Pulkowa 14 Tage erforderte, wurde vom 19. Mai bis
8. September achtmal wiederholt, sodass jedes Chronometer 16 Bestimmungen
lieferte, oder, wenn man die Hin- und Rückreisen zusammen nimmt, 8 Einzel-
bestimmungen.
Den Zeitbestimmungen in Pulkowa und Altona wurde selbstredend grösste
Aufmerksamkeit zugewandt, hängt doch von der Ermittelung der absoluten Zeit
an den betreffenden Orten und den daraus abgeleiteten Gängen der Hauptuhren
die Genauigkeit des Endresultates ab. Da ja in der Regel nicht im Augenblick
der Ankunft die Zeitbestimmung zu erhalten ist, so kommt es darauf an, mit
möglichster Zuverlässigkeit die Uhrcorrection für den Moment der Vergleichung
interpoliren zu können.
Die Berechnung der Längendifferenz aus den Vergleichungen bildet eigent-
lich eine Interpolation, die sich aber nur unter der Annahme gewisser Hypothesen
Uber den Gang oder Uberhaupt das Verhalten der Chronometer in der Zwischen-
zeit durchführen lässt. Denn an und für sich ist die Berechnung in sofern eine
unbestimmte, als bei einer gewissen Anzahl von Reisen eine Gleichung weniger
vorhanden ist als Unbekannte, welche letztere die jeweiligen Gänge und die
Längendifierenz sind, während die Gleichungen durch jede Reise geliefert werden.
Die Unsicherheit des Ganges wird aber um so grösser, als sich derselbe zusammen-
setzt • aus dem Gang der Uhr zwischen Beginn der Reise und Ankunft an der
zweiten Station, sodann aus der Zeit des ruhigen Aufenthalts an der zweiten
Station und endlich dem Gang zwischen der Abreise von der zweiten Station
und der Ankunft an dem Ausgangsort. Wenn ein Unterschied zwischen dem
Reise- und Ruhegang nicht vorhanden wäre, so würde man .einfach die Uhr-
correction vor Abgang vom ersten Ort und bei Rückkehr an denselben ver-
binden, und durch Division mit der Zwischenzeit den mittleren Gang erhalten.
Eine solche Co ns tanz ist aber keinesfalls, selbst bei aller Sorgfalt in der Be-
handlung deT Chronometer anzunehmen. Und wenn wirklich ein Chronometer
diese Annahme rechtfertigte, so dürfte dieselbe darum für ein anderes Chrono
meter noch nicht gemacht werden. W. Struvb hat nun den folgenden Weg
eingeschlagen :
Nennen wir den Abgang von der ersten Station A, die Ankunft au der
zweiten B, den Abgang von der zweiten B\ die Ankunft an dem ersten -Ort
A\ sodass diese Hin- und Herreise als eine vollständige Reise betrachtet wird.
Es seien die betreffenden Zeiten /, /, /", /"', die beobachteten Uhrcorrectionen
< t , k x , k), £ t , die Zwischenzeiten t,, p„ t„ sodass mit p, die Zeit des Auf-
enthalts am zweiten Ort gemeint wird, endlich 7 t , 7, . . . die mittleren Uhr-
gänge in der Zeiteinheit während das Chronometer sich auf der Reise befindet,
dann ist, wenn wir annehmen, dass der Gang des Chronometers während der
Hin- und Herreise x lt t, derselbe blieb, und wenn mit X die westliche Länge
bezeichnet wird
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Längenbestimmung. 263
c x — k x — X k % — C t 4- X
*i ~~
woraus
(r, - * x ) x, 4- (<-, - *,) T t
X, +T,
Für die Rechnung kann man diesen Ausdruck noch wesentlich einfacher
machen, wenn man zu den Grössen * a und c % die Differenz k x — k t hinzufügt,
um so den Ruhegang zu eliminiren. Dann hat man die 4 Uhrcorrectionen c x ,
k x , k x , c t 4- k x — k t = c t ' mit den Zeitintervallen x, und x,. Nennt man jetzt
r = ('t'-<i)^- (<)='» +r,
so ist die Länge
x - (0 - * P
Beispiel. Bei Gelegenheit des Venusdurchganges im Jahre 1874 wurden Längen-
besftmmungen der Beobachtungsstationen auch nach der Methode der Chrono-
meterübertragung ausgeführt, so z. B. wurde die Station Tschifu in China mit
Nagasaki in Japan durch mehrmalige Reisen mit mehreren Chronometern ver-
bunden. Auf einer der Reisen lieferte das Chronometer Nieberg No. 562 folgende
Daten: Abreise von Tschifu December 12, Ankunft in Nagasaki December 18,
Abreise von Nagasaki December 25, Ankunft in Tschifu Januar 2. Darnach ist
/ = Decemb. 12 08 c x = V> 21- 36'72
/» = „ 18-83 * t - 8 55 82 65 7-53
r = „ 25 83 = 8 55 40 18 c 3 ' = 8* 21- 44'*48
/"' = Januar 2 92 = 8 21 52 01
T = 6*25 = 150*-0 t' = 8*09 = 194*1
<Y — c x = +7' 76
_ nn 1500 ntQQ
+7 * 76 *34TT - + 3 38
(<•) » c x 4- r = 8* 21- 40"10
\ = ( c ) — k x = — 33- 52"55.
Nun wird aber diese einfache Interpolation in der Regel nicht genau genug
sein, man wird vielmehr suchen müssen, zweite Differenzen zu berücksichtigen,
da der Gang des Chronometers kein so constanter ist. Selbst eine regelmässig
zunehmende Beschleunigung oder Verlangsamung des Ganges wird nur als eine
weitere Annäherung anzusehen sein, bei der man aber in Ermangelung genauer
Gesetze Uber den Gang eines Chronometers, und bei möglichster Inachtnahme
der Symmetrie in den Reisen stehen bleiben kann. Wenn man die Rechnung
so anordnet, dass man nicht beständig von derselben Station ausgeht, sondern
vielmehr abwechselnd von der einen und anderen und so zuerst die zweite
Station zwischen die Beobachtungen an der ersten Station einschliesst, dann
die an der ersten zwischen zwei an der zweiten, so gestaltet sich die Rechnung
nach Struvf. wie folgt:
Nehmen wir vier Beobachtungsepochen /, /, /"' und die zugehörigen
Correctionen c x , k x , c it k t mit den Zwischenzeiten x, x', x", wobei also die
Ruhepausen ausser Betracht bleiben. Wenn nun der Gang ein gleichmässig
beschleunigter oder verzögerter ist, so folgt
c x = c x
k x = c x 4- ax 4- ßx> — X
e % «* c x 4- a (x 4- x') 4- ß (x -+- x')'
k t q + a(t + t' + x") + ?(t + t , + x")» - X.
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Bilden wir nun den Werth von (c), der für die Zeit t, also für i x gültig
wäre, indem wir einfach für diese Zeit zwischen c % und c x interpoliren, so er-
halten wir
Ca — c.
und indem für c % der obige Ausdruck gesetzt wird
(0 = c , + «t -+• ßx (t + t')
und darnach würde die Länge herauskommen
X' = (0 - k x = X -t- ßxx\
sodass die sich so ergebende Länge den Fehler ßxx' enthielte. Wenn wir nun
aber die Ausdrücke berechnen, indem *ir vom zweiten Ort, k, ausgehen und
den ersten, c, einschliessen, so wird sich für (k) durch einfache Interpolation
ewischen k x und k t entsprechend c 9 ergeben
« e x + a (t -+- x') -+■ ß (x* + 2 tt' -+- x'« ■+■ x'x") — X,
woraus die Länge
X"-<r,-(*)~X-ßx'x".
Es erleidet also die wahre Länge das eine Mal den Fehler — ßxx', das
andere Mal 4- ßx'x", und wenn wir beide Resultate zusammenfassen, so wird
dann der Fehler
ß T ' (x" - t)
sein, der vollkommen verschwindet, wenn die Zwischenzeiten t" und x einander
gleich sind, eine Bedingung, die allerdings schwerlich je strenge erfüllt sein
wird, der man sich aber zu nähern nach Kräften bemüht sein wird, und jedenfalls
sieht man, dass ein solches Vorgehen in der Rechnung den Eiofluss der regel
mässigen Veränderung des täglichen Ganges auf ein Minimum herabdrückt.
Beispiel. Wir setzen obiges Beispiel fort, indem wir von Nagasaki ausgehen
und folgende Angaben zu Grunde legen. Die Abreise von Nagasaki erfolgte
December 25, die Ankunft in Tschifu Januar 2, die Abreise von Tschifu Januar 6,
die Ankunft in Nagasaki Januar 10. Damach ist
/ = Decemb. 25 83 c x = 8* 55"» 40" 18
/ «Januar 292 k x = 8 21 52 01 *, — i, — — 1"19
/"= Januar 6 92 = 8 21 53 20
r = Januar 10 92 c % = 8 55 49*50 c % ' = 8* 55- 48"31
t = 194*1 x x = 96*0
— c x = + 8*13 r = -+- 5"44 (c) = 8* 55- 45* 62
X « — 33- 53"61.
Von grosser Wichtigkeit ist nun aber die Berücksichtigung der Gewichte
der einzelnen Reisen. Es ist von vornherein klar, dass wo der Uhrgang von
solcher Bedeutung für das Endresultat ist, die einzelnen Reisen je nach ihrer
Länge, nach den Vorgängen auf derselben, ihrer Art u. s. w. von verschiedener
Genauigkeit und Sicherheit sein werden. Indessen ist es nicht möglich, diese
Genauigkeit durch eine gewisse Gesetzmässigkeit gegen einander auszudrücken.
Immerhin wird die Länge der Reise das Hauptkriterium abgeben, und wenn
man nach obigen Bezeichnungen für die Länge X bei einfacher Interpolation
c x und
x = (o - k x
fand, so liegt die Hauptunsicherheit gerade in dem interpolirten Werth (f).
Struve hat nun bei anderer Gelegenheit gefunden, dass für zwei Pulcowaer
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Längenbcstimmung. 265
Pendeluhren der wahrscheinliche Fehler eines zwischen zwei beobachteten
Werthen der Uhrcorrection interpolirten sich in folgender Weise ergiebt. Es
seien die durch die Beobachtungen gegebenen Uhrcorrectionen u und «' gültig
für die Epochen T, T mit den wahrscheinlichen Fehlern t. Es werde für die
zwischen T und T' liegende Epoche x die Uhrcorrection w gesucht, deren
vom wahrscheinlichen Fehler e herrührender wahrscheinlicher Fehler dann mit
dw bezeichnet wird, während der wahrscheinliche Fehler, der aus den Unregel-
mässigkeiten im Gange der Uhren entsteht d'w, und der gesammte wahrschein-
liche Fehler von w ist. Dann ist, wenn mit t und t' die Zwischenzeiten
x — T und T— x bezeichnet sind
dw = —
d'w = V , 9
-+- T'»)e» t'» CT»
wo dann a eine von abhängige, für die betreffende Uhr zu ermittelnde Con-
stante ist
Wir werden also hier für die berechnete Länge den aus der Unregelmässig-
«xtt'
keit des Uhrganges herrührenden wahrscheinlichen Fehler /= ; und das
t -t- T
Gewicht
x (t +- t"l»
haben, wo x eine willkürliche Constante ist. Nun ist aber hierbei die Zeit der
Ruhe während der Reise ausser Betracht gelassen. Nehmen wir diese Zeit,
die ja die Reisedauer verlängert, mit, so kann man, immer unter Annahme
gleicher Verhältnisse bei den Chronometern und den in Pulcowa untersuchten
Uhren, folgendermaassen verfahren.
Es war
_ (c x — k x ) t, -h {c % — T t
Die in c x — k x und c % — k % bestehenden Ungenauigkeiten werden aus-
gedrückt durch
d \ = ~ k ^ ' C * + — *») t,
und sehen wir die d(c x — k x ) und d (c t — k % ) als die Unregelmässigkeiten im
Uhrgang in den Zeiten x x und t, an, so finden sich hierfür nach obigem für
T i -+- p T >
und
V S *' T t -+- p -h T, '
wo dann p die* Zeit der Ruhe der Chronometer an der zweiten Station zwischen
Ankunft und Abgang daselbst bedeutet. Diese Werthe in d\ eingesetzt kommt :
(t, + (' + t j) (t, -f- t,)
und als Gewicht
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Längenbestimmung.
wo
T = T j + p + t,
und Ä' eine willkürliche Constante ist, welche so zu wählen ist, dass die Ge-
wichte bequeme Werthe ttlr die Rechnung erhalten.
Dieser Ausdruck für das Gewicht hat aber den Nachtheil, auf den Struve
selbst aufmerksam wurde, dass er nämlich bei der Verbindung einer Hin- und
Rückreise von sehr ungleicher Dauer das gleiche Gewicht geben wird, wie für
eine Hin- und Rückreise von gleicher, allerdings beiderseits längerer Dauer.
Da nun die längeren Reisen in der Regel durch stürmisches Wetter auf der
See und entsprechendes Schwanken des Schiffes oder ähnliche Verhältnisse
hervorgerufen werden, so wird die daraus entspringende Unsicherheit im Uhr-
gang kaum genügend durch eine besonders günstige Reise aufgewogen werden
Struve hat daher an Stelle dieses Ausdruckes eine rein empirische Formel ge-
setzt, nämlich „
£ < = *
welche noch den Vorzug sehr grosser Einfachheit hat und welche bei der Dis-
kussion der Altona-Pulcowaer Expedition im Allgemeinen die gleichen Gewichte
wie der obige Ausdruck gab, aber dabei solchen besonders extremen Fällen
thatsächlich mehr Rechnung trug.
Bei Gelegenheit einer später wieder von Pulcowa ausgegangenen Expedition
zur Ermittelung der Länge zwischen Pulcowa und Dorpat hat Lindeloef die
Berechnung in anderer Weise behandelt. Er geht davon aus, dass die Aufgabe,
aus einer Reihe Correctionen eines Chronometers, die abwechselnd für zwei
Oerter gegeben sind, die Längendifferenz zwischen beiden zu bestimmen, eigent-
lich eine unbestimmte ist, indem selbst, wenn die Uhrcorrectionen fehlerlos
sind, doch die Länge zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zeitbestimmungen an
beiden verschiedenen Orten mit der Längendifferenz vermischt, oder bei Eli-
mination der Längendifferenz nicht der einzelne Gang, sondern die Summe
zweier aufeinanderfolgender bekannt sind. Es wird daher eine Gleichung
weniger vorhanden sein als Unbekannte, und es bleibt die Aufgabe, die fehlende
Gleichung durch eine möglichst wahrscheinliche Annahme zu ersetzen.
Sei der Längenunterschied / zwischen A und B zu ermitteln, sei eine gerade
Anzahl Reisen gemacht, wobei wie vorher die Correctionen eines Chronometers
c x , k x , k 9 , c %t & t . . . . abwechselnd in A und B bestimmt sind. Die
Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Epochen der Zeitbestimmungen seien
T i» Pi» T t» P« • • ( wo m ^ P • • die Ruhegänge bezeichnet sind), endlich seien
die zu tj, t„ tj . . . gehörigen mittleren Gänge in der Zeiteinheit 7, , 7,, 7,, . .
Man hat also folgendes Schema
Correct.
Zwischen-
Mittl. Gang in
Reise
d. Uhr
teil
der Zeiteinheit
I.
A
'1
B
*i
T l
Tt
II.
B
*!
Pl
A
Tt
HI.
A
P*
B
Ta
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Längenbestimmu ng.
267
Zwischen den n -+• 1 Unbekannten /, 7^ 7,, 7, . . . bestehen dann folgende
n Bedingungsgleichungen
= ^ - 4, -h t 37j
Um nun also hier die passende Gleichung zu ersetzen, verfehlt Lindeloef
wie folgt: Unter Annahme eines constanten Ganges wird aus den Reisen I, II
die Lange berechnet und man erhält dann den Werth
T, T
*-'+^<T.-T,>.
Ebenso geben die Reisen II, III, die III, IV . . . u. s. w.
*.-'- T -^(T.-T.)
u. s. w. Das Mittel aus allen Bestimmungen ist, unter ZufUgung der Gewichte
(/> = / + T f [>. ^ (T, - T.) - P, ft, " T.) + • •
+ '- , ^T^&.-T.-0.].
Nimmt man also (/) = /, so macht man damit den Ausdruck in der Paren-
these = 0 und die Gewichte müssen so bestimmt werden, dass diese Annahme
möglichst erfüllt ist. Nennt man
*i Pi + — T x
T, p, T, = T t U. S. W.
und setzt
n — T * T\ n 7» ~ 7» 1* 7»
1 ~ t x + Pl *~ + P , fl » r 1 + Pl »
so wird der Ausdruck in der Parenthese
Bei einem gleichförmig accelerirten oder retardirten Gange ist <r, = <j 2
s <7 3 = a»_i. Wenn aber die Beschleunigung gleichförmig zu- oder abnimmt,
so sind bei einer symmetrischen Anordnung der Reisen (d. h. wenn t t = t,
ss Tj und p, = p 3 = p, . . .) die Differenzen dieser Grössen constant,
d. h. a, — a x = a s — a 9 =* a A — «, «= . . . . Darnach wird also die An-
nahme
a t a t -+■ a s 4- . . ■ -+ - g, -t- a 4 -t- . . . -H g—3
berechtigt sein, da sie bei constanter Beschleunigung ganz genau, bei einer
gleichförmig zu- oder abnehmenden Beschleunigung sehr nahe richtig ist. Dann
aber müssen die Gewichte p v p % . . . sein:
__ T \ — Pi _^ h _ T i — Pa ^
wo K eine willkürliche Constante ist.
T.T
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268
L&ngenbestimtnung.
Man wird also in der Praxis das Gewicht einer jeden Länge A lf B x , A„
B« . . . nach der Formel
K{T-_ ? l
berechnen und unter Berücksichtigung dieser Gewichte das Mittel aus allen A
und das aus allen B nehmen und darnach den Mittelwerth aus beiden, womit
die Länge gegeben ist.
Uebrigens muss erwähnt werden, dass gerade bei der Dorpater Längen-
bestimmung, welche mit 29 Chronometern durch 10 Reisen zwischen Dorpat
und Pulcowa ausgeführt wurde, Struve mit Rücksicht auf die kurze Dauer jeder
einzelnen Reise (im Mittel nur 45 Stunden) ausser der obigen Ableitung nocl,
eine andere Methode anwandte, indem er für jedes Chronometer einen an sich
constanten Gang annahm, der nur durch die Temperatur beeinflusst wurde. Er
ermittelte für jedes Chronometer die Temperaturcoefhcienten und bestimmte so
die Längendifferenz. Es ist auffallend, ein wie verschiedenes Verhalten die
einzelnen Chronometer nach diesen zwei Methoden zeigen. Das Chronometer,
welches nach Struve's Methode das grösste Gewicht hat, steht nach Ltndeloef's
Rechnung an 25. Stelle, ist also dort fast das schlechteste, umgekehrt ein Chrono-
meter, welches nach Lindeloef an 5. Stelle steht, kommt nach Struve erst an
22. u. s. w. Es spricht sich hierin aus, dass ein Chronometer, welches einen
starken Temperaturcoefficienten hat, im übrigen seinen mittleren Gang längere
Zeit beibehält, dass dagegen ein andres einen mit der Zeit stark veränderlichen
Gang hat. Beide Methoden ergänzen sich daher in gewisser Weise. Nach
Lindeloef wird den Gangänderungen mehr Rechnung getragen, aber die
Tempeiatureinflüsse weniger berücksichtigt, welches letztere bei Struve vorzugs-
weise geschieht. Was übrigens das Endresultat, das auf beiden Wegen erhalten
wurde, betrifft, so ist der Unterschied äusserst gering, indem sich im Mittel aus
allen Chronometern und Reisen nach Lindeloef findet 14"" 24'*86, nach Struve
14« 24"90 mit dem wahrscheinlichen Fehler =fc 0* 033.
Die nun folgenden Methoden können sich an erreichbarer Genauigkeit nicht
mit den oben besprochenen messen, indessen ist aus dem Gesagten genugsam
klar geworden, dass jene nur an festen Observatorien oder sonst unter günstigen
Verhältnissen anwendbar sind. Es werden aber oft genug Fälle eintreten, wo
man nur auf geringe instrumenteile Hilfsmittel angewiesen, fern von jeglichem
Anschlussort, Uberhaupt in entlegenen Gegenden auf Reisen die Länge zu er-
mittein hat. Dann ist man fast ausschliesslich auf die Beobachtung des Mondes
angewiesen, der in Folge seiner raschen Bewegung, insbesondere in Rectascension
seinen Ort am Himmel in kurzer Zeit merkbar verändert Kennt man also seinen
Ort für einen bestimmten Zeitpunkt, für den Durchgang durch einen bestimmten
Meridian, und weiss wie viel er sich in einer Stunde oder einem sonst beliebigen
Zeitintervall weiter bewegt, beobachtet man schliesslich seinen Ort beim Durch-
gang durch einen andern unbekannten Meridian, so kann man daraus die Lage
dieses Meridians gegen den bekannten berechnen. Da nun die absoluten Orts-
bestimmungen zu viele unsichere Elemente in sich bergen, so verfährt man in
der Weise, dass man den Rectascensionsunterschied gegen einige bekannte Sterne
ermittelt. In den astronomischen Tafelsammlungen finden sich nun für jeden
Tag vier Sterne angegeben, von denen zwei kurz vor dem Mond, zwei kurz
nach dem Mond culminiren, und deren Deklination im Mittel mit der Deklination
des Mondes an dem betreffenden Tag übereinstimmen. Ist nämlich ft, d' die
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Lingeobestimmung.
*6 9
wahre Sternzeit der Culmination von Mond und Stern, d. h. sind die beob-
achteten Sternzeiten wegen der bekannten Instrumental- und Uhrfehler verbessert
und sind o, o' die Rectascension von Mond und Stern für den Augenblick des
Monddurchgangs, so ist natürlich die Rectascension des Mondes ausgedrückt
durch die des Sternes und die beobachteten Momente
a = a' -+- ft - »'.
Durch die Gleichheit der Deklination des Mondes und des Mittels der
Sterne werden die Aufstellungsfehler des Instrumentes in nahe gleicher Weise
auf die Durchgangszeilen des Mondes und des Sternmittels wirken, immerhin
ist doch der Fehlerbestimmung grosse Sorgfalt zu widmen, da die durch die
fehlerhafte Aufstellung in der Zeit des Durchgangs verursachte Grösse die Länge
um genau den gleichen Betrag fehlerhaft giebt.
Sind nun an zwei Orten correspondirende Beobachtungen erhalten, so er-
giebt sich die LängendifTerenz zwischen beiden in einfacher Weise. Hat man
nämlich nach obiger Weise die Rectascension des Mondes an beiden Orten er-
halten und bezeichnen wir dieselben mit a t , a,, sei X die wahre Längen-
difTerenz und //„ die Variation der Mondrectascension für 1 Stunde in Länge,
während der Mond von dem einen Meridian zum andern geht, so ist
l a » ~ g t
wo dann, wenn a, — a, und //„ in Secunden gegeben sind, X in Stunden und
deren Bruchtheilen erhalten wird. Hier kann nun für Längenunterschiede, die
kleiner als zwei Stunden sind, // 0 als constant angenommen werden, wenn man
den Wert für das Mittel der Längen der beiden Orte annimmt. Ist die Längen-
differenz grösser als zwei Stunden, so kann man in der Weise verfahren, dass
man für jeden Ort die beobachtete Rectascension berechnet, dass man dann für
eine genäherte Länge der beiden Orte aus den astronomischen Jahrbüchern die
Rectascension berechnet und die Differenzen der Rectascensionen mit einander
vergleicht. Würde der Ephemeridenort fehlerhaft, aber für die Stunden des
Längenunterschiedes constant fehlerhaft sein, so kommt ein solcher Fehler doch
nicht in Betracht, denn man würde statt der berechneten Rectascension für den
einen Ort statt A, A -f- e (wenn e den Fehler bezeichnet) haben, für den andern
Ort statt A Jt A t -h e, sodass die Differenz wieder A % — A t wäre. Wenn nun
weiter die beobachtete Rectascensionsdifferenz gleich der berechneten ist, so ist,
vorausgesetzt dass die angenommene Länge des einen Ortes nahe richtig ist,
auch die Differenz richtig. Ist dies nicht der Fall, so kann man die Correction
der Längendifferenz AZ erhalten, wie vorher, indem man setzt
* £ = x-
wo dann ^ der Unterschied der beiden Rectascensionsdifferenzen ist, und H die
stündliche Rectascensionsänderung, die der Mitte zwischen den Meridianen des
unbekannten Ortes und dem durch AZ gegebenen entspricht. Strenggenommen
wird man, da AZ noch unbekannt ist, nur eine erste Näherung erhalten, in-
dessen wird bei kleinen Grössen von AZ eine nochmalige Rechnung kaum
nöthig sein. Sonst wird man zuerst für H den zur (genähert bekannten) Länge
des zweiten Ortes gehörigen Werth nach AZ = jj berechnen, daraus dann AZ
genau genug erhalten, um nun H für jene Länge -h £AZ zu berechnen und
damit den definitiven Werth von AZ abzuleiten. Will man AZ in Secunden
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270 Längenbestimmung.
statt nach obigem Ausdruck in Bruchtheilen der Stunde haben, so hat man zu
setzen
Es ist hier zu bemerken, dass stets der eine oder andere Rand des Mondes
beobachtet wird, während in den Ephemeriden die Rectascensionen des Mondes
auf seinen Mittelpunkt bezogen sind. Man muss daher die Culminationszeit des
Mittelpunktes aus der Beobachtung berechnen. Beobachtet man nun den ersten
Rand, so beobachtet man vor der Culmination des Mittelpunktes, man muss
also eine Grösse der beobachteten Zeit hinzufügen, welche gleich der Zeit ist,
die der Mondhalbmesser gebraucht, um durch den Meridian zu gehen. Beob-
achtet man den zweiten Rand, so beobachtet man entsprechend später, und hat
jene Zeit von der beobachteten abzuziehen. Die Zeit aber, welche der Mond-
halbmesser zum Durchgang durch den Meridian gebraucht, ist gleich dem
Stundenwinkel, welcher dem Mondhalbmesser entspricht und für diesen findet
sich ohne Weiteres (aus dem rechtwinkligen sphärischen Dreieck zwischen Pol,
Mondrand im Meridian und geocentrischem Mondmittelpunkt)
sin x = oder t = ^ R sec 8,
COS 6
wo t den Stundenwinkel des Mittelpunkts, R und « den geocentrischen Halb-
messer und die Deklination des Mondes bedeutet und wo der zweite Ausdruck t
unmittelbar in Zeitsecunden giebt.
Wie an anderer Stelle (s. d. Art. Passageninstrument) näher ausgeführt ist,
hat man nun bei der Reduction des im Meridian beobachteten Mondrandes auf
seinen Mittelpunkt zu berücksichtigen, dass die Rectascension des Mondes be-
ständig zunimmt, es ist daher die Zeit, die der Mond gebraucht, um den Stunden-
x
winkel t zu durchlaufen, gleich y— - wo X die Zunahme der Rectascension
in einer Zeitsecunde bedeutet, oder unter Benutzung der in den Jahrbüchern
gegebenen Bewegung für 1 Stunde mittlerer Zeit
0-9972693
= 3600 ht
indem durch 0*9972693 das Verhältniss des Sterntages zum mittleren Tage, und
durch h' die Bewegung in einer mittleren Stunde ausgedrückt wird. Es ändern
sich aber beim Mond auch R und 8 und so hat man die Zeiten, in denen der
Rand des Mondes an den beiden Orten beobachtet wurde um
zu corrigiren, wo das obere oder untere Zeichen zu nehmen ist, je nachdem
der erste oder zweite Rand beobachtet wurde.
Eine Schwierigkeit in der Anwendung dieser sonst so einfachen Methode
liegt darin, dass es nur in relativ seltenen Fällen gelingen wird, dass der Mond
gleichzeitig an den beiden Orten, deren Längendifferenz ermittelt werden soll,
beobachtet werden kann. Wäre die Mondephemeride, wie sie in den Jahr-
büchern gegeben wird, fehlerfrei, so würde man an Stelle der einen Beobachtung
den der Ephemeride entnommenen Mondort, der also für den Meridian der
Ephemeride gilt, setzen können, und erhielte so ohne Weiteres aus der beob-
achteten Mondculmination die Längendifferenz gegen den Meridian des be-
treffenden Jahrbuchs. Es würde dann sogar der wahrscheinliche Fehler des
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Längenbestimmung. 2 7 1
End resultats erheblich geringer sein, nämlich einfach = e, während er sonst
«= y%* -+- t'» wäre, wo c und t die wahrscheinlichen Fehler der Beobachtungen
an beiden Orten sind. Diese Annahme eines genau richtigen Mondortes ist
aber nach dem Stand der Mondtheorie unzulässig, und kann man die stündliche
Veränderung der Mondrectascension für die bei LängenditTerenzen in Frage
kommenden kurzen Zeitintervalle als richtig annehmen, so kann man das nicht
mit den absoluten Rectascensioncn. Ein geringer Fehler in derselben ruft sehr
erhebliche Fehler in der LängendifTerenz hervor. Peircb hat vorgeschlagen, die
Mondephemeride gleichsam von Fall zu Fall zu corrigiren und zwar in fol-
gender Weise. Die Fehler der Mondtheorie können für jede Lunation in zwei
Glieder zusammengefasst werden, von denen das eine constant, das andere eine
Periode einer halben Lunation hat, und man kann mit genügender Genauigkeit
die Ephemeridencorrection fllr jede Halblunation in die Form
X= A + Bt + C/*
bringen, wo A, B, C Constante sind, die aus den Gesammtbeobachtungen des
Mondes an allen Hauptsternwarten während der betreffenden halben Lunation
zu bestimmen sind, und wo / die Zeit bezeichnet, welche von einer passend
gewählten Epoche in Tagen gezählt wird.
Seien dann
a i» a s» «a • • • die Rectascensionen, welche an einer Sternwarte an den Daten
t \> 's» 'j von der angenommenen Epoche aus beobachtet wurden,
«1'» «§' • • • die Rectascensionen, wie sie die Ephemeride für dieselben
Daten giebt,
a t — a x \ a, — a t ', a, — a,', = n lt »j, «, u. s. w.,
dann sind diese «„ « 3 die Verbesserungen, welche die Ephemeride an
den betreffenden Daten fordert und daraus entstehen dann die Bedingungs-
gleichungen
A •+- Bt y + Ct » — «,= 0
A -+- Bt t + Ctf — « a = 0
A -+■ Bt t h- C/,* — «, — 0
mit den Endgleichungen der Form
mA + TB •+■ T % C - iV, = 0
TA -+- T t B -\- T^C — iVj = 0
T t A -+- T % B 4- T 4 C - Nt -= 0
wo m die Zahl der Beobachtungen gleich der Zahl der Bedingungsgleichungcn
ist, T die algebraische Summe aller /, T t die aller /», T % die aller /*, T 4 die
aller /*, N die aller n, N x , N t , u. s. w. die der Produkte von n und /, bezw.
n und /*. Aus diesen Gleichungen bestimmen sich dann A, B, C.
Was den Grad der Genauigkeit betrifft, den man mit einer solchen Ver-
besserung der Ephemeride erreicht, gegenüber der Benutzung correspondirender
Beobachtungen, so kann man den wahrscheinlichen Fehler der Längenbestimmung
nach erster Methode auf Grund plausibler Annahmen zu etwa } des wahr-
scheinlichen Fehlers letzterer Methode schätzen; kann man aber correspondirende
Beobachtungen an zwei oder gar drei Sternwarten verwenden, so wird man
darnach ein Resultat erhalten, welches dem der verbesserten Ephemeride min-
destens gleichwerthig ist. Die Sicherheit, die sich überhaupt in der Längen-
bestimmung durch Mondculminationen erreichen lässt, ist aber nicht besonders
gross, und man hat jedenfalls eine sehr beträchtliche Anzahl von Beobachtungen
anzustellen, wenn man den wahrscheinlichen Fehler des Resultats auf eine halbe
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372
I an genbestimmung.
Secunde herabdrücken will. Für die eingehende Behandlung von Mondculmi-
nationen, die zu Längenbestimmungen unter zum Theil selbst ungünstigen Ver-
hältnissen auf Reisen beobachtet wurden, ist das AuwERs'sche Werk über die
deutschen Venusexpeditionen Bd. VI zu vergleichen.
Auf Reisen namentlich kann es sich treffen, dass man auf die exakte Auf-
stellung des Instruments in der Ebene des Meridians verzichten muss, oder dass
man möglichst rasch eine Längenbestimmung ausführen will und nicht die für
die Mondculminationen günstigen Zeiten abwarten kann. Dann führt auch die
Beobachtung in beliebigen Azimuthen zum Ziel. Allerdings wird diese Methode
nur dann zu angenähert genauen Resultaten, wie die Mondculminationen führen,
wenn man in möglichst gleichen und kleinen Azimuthen östlich und westlich
vom Meridian beobachtet, wo also in der Regel auch die Mondculmination
selbst wahrzunehmen ist. Für solche Beobachtungen dient dann das Universal-
instrument und es kann auf die ausführliche Besprechung der Behandlung dieses
Instrumentes in dem betreffenden Artikel verwiesen werden. An dieser Stelle
mag eine kurze Darstellung des Ganges der Beobachtungen genügen.
Auch hier kommt es darauf an, den Mond möglichst genau an andere
Sterne, die auf demselben Parallel sind und als welche am besten auch die
> Mondsterne« benutzt werden, anzuschliessem Man berechnet sich dann Zenitb-
distanz und Azimuth für Mond und Stern für einen passend angenommenen
Zeitpunkt, oder umgekehrt für ein als passend angenommenes Azimuth die
Zenithdistanz und die Zeit aus der Rectascension und Deklination nach be-
kannten Formeln, nämlich, bei üblicher Bezeichnung (vergl. Bd. I pag. 659)
ftlr den Mond für den Stern
/ = r+ Ar- * /^r + dr-«'
tang M — tang 8 sec t fang M' — tang b' sec t'
fang A = cos M fangt eosec(<? — M) tang Ä = cos M' tang t' cosec(tf — M')
tangh = cotang (9 — M) cos A tang h' = cotang (9 — AT) cos A',
wo sin A dasselbe Zeichen hat wie sin t. Hier braucht h nur genähert be-
rechnet zu werden, A dagegen mit aller Schärfe. An die so berechneten Azi-
muthe sind nun die Instrumentalcorrectionen anzubringen, wie sie für das
Universaiinstrument abgeleitet werden, nämlich wenn c und b den Collimations-
fehler und die Neigung der Horizontalaxe in dem an betreffender Stelle ange-
gebenen Sinn bedeuten
zp esee h b tang h,
das obere und untere Zeichen je nach der Kreislage der Beobachtung und h
als Höhe des Mondes bezw. des Sternes genommen. Ferner ist noch zu be-
rücksichtigen, dass man beim Mond stets den Rand beobachtet, man also je
nach der Beobachtung des ersten oder zweiten Randes r sec h (r der geocen-
trische Halbmesser des Mondes) zu addiren bezw. zu subtrahiren hat, dass
endlich hier die Parallaxe nach dem Ausdruck pit (9 — 9') sin 1" sin A' sec h zu
addiren ist. Man würde darnach die Instrumentalazimuthe für Mond und Stern
wie folgt erhalten:
A x (Mond) = A dt r sec h ■+■ prc (<p — <p') sin 1" sin A' sec h ^ c sec h x ^. b tang h x
A x (Stern) = A' c sec h x qr b' tang h x ',
wo h x und h x die scheinbaren, um Refraction, bezw. auch Parallaxe verbesser-
ten Höhen sind. Aus einer etwaigen Abweichung zwischen beiden Werthen
ist dann die Correction der angenommenen Länge zu ermitteln. Hierbei ist
zunächst die Veränderung zu suchen, welche die Aenderung der Rectascension
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T ,ä ngenbcstimmung.
»73
und Deklination des Mondes (in der Zeiteinheit) auf das Azimuth ausübt, und
dazu hat man die Bd. I, pag. 667 gegebene Differentialformel
dA = cos 3 cos q sec h dt -+- sin q scc h dh
zu benutzen. In derselben ist q, der parallactisr.he Winkel, zu berechnen nach
tang q = tangt sin v sec (i ■+■ v)
tang v = cos t co tang ^p.
Ist dann v und w die Zunahme der Rectascension und Deklination des
Mondes in einer Sternzeitsecunde, AZ der Fehler der Länge, so wird der Aus-
druck für dA
dA =* — cos 4 cos q scc hv A Z -+- sin q scc hwhL,
woraus dann AZ sofort folgt.
Ueber die Genauigkeit der Methode kann man im Allgemeinen annehmen,
dass eine doppelte Beobachtung des Mondazimuths, symmetrisch zu beiden
Seiten des Meridians der einfachen Mondculmination gleich zu achten ist; man
könnte also durch Vermehrung der symmetrischen Mondazimuthe das End-
resultat eines Abends genauer machen als durch Beobachtung der Culmination.
Indessen wird die Einfachheit der Berechnung der Letzteren doch die Veran-
lassung sein, dass man, wo es sich nicht um besondere Fälle, z. B. auf Reisen,
handelt, die Beobachtungen der Culmination vorzieht
In ganz ähnlicher Weise kann man durch die Beobachtung von Mondhöhen
die Länge bestimmen, und zwar durch Bestimmung der absoluten Höhe des
Mondes, wobei aber mit den gewöhnlichen Instrumenten genaue Resultate nicht
zu erwarten sind, oder durch Anschluss an Mondsterne, indem man Mond und
Sterne zur Zeit der gleichen Höhe beobachtet Im Princip ist diese Methode
ganz ähnlich der vorher besprochenen, wo Azimurhe beobachtet werden, es
mag daher genügen, hier nur auf dieselbe hinzuweisen und einige Punkte hervor-
gehoben zu haben. Man berechnet für den Mond unter Annahme nur ge-
näherter Länge nach den in den astronomischen Jahrbüchern gegebenen Oertern,
sowie für den Mondstern (der dem Mond möglichst nahe ist) Zenithdistanz und
(zur Einstellung genähert) Azimuth, und vergleicht die Zeiten, zu denen diese
Zenithdistanz erreicht wurde, mit den berechneten. Nur wenn die Längen-
differenz richtig angenommen wurde, kann die berechnete Zenithdistanz der
beobachteten Zeit entsprechen. Im anderen Falle hat man die Beziehung
zwischen der Veränderung der Zenithdistanz und der Länge abzuleiten. Streng
genommen hängt auch hier die Aenderung der Zenithdistanz nicht allein von
der Länge, sondern auch von den Fehlern der Ephemeride und Beobachtung
selbst ab. Diese von Kaiser herrührende Methode wird mit Vortheil nur in
der Nähe des ersten Verticals und in niederen geographischen Breiten, also in
beschränkten Fällen anzuwenden sein; durch Beobachtung gleicher Höhen zu
beiden Seiten des Meridians werden dabei die Fehler der Ephemeride im
Ganzen eliminirt.
Es muss nun noch einer Methode gedacht werden, die freilich fast aus-
schliesslich auf Reisen und namentlich auf der See, hier aber besonders oft,
angewandt wird, die Methode der Monddistanzen. Das Princip ist, dass man
den Abstand der Sonne oder eines Sterns, Planeten oder Fixsterns vom Mond
misst und dass man aus den Jahrbüchern und Ephemeriden berechnet, für
welchen Zeitpunkt des Nullmeridians dieser Abstand stattfand. Es sind zu
diesem Zweck die Monddistanzen von der Sonne, den Hauptplaneten und einer
Anzahl heller Fixsterne in engen Zeitintervallen in den Ephemeridensammlungen
angegeben. Die Methode ist darnach im Princip auch einfach, erfordert aber
274
Längenbestimmung.
in Wirklichkeit eine zusammengesetzte Berechnung, da die beobachteten schein-
baren Distanzen durch die Refraction und die Parallaxe afficirt sind und diese
Correctionen berechnet werden müssen, dazu tritt dann noch die Berücksichtigung
des Mond- und event. Sonnenhalbmessers, um den auf den Mittelpunkt be-
zogenen Abstand zu erhalten, da man direkt nur die Entfernungen der Ränder
misst. Es haben sich viele Astronomen mit dem Problem beschäftigt, bei dem
es sich vor Allem darum handelt, bequeme Näherungsausdrücke zu erhalten,
die doch im einzelnen Fall die genügende Genauigkeit im Resultat ergeben.
Sei (in leicht herstellbarer Figur) Z das Zenith des Beobachtungsortes, sei
M' der scheinbare, M der wahre Ort des Mondes, S' der scheinbare, S der
wahre Ort der Sonne oder des Sterns, so ist M' S' der Bogen grössten Kreises,
der die scheinbare Distanz des Mondes von der Sonne darstellt, MS die wahre
Distanz. Die Höhenparallaxe wirkt der Refraction entgegen, letztere ist beim
Mond geringer als erstere, bei der Sonne findet das entgegengesetzte statt, es
wird daher der scheinbare Ort des Mondes geringere Höhe, der der Sonne
grössere Höhe haben als der wahre. Es kommt nun darauf an, aus der schein-
baren Monddistanz die wahre herzuleiten. Nennen wir dafür
ZM =90-/4 ZM' = 90-/4'
ZS = 90 - H ZS' - 90 — ff.
Zuerst mag die Erde als kugelförmig angesehen werden, sodass M und S
auf der Ebene des betreffenden Vertikalkreises, auf ZM 1 und ZS* liegen. Es
kann dann auch der Winkel MZS = M' ZS' gesetzt werden. Nennen wir ferner
M'S' = d die gemessene Distanz zwischen den Mittelpunkten beider Objecte,
und MS sa d die wahre, die berechnet werden soll. Aus den Dreiecken ZMS
und ZM'S? folgt dann
cos d = sin h sin ff 4- cos h cos H cos MZS
cos <t = sin h'sin ff' 4- cos h' cos ff ' cos MZS
oder für
cos MZS = 2 cos* i MZS — 1
gesetzt
cos d = — cos (h 4- ff) 4- 2 cos* \ MZS cos h cos ff
cosd'=— cos {h' -+• ff') 4- 2 cos* \ MZS cos h cos ff',
woraus
cos d cos {h + f f) _ cosd + cos{h' -h H')
cos h cos ff cos h' cos ff
Wird d 1 -+- h' 4- ff 1 = 2f gesetzt, so ist
cosa" + cos(A J + ff')=2cosW 4-/4' -+- ff)cos\[d' - (h' 4- ff)] = 2cos s cos(s - d'),
woraus
cos* \{h 4- ff) — sin* \d cos s cos(s — d')
cos h cos ff cos h' cos ff'
oder
sin* \d= cos*±{h 4- ff)- ellv^j p <°* * «>* (* - <0,
welcher Ausdruck die Grundformel ist, die nun in verschiedenster Weise um-
geformt worden ist. Zunächst kann man, da die linke Seite stets positiv und
folglich auf der rechten Seite das zweite Glied kleiner als das erste sein muss,
einen Hilfswinkel M in der Weise einführen, dass
... 1 i/ cos h cos ff
stn M = . . , , r,, y r, tt, cos s cos (s — d')
cos 4 (A 4- ff) ' cos h cos ff v '
ist, dann wird
sin \d=cos\{fi + ff) cos M
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Längcnbestimmung.
275
eine schon von Borda gegebene und durchaus bequeme Formel. Indessen ist
die Genauigkeit sehr von der Grösse der Distanz und der Summe der Höhen
abhängig. Wird die Distanz und die Summe der Höhen klein, so rückt der
Winkel M nahe an 90° und der Uebergang vom Sinus auf den Cosinus wird
unsicher. Wenn z B. die Summe der Höhen •= 20° und die Distanz = 5°, so
wird eine mit sieben Decimalstellen geführte Rechnung noch ganz unsicher
werden. Encke hat dieser BoRDA'schen Formel eine etwas andere Gestalt ge-
geben, indem er einen Winkel C derart bestimmt, dass
c = ^r^sj' cos * & + + d ^ 0S w + - <n
ist, woraus dann
sin*\d = cos \(h + ff + C) cos \{h -H ff — C)
wird. Aber auch hier ist wenig gewonnen. Ganz erheblich einfacher ergiebt
sich die Rechnung, wenn man zwei Fälle von einander trennt, wo die Distanz
nämlich kleiner als 90° und grösser als 90° ist In ersterem Falle, wo die
Distanz kleiner als 90° ist, wird gesetzt
'cZkZIt w + *-*•> w - (* - = <•
und
sin{{h -ff)
so ist
sin
tangy.,
sin \{h — ff) c
* — sin |t = cos (i
Im anderen Fall, wo die Distanz grösser als 90° ist, wird dagegen gesetzt
ZhUos% £0S W + *' + <0 <« H*r + d ') = c ' %
und
so ist
. sini(n + ff) c'
cos \ d = —. — -, = -, •
2 sin ji' cos ja'
In beiden Ausdrücken geht man von tangy. und tangy! auf den Sinus oder
Cosinus der Winkel über, wählt also für sin \d oder cos \d die erste, bezw.
zweite Formel, je nachdem ji und \i grösser oder kleiner als 45° sind. Die
Winkel ja, ji' selbst werden nicht gebraucht. Wenn auch diese Umformung
die grösste Schärfe in der Rechnung gestattet, so ist es doch stets unbequem
Fälle unterscheiden zu müssen, und besonders bei dem am ersten in Betracht
kommenden Zweck die Länge zur See zu ermitteln. Bremiker hat daher eine
andere Umformung gegeben, die ebenfalls ausreichende Schärfe der Rechnung
gewährt und dabei höchst einfach ist, sodass selbst fünfstellige Rechnung genügt.
Man kann die Grundgleichung auch so schreiben:
cos h cos ff
ros d = cos (h — ff) h r , jti \cos d' — cos (h* — IT)].
v ' cos h cos ff ^ v /J
Setzt man hier den Faktor
cos h cos ff 1
cos ti cos fT = C'
so wird C in den meisten Fällen grösser als 1 sein. Nur wenn die Höhe der
Sonne sehr gering und zugleich die Höhe des Mondes sehr gross ist, wird
18*
276 Längenbestimmung.
C< 1 sein, z. B. wenn //= 2° und h über 70° ist. Ist also C> 1, so kann
man setzen
— ^r- = cos d' und — ^ — ■» Z>'
und erhält, wenn H — h = d und /**'—*' = </•» gesetzt wird
<w Z?" — <w Z?' = cos d' — <w rf".
Wird nun hier die Differenz der Cosinus durch die Produkte der Sinus der
halben Summen und Differenzen ersetzt und als einzige Näherung der Bogen
statt des Sinus der kleinen Bögen genommen, so ist
/>»' _ ZT - M» d") O
Hier kann schliesslich mit seltenen, im Laufe der Rechnung leicht kenntlichen
Ausnahmen sin \ (£>' -+- D) statt sin \ (/?' Z?") genommen werden. Setzt man
dann noch D" — Z?' = *, so ist
und D' + z gleich der reducirten Distanz. Sollte aber Z>' von Z?" erheblich
abweichen, so muss die letzte Rechnung wiederholt werden, indem mit dem
zuerst gefundenen Werth von D nochmals z berechnet wird.
Es kommt nun aber bei der Berechnung der Monddistanzen in Betracht,
dass man nicht vom Erdmittelpunkt aus beobachtet, dass die Höhen durch die
Refraction beeinflusst sind, dass die Ränder der Mond- evenL Sonnenscheibe
zur Berührung gebracht werden und dass endlich die Scheiben der Gestirne
durch die Refraction eine Verzerrung erleiden. Hieraus ergeben sich folgende
noch anzubringende Correctionen.
1) Parallaxe. Für die Sonne hat man einfach p — ic cos h zu rechnen, wo
w die mittlere Aequatoreal-Horizontalparallaxe der Sonne ist. Für den Mond hat
man dagegen
cos (* — *')., v
p sm t tost Sm ( * ~~ ^
tangp' = tang(z' - z) =
cos (9 — © ) .
r r COSf v "
wo
ta "*l = cosW-A) ~ »>
ist, oder genähert
7 = cos A (« — 9')
und
tnmtr v _ //?#, er (,> * _ 9sinpsi*[* — to- j)cosA\
worin die Bezeichnungen bekannte Bedeutung haben, nämlich p der Erdradius
Mir den Beobachtungsort, 9 die geographische, 9' die geocentrische Breite des
Ortes, A das Azimuth (bezw. wahres und scheinbares), z die Zenithdistanz (wahre
und scheinbare), p die Aequatoreal-Horizontalparallaxe des Mondes.
2) Refraction. Man sucht für die mit der Parallaxe behaftete Höhe die
Refraction mit Rücksicht auf die meteorologischen Instrumente, bringt dieselbe
an und hat damit die scheinbaren Höhen der Gestirne. Da man aber für die
Berechnung der Refraction schon die scheinbare Höhe haben muss, so ist diese
Rechnung doppelt zu führen. Um überhaupt die Höhe zu erhalten, wird sie
auf der See vor und nach der Beobachtung der Monddistanz direkt beobachtet
Digitized by CjOO
a 7 7
Sicherer ist jedoch, sie nach den Bd. I, pag. 659 gegebenen Formeln aus /, &, ?
flir die Zeit der Beobachtung unter Annahme einer genäherten Länge zu be-
rechnen.
3) Distanz der Mittelpunkte. Da man nicht die Mittelpunkte, sondern die
Ränder beobachtet, so muss man daher noch die Summe der scheinbaren
Halbmesser addiren oder subtrahiren, je nachdem man die näheren oder ent-
fernteren Ränder nimmt Nun ist aber der Mondhalbmesser durch die Parallaxe
vergrössert und zwar ist der vergrösserte Halbmesser
wo A, A' die Entfernung des Mondmittelpunktes vom Erdmittelpunkt bezw.
dem Beobachtungsort auf der Erdoberfläche ist, und da
A' sin p' =« p sin (* — /')
A' f«/'ss4-p cos (s — p'),
so ist
A' = A cos p' — p cos (s — p') cos p' -+- p sin (« — p*) sin p' A cos p' — p cos z
A cos / = p cos % -+- A'
A p
^ = sec p' -+- ^ cos s sec p' = 1 -+- p sin h,
also
r 1 = r (1 •+- p sin A),
wo p die Horizontalparallaxe ist.
Die Refraction verkürzt den Verticaldurchmesser, während der horizontale
derselbe bleibt. Diese Verkürzung, die die Scheibe in eine Ellipse verwandelt,
lässt sich aus der Refraction finden. Ist * der Winkel, den die Richtung der
Distanz mit dem durch das eine Gestirn gehenden Verticalkreis macht, h' die
Höhe des anderen Gestirns, A die Distanz beider, so ist
sin 1c sin A = cos h' sin (A' — A),
cos h' sin {Ä — A)
sin ,
"** = -TA
sin K = sin h cos A -+- cos h sin A cos it,
sin h' — sin h cos A
COS TZ
cos h sin A
woraus
und da
so ist
mithin
1 1 sin ( A + ^) — sin h ' _ c os\(k ■+ h -\- A') sin } (A h — h')
fang i« - s . n (Ä _ q + - siH ^^ + Ä r _ A) (/4 + A , _ d) •
Setzen wir dann in der Gleichung der Ellipse x = r sin n und y = r cos ic,
so haben wir
r> «Vi» ic 4- r* a» <w» it = a» b*
daraus
,
l/
Y cos* 1t ^ xm* tt
Zur Erleichterung der Rechnung giebt es auch hierfür in den nautischen und
anderen Tafelsammlungen Hilfstafeln.
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278
Mechanik des Himmels. 1.
Es ist nun noch zu beachten, dass in der ersten Entwicklung die Erde als
kugelförmig angesehen wurde, was aber nicht der Fall ist, in Folge dessen ist
der Winkel MZS nicht gleich dem Winkel M' ZS\ denn die Parallaxe wirkt auf
das Azimuth, sodass der Unterschied der scheinbaren Azimuthe des Mondes und
der Sonne nicht gleich dem Unterschied der wahren Azimuthe der beiden
Gestirne ist. Wir haben daher, wenn wir mit die Aenderung des Azimuthes
des Mondes durch die Parallaxe bezeichnen,
9 sin/ >sin(y - 9')
tang{Ä -A)= -
p sin p sin (9 — 9') cos A
sin z
oder
. . p sin p sin (9 — 9') sin A
cos h
wo h die wahre Höhe bedeutet; statt des Winkels MZS haben wir dann in
der ersten Formel, pag. 274, MZS — &A zu setzen. Differenziren wir
cos d = sin h sin H -h cos h cos H cos MZS,
so giebt dies
. . cosHcos h sinMZS . ,
A d = .- , - — — A A
sin a
p sin p sin (9 — 9') s in A cos II s inMZS
sin d
ein Ausdruck, der aber gewöhnlich = 0 ist.
In Betreff der Verwendung der Sonnenfinsternisse und verwandter Er-
scheinungen zur Längenbestimmung kann auf den Art. Finsternisse um so eher
verwiesen werden, als diese Erscheinungen ja doch zu den seltenen gehören
und ihre Benutzung für vorliegende Zwecke daher eine beschränkte bleibt.
Valentinkr.
Mechanik des Himmels.
1. Allgemeine Begriffe. Obzwar in der »Allgemeinen Einleitung in die
Astronomiec im wesentlichen ein kurzer historischer Abriss gegeben wurde, so
wurden doch auch, wenigstens im Princip, die Hauptfragen, welche die wissen-
schaftliche Astronomie der Gegenwart beschäftigen, berührt. Seitdem am Ende
des vorigen Jahrhunderts Newton das Gesetz der allgemeinen Gravitation auf-
stellte, ist es die Aufgabe der theoretischen Astronomie geworden, alle Bewegungs-
erscheinungen, welche die Himmelskörper dem Beobachter darbieten, aus diesem
Gesetze einheitlich abzuleiten und in jenen Fällen, wo nach sorgfältiger Berück-
sichtigung aller Umstände eine Uebereinstimmung mit den Beobachtungen nicht
zu erzielen ist, jene accessorischen Ursachen zu suchen, welche die beobachteten
Wirkungen zu erklären ermöglichen: Die theoretische Astronomie wurde
Mechanik des Himmels.
Die allgemeine Gravitation sowie auch alle anderen eventuell auftretenden
Bewegungsursachen werden unter dem Begriffe der Kraft subsumirt. Die Natur,
das Wesen der Kraft bleibt dabei völlig gleichgültig. Ganz unwesentlich ist es,
ob man sich die Anziehung als eine »natürliche Verwandtschaft«, als einen
»Willen« oder in irgend welcher Form vorstellen wolle, oder ob man sich eine
»unvermittelte Anziehung« Uberhaupt nicht denken könne: wesentlich ist nur
das Wirkungsgesetz, der mathematische Ausdruck, d. h. das Verhältniss
der Wirkungen für verschiedene gegebene F,!cmentarztist;indc.
Mechanik des Himmels. I.
2 70
Die der Erfahrung entnommenen Elemente, welche einen Zustand mechanisch
bestimmen, sind zunächst die Massen der aufeinander wirkenden Körper, ihre
Entfernungen von einander und die Richtungen ihrer Verbindungslinien.
Die Masse eines Körpers kann nur aus der Wirkung selbst durch die Er-
fahrung erschlossen werden; man sagt, die Masse eines Körpers ist die doppelte,
dreifache . . . »fache, wenn ihre Wirkung (z. B. die bei einem und demselben
zweiten Körper erzeugte Geschwindigkeit oder Beschleunigung) die doppelte,
dreifache ...» fache ist Sind in verschiedenen Fällen gleiche Massen in ver-
schiedenen Räumen enthalten, so sagt man, die Körper haben verschiedene
Dichten, und nennt Dichte das Verhältniss der Masse zum Volumen. Das
Wesen der die Räume ausfüllenden Massen, die Materie, bleibt uns dabei
ebenso verborgen, wie die Kraft, und es ist vom philosophischen Standpunkte
eine Inconsequenz, von der Unvorstellbarkeit einer »Wirkung in die Ferne« zu
sprechen, wenn man nicht ebensowohl von der Unvorstellbarkeit »verschieden
dichter Massen« spricht
Eine nothwendige Folge der gemachten Annahme ist die Proportionalität
der Kraft mit der Masse 1 ).
Weitere Erfahrungselemente sind: das Gesetz der Trägheit, das Gesetz von
der Zusammensetzung der Bewegungen, Geschwindigkeiten und Kräfte nach dem
Bewegungs-, Geschwindigkeits- und Kräfteparallelogramme, und das
Gesetz der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung').
Die Intensität der Kraft wird gemessen durch die erzeugte Bewegung: Ge-
schwindigkeit oder Beschleunigung, und ist dieser proportional. Da andererseits
die erzeugte Beschleunigung g (bei continuirlichen Kräften) verkehrt proportional
der bewegten Masse m ist, so wird
e = £ m oder m JT> = cF -
Kennt man das Gesetz, nach welchem sich die Kraft Rändert in analytischer
Form, so wird man die Bewegung der Masse m durch analytische Operationen
verfolgen d. h. die Bewegung beschreiben können.
Hat man es mit der Anziehung zweier Massen zu thun, so wird P pro-
portional den beiden wirkenden Massen M und m, und überdies eine Function
der Entfernung sein, also
P=> Mm/(r) ' t
für den Fall des NEwroN'schen Attractionsgesetzes ist die Intensität der Kraft
bestimmt durch
/(') = ^ •
Die Richtung der Kraft fällt erfahrungsgemäss (s. I. Rand, pa^. 100) mit der
Richtung der Verbindungslinie der wirkenden Massen zusammen, und unter
') Das« auch Entfernung und Richtung Erfahrungselementc sind, mag nur beiläufig
erwähnt werden. Zu Grunde gelegt muss nach unserer Erfahrung der Eucuo'sche Raum werden
in dem tieb durch jeden Punkt zu einer gegebenen Geraden nur eine sie nicht schneidende Gerade
legen lässt, und in welchem Strecken ohne Grössenänderungen verschoben weiden können. Die
Beweise für das Kräfteparallelogramm sind ebenso Scheinbeweise wie diejenigen ftlr die Winkel-
summe des Dreiecks.
*) Der Vollständigkeit halber mag erwähnt werden, dass der in philosophischen Schriften
öfter wiederkehrende Einwurf gegen die Möglichkeit einer »Wechselwirkung« nur auf eine
falsche Deutung des Wortes zurückzuführen ist, indem es sich dabei nicht um eine »ab-
wechselnde«, sondern um »Simultanwirkungen« der Massen auf einander handelt.
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2&0
Mechanik des Himmels. 1. 9.
diesen Voraussetzungen sind nun die aus der gegenseitigen Wirkung aller Himmels-
körper 1 ) auftretenden Erscheinungen zu erklären.
Die Erscheinungen selbst sind nun doppelter Natur:
1) Translationserscheinungen: Die Ortsveränderungen der Gestirne gegen-
einander, bei deren Untersuchung dieselben im allgemeinen als Massenpunkte
angenommen werden.
2) Rotationserscheinungen: Die Drehung der Gestirne um Axen, bei deren
Untersuchung auf individuelle Eigentümlichkeiten des untersuchten Objektes
Rücksicht genommen werden muss.
2. Orthogonale Transformation. Um im Folgenden den Gang der
Entwickelungen nicht zu unterbrechen, mögen vorerst einige allgemeine, immer
wieder verwandte Beziehungen angeführt werden.
Seien die Coordinaten eines Punktes im Räume, bezogen auf ein recht-
winkliges Axensystem x, y, z\ die Coordinaten desselben Punktes bezogen auf
ein anderes, ebenfalls rechtwinkliges Axensystem x', y', z', so bestehen zwischen
diesen Coordinaten die Beziehungen:
x = <t x x -\- ß t y H- 7j g' x' = <*! x -+- a t y -t- a, z
>«« t « , + P^ , + 7t*' 0) y = ßi*-f-M-+-ßs« (2)
z = a z x' t- ß,/ •+■ 7s*'- *' = 7i* "t- W 7a*-
Die dabei auftretenden Coefficienten a,, a 2 , . . . 7, sind die Richtungs-
cosinus der Axen des einen Systems bezogen auf diejenige des anderen, und
zwar sind a x , ß,, 7, die Cosinus der Winkel, welche die X*-, V-, iT-Axe mit der
Jf-Axe einschliessen ; o v , ß a , 7» die Cosinus der Winkel mit der K-Axe; a,, ß>, 7 S
die Cosinus der Winkel mit der Z-Axe. Von diesen neun Richtungscosinus
sind natürlich nur drei von einander unabhängig, es müssen daher Bedingungs-
gleichungen zwischen denselben bestehen. Aus der grossen Menge der Relationen,
welche im folgenden angeführt werden, sind aber nur sechs von einander
unabhängig.
Man hat zunächst für die Determinante der Coefficienten
*i ßi 7i I = 1-
a ßa 7a (3)
a a ßa 7a I
Eine Substitution (1) oder (2), ftlr welche die Determinante der Substitutions-
coefficienten gleich der Einheit ist, nennt man eine orthogonale Substitution.
Für diese bestehen die Beziehungen:
«i* 1- «i + «»* = 1 «i* ßi 9 + 7i* = 1
ß.' + ßa* + ßa 4 = 1 (4) + M + (o)
ti 9 + 7,' + 7, 8 = 1 + ßa* + 7.' - 1
«1 ßi + «aßa «aß» = 0 «,«* + ßißa + 7j7a = 0
ßi7» +ß>7 S H-ßa7a =0 (6) «1 «a + ßi ßa + 7,7a = 0 (7)
«i7i H~ «a7a «a7a = 0 a a a a + ßißs + 7a7a = 0
a i = ßi7a — ßa7a «a = ßa7i — ßi7a «a = ßi 7a — ßa7,
ßi = 7a«a-7a«a (») ßa = 7a «1 — 7i «a (9) ßa = 7,« t -7a«, (10)
7i=«aßa~ «aßa 7a = a aßi — °ißa 7a = «lßa - a aßi-
') Unter dem Ausdruck Körper ist dabei eine auf einen endlichen Raum vertheilte oder
auch in einem Punkte Concentrin gedachte Masse zu verstehen, ohne dass hiermit irgend welche
metaphysische Voraussetzungen zu verbinden wären.
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Mechanik des Himmel». 2. 481
In den Untersuchungen Uber die Bewegungen der Körper kommt es wieder-
lt vor, dass man eines der beiden Axensysteme beweglich annimmt; dann
irden die sämmtlichen neun Coeftkienten als mit der Zeit / veränderlich anzusehen
n, und man erhält aus (4):
da. da 9 da..
+ ou
Setzt man nun
Tl dt dt ^ 7 * dt "
da. . t/a« w </oc.
ergiebt sich aus (6):
*ßi „ <*ß>
**~di + *'-dt
l > <//
*r*a, </a 8 </a 8
7 » "77 + "77 + * 77 = ~ *'
Die drei Gruppen (11), (12), (13) liefern durch entsprechende Combination l )
d 7i
dt
dt
= 7,/>
—
~7t?
d "\\
dt
= «»?-ßs/>
*/ß .j
Ii
= 7,/>
-a,r
dt =
dtt
dt
dt
rf7 = ß«'
-7«f
(M)
Bildet man hieraus die links in (15) angegebenen Summen von Produkten,
> erhält man:
d *\ i$\ d *i d h. , da * d $s _ A _
<// <r7 <// ^ <// dt - ~ pq
d* x di x da, d^ </a s
-^~di' ir 'di~di + -di~dt = -f ,r (15 >
<// <r7 "W/ dt ^ dt dt qr '
Setzt man ferner
ffl+ ffl-
o erhält man aus (11) durch Differentiation:
• — — — -
') Multiplicirt man r. B. die dritte Gleichung in (ü) mit die rweite in (Cv in 1 ...
ie dritte in (11) mit y, und addirt, so folgt die erste Gleichung von (14)
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ig* Mechanik des Himmels.
a, ,,. 4- a
rf'ß. </»ß,
~dfl =- A « (17)
^7 ^ T ^ _ _ A
Die Differentiation der Ausdrücke (12), (13) liefert mit Berücksichtigung von (15):
rf»P 1 ^P 1 ^ß 1 _ dr
*» rf/i + a » */» "*" «» dt* ~di+ pq
P» Tö + ß > + ß » 77*" = ~ Tt + qr
d*a x d*a 9 d % a l dq
T » ~W + 7 » + T « 77»~ = - Tt + ' r
^a, ^a, ,/»«, <*> < 18 >
^»p, <**ß f ^ß. <r>
3 füll + a *I» -l. « *I« = . Ö , ,
Endlich erhält man aus (14):
Sir + <iir + r w = 0
und aus (16), wenn man die Werthe der Differentialquotienten aus (14) einführt:
A t = + r» A 9 = r» -+- /> 2 A, = /»* -+- (20)
Seien die Schnittpunkte der sechs Axen mit einer aus dem Coordinatenanfangs-
punkt als Mittelpunkt beschriebenen Kugel X, Y, Z, X', Y\ Z', (Fig. 270), sei
der Schnittpunkt der Bögen XY, X ' Y' in ß, so wird die Lage des zweiten
Axensystems bestimmt durch den Abstand X& = durch den Neigungswinkel i
der beiden Ebenen und den Abstand ftJT = a». Nun ist
a t = cos XX' ß, = cos XY' t\ = cos XZ*
a, _ cos YX' ß, = cos YY' 7> = cos YZ'
a s = cos ZX' ß, = cos ZY' 7, = cos ZZ'.
Man findet nun leicht aus den sphärischen Dreiecken, von denen zwei Ecken
in den Endpunkten der Axen, die dritte immer in ist, sofort die Formeln:
a, = -+- cos & cos m — sin & sin m cos i
ß t = — cos & sin co — sin ß cos cd cos i
7i = 4- sin & sin i
Oj = -f- x/'« Q, cos a> -t- cos fosinw cos i
ß, = — sin & sin a> -+- cos ß <w tu cos i (21)
7s = — a>x & «« »
o 3 = ■+■ sin tu xi« 1
ß, * -+- cos tu sin i
7, = -H w 1,
durch deren Differentiation sich die Folgenden ergeben:
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Mechanik de» Himmels. 5.
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284
Mechanik des Himmels. 8. 3.
Da die Cosinus der Neigungswinkel der Flächennormale der X'- K-Ebene
gegen die X-, Y-, Z-Axe, bezw. f x , y>i T> sind, so wird die Projection eines
in der X'-, K'-Ebene gelegenen Flächenstückes / auf die drei Ebenen der X-Y,
Y-Z und Z-X sein:
/?* = Tt/ = /sin i sin (25)
/xt = 7j/ = ~-/sinicos&
I. Abschnitt Die Translationsbewegungen.
3. Kräftefunction. Die Dimensionen der betrachteten Himmelskörper
sind gegenüber den von denselben beschriebenen Bahnen so klein, dass die-
selben zunächst als verschwindend angesehen werden können, d. h. dass man
sich auf die Betrachtung der Bewegungen von Massenpunkten beschränken
kann 1 ). Seien demnach ganz allgemein n Massenpunkte gegeben, die sich
gegenseitig mit Kräften anziehen, welche proportional ihren Massen und einer
gewissen Function /(r) der Entfernung sind. Diese in verschiedenen Richtungen
wirkenden Kräfte müssen, um vereinigt werden zu können, in drei auf einander
senkrechte Richtungen zerlegt werden. Die Anziehung, welche ein Massenpunkt
m mit den rechtwinkligen Coordinaten x y , y x , z x von einem andern Massen-
punkte <Wj erfährt, dessen Coordinaten x t , y t , s s sind, wird nt l m t f(r l9 ) sein,
wenn r x , die Entfernung der beiden .Massenpunkte bezeichnet. Da die Cosinus
der Winkel, welche die Richtung r x , mit den drei Axen bilden, — 1 ,
— — , — — sind, so werden die drei Componenten der Anziehung
Zerlegt man in derselben Weise die Componenten der Anziehung der
übrigen Massenpunkte m it m 4 , . . . und summirt die sämmtlichen in derselben
Richtung wirkenden Componenten, so erhält man in der Richtung der X-Axe
die Kraft
X t = M x m % /{r x% ) * % ~ * x -+- m x i* t /(r ll ) X% ~~* 1 ■+■ . . . . ,
daher in kürzerer Form die drei Componenten:
X x = m x ^m x /(r u ) ; Y x = m x ^m x /(ru) ;
z i — /( r i0
cd
t = 2, 3, . . . . n.
') Die Berücksichtigung der Abweichungen von diesem Umstände folgt später in tt
und 81.
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Mechanik de« Himmel». 3. 285
Achnliche Ausdrücke erhält man itlr die Componenten der auf die Massen
unkte «„ m, wirkenden Kräfte, und allgemein für den Massenpunkt m.
X p = m£ mj(r,0 ; Y > = Ml/M
»
2 * (2)
i*l,2,.... n 1 ),
jobei
r x ,» = r„ ,» =* (*, — (y, - + (*• ~ **)'•
Zwischen diesen Kräften bestehen einige allgemeine Beziehungen. Man hat
S*-o ; 2 y -=°; S^=°' w
1
lenn ein von r„ abhängiges Glied kann nur in X x und X, enthalten sein») und
st in ersteren m x m x f(r xx ) — -, in letzterem 0**»it/(r s ») — -, deren Summe
'erschwindet. Weiter ist
£(x xVx - y tXt ) = 0; 2(K lÄ , - z,*) = 0; JJz.*- ~ 0
Sucht man zum Beweise der ersten Formel wieder die von r xx abhängigen
Glieder, so findet man:
*nitn 1 J{r xx ) *' y x — m x m x /{r xx ) >l x x -r-
H- **xmJ(r K% ) Xl ~~ * - y x — m x m x /{r xx ) * x x
also gleich Null.
Sei
-f/{r)dr=F(r) (*)
und bildet man die Function
£7= 2 m l m x F(r iX )= m x m % F{r xi )-\- m v m t F(r x ,)-+- + m t m m F(r im )
+ m % m % F(ri t )+ m t MnF{r%j ^
-\-m n _\m n F{r H _\ s m ),
so lassen sich die drei Componenten X /t Y p , Z p als die partiellen Diflerential-
quotienten dieser Function U nach den zugehörigen Variabein J> darstellen;
Für die Differentiation nach x A kommen nur jene Glieder von U in Betracht,
die von r /t abhängen, also ein Theil m,U>, wenn
U p =m x F(r lp )-h m,F(r2 P ) -+- . . . -+- m n F{r Hf ). (8)
Da aber
d JV>*) _ cF{r px ) dr px = __ f , x p -x x
dx, ~ dr px dx, r px
') Eigentlich wäre c=/ austuschliessen ; man sieht aber leicht, dass die auf t = p be-
tüglicben Ausdrücke verschwinden.
*) Wo gans ahnliche Bettachtungen für alle drei Coordinaten gelten, wird KUrxc n -t
nur eine erwähnt
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Mechanik de« Himmels. 3. 4. 5.
ist, so sind die Beziehungen (7) unmittelbar ersichtlich. Die Function U nennt
man die Kräftefunction, Potentialfunction, oder das Potential 1 ).
Die Translationsbewegungen der n Massenpunkte m lt m t , . . . m H werden nun
nach (1) durch die Gleichungen bestimmt:
d'x, d*x p dU
d % y P d*y* dU ....
m > ~dfi- = V > W üder m >~d^ = Jy] ( 10 >
d*z p d**,, _ cU
m > dt* m >~dT*~-~J7/
Durch die Integration dieser Differentialgleichungen gelangt man zur Kennt-
niss der Werthe von jt>, y h tp als Functionen der Zeit. Die 3« Differential-
gleichungen zweiter Ordnung fuhren vollständig integrirt auf 6« allgemeine In-
tegrale (3/* Coordinaten und 3» Geschwindigkeiten); aber die Ausführung dieser
Integrationen stösst auf zur Zeit noch unüberwindliche Schwierigkeiten, und es
ist bisher nur gelungen, zehn Integrale in geschlossener Form anzugeben, während
die 6»— 10 übrigen nur in einigen wenigen speziellen Fällen bestimmt werden
konnten.
4. Bewegung des Schwerpunktes. Die Coordinaten \ t »j, C des Schwer-
punktes des gegebenen Systemes von n Massenpunkten sind bekanntlich bestimmt
durch die Gleichungen:
2«, = M; MX — 1tn,x,\ Mt\ = lm^\ MX = 2w,*„
Durch zweimalige Differentiation folgt
M ä* = £m ' TPr - 2 x •'■ M 77* ~ 2 y " M 7P = ZZ "
folglich mit Rücksicht auf die Beziehung 3. 3«)
d*l d*l
M dt* = 0 > M dtT = 0 > M dT>=°- &
Diese Gleichungen geben integrirt:
Tt = *>'> Tt = b ^ dl = C * «
S = *,/-+- a,; n = ö l t + d i \ i = e x t + c % . (3)
Die sechs Integrale (2), (3) geben den Satz, dass der Schwerpunkt des
Systemes in einer geradlinigen, gleichförmigen Bewegung begriffen
ist. (Princip der Erhaltung der Bewegung des Schwerpunktes.)
5. Princip der Flächen. Drei weitere Integrale erhält man auf folgende
Art: Multiplicirt man die die Bewegung des Massenpunktes m x bestimmenden
') Sehr häufig findet man den Namen Potential nur für den Fall angewendet, dass das
Kraftgesetz das NEWTON'sche Attractionsgcscti ist, doch spricht man auch von logarithmischem
Potential u. s. w. Auch findet man mitunter das Potential als Werth der Potentialfunction für
die Masseneinbeit, d. b. ohne einen von der Masse abhängigen Faktor, doch spricht man hin-
wieder auch von einem Potential auf die Masseneinheit u. s. w. Nach der obigen Darstellung
tritt das Potential als eine blosse Function der Entfernung auf; doch können immerhin auch
die Coordinaten selbst eintreten, nur muss es dann, wie zu sehen, die Invarianteneigenschaft
besitzen, d. h. der Ausdruck für das Potential darf durch eine orthogonale Substitution seine
Form nicht Indern.
') Kurze halber wird im Folgenden stets durch die beiden Ziffern die Nummer des Para-
graphen und der Formel angegeben; es bedeutet also z. B. 8. 9: Paragraph 3, Formel 9.
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Mechanik des Himmels. 5.
287
Gleichungen der Reihe nach mit: \) — y iP 4-*,, 0; 2)0, — 4-
3) -h *„ 0, — * t , und addirt die für die einzelnen Massenpunkte erhaltenen
Produkte, so folgt:
(- * 4?r + * ^) = 2 (" + **>
Mit Rücksicht auf die Gleichungen 3. 4 werden aber jetzt die rechten
Seiten verschwinden, und da die linken Seiten vollständige Diflerentiale sind,
so erhält man durch einmalige Integration:
Sind r, / die Polarcoordinaten eines Punktes in einer Ebene, dessen recht-
winklige Coordinaten m, n sind, sodass
r cos i = m, r sin l = n
ist, so findet man leicht
dn dm dl df
m di~ n dt =r dt" 1, dt*
wenn df das Element der von dem Radiusvector überstrichenen Fläche be-
deutet. Werden nun für den Massenpunkt m K die Projectionen des Radius-
vectors r, auf die Ebenen der Y-Z, X-Z, Z-X mit r,', r,", rT' und die von
diesen Projectionen beschriebenen Winkel mit v", v"' bezeichnet, so sind
2d/ i '^r^dv % '; 2*/ l "«r 1 "W; W/ M, -r«"»Ar
die Projectionen der von dem Radiusvector r, in der Zeit <// beschriebene
Elementarfläche (wobei nicht zu Ubersehen ist, dass der Radiusvector im Räume
keine Ebene, sondern die Mantelfläche eines Kegels beschreibt), und man hat
daher „
lm< df: =\Adt\ Imjf" = * Bdt\ Imjf'" = \ Cdt, (3)
daher integrirt:
Imj: = \ At -\- A) ImJS = \Bt + B x Imjr = \Ct + C x% (4)
welche Gleichungen zeigen, dass die Summe der Projectionen der sämmt-
lichen, von den einzelnen Radienvectoren aller Massenpunkte des
Systemes überstrichenen Mantelflächen, auf eine beliebige Ebene
im Räume genommen, der Zeit proportional wachsen. Diesen Satz
nennt man das Princip der Erhaltung der Flächen, und die Constanten A, B, C
die Constanten des Flächensatzes für die drei betrachteten Ebenen.
Ueber den Anfangspunkt des Coordinatensvstemes wurde keinerlei Voraus-
setzung gemacht, man kann diesen daher auch in den gemeinsamen Schwer-
punkt aller Massenpunkte verlegen, da die Bewegung aller Punkte des Systemes
um diesen so erfolgt, als wenn dieser sich im Zustande absoluter Ruhe befinden
würde (die Constanten a x , c x in 4. 2 und 3 gleich Null).
Für verschiedene Ebenen werden die Constanten A, B, C verschieden sein;
da dieselben aber bei einer endlichen Anzahl von Körpern nicht über alles Maass
wachsen werden, so wird es nothwendig eine Ebene geben, bezüglich welche
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Mechanik de« Ilimmeli 5. 6.
Constante ein Maximum sein wird. Diese Ebene, sowie der Maximal*«!
selbst bieten ein besonderes Interesse; um sie zu finden möge das System de
Massen auf ein anderes festes Coordinatensystem bezogen werden. Man et£r
zunächst aus den Gleichungen 2. 1, 2 mit Berücksichtigung der Relationen 1 4
bis 10 (mit Weglassung des Index t):
daher
■
, dy' , dx' ( dz dy\ ( dx dz\ ( dy dx\
1 (' ' lif ~ *' 4r) Ä *> A + *> B + a • c = A
Definirt man eine Grösse F durch die Bedingung
F* = A' + B' + C,
so wird gemäss den letzteren Beziehungen auch
F* = A'* + B'* + C
sein, und es können A, B, C nach den Gleichungen (5) als die Projectionen de-
Grösse F auf die drei ursprünglichen, Ä, B\ C auf die neuen Projcctionsebe«:
angesehen werden. Hieraus folgt unmittelbar, dass F der grösstmögliche Wer
aller Flächenconstanten ist, und wählt man das neue Coordinatensystem so, dü ;
die Constante für die X-Y- Ebene F sei, so wird C « F, Ä = B' = 0 sein, mtf
die Lage der Ebene, für welche die Constante des Flächensatzes ein MaximnB
sein soll, wird durch die Gleichungen bestimmt:
otj A -+- a 9 B -+- a s C = 0
ß,^-fß,^-hß s C = 0
T, A -+- t, B + y» C = YA* + + C» = F,
aus denen man
A. £ i
Tfl — jp't TT» — tt — jp 1
erhält. Die Lage dieser Ebene ist daher von der gegenseitigen Lage der
Massenpunkte völlig unabhängig, und nur abhängig von den Constanten A, Ä
C. Laplace hat daher diese Ebene die unveränderliche Ebene genanni
indem, solange die Constanten der Flächengeschwindigkeiten ungeändert bleiben,
d. h. insolange nur innere Kräfte wirken, und keine äusseren, nicht dem Wen-
System angehörigen Ursachen hinzutreten, die Lage dieser Ebene im Weltraoir*
unverändert bleiben muss.
6. Erhaltung der lebendigen Kraft. Multipliern man die Differential
gleichungen der Bewegung der Reihe nach mit , -jjj , ^jj und addirt, so er-
hält man einerseits:
(dx,d*x, dy,d*y, dz,d?z,\ d \( dx \'( J y\* ( ä *\}Jl
Im,
andererseits aus 3. 9:
oder aus 3. 10:
(bU dx, cU_ dy, dU_ dz\ dU^
[dx, dt + dy x dt ~*~ dz, dt) ~ dt '
Mechanik des Himmels. 6. 7.
289
Da nun
ist, wenn man mit t\ die Geschwindigkeit des Massenpunktes m t bezeichnet, und
\ m x v x * die lebendige Kraft dieses Massenpunktes ist, so wird
T = \lm,v* (1)
die Summe der lebendigen Kräfte aller Massenpunkte sein, welche Summe man
als die lebendige Kraft des Systemes bezeichnet Wird nach / integrirt,
so folgt aus 3. 9:
welcher Ausdruck jedoch nur in speziellen Fällen integrabel ist, z. B. wenn X t eine
blosse Function von x u X, eine blosse Function von y u Z, eine blosse Function
von *, ist, ein Fall, der in der Natur nicht vorkommt. Für die in der Natur
vorkommenden Fälle bestehen jedoch die Gleichungen 3. 7, daher die Bewegungs-
gleichungen 3. 10, aus welchen man
T= U + h (3)
erhält, wenn h eine Integrationsconstante bedeutet. Dieses ist das zehnte Integral 1 )
der Bewegungsgleichungen; es besagt, dass, so oft das Massensystem einen
Zustand erlangt, den es bereits früher einmal inne hatte (die Coordinaten, und
daher auch die Kräftefunction die früheren Werthe erlangen), auch die lebendige
Kraft des Systemes denselben Werth erhält Dieser Satz heisst der Satz von
der Erhaltung der lebendigen Kraft
7. Hamilton* sch es Princip. Wenn es auch durch weitere Transformationen
nicht möglich ist, ein weiteres Integral zu erhalten, so lassen sich doch einige
allgemeine Sätze aufstellen, welche von besonderem Interesse sind und eine
vielfache Anwendung gestatten. Hierher gehört das Hamilti >n 'sch e Princip; es
besagt dass
tf{T+U)dt=0 (1)
ist wo die Variationen 8 sich auf Verschiebungen der Coordinaten beziehen,
die mit den Bedingungen des Problems vereinbar sind 1 ). Die Richtigkeit lässt
sich leicht durch die Ausführung der Variationen erweisen. Es ist wenn man
Kürze halber
dxy_ , dj\ dz x ,
dt = Xx ' dt dt ~ St
setzt:
<» '» '1
tfTdt = fiT-dt = flm^xSBx: -t-ySW + *,'«*,']<//.
'■ '1 '1
') Es muss hervorgehoben werden, dass die in 4 und 5 gegebenen neun Integrale in dieser
Form nur gelten, wenn die Bedingungen 8- 3, 4 erfüllt sind, wenn also z. B. in dem System
nur innere Kräfte wirken, und dass ferner das zehnte Integral in 6 an die Bedingung der Existenz
einer Kräftefunction gebunden ist. Es ist noch zu bemerken, dass sich bei den mechanischen
Problemen, wenn es gelungen ist, alle Integrale bis auf eines anzugeben, das letzte in Form
von Quadraturen finden laset. S. Jacobi: »Theoria nova multiplicatoris systemati aequationum
differentialium vulgarium applicandi.* (Werke, 4. Bd.).
*) Die Variationen «strecken sich nur auf die abhängig Veränderlichen, die Coordinaten,
nicht aber auf die Zeit
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Mechanik des Himmels. 7. 8.
Nun findet man durch theilweise Integration:
da die Variationen für die festen Grenzen des Integrales verschwinden. Da weiter
ist, weil die Kräftefunction von den Geschwindigkeiten unabhängig ist, so erhält
man:
tj{T + U)dt =
- Für den Fall, dass die Variationen 8 x lt 6> w 6z t keinen weiteren Bedingungen l )
unterworfen, d. h., dass sie völlig willkürlich sind, zerfällt diese Summe in die
Gleichungen 3. 10, da jeder Klammerausdruck für sich verschwinden muss.
8. Lacrange's Form der Bewegungsgleichungen. Nimmt man an,
dass in den Ausdrücken für die lebendige Kraft und die Kräftefunction beliebige
andere Variable E t , £j . . . £,„ substituirt worden sind, so werden sich die
Differentialgleichungen der Bewegung für diese neuen Variabein aus dem Ausdrucke
7. 1 unmittelbar ergeben. Es wird wieder:
/, /, /,
i f Td ' = J " T ' dt * t + w w ) äl '
*\ 'l <!• '
dl,
wenn = — gesetzt wird. Man hat weiter wie in 7:
Jw = lw -ät dt= -)* l d\w) dt >
wo wieder der erste Ausdruck verschwindet, weil 8& für die festen Grenzen
verschwindet. Ebenso wird:
t\ 'i 1
folglich erhält man
Für den Fall der freien Bewegung aller Punkte (wenn keine beschränkenden
Bedingungen auftreten) sind die 8E, völlig willkürlich, weshalb jede einzelne
Summe verschwinden muss, und man hat:
d(dT\ dT dU
t-1.8 . . . 3«. (2)
') Der Fall, dass für das Problem gewisse Bedingungen tu erfüllen sind (Auftreten von
Bedingungsgleichung«)), ist hier nicht weiter tu betrachten.
UigitlZGö ö^Aa*4Mi^
Mechanik des Himmels. 9. 391
welches die von Lagrange gegebene allgemeine Form der Differentialgleichungen
der Bewegung ist 1 ).
9. Differentialgleichungen der Bewegung in rechtwinkligen
Coordinaten. Zur Bestimmung der rechtwinkligen Coordinaten der Himmels-
körper dienen die Differentialgleichungen 3. 9 oder 10. Für die praktische An-
wendung wird es aber bequemer, jeden einzelnen Massenpunkt für sich zu ver-
folgen. In Anbetracht des Umstandes, dass im Sonnensystem stets die Anziehung
eines Centraikörpers überwiegt, empfiehlt es sich, die relative Bewegung eines
Planeten um diesen Centraikörper zu betrachten.
Seien die Coordinaten des Centraikörpers E, ij, C, die Masse desselben M\
die Coordinaten des Massenpunktes m, dessen Bewegung betrachtet wird, des
sogenannten gestörten Körpers x', y\ s\ dessen Entfernung von der Sonne r;
die Coordinaten der übrigen anziehenden, störenden Körper mit den Massen
m % seien Xi, y', r, die Entfernung der Masse m, rj diejenigen der Massen
m x von der Sonne, und r 0l die Entfernung des Massenpunktes m, von m. Die
Bewegungsgleichungen für die Sonne werden, wenn der gemeinschaftliche Faktor
M weggelassen wird
Die Gleichungen, welche die Bewegung des Körpers m bestimmen, werden:
d*x' E — x' x' — x*
Subtrahirt man (1) von (2), so erhält man:
4fl = ~ W+m)f{r) — 5 + lm t |/(r #l ) -/(r ( ) — J . (3)
Nun sind
x » — l\ y = y — Tj z = s' — C
*i = 5; y t = yt'-n »« = C
die rechtwinkligen Coordinaten der Massenpunkte m und m x bezogen auf ein
zweites Coordinatensystem, dessen Axen parallel den Richtungen des ersten
Systems sind, dessen Ursprung aber in den Centraikörper fällt; die durch diese
Substitution aus (3) entstehenden Gleichungen
~=-(Jf + «)/(r)^ + 2« t [/(r 0l ) 5^ - / (n) ^] (4)
bestimmen daher die relative Bewegung der Masse m um die Masse M. Setzt
man daher
>) Es muss erwähnt werden, da» auch die Gleichungen (1), (2) in dieser Form die
Existenz einer von der Geschwindigkeit unabhängigen Kräftefunction voraussetzen.
Bezüglich der canonischen Form der Differentialgleichungen, so wie der Einführung
canonischer Elemente, aus denen sich dann die LAGRANGB'schen Gleichungen für die
Variation der Constanten ebenso einfach ergeben, muss auf die Abhandlung von Jacobi: «Nova
methodus aequationes differentiales partiales primi ordinis inteT numerum variabiJium quemeumque
propositae integrandi« und »Ueber diejenigen Probleme der Mechanik, in welchen eine Kräfte-
function existirt, und Uber die Theorie der Störungen« (Werke, 5. Band) und »Dynamik« (24.
und 36. Vorlesung) verwiesen werden. Ueber eine explicite Form dieser Differentialgleichungen,
welche bei theoretischen Untersuchungen sehr fruchtbar scheint, s. : Stäcksl «Ueber die
analytische Aequivalenz dynamischer Probleme«, Crellk, Journal für die reine und angewandte
Mathematik, Bd. 107, pag. 323.
19*
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Mechanik des Himmel«. 9. 10.
Y 0 =- W+m)/{r) y -- F 1 « 2 i» l |/(r o 0^=^-/(r l )^]; K-K.+y^
Z 0 = - (3/4- *)/(r) £ ; Z, = 2«, [/(r ot ) -/(r|) ^] ; Z= Z e + Z,
so werden die Differentialgleichungen für die Bewegung des Massenpunktes «
Ist wieder
so findet man
dt* - A ' dt* - r ' dt* z 1
0
2Qo 7 «0» - 30
wenn
Q 0 = + (M+m)F(r); Q^lm, [F(r 0t ) -/(r t ) j; Q^Qo + ß, ,7
ist. In den Ausdruck für U treten nur die Entfernungen ein; es ist daher sofort
klar, dass der Differentialquotient nach irgendeiner Richtung die in dieser
Richtung wirkende Kraft giebt. Allein in 0 treten auch die Coordinaten selbst
ein, und es wäre zunächst zu erweisen, dass man die Kraft in einer beliebige
Richtung x* erhält, wenn man Q nach dieser Richtung differenziirt. Da fi 0 va
von den Entfernungen abhängt, so genügt es, dieses für S, nachzuweisen. Nun *
Nimmt man x' als Axe eines zweiten Systems, in dem die beiden anderer
Axen willkürlich sind, so hat man nach 2. 1, 2:
dx dy d*
Xl dx 1 •* ~*~ " dx 1 = a » Xl ** * + "> *' = Xx '
Transformirt man aber 0, auf das neue Axensystem, so wird
xx, h- yy x ■+■ sz t = *' -+- jf y t ' + s' */,
woraus man sofort sieht, dass die oben angegebene Differentiation nach x' ät
Kraft nach dieser Richtung giebt.
10. Differentialgleichungen der Bewegung in polaren Coordi
naten. Es mögen die folgenden Bezeichnungen gelten: Sei r der Radiu 4 -
vector, r seine Projection auf eine feste Ebene (X K-Ebene), b der Wi" ke
zwischen r und r (Breite des Himmelskörpers); / der Winkel von r gegen ein«
feste Richtung in der X K-Ebene, der A'-Axe (Länge des Himmelskörpers);
linearer Abstand von der Projectionsebene ; u der reeiproke Werth von r
s die Tangente der Breite, und bezeichnet man die Differentialquotienten durch
d/(x)
angefügte Striche, also: — /'(*), so ist:
t^itizecLbyX^ogte
Mechanik de« Himmel». 10. «93
r *= rcosb, z = rsinb = r tang b = r s
s = tang b « = — = r =
v x rcosb r
1) Wählt man als Polarcoordinatcn r, /, *, und behält dabei * als dritte
Variable, so wird:
dx
x = x cosl -r. = r 1 cos l — x sin l • /'
j> = rji«/ J^f sinl + xcosl-V
ar
ar (dr\ „
und ebenso für die beiden anderen Coordinaten /, *; man erhält daher aus den
Gleichungen 8. 2 unmittelbar 1 ).
Jt{ V *j)^ ™ = -XxsinI + YxcosL (B)
di* - *
2) Wählt man als Polarcoordinaten r, l t b, so folgt:
x = r cos b cos l x ' = r' cos b cos l — r sin b cos /b' — r cos b sin l C
y = rcosb sin I y' = r 1 cos b sin l — r sin b sin IV -+- rcosb cos i V
x = r sin b t' = r' sin b -f- r cos b b' » w
T = \ 2 «, [r t » h- r * bt* + r.» cos* b, /,»»]
folglich
^2 rcos* b XjA — r f ^ 1 = = Jf tw b cos l + Y cos b sin 1+ Z sin b
j f \ r* cos* b = ~= — Xrcosb sin / +Kr cos b cos I. (C)
d ( db\ (dl\* dQ
j-A ■+- r**/» £ I ^1 = = — Xrsinbcos l — Yrsinbsm/-¥- Zrcosb
3) Führt man in (B) an Stelle von * die Variable s ein, so tritt an Stelle
der dritten Gleichung die folgende:
d\xs)
dt*
Z. <B')
4) Die Einführung der Variablen u, I, s, führt auf sehr häufig mit Vortheil
verwendete Formeln, wenn die unabhängig veränderliche / an Stelle der Zeit /
eingeführt wird 8 ). Setzt man Kürze halber
') In T treten Werth e für den betrachteten Massenpunkt m natürlich auch ein ; es ist daher
für ( auch der Werth t — 0 tu setzen, wobei jedoch der Index Null wegzulassen ist. Die
Ausdrücke für die DitTerentialquotienten von Q folgen unmittelbar aus
bü dÜ dx dQ dj
dx = dx dx + dy dx'
*) Die Ableitung der Formeln aus der lebendigen Kraft führt hier auf sehr ausgedehnte
Rechnu ngen.
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»94 Mechanik des Himmels. 10.
i —
u* dt
so gicbt die zweite Gleichung (C):
ä_V _d_ü
dt - dr
Multiplicirt man beiderseits mit 2 Vdt und integrirt, so folgt:
,„ n fdQ dl
+ TiV*
und dann aus (4):
dl
dt =
u*
Aus den Formeln (1) folgt:
db 1 ds db 1 <fr
* = 7riT?^ ; r d~t = u~* dt'
womit man aus der dritten Gleichung (C) findet 1 ):
<r7 V«' dt) + u* \dt) ~ db
* ( v d A
diy di)
d_ /J_ </A !ü
<// V«* + «W/ ~ db dl
d*s ds dVdt
+ sV - v dl*~*~ dl dt dl~*~ sV ~ db dl
1 pQ d l d Z] JL.IV s\£? ?? dsdQl
+ s - y*u*[db didtj"* v*u*[V + * ) d s ^ su du~ di diy (i
dl*
Um auch eine Differentialgleichung für u zu erhalten, wird der Ausdruck
für 1 : u zweimal differenzirt; man erhält:
dt{u)
cosb Tt -r»n4> Tt
Da aber
d_
dt
dQ sin b eil (diy
C0ib Tr- — Tb + rC05b \dl) '
\u)~* u* dt~ u* dldi~ V dl
d% ( l \ ^ dV du „d*u dl
77* \ü) = ~~ dt dl ~~ v dl* 7t
du ^ d*_u
dt* \u) ~ ' dt dl ' di'* dt " " dl dl V u dt*
ist, so wird
r cos b u*
x ) Behufs Einführung der Differentialquotienten von Q nach u, s, an Stelle derjenigen nach r, & hat m~
?^ — *' 0« 2/
0r KF+7i ; ä*""^
und, da / beibehalten wird,
dü da dt da du „ da da
Tö = TsT» + Tudi;= ( > i + s ' ) Ts + us Tu
da dQdu_ «' da
dr du dr ' yi s t du'
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Mechanik des Himmels. 10. *95
</* u dQ du
dl* dl dl
u* dQ su r da t aal
i_ r f da dQ est du]
d*u 1 T . dQ dQ du
dl* * u ~ V*
Setzt man daher
o 9 ,dQ dQ dsdQ
Ä « ( l + ,.)_ +J . ______
da . aa #a
= /*' -h 2
so wird
4/
/<// dQ
u* a/'
d*u 1
<r7* + * ~~ ^
£i _i_
U (D)
(10)
An Stelle der Ableitungen der Kräftefunction Q können hier die folgenden
Kräfte eingeführt werden: Die Kraft P, welche in der Richtung des Radius-
vectors wirkt, die Kraft Q, senkrecht zu dieser in der Projectionsebene, und die
Kraft Z senkrecht auf die Projectionsebene. Für diese hat man
P = Xcosl+ Ysinl
Q = Ycos l - Xsin l
dQ dQ P Zs
-K- = Pcos b -+- Zsin b -s— = 5 f
Cr d u u* u*
dQ dQ Q
~=+Qrcosb Tl = +u OD
dQ [ dü Z
~db= ~ Prsinb + Zrcosb ^ = + — .
Hiermit gehen die Differentialgleichungen (B) und (D) in die folgenden über:
..p *„_L
d 3 1 a dl dT „ d' u 1 /„ <?</iA ,
dt* ~ Z dl* + ' Ä V*
Die hier auftretenden Formeln, in denen AT, Y, Z, P t Q enthalten sind, be-
halten auch ihre Gültigkeit, wenn eine Kräftefunction nicht besteht, wenn also
z. B. beim Hinzutreten von accessorischen Kräften, diese sich nicht als Differential-
quotienten einer einzigen Function angeben lassen. Bei der Verwendung der
Differentialquotienten der Störungsfunction hat man jedoch noch folgendes zu be-
achten. Die durch die störenden Kräfte bewirkten Incremente der Coordinaten,
die Störungen werden von den Coordinaten der störenden Körper abhängen,
und es wird
x a *(<>) +/j ( Xl , y t , z t )
y == y(o) -h/, (* w y u s.) (12)
z = s<©) -f- /, (* M y» a t )
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296 Mechanik des Himmels. 10. 11.
sein, wenn xio), jK«), *<°> die ungestörten Coordinaten bedeuten. Sind nun x x ,
y» z t von den Coordinaten x, y, z unabhängig, so wird offenbar
dx^dx^' dy~dyM ; dz ~ dzW
Berücksichtigt man in Q die ungestörten Coordinaten x0>), yt*), zb\ so er-
hält man die Störungen mit Rücksicht auf die ersten Potenzen der Massen; diese
geben dann zunächst f x , f 1t f 9 von der Ordnung von «t,; verwendet man nun in
D die Ausdrücke (12), so werden die von w, abhängigen Glieder /p/,,/, neuer-
dings mit m x multiplizirt, also in Q Glieder zweiter Potenz der Massen auftreten.
Für x„ y u s, sind aber auch die gestörten Coordinaten zu verwenden, die selbst
von *, y, z abhängen werden; bei der completen Differentiation nach x wäre
auch nach den in x x , y u x, enthaltenen Coordinaten x, y, z zu differenziiren, und
man sieht sofort, dass dann das Resultat der Differentiation nicht mehr die
störenden Kräfte sind. Sei z. B. die von x abhängige Störung von x t gleich xx,
wobei x von der Ordnung von m ist, so wird der zweite Ausdruck in 0,
x (*,<<>> -h x x) -+- yy K -+- zz t
/CO 7;
durch dessen Differentiation nach x man
+ 2x*) + [*(*<•> + *x) + yy< + zz t ] j f
erhält, einen Ausdruck der von den störenden Kräften verschieden ist. Es folgt
daraus, dass man bei der Berücksichtigung der von den zweiten und den höheren
Potenzen der Massen abhängigen Glieder in der Function Q stets die unge-
störten Coordinaten der störenden Himmelskörper zu verwenden
und erst nach allen vorgenommenen Differentiationen die gestörten
Coordinaten der störenden Körper einzuführen hat.
11. Differentialgleichungen für die Variation der Elemente. In
allen diesen Formeln wird man in der praktischen Anwendung die wirkenden
Kräfte in zwei Theile zerlegen, so dass der eine zunächst betrachtete analytisch und
numerisch Uberwiegt und den allgemeinen Charakter der Bahn bestimmt, während
der Ub.rige Theil die Abweichung der wahren Bewegung von der zunächst bestimmten,
genäherten, giebt. Sei für die Gleichungen (A) in 9 eine solche Zerlegung
X = X 0 -+- X x ; K=K 0 -f-K,; Z = Z 0 -+■ Z x ,
wobei diese Zerlegung mit der dort vorgenommenen identisch sein kann, aber
auch nicht identisch zu sein braucht. Führt man Kürze halber die Bezeichnung
der Differentialquotienten wie in 10 ein, so wird
dx' dy' dz'
-jj = X 0 -h X x ; -jj «= Y Q ■+- y, ; -jj = Z 0 -+- Z x . (1)
Angenommen man habe die Differentialgleichungen unter der Annahme in-
tegrirt, dass X x = Y x = Z x = 0 sei; dann wird
und seien die Integrale dieser Gleichungen:
[x] = «>(/, a, b, (,/, g, h)\ [y] = a, b, c,/,g, h)\ [z] = X(/, a, b, c,/ t g, h) (3)
Functionen der Zeit und der sechs Elemente a, b, c, /, g, h\ aus diesen findet
man durch Differentiation:
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Mechanik des Himmels. 1 1.
297
M = [S] - 1 ('. °> >> '>/. * *); [/] = [s] - + ('. * *. <•/ *
X (A <*. /» ^. h\
wobei
(4)
30 ax
a/ ~ ?; a/ ~~ * ; a/ ~* x
ist, welche durch nochmalige Differentiation die Gleichungen (2) geben.
Man kann nun annehmen, dass die Integrale der Differentialgleichungen (1)
+ 5; y = \j>} + T,; , = (5)
seien, und kann £, tj, C d. i. die Störungen in den rechtwinkligen Coordi*
naten ermitteln. Man kann in derselben Weise aus den Gleichungen {B), (C), (D)
Störungen in den polaren Coordinaten ableiten. Man kann jedoch auch
annehmen, dass sich unter Berücksichtigung der störenden Kräfte X lt K,, Z x die
Coordinaten (rechtwinklige sowie polare) in derselben Weise ergeben, dass also
jt = 4>; y * = X
sein wird, unter der Voraussetzung jedoch, dass die Elemente a, b, c, f, g, h
nicht mehr constant, sondern veränderlich seien. Dann wird:
y = % = a,b,c,/ t g,h)-<-r d -jj=y* + Vx (6)
<■/* dz'
*' - ^7 = X(A «, /» Z' = Z 0 + Z, ,
wobei A"', K', Z' ebenfalls Functionen der Zeit und der sechs Elemente sein
werden, welche von der Differentiation der Functionen <D, V, X nach den ver-
änderlichen Elementen herrühren. Es ist nämlich
dx a<> dQdb dQde W 4/ dQ dg dh
dt~ dt ^ da dt + db dt~*~ de dt ~*~ df dt + dg dt + dh dt '
folglich:
aO da W db aO de c® df dQ dg dQdh
da dt ~*~ db dt~*~ de dt "*" df dt ~ f " dg dt dh dt ~
da W db W de dW df W dg dV dh
da dt cb dt + de dt df dt H ~ dg dt + dh dt ~~ Y
aX da aX db dX de dJL df dj> dg dl. dh
da dt ~*~ db dt~*~ de dt ~*~ df dt ~*~ dg dt dh dt ~ Z '
Ebenso wird:
dx* df dy da df db df de df df df dg df dh
~dt == Jt~ h Jä d~/~*~ db dt ~*~ ~de dt + df dt "•" dg dt + Th dl
dX' dX' da dX' db dX' de dX' df dX' dg dX' dh
~*~ dt + da dt+ db dt~*~ de Tt~*~ df dt+ dg dt+ dh dt'
d<p
Da nun ^ = X 0 ist, so wird man, wenn man Kürze halber
(8)
da~*~ da ~\da)' db+ db ~\db) ' ' ' ~ dt " ^ h
Ba + da \da) ' ' ' ' dt Z « dt~^ }
setzt, die Beziehungen erhalten:
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298 Mechanik des Himmels II.
fd 9 \ da (d^ db (djX de_ (df\ df (dy\ dg (dy\ dh _
\da) dt \db) dt \dc) dt \df) dt \dg) dt + \dh) dt ~ {A)
(d)\ da (d)\ db m\ d± (dj\ df (d*\ dg (d)\ dh
\Va) dt + \db) ut + Xdc) dt-*~\df) dt~*~\d}) di+\n) ~dt = (y) (9)
/dy\ da (dy\ db (dA de (d;\ df (*A*g (h\ dh _
\da) dt + \db) dt + \d e) dt + \df) dt + \dg) dt + V/ ~~ (Z) '
Die Gleichungen (7) und (9) sind sechs Gleichungen zwischen den Ver-
änderungen der sechs Elemente mit der Zeit; diese lassen sich daher daraus
bestimmen. Die Elimination würde im Allgemeinen auf sehr complicirte Aus-
drücke führen; es ist jedoch nicht schwer, zunächst sechs andere Gleichungen
abzuleiten, von denen jede nur fünf Differentialquotienten enthält, und die in der
Folge Verwendung finden werden. Multiplicirt man die Gleichungen der Reibe
nach mit
(h\ (?$\ ( d A i? *1 ?x
~~\dk)' ~\dk)> + dk » + 8*' ^ dk
und addirt, und führt die folgenden Bezeichnungen ein:
»• m _ || (|?) + « ff*) _ u f m + « m _ |f ( |?) „ [„,
dt \dk) dh \öt ) ot \ok) dk \dt } dt \dk) ck \dt ) 1 1
/, k irgend zwei der sechs Elemente,
so wird
da db de df dz dh
M Tt + l**)d-t + [ *^dt + M it + M ft + ^ Tt = *' ' (E >
wobei zu bemerken ist, dass
[kk) = Q\ [ik\ = — [kt\.
Für irgend eines der Elemente folgt hieraus
^ = /*(/, «, *, A) (11)
und durch Integration dieser Gleichungen erhält man die Elemente als Functionen
der Zeit. Diese Methode, welche man die Methode der Variation der Con-
stanten nennt, wurde theilweise schon von Newton, später in consequenterer
Durchführung von Euler verwendet; die Principien der hier gegebenen Ab-
leitung rühren in dieser Form jedoch erst von Lagrange her. (Vergl. Bd. I,
pag. 108 und 135).
Die Auflösung der Gleichungen ist im Allgemeinen nicht sehr einfach 1 ).
Legt man jedoch der Rechnung osculirende Elemente (s. Bd. I, pag. 133)
zu Grunde, so hat das Gleichungssystem {£) die Eigenschaft, in leicht auflösbare
Gruppen zu zerfallen.
Osculirende Elemente sind solche, aus denen nicht nur der Ort des Himmels-
körpers, sondern auch die Geschwindigkeit ihrer Grösse und Richtung nach in jedem
Augenblicke durch die Formeln der ungestörten Bahn gegeben werden; es ist daher
X' = V = Z' = 0; (*) = *,; {Y)-Y t ; {Z) = Z X
(d< f \_d 1 /y\ aj ( d _i\-?l
\dh)-dh' \di)~dh t \dk)-dh'
folglich
•) Die inveree Lösung: direkte Bestimmung des Differentialquotienten jedes einzelnen
Elementes gab spater (1808) Poisson; doch reicht man xumcisl mit den obigen Formeln aas.
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Mechanik de« Himmels. II. 12.
299
T ..,M> dQ df dV dty H 8X dy dl. dy
[, *J = di dk~ dk ~di + di dk~ dk di + di dk~~bk di
= A *dk ~*~ * l dk ~*~ * x dk »
welche Werthe in die Gleichungen £ einzusetzen sind. Lassen sich Jf, , K,, Z,
als die Differentialquotienten einer Function Q nach den drei Coordinaten x, y,
x, darstellen, so wird, wie man sofort sieht
Kk = dk'
Die Coefficienten [i k] haben die bemerkenswerthe Eigenschaft, dass sie von
der Zeit unabhängig sind, was bei ihrer Berechnung (vergl. 18) mit Vortheil ver-
wendet werden kann. Denn es ist
^ (dx ^ dx ay\ a*a/ 0*; d* dx a*" d^ pjs
dt\di dk dk dij^di dk "** di dk dk di dk di
dx dX_ dx dX_
a di dk ~ dk di '
Besteht nun eine Kräftefunction, so wird:
d\ik\ fdX dx dY dy dZ dx\ idX dx d_V dy dZ ds\
dt ~\dk di* dk di~*~dk di)~\di dk*' di dk* di dk)
~~ \dk [dx di * dy di *~ dz Ti\ ~~ [dx didk*~ dy didk*~ dt JWk\ }
~~ \di[dx dk* dy Tk*~ dx Tk\~ [dx Jidk *~ dy didk *~ dt didk\ \
daher, weil die Kräftefunction von den Geschwindigkeiten unabhängig ist, folglich
die Ausdrücke der eckigen Klammern die partiellen Differentialquotiente 1 von Q
nach den betreffenden Elementen sind:
d[ik] d aa JL
dt = dk di ~ di dk ~ °'
also [ik] von der Zeit unabhängig.
12. Erste Näherung. Bewegung in Kegelschnittslinien. Ehe an
die weiteren Entwickelungen geschritten werden kann, müssen nunmehr die
Coordinaten als Functionen der Elemente ausgedrückt werden. Sind die stören-
den Massen genügend klein, so wird man in erster Linie von denselben voll-
ständig absehen können und die Bahn des Himmelskörpers unter der Voraus-
setzung der alleinigen Attraction des Centraikörpers bestimmen 1 ). In diesem
Falle werden die Differentialgleichungen (A):
(fix x
— = -(M+m)/(r)-
z z
—- = _( M +m)f(r)-.
Aus diesen Gleichungen erhält man auf dem in 5 eingeschlagenen Wege die
drei Flächenintegrale:
') TJeber eine andere Art der Zerlegung, bei welcher auch gewisse Hauptglieder der
störenden Kräfte in der ersten Näherung berücksichtigt werden, siehe 71.
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3oo Mechanik des Himmels. 12.
dz dy M dx dz n dy dx „
ym-'7,- A < 'dl-**-*- "in ~ y m ~ ' < 2 >
aus denen sofort folgt:
Ax By -t- Cz = 0. (3)
Diese Gleichung zeigt, dass sich der Himmelskörper in einer Ebene bewegt,
die durch das Attractionscentrum geht. Legt man zur Vereinfachung die
X K-Ebene in diese Bahnebene, so entfällt die dritte Differentialgleichung; es
bleiben noch zwei Differentialgleichungen zweiter Ordnung, deren vollständige
Integration vier Constante einführt, während die zwei übrigen durch die Lage der
Bahnebene (Länge des Knotens und Neigung gegen eine feste Ebene) ersetzt
sind. Die beiden Differentialgleichungen in x, y geben, entsprechend transformirt,
die Gleichungen (ß) aus 10, in denen nur r = r, * = 0 zu setzen ist, und
es wird:
«o/M
d ( dl\ ft w
Aus der zweiten Gleichung erhält man das Flächenintegral
und daraus
/-/o = i"-
Beschreibt der Himmelskörper eine geschlossene Curve, und sei die Um-
laufszeit in derselben T, die von der Linie eingeschlossene Gesammtfläche F,
so ist
F=\cT\ c = ~ (6)
Führt man (5) in die erste Gleichung (4) ein, so folgt:
d*r c*
j,i - "a + (Af + m)/{r) = 0.
dr
Multipliern man diese Gleichung mit 2 -^j , so wird sie integrabel, und giebt
integrirt
und daraus
(drV
dt "
]/ c, + 2(M+ m) F(r) - ~ < 7 >
Führt man den Werft von dt in (5) ein, so wird
edr
d/ =
rrf c x -+- 2 (M ■+- tn) F(r) — £ ($)
Für die Geschwindigkeit V erhält man
V = (^)'+ r» = + 20*/+ m)^(r),
welche Gleichung auch aus dem Satze von der Erhaltung der lebendigen Kraft
unmittelbar folgt.
Googl
Mechanik des Himmels 12-
30l
Sei nun fir) = also die Anziehung der Massen bestimmt durch
k* Mm
rt , so ist k* die Anziehungskraft zweier Masseneinheiten in der Einheit der
Entfernung; der numerische Werth dieser Constanten wird daher von der Wahl
der Einheilen abhängen. Dann ist
F(r) = *- .
dr
Der Werth von r wird ein Maximum oder Minimum, wenn -jj = 0 ist, d. h.
wenn
r = -i[+ ^(jV+«)± \/k* (M~+ m)*~->r <r»<r,]
ist. Sei das Maximum a (1 -he), das Minimum a (1 — e), so dass a der mittlere
Werth und 2ae die Differenz zwischen dem Maximum und Minimum ist, so
folgt:
a ^(M^ m); ae = - 1 yA*(M+ *)» + c'c t .
'1 *i
und daraus:
Durch Substitution dieser Werthe folgt:
^ _ _ _ r 1 __ . dt = — - /p,\
" rföar- r*- a*(\ -7>) ' y^öW>T^) ^(1 _ ,i) ' w
und für die Geschwindigkeit die bereits vielfach angewendete Formel (vergl. den
Artikel »Kometen und Meteore«, II. Bd., pag. 65 u. 83)
Integrirt man die erste Gleichung nach bekannten Methoden (Integration
von Wurzeigrössen aus Polynomen zweiten Grades) so erhält man:
r « 0 ~ '*>
r ~ 1+ 10) '
wo to die Integrationsconstante bedeutet. Für das Minimum von r, Pericentrum l ),
muss / — cd gleich Null sein; es ist also to die Länge des Pericentrums und
/ — » = v die wahre Anomalie. Für den Fall e < 1 beschreibt der Massen-
punkt eine Ellipse; in diesem Falle ist F = ab* = a>yi — 7»tc, folglich:
V* (1 - **) Y*> (M -+- m) = *^Y l r ~zJL±
und damit
«ä^. ( ,o)
Euler lässt den Faktor 2 im Zahler weg, nimmt die Sonnenmasse 3/= 1
vernachlässigt die Erdmasse (« = 0), setzt T= 365 256 Tage, a — 100000 und
*) Ist du Attractionscentrum die Sonne, Erde, Jupiter, Satum, ... so nennt man die
kleinste Entfernung Ptrihel, Pcrigeum, Perijovium, PeTisaturnium u. s. w.
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302
Mechanik des Himmels. 12.
findet log = 5*4345525139 *). Lambert setzt a <= 1, T= 365 25659, führt aber
den reziproken Werth £ s durch die Beziehung T = k % v.<A ein; er findet
bgk t = 2 0654481 »). Gauss setzt a = 1, T= 365 2563835 Tage, m = 1:3547 1 0
und findet
lo g k= 8235 5814 414-10
£ = 0-017 2020 9895
log k" = = 3-550 0065 746.
Diese Constante k ist seither unverändert beibehalten worden; bei derselben
wird als Einheit der Masse die Sonnenmasse, als Einheit der Zeit der mittlere
Sonnentag, als Einheit der Entfernung die mittlere Entfernung der Erde von der
Sonne zn Grunde gelegt. Da aber ebensowohl die Jahreslänge, als auch die
Erdmasse einer Verbesserung bedürfen, so würde man im Laufe der Zeiten immer
andere, allerdings nur wenig geänderte Werthe dieser Constanten zu Grunde zu
legen haben. Statt dessen behält man diese sogenannte GAUSs'sche Constante
des Sonnensystemes unverändert bei, und gentigt den veränderten Rechnungs-
elementen, indem man für eine der Grössen eine andere Einheit wählt. Legt
man als Einheit der Masse stets die Sonnenmasse, als Einheit der Zeit stets den
mittleren Sonnentag zu Grunde, so wird sich für die jeweiligen besten Werthe
von T, m, und dem festen Werthe von k ein gewisser, von der Einheit ver-
schiedener Werthe von a ergeben. Nimmt man z. B. nach Le Verrier die
mittlere siderische Bewegung der Sonne in einem julianischen Jahre (365'25-Q
gleich 1295977" 4427 an, so wird T= 365-2563574''; dann wird mit m = 1 : 330000
loga = 0000 0000 099
d. h. als Einheit der Entfernung ist eine Strecke zu wählen, welche gleich ist
0-9999999772 der Erdbahnhalbaxe. Wählt man, wie dies für manche Fälle,
z. B. bei der Berechnung der speziellen Störungen, vortheilhaft erscheint, eine
andere Einheit für T, so wäre auch für k ein geänderter Werth zu setzen. Sei
als Einheit der Zeit w mittlere Sonnentage, so wird in dieser Einheit T x — Tiw
folglich k x = (wk).
Führt man in den Ausdruck für r die wahre Anomalie v und den Parameter
p, oder die kleinste Distanz (Distanz im Pericentrum, Periheldistanz) q ein,
so wird '
«(1 -<')=/>; a{\-c) = q\ p = q{\+t) (11)
" 0 ~ <») . _ 9 0 + 0 = P
1 h- e cos v \ + ecosv 1 -h ecosv
und damit der Ausdruck für die Zeit aus (9):
(12)
q\ (1 +e)\ " (\ + <cosv)*'
wo Kürze halber k Q = k Y Af ~h m gesetzt wurde. Es ist also
k 0 = kYJT-}/l + ~. (13)
Für die Bewegung von Körpern, z. B. der Satelliten um die Hauptplaneten
wird hiernach die Constante & Q verschieden sein, und zwar ist nach (13) für
') Theoria motuum planetarum et cometarum. Berolini 1744, pag. 3.
*) Insigniores orbitae cometarum propritates. Augustae vindelicorum 1761. § 73. E«
ist also i x = $A(IC(000)*; *, = ^ ohne Rücksicht auf die Erdmasse und die geänderten
Werthe des siderischen Jahres.
igmzeo Dy
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Mechanik des Himmel*. 12. 3°3
*
irgend einen Planeten, wenn man als Einheit der Zeit den mittleren Sonnentag,
als Einheit der Entfernung die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne wählt:
wobei m die Masse des Planeten in Einheiten der Sonnenmasse ist, wenn *© = k
die Gxuss'sche Constante (für die Sonnenmasse = 1) bedeutet. Dabei ist jedoch
die Masse des angezogenen Himmelskörpers vernachlässigt, und handelt es sich
um die Untersuchung der Bewegung einer grösseren Masse, so ist zu setzen
wenn |jl die Masse des angezogenen Körpers in Einheiten der Planetenmasse ist.
Wählt man als Einheiten die Secunde und den Aequatorealhalbmesser des
Planeten, so wird: 1 )
k ,
** (««p)*-24 60.60
wobei p der scheinbare Halbmesser des Planeten in der Entfernung 1 ist (also
für die Erde die mittlere Aequatorealhorizontalparallaxe der Sonne). Der Werth
von k t in Secunden ausgedrückt, also
i»
** arcl"
ist, wie aüs Formel (10) folgt die mittlere tägliche Bewegung eines in der Ent-
fernung 1 befindlichen Massenpunktes von verschwindender Masse, um den
Planeten, und ebenso ist
,(o)
L (0)l> _ K P
*' "arcl"
die mittlere Geschwindigkeit in einer Secunde eines an der Oberfläche des
Planeten um diesen kreisenden Massenpunktes.
ist aber weiter die Attraction des Körpers von der Masse Af auf die
Masseneinheit in der Entfernung gleich dem Halbmesser des Planeten, also die
Beschleunigung der Schwere auf diesem Planeten in Einheiten des Planetenhalb-
messers; multiplicirt man daher k^ 1 mit dem Werthe des Planetenhalbmessers
in Metern, so erhält man den Werth g die Beschleunigung der Schwere in Metern.
Hiernach wird die folgende Zusammenstellung leicht verständlich sein.
Durchmesser
Masse *) schei nbarerj wahrer
i. d. Entf. l| in km
| lo g k f
%v
log k^"
i
in
Metern
r
in Einhei-
ten d.Erd-
schwere
Merkur
Venus
Erde
Mars
JupiteT 3 )
Satum
Uranus
Neptun
Sonne
1 : 53 10000
1 :4 10000
1:830000
1:3100000
1:1047-609
1 :3501-6
l :22600
1:19500
l
6" 455 4670
17 190 12437
17-680 12755
9-780 7089
19600 141800
164-80 119280
72-68 52582
83 14 60150
1919-3 1388600
4- 8730842
5- 4291895
5- 4768245
4-9899006
67254818
6- 4634482
6-0585272
6 0905641
8 2355814
— 10
0- 1874593
0-7436146
0- 7907496
0 3048257
2-0899069
1- 7778738
1-8729523
1-4049892
8-5500066
7- 144859
7KJ62044
7-093615
6-994400
6773767
6-624681
6-753073
6-697518
6-797535
- 10
2-459284
2-377870
2-408041
2-808825
2088192
1- 939106
2- 067498
2011943
2111961
4-550
8- 310
9- 815
3-480
25015
10-586
8-433
7-469
273-281
0-464
0847
1000
0349
2-549
1079
0-859
0-761
27-844
') Vergl. auch den Artikel »Kometen und Meteore«, II. Bd., pag. 148.
*) lieber diese Annahmen vergl. den Artikel »Planeten«.
») Mit der Masse } __ n , welche hier bei den schon vor einigen Jahren gerechneten
I047-o7y
Beispielen angewendet wurde, ist k>gk — 6 72 '»426— 10.
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Mechanik des Himmels. Vi. 13.
Die Gleichung für dt giebt, integrirt:
?*(!-+- 0*
wenn der Zeit / = T 0 die wahre Anomalie v = 0 entspricht, d. h. wenn T 0
die Zeit des Durchganges des Himmelskörpers durch das Pericentrum (Zeit des
Pericentrums) ist. Führt man zur Integration an Stelle von v eine neue Variable
t ein, definirt durch die Gleichung
x = tang\v, (14)
so geht die Gleichung über in
oder wenn
gesetzt wird
f o
1 — <r
*o/T+-, (/ - 7*.) / </t / T»^T
2*1 ~~ /0+«»)» + /(H-eT»)>'
(15)
(16)
13. Die Bewegung in der Parabel. Für diese ist e = 1, t ■= 0, daher
/2^i = **ng\v + \tang*\v. (1)
wo die Integrationsconstante T 0 verschwindet, wenn die Zeit vom Durchgange
der Himmelskörper (Kometen) durch das Perihel (r = 0) gezählt wird; dann wird:
~ = M - & H- i ^ ÄV» |» (2)
Zu einem gegebenen Werthe von / würde sich der zugehörige Werth von
tang\v durch eine Gleichung dritten Grades ergeben, die Auflösung dieser Gleichung
wird durch Hilfstafeln ersetzt, welche zuerst von Halley 1 ) gegeben, und später
in grösserer Ausdehnung und etwas geänderter Form als BxRKER'sche Tafel
eingeführt wurden. Der Werth von M ist für eine gegebene Parabel (gegebene
Werthe von q und T 0 ) und eine gegebene Zeit / leicht zu bestimmen.
Diese Tafel gilt zunächst nur für einen gegebenen Werth von k, also für
die Bewegung der Himmelskörper um die Sonne; will man dieselbe auch für
einen Planeten anwenden, so hat man zunächst zu beobachten, dass für diesen
q\ = M = ^ tan S± V + * V *****
ist. Multiplicirt man diese Gleichung mit -~ = Ym, wobei m die Masse des
attrahirenden Planeten, um welchen die Bewegung untersucht wird, ist (vergl. 12),
so folgt
M im = ^ fang \ v + \ ^ tang* \ v,
woraus man sieht, dass man die BARKERsche Tafel (für die Bewegung um die
Sonne) benutzen kann, wenn man mit dem Argumente M|/<w in dieselbe eingeht.
') Phil, transact. No. 293. Eine Tafel, welche mit dem Argumente v von 10" zu 10"
nach Formel (2) sofort M bezw. hg M giebt, findet sich in v. OPPOI-ZER, »Lehrbuch zur Bahn-
bestimmung von Planeten und Kometen«. I. Theil, 2. Aufl., sowie in wenig« ausgedehnter Gestalt
auch am Schlüsse dieses Werkes. Für Kometen kann dabei * 0 «= k (m = U) angenommen werden.
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Mechanik des Himmels. 13. 3«S
Für grosse Werthe der wahren Anomalie wird die Interpolation aus der
Tafel unbequem, da sehr kleine Aenderungen in v sehr grossen Zwischenzeiten
entsprechen und überdiess auch höhere Differenzen berücksichtigt werden
müssten. In diesem Falle wird es besser, das folgende Verfahren einzu-
schlagen *). Da
2fl
tang | v cotang \ v
ist, so wird
Es ist aber
sin v
g
\ tang* \ v{\ + cotang* \ v)* ^ sin> v
Ist die Anomalie r nahe 180°, so wird cotang^v eine sehr kleine Grösse,
und es unterscheidet sich daher der letztere Ausdruck von dem ersteren nur um
sehr kleine Grössen der zweiten Potenz von cotang* \v. Setzt man daher
*o('- T 9 ) 8 2/2? ...
. = o . — oder stn w = y-— ^i^- -^=r-. , (3)
/2 q\ 3 stn* w V^C^- ^o)
so wird
sin v = b sin w (4)
gesetzt werden können, wo b sich von der Einheit nur um Grössen von der
Ordnung cotang* \ v unterscheidet Es ist, wenn
x = cotang* 4 v (5)
gesetzt wird,
Ist f gegeben, so rechnet man x nach (5), b nach (6), w nach (4) und /
aus (3). Man wird jedoch den zu einem gegebenen Werthe von v gehörigen
Werth von b zu dem hieraus folgenden Werthe von w gehörig ansehen, und
daher mit dem Argumente tt tabuliren können, wo darin die Formeln (3) und
(4) unmittelbar den zu einem gegebenen Werthe von / gehörigen Werth von v
finden lassen. Die Berechnung von / bei gegebenem v kann unmittelbar aus
(1) oder ebenfalls mit Benützung der Hüfstafel für b aus (3) und (4) mittels
einer kleinen indirekten Rechnung gefunden werden.
Die Gleichung für sinw kann geschrieben werden:
VI
sinw = c tt-— — , (3a)
wobei
2/2
Man hat mit den Werthen des § 12 (pag. 303) für die Bewegung um
die Sonne Zog c = 0-7803007
Mercur 19011498
Venus 1-7157647
Erde 1-7000530
Mars 1-8621943
•) S. v. Oppolzbr, »Monatsberichte der königl. preuss. Akademie der Wissenschaften«, 1SS0,
pag. 511.
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306 Mechanik de» Himmels. 14.
Jupiter») logc = 1-2836673
Saturn 13710118
Uranus 1 -5059855
Neptun 1-4953065
14. Bewegung in der Ellipse und Hyperbel. Für Ellipsen massiger
Excentricitäten (e sehr klein, « nahe 1) erhält man durch direkte Integration voa
12. 16:
* 0 (1 — e)yi~+~e 2tx 2 . . y- . ,
~ q \- (' -To)=- Y^T^i + *rc tang (1
wobei die Constante T 0 gleich Null zu setzen ist, wenn die Zeit vom Durch-
gänge durch das Pericentrum gezählt wird. Setzt man
TyT« fang = fang \ E
(2;
und berücksichtigt die Beziehungen 12. 11, so reducirt sich die Gleichung (l)
auf
oder wenn man
^ = K -*T 0 = M 0 (3)
setzt, auf
M=M 0 -h E — e sin E = M. (i
M 0 ist der Werth von M für die Zeit / = 0, ji. die Veränderung von M rar
einen mittleren Sonnentag, die mittlere tägliche siderische Bewegung.
M die mittlere und E die excentrische Anomalie (vergl. I. Bd. pag. 91)-
Führt man statt der Excentricität e den Excentricitätswinkel ? ein, bestimmt durcb
die Gleichung
t — Mftf (5)
so wird
tang ^ v = /a«^ (45° -+- * <p) /<m^ | E. (6;
Die Gleichungen (3), (4), (5), (6) und
«0 - <•)
bestimmen den Ort des Himmelskörpers in seiner Bahn. Aus diesen Gleichungen
leitet man noch auf elementare Weise die folgenden ab 9 )
}/V cos\v = Ya ( 1 — e) cos ±E rcosv = a {cos E — e)
Yrsin\v = Y a (1 H- <r) */» ^ £ r««i> = acos^sinE
r = a(l — ccos E). (10)
Aus (4) und (6) folgt ferner noch die häufig verwandte Beziehung
dv k^P m .
1
l ) Mit der bei dem folgenden Beispiel angewandten Jupitennasse ^q.^ >»* ^S c = 1 -28368$
a ) Substi